zur Hauptseite Zusammenfassung 1998
Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und
5. Januar 98 Wesel in Nordrhein-Westfalen.
Ein zweimal abgelehnter 24-jähriger Asylbewerber aus der
Türkei übergießt sich an einer Tankstelle mit Benzin und zündet sich an.
Dabei ruft er: "Nieder mit der Türkei, für ein freies Kurdistan!"
Er stirbt am gleichen Abend im Krankenhaus. Der
Mann hatte 6 Monate lang in türkischer Untersuchungshaft gesessen, weil er in
Verdacht stand, bei Angriffen gegen Polizeibeamte beteiligt gewesen zu sein. taz 7.1.98; TS 7.1.98; ND 7.1.98 8. Januar 98 Der 30-jährige muslimische
Prediger und Oppositionelle in seinem Land, Issah M., wird aus Bremen nach
Togo abgeschoben. Auf dem Flughafen Lomé nehmen ihn Regierungsbeamte in
Polizeigewahrsam. Als er nach zwei Tagen frei kommt, reist er ins
Landesinnere. Seither
gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm. taz Bremen10.1.98; taz Bremen17.1.98; Oldenburger Stachel Nr. 2/98 12. Januar 98 Der togoische Flüchtling A. wird
nach Lomé abgeschoben und direkt nach der Ankunft noch auf dem Flughafen festgenommen.
Er wird zunächst in der Gendarmerie Adewue gefangengehalten und kommt am 20.
Januar in das Zivilgefängnis von Lomé. In der Haft wird er mit Stöcken
geschlagen. Am
25. Oktober 2000 gelingt ihm die Flucht, und er versteckt sich in Ghana. Am
1. Mai 2003 kommt er erneut in Deutschland an. Von der erlittenen Folter
zeugen Narben am Hinterkopf und auf dem Unterarm. Barbara Ginsberg – Rechtsanwältin 15. Januar 98 Der 32 Jahre alte kurdische
Flüchtling Mehmet Ali Akbas (Akbap), Mitglied der verbotenen kurdischen
Partei HEP, wird aus Niedersachsen in die Türkei abgeschoben. Sofort nach
seiner Ankunft in Istanbul erfolgt die Verhaftung. Nach einem neunstündigen
Verhör wird er freigelassen und an einem Busbahnhof von Zivilbeamten gleich
wieder verhaftet. Mit verbundenen Augen wird er an einen Ort gebracht, wo er
in den folgenden acht Tagen schwer gefoltert wird. Er erleidet schwere
Schläge auch mit Knüppeln, er wird mit kalten Hochdruck-Wasserstrahlen
beschossen, mit Elektroschocks, Nahrungsentzug und Scheinhinrichtungen
gequält. "Ich dachte, ich muß sterben", äußert A. Akbas später. Er
verliert unter der Folter mehrmals das Bewußtsein. Erst
als er einer Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden zum Schein zustimmt,
kommt er frei. Er flieht per Schiff nach Griechenland und kehrt so am 12. Mai
in die BRD zu seiner Frau und seinen vier Kindern zurück. Aufgrund
der detaillierten Recherche des Falles und der Bestätigungen der Verletzungen
durch das Gesundheitsamt in Viransehir und einen Vertrauensarzt der Deutschen
Botschaft in der Türkei wird in diesem besonderen Einzelfall und erstmalig
mit der Hilfe deutscher Behörden die Wiedereinreise des Folteropfers
offiziell möglich, indem für Mehmet Ali Akbas die Visums- und Paßpflicht zur
Einreise aufgehoben worden war. Am 16. Oktober 98 wird er
als Asylberechtigter anerkannt. jW 24.2.98; jW 9.3.98; BeZ 13.5.98; taz 13.5.98; FR 13.5.98; jW 13.5.98; TS 13.5.98; taz 22.5.98; Özgür Politika 24. 6. 98; AZADI informationen Nr. 10
Mai/Juni/Juli 1998; taz 25.8.98; Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98; Dokumentation vom FRat NieSa, Januar
1999; ai 3.2.99; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Juni 1999; IHF-HR annual report 1999; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000 16. Januar 98 Pirmasens in Rheinland-Pfalz.
Morgens um 7 Uhr soll Gerson Kodjo Liebl aus Togo aus seiner Wohnung zur
Abschiebung abgeholt werden. Die sieben Beamten, die einen Polizeihund
mitführen, treten die Wohnungstür auf und setzen Tränengas ein. Herrn Liebl
wird aufs Auge geschlagen, ihm werden Handschellen angelegt, er wird zu Boden
geworfen und von drei Männern vor allem auf den Kopf getreten. Dann wird er
das Treppenhaus herunter und in den Einsatzwagen geschleift. Liebl
erleidet einen Kieferbruch und Verletzungen der linken Augenhöhle, die
operiert werden müssen. Im
November 2000 werden vier BGS-Beamte vom Amtsgericht Landau wegen
gefährlicher Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit Nötigung zu
Bewährungsstrafen zwischen sechs und 15 Monaten sowie Geldstrafen verurteilt.
Im November 2001 wird das Urteil vom Oberlandesgericht Zweibrücken bestätigt. (siehe auch: 13. Dezember 08) Polizeiübergriffe 1998; BeZ 8.11.00; ND 8.11.00; FR 8.11.00; Bürgerrechte & Polizei/CILIP 68/2001; BeZ 14.11.01; JWB 21.11.01 16. Januar 98 Pasewalk in
Mecklenburg-Vorpommern. Ein 53 Jahre alter irakischer Flüchtling wird in der
Nacht von vier jungen Männern angegriffen. Sie schlagen mit leeren
Bierflaschen auf ihn ein und lassen erst von ihm ab, als ein Passant
eingreift. Der Iraker muß seine Schnittverletzungen im Krankenhaus behandeln
lassen. BeZ 18.1.98; ZDK 2/98 (NK 19.1.) 23. Januar 98 Der togoische
Flüchtling Ouro-Akpo Djeri wird einen Tag nach seiner Festnahme mit einer Maschine
der belgischen Fluggesellschaft Sabena über Stuttgart abgeschoben. Am
Flughafen Lomé werden seine Papiere den Behörden ausgeliefert, und er selbst
wird festgenommen. Nach einem dreitägigen Aufenthalt im Kommissariat des
Flughafens kommt er in ein inoffizielles Haftzentrum an der Flughafenstraße
im Viertel Cerfer. In seiner Zelle befinden
sich drei weitere Flüchtlinge, die aus Deutschland, und drei weitere
Personen, die aus der Schweiz abgeschoben
worden waren. Herr Ouro-Akpo Djeri erinnert sich später nur noch an einen
Namen seiner Mitgefangenen. Es ist Seydou Memème, der aus Mannheim nach Togo
abgeschoben worden war. Die Gefangenen müssen abwechselnd schlafen, weil nur
vier Schlafgelegenheiten zur Verfügung stehen. Als Nahrung erhalten sie zwei
Schalen Mais am Tag. Hofgang findet nicht statt. Am 25. September, acht
Monate nach der Festnahme, gelingt Ouro-Akpo Djeri die Flucht aus dem
Haftzentrum. Er flieht zu seiner Familie, muß dort allerdings sofort wieder
weg, weil die Polizei nach ihm sucht. Ouro-Akpo Djeri war schon
im Jahre 1994 in die BRD geflohen, weil er als Mitglied der Gewerkschaft der
Taxichauffeure USYNDICTO (Union des Syndicats des Conducteurs du Togo) und
wegen seiner Beteiligung an Streikaktionen von staatlichen Maßnahmen bedroht
war. ai 19.1.99;
ai-Rapport Mai 1999 25. Januar 98 Im bayerischen Landkreis
Freyung-Grafenau an der deutsch-tschechischen Grenze wird ein rumänischer
Flüchtling nach seinem Grenzübertritt von einem Diensthund des BGS durch
einen Biß in die Wange verletzt. BT-Drucksache
14/1850 26. Januar 98 Acht völlig durchnäßte und
unterkühlte Flüchtlinge aus Sri Lanka werden an der deutsch-polnischen Grenze
bei Genschmar im Landkreis Märkisch Oderland vom Bundesgrenzschutz
aufgegriffen. Ihre Kleidung ist teilweise an ihren Körpern festgefroren. BeZ 26.1.98; TS 26.1.98 27. Januar 98 Baden-Württemberg. Der
angolanische Flüchtling Ricardo Dibanzila soll aus der Abschiebehaft
Rottenburg nach Kinshasa abgeschoben werden. Auf dem Flughafen wehrt er sich
und wird von BGS-Beamten geschlagen. Der
Pilot der Maschine lehnt letztendlich die Mitnahme des Mannes ab. Ricardo D.
wird daraufhin in die JVA Mannheim verlegt. Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft 27. Januar 98 Ein Brandsatz wird gegen das
Flüchtlingsheim im oberbayerischen Wald an der Alz geworfen. Die
BewohnerInnen können den Brand löschen, so daß niemand verletzt wird. Vor der Tat wurden von den
vermutlich zwei Tätern Hakenkreuze an die Außenmauern des Heimes geschmiert. BeZ 29.1.98 28. Januar 98 Nahe der deutsch-polnischen
Grenze im brandenburgischen Ort Genschmar werden drei Flüchtlinge
aufgegriffen. Sie haben bei ihrem Grenzübertritt in die BRD Erfrierungen und
Unterkühlungen erlitten und müssen im Krankenhaus behandelt werden. BT-Drucksache
14/1850 30. Januar 98 "Im Zusammenhang mit"
seinem "unerlaubten Grenzübertritt" in die BRD erleidet ein
vietnamesicher Flüchtling im bayerischen Rübenau, nahe der
deutsch-tschechischen Grenze, bei einem Sturz einen Beckenbruch. BT-Drucksache
14/1850 Januar / Februar 98 Nach seiner Abschiebung aus der
BRD wird der Flüchtling Sefer Xhem Karaxha aus dem Kosovo sieben Tage ins
Gefängnis gesperrt, verhört und mißhandelt. EKD, S. 39 Anfang Februar 98 In einem fünften Anlauf wird versucht,
den 31-jährigen ghanaischen Flüchtling Joseph Gyimah abzuschieben. Aufgrund
seiner Gegenwehr schlagen ihn BGS-Beamte und drohen ihm eine
"Ruhigspritzung" an. Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft 30.4.1998 1. Februar 98 Als der 24-jährige indische
Asylbewerber in Blankenburg in Sachsen-Anhalt am Sonntagabend die Straße
entlang geht, bremst neben ihm ein Auto, dem sechs Männer entsteigen. Vier
von ihnen halten ihn fest, einer schlägt mit einem Gegenstand auf seinen
Hinterkopf ein, und ein anderer zerschneidet ihm das Gesicht. Als
der Inder bewußtlos zu Boden geht, wird ihm sein Geld geraubt. Die Täter
flüchten. BeZ 3.2.98; taz 4.2.98; ZDK 2/98 (FR 4.2.) 3. Februar 98 Der abgeschobene Asylbewerber
Gani Dibrani aus Gradica in der Gemeinde Gllogovc im Kosovo wird sofort nach
seiner Ankunft auf dem Flughafen Prishtina von serbischer Polizei
festgenommen. Gründe werden nicht genannt. Kosovo Communication W. 6 3. Februar 98 Im sächsischen Zinnwald an der
deutsch-tschechischen Grenze werden zwei Flüchtlinge aus Afghanistan verletzt
aufgegriffen. Sie haben sich bei ihrem Grenzübertritt in die BRD Erfrierungen
zugezogen. BT-Drucksache
14/1850 4. Februar 98 Luckenwalde im Land Brandenburg.
Als Potsdamer Polizisten zwei Flüchtlinge aus dem Wohnheim zur Abschiebung
abholen wollen, ist die Tür des Zimmers verschlossen. Die Tür wird
aufgebrochen, das Zimmer ist leer, und die Beamten hören einen dumpfen
Aufprall. Der
30-jährige Asylbewerber Dada A. aus Ghana ist aus dem vierten Stock
abgestürzt und kommt mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen und einem
Bekkenbruch ins Krankenhaus. Nach
Angaben der Polizei sollte allerdings nicht Dada A. selbst, sondern seine
beiden Mitbewohner abgeschoben werden. BeZ 5.2.98; taz 5.2.98; TS 5.2.98; BeZ 6.2.98 8. Februar 98 Brand im Flüchtlingsheim
Berliner Straße in Berlin-Tegel. Von den rund 400 bosnischen
HeimbewohnerInnen kommt niemand körperlich zu Schaden. Zwei Polizisten kommen
mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus. taz 9.2.98; BeZ 9.2.98; TS 9.2.98 9. Februar 98 Der 30-jährige Iraner Shariar
Jafarpour berichtet, daß er schon auf dem Transport zum Flughafen Frankfurt
von BGS-Beamten schwer mißhandelt wurde. Während seine Hände mit Handschellen
auf dem Rücken fixiert sind, wird er geboxt, geschlagen und getreten – und
seine Hoden werden gequetscht. Er
soll abgeschoben werden, kann aus dem Flugzeug fliehen, wird dann von den
Beamten in einen VW-Bus gezerrt. Dort wird er weiter geschlagen. Sie ziehen
ihm seine Jacke über den Kopf und schnüren sie zu, so daß er keine Luft mehr
bekommt. Dann boxen die Beamten ihm in den Bauch. Der
Flüchtling kommt ins Offenbacher Krankenhaus und soll wegen eines gebrochenen
dritten Lendenwirbelfortsatzes und Prellungen stationär behandelt werden. Er
flieht erneut und taucht unter. (siehe auch: 5. November 98) FR 6.3.98; CPT Mai 98; IPPNW 1.6.99; AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim 11.11.98¸ Antifaschistische Nachrichten 10.12.98; AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim Mai 1999; FR 25.7.00 10. Februar 98 Flüchtlingsunterkunft
im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main.
Am frühen Morgen wird ein irakischer Asylbewerber von BGS-Beamten gefesselt
und in einen Polizeiwagen geschleppt. Dort stößt ihm ein Beamter mit dem Knie
derart in den Unterleib, daß er während der Fahrt unter heftigen Schmerzen
leidet. Als der Wagen vor der Irakischen Botschaft hält und der Flüchtling
sich weigert auszusteigen, kommt ein Angestellter der Botschaft zum
Polizeiwagen hinaus. Die Beamten beantragen die Ausstellung eines irakischen
Passes für den Flüchtling. Dies alles geschieht,
obwohl die Eilentscheidung des Frankfurter Verwaltungsgerichts in seinem Fall
noch nicht ergangen ist. Pro Asyl 13.2.98 13. Februar 98 Als die Polizisten in
Salzgitter-Gebhardshagen die Familie Genc zur Abschiebung abholen wollen,
stellt sich heraus, daß die Kinder Salina und Hassan in der Schule sind und
Frau Gubert Genc wegen des noch nicht abgeschlossenen Asylverfahrens der
gerade geborenen Tochter Irem nicht abgeschoben werden kann. Sadik
Genc wird zusammen mit dem 9-jährigen Sohn Zeki abgeschoben. Er kam mit
seiner Familie vor 11 Jahren in die BRD, nachdem er als PKK-Sympathisant und
Militärdienstverweigerer in der Türkei untertauchen und seine Frau ständige
Repressalien durch Militärangehörige erleiden mußte, die den Aufenthalt des
Mannes erfahren wollten. Noch
auf dem Flughafen in Istanbul wird Herr Genc verhaftet und kommt mit seinem
Sohn ins Gefängnis. Eine Woche später gelingt es seinem Bruder, den Jungen
mitzunehmen. Zeki lebt fortan abwechselnd bei seinem Onkel oder seiner Tante
in Mersin. Da er nur arabisch und deutsch spricht, kann er sich schwer
verständigen, darf in Mersin keine Schule besuchen und zerbricht seelisch an
seiner ausweglosen Situation. Sadik
Gencs Spur verliert sich im Gefängnis. Seiner Familie gelingt es nicht,
irgend etwas über seinen Verbleib zu erfahren. Frau
Genc und die drei Kinder fliehen zunächst nach Holland, bis sie Weihnachten
98 in der evangelischen Kirchengemeinde St. Bonifaci Athenstedt im Kreis
Halberstadt in Sachsen-Anhalt im Kirchenasyl aufgenommen werden. Ev. Pfarrsprengel Aspenstedt 9.6.99; Salzgitter Ztg 12.6.99; MDZ 19.6.99; ARD
"Morgenmagazin" 22.6.99; Pfarrer H. Barsnick 29.6.99 14. Februar 98 Weißwasser in der Oberlausitz im
Bundesland Sachsen. Zwei 23-jährige Flüchtlinge aus Indien und Pakistan
werden auf dem Weg zu ihrer Unterkunft auf der Straße von zwei Männern angegriffen
und zusammengeschlagen. BeZ 15.2.98; taz 16.2.98; Konkret 10/00, S. 16; ZDK 2/98 (ND 16.2.) 16. Februar 98 Ein 19-jähriger afrikanischer
Flüchtling wird auf dem Hamburger Hauptbahnhof von Zivilfahndern der Polizei
gestellt und vermutlich von U-Bahn-Wachleuten zusammengeschlagen (Augenzeuge
kann die Schläger nicht sicher zuordnen). Durch Hilfeschreie aufmerksam
geworden, nähert sich der Zeuge Azad B. einer Menschentraube, die den am
Boden liegenden Afrikaner umringt. Äußerungen wie "Scheiß Ausländer",
"Nigger" und "Vergast sie alle" werden laut. Als Azad B.
dem Verletzten helfen will, wird er von Polizeibeamten unter Drohungen und
Beleidigungen daran gehindert. jW 21.2.98 18. Februar 98 Die Ausländerbehörde von Berlin
will den hirnorganisch schwerkranken Rumänen Alexandru C. "in einer
Blitzaktion" abschieben. Morgens um 7 Uhr wird er mit seiner Frau und
seinem Kleinkind im Wohnheim festgenommen, um mittags per Flugzeug nach
Rumänien gebracht zu werden. Nachdem
er 1989 als Regimegegner vom rumänischen Geheimdienst Securitate gefoltert
wurde, leidet er unter Lähmungen der rechten Körperhälfte, ist
sprachbehindert, depressiv und suizidgefährdet. So die Aussagen des
Behandlungszentrums für Folteropfer, in dem der Mann seit über vier Jahren
behandelt wird. Die
Abschiebung kann in letzter Minute verhindert werden. BeZ 26.2.98 18. Februar 98 Brandstiftung im Flüchtlingsheim
Schönwalde im Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg. Der Brand wird
frühzeitig gelöscht, so daß die 20 BewohnerInnen unverletzt bleiben. BeZ 19.2.98 21. Februar 98 Im bayerischen Schirnding an der
deutsch-tschechischen Grenze erleidet ein rumänischer Flüchtling bei seiner
Festnahme einen Bänderriß und eine Bänderdehnung am linken Fuß. BT-Drucksache
14/1850 21. Februar 98 Eine 21 Jahre alte Frau aus
Somalia wird tot aus dem Rhein bei Köln-Poll geborgen. Sie war eine Woche
vorher über Frankfurt in die BRD eingereist und hatte Asyl beantragt. Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98 21. Februar 98 Leila Asalnian soll
als einzige ihrer hier lebenden Familie abgeschoben werden. Als die Polizei
die Georgierin abholen will, springt die 24-Jährige aus dem Fenster des
dritten Stockwerkes ihrer Unterkunft im thüringischen Ellrich. Sie kommt
schwer verletzt ins Krankenhaus. Leila Asalnian hat beide
Beine, einen Arm und ihren Kiefer gebrochen und muß sich mehrerer
Not-Operationen unterziehen. Trotz intensiver medizinischer Behandlung fallen
ihr alle Zähne aus. Laut Asylbewerberleistungsgesetz steht ihr keine
Zahnprothese zu – und sie bekommt auch keine. Am 11. Mai wird Leila
Asalnian unter der ärztlichen Vorgabe weiter sichergestellter medizinischer
Behandlung aus dem Krankenhaus entlassen. Die Polizei fängt sie ab und bringt
die noch an Krücken gehende Frau in das Abschiebegefängnis Stollberg. Von
dort wird sie einige Wochen später nach Georgien abgeschoben. In Georgien wird die
mittellose Frau keine Möglichkeit haben, die notwendigen Nachoperationen
ihrer Verletzungen durchführen zu lassen. FRat Thür Info Nr. 6; Pfarrer Peter Kube 22. Februar 98 Im vierten Stock des
Flüchtlingsheimes am Tempelhofer Ufer 11 in Berlin-Kreuzberg bricht ein Feuer
aus. Der Brand wird durch die Feuerwehr so frühzeitig gelöscht, daß von den 250
BewohnerInnen aus Ex-Jugoslawien und aus der Türkei und Kurdistan niemand zu
Schaden kommt. BeZ 23.2.98 23. Februar 98 Die aus der BRD abgeschobenen
Kosovo-Albaner Ramiz Ali Mahaj aus Dubrav und Hamza Halitaj aus Novosella im
Kreis Peja werden auf dem Wege nach Hause an den Polizeikontrollen in
Kamaran, Kijeva und Klina schwer mißhandelt. Ramiz Mahaj wird am rechten Arm
schwer verletzt, während Mamza Halitaj die Zähne herausgebrochen werden. Dem
Taxifahrer, der die beiden transportiert, wird der Kiefer gebrochen. Kosovo Communication W. 9 23. Februar 98 Der 33 Jahre alte kurdische
Flüchtling Iman Genlik (Ahmed G.; Mehmet G.) aus Kartakocan in der Provinz
Elazig wird nach 15-tägiger Haft in Hamburg nach Istanbul abgeschoben, obwohl
es deutliche Hinweise gibt, daß die Türkei "ein starkes Interesse"
an seiner Rückkehr hat. Bereits am Flughafen Yesilköy wird er festgenommen,
drei Tage lang unter schweren Schlägen verhört. Die Augen sind ihm dabei
verbunden. Dann wird er entlassen. Auf
seinem Weg ins kurdische Elazig wird er am 19. März bei einer
Straßenkontrolle von den Soldaten festgenommen und an einen unbekannten Ort
verschleppt. Er wird gewürgt, geschlagen (Falaka = Schläge auf die
Fußsohlen), an den Armen aufgehängt und mit Elektroschocks traktiert. Nach
sechs Tagen wird er schwer verletzt, unter anderem mit Frakturen am Kopf, in
ein Krankenhaus eingeliefert. Nach
seiner Entlassung versucht er erneut zu fliehen. Am 29.5. wird er in Izmir
auf dem Adnan-Menderes-Flughafen erneut festgenommen und im Gewahrsam der
politischen Abteilung sieben Tage lang gefoltert. Unter
der Auflage, das Land nicht zu verlassen, wird er freigelassen. Ärzte stellen
fest, daß die Behandlung seiner akuten körperlichen und seelischen
Verletzungen mindestens sechs Monate dauern wird. Ende
Juni 98 gelingt ihm die Flucht nach Rumänien. Die Wiedereinreise in die BRD
zu seiner in Schleswig-Holstein lebenden Frau und seinem Kind wird ihm
zunächst mit der Begründung verwehrt, Rumänien sei ein "sicheres
Herkunftsland". Schließlich erteilt die Hamburger Innenverwal-tung
mittels einer in den Paß geklebten Aufenthaltsbefugnis die Genehmigung zur
Wiedereinreise. Özgür Politika 24.6.98;FR 15.8.98;
Spiegel 17.8.98; BeZ 24.8.98; taz 25.8.98; AZADI informationen Nr. 11
August/September 1998 (HM 9.8.98); Büro A. Dietert-Scheuer,
MdB, Sept. 98; Dokumentation vom FRat NieSa, Januar
1999; ai 3.2.99; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Juni 1999; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000; ai 23.11.00 24. Februar 98 Der 25 Jahre alte Hashim Lepiqi,
Kosovo-Albaner aus der Nähe von Ferizaj und in der BRD seit 1994, wird
morgens um 5.30 Uhr festgenommen und um 16 Uhr über den Flughafen Stuttgart
abgeschoben. Am
8. März meldet er sich telefonisch und berichtet, daß er bei seiner Ankunft
im Kosovo einen Tag lang von serbischer Polizei festgehalten und mehrmals
zusammengeschlagen wurde. Wolfgang Plarre 19.3.98 24. Februar 98 Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Ein
20-jähriger chinesischer Flüchtling wird von zwei Deutschen in einer
Straßenbahn mit einer Krücke geschlagen und so schwer verletzt, daß er ins
Krankenhaus gebracht werden muß. Gegen
die 19-jährigen Täter wird Haftbefehl erlassen. ZDK 2/98 (ND 26.2.); Konkret 10/00, S. 16 27. Februar 98 An diesem Tage werden 120 Flüchtlinge
aus dem Kosovo in einer Maschine abgeschoben. Schon auf dem Flughafen in
Düsseldorf empfangen sie serbische Polizisten in Zivil. Einigen
Flüchtlingen wird von den Serben Geld abgenommen, angeblich, um den Flug zu
bezahlen, der sie zwangsweise nach Prishtina bringt. Zwei Männer werden am
Flughafen Prishtina sofort verhaftet. Niemand weiß, wo sie geblieben sind. taz 25.3.98 28. Februar 98 Das Dorf Liskoshan im umkämpften
Drenica-Gebiet im Kosovo wird von serbischen Sondereinheiten umstellt und überfallen. Der
70-jährige, im Dezember abgeschobene Kosovo-Albaner Muhamet Islami Gjeli
(Gjelaj) wird hingerichtet. Ihm wird mit der Axt des Hauses (ein wichtiges
häusliches Symbol) der Kopf gespalten. Auch
sein 37-jähriger Sohn, Naser Islami Gjeli (Gjelaj), der vor einigen Monaten
aus der BRD abgeschoben worden war, fällt dem Massaker zum Opfer. Er wird von
den Serben erschossen. Vater
und Sohn galten beim serbischen Innenministerium sowie auch beim deutschen
Auswärtigen Amt als "Terroristen". Weitere
zwölf Menschen aus dem Dorf, alle männlichen Mitglieder einer Großfamilie,
werden ebenfalls ermordet. (siehe auch: 17. Dezember 97) BeZ 13.3.98 Mittelbayerische Ztg 14.3.98 – Todesanzeige der Familie; FR 14.3.98; TS 14.3.98; taz
17.3.98; FR 17.3.98; FRat Bayern, Michael Stenger, 22.3.98; Bericht der GfbV August 98 28. Februar bis 1. März 98 Das Dorf Qirez (Cirez) im
umkämpften Drenica-Gebiet im Kosovo wird von serbischen Sondereinheiten
umstellt und überfallen. Bei
diesem Massaker stirbt der 36-jährige Beqir Sejdiu. Er war abgelehnter
Asylbewerber aus Schleswig-Holsein. Aus Angst vor einer Auslieferung an die
serbischen Behörden war er der Abschiebung zuvorgekommen und
"freiwillig" in den Kosovo zurückgekehrt. Weitere sechs Menschen aus
dem Dorf werden ebenfalls ermordet. Seine beiden Söhne werden brutal
verstümmelt und dann getötet. Seine hochschwangere Schwiegertochter wird mit
einem Schuß ins Gesicht hingerichtet. Bequir Sejdiu selbst wird – zusammen
mit seinen drei Brüdern – vor den Augen der Mutter erschossen. 0EKD s. 39 (GfbV); Bericht der GfbV
August 98 Ende Februar 98 Über den Flughafen München
werden 80 Flüchtlinge aus dem Kosovo abgeschoben. Zwölf serbische Zivilisten
nehmen dort die Flüchtlinge "in Empfang". Eine im dritten Monat
schwangere Frau verliert durch das Trauma der Abschiebung ihr Kind. taz 25.3.98 Februar 98 Der algerische Flüchtling Khebil
L. soll über den Flughafen Düsseldorf abgeschoben werden. Als er sich weigert,
das Flugzeug zu besteigen, wird er von fünf Polizeibeamten noch auf dem
Flughafengelände in einem Polizeiwagen und in den Räumen des Flughafens
brutal geschlagen. Erst
als sich zwei Zivilpersonen einmischen und die Beendigung der Schläge
fordern, lassen die Beamten von dem Flüchtling ab. ai-London, Sept. 98; IHF-HR annual report 1999; ai-Jahresbericht 1999 Februar 98 Der kurdische
Flüchtling Kemal Ö. wird nach abgelehntem Asylantrag zusammen mit seiner
Familie in die Türkei abgeschoben. Nach einem achtstündigen Verhör auf dem
Flughafengelände wird er freigelassen. In der Provinz Mersin beginnt Kemal Ö.
mit der Bewirtschaftung eines Teeladens. Weil die gesamte Familie Ö.
unter dem Verdacht steht, die PKK zu unterstützen, Herrn Ö.s Bruder nach dessen
Entlassung aus dem Gefängnis 1997 von der Konterguerilla ermordet wurde,
erfolgen jetzt auch Durchsuchungen des Teeladens, Kontrollen und
Belästigungen der Gäste. Aufgrund dieser ständigen
Schikanen und Bedrohungen schließt Kemal Ö. Anfang 2000 seinen Laden und
zieht mit der Familie zurück in ihr Heimatdorf. Sie fangen an, ein zerstörtes
Haus aufzubauen, und beginnen mit der Landwirtschaft. Schon zwei Wochen nach
ihrer Ankunft wird Kemal Ö. festgenommen, in einen Jeep gezerrt und nach
längerer Fahrt in einen Raum gebracht, in dem Verhöre beginnen. Seine Beine
werden festgebunden und hochgehoben. Er wird geschlagen und verliert das
Bewußtsein. Als er wieder zu sich kommt, sagt er unter Androhung weiterer
Folter gegen einige Personen aus. Daraufhin erfolgt seine
vorzeitige Freilassung und er beschließt, erneut aus dem Land zu fliehen. Im Mai 2000 erreicht er
Hannover und stellt einen Asylfolgeantrag, der im August 2000 rechtskräftig
als "kleines Asyl" anerkannt wird. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 2001 Februar / März 98 Der Asylbewerber
Fank E. aus Ruanda wird auf dem Düsseldorfer Flughafen von Beamten mit
Schlägen mißhandelt, als er sich weigert, das Flugzeug zu besteigen. Seine
Mundpartie ist aufgrund der Schläge entstellt und seine Augen sind
"voller Blut". ai-Jahresbericht 1999 1. März 98 Im bayerischen Reinhardsrieth
wird ein jugoslawischer Flüchtling nach seinem "unerlaubten"
Grenzübergang von einem Diensthund des BGS durch Biß am Handgelenk verletzt. BT-Drucksache
14/1850 2. März 98 In Görlitz – nahe der
deutsch-polnischen Grenze – öffnet die Polizei einen Kleinlaster, in dem sich
50 Flüchtlinge aus Afghanistan befinden. Die 21 Erwachsenen und 29 noch zum
Teil sehr kleinen Kinder hatten von innen gegen die Tür geklopft und um Hilfe
gerufen. Die Welt, 5.3.98 3. März 98 Der Flüchtling Ebezina C. soll
über den Düsseldorfer Flughafen abgeschoben werden. Er wehrt sich, wird dann
von mehr als acht Polizisten zunächst beleidigt, dann geschubst und
schließlich mit Füßen getreten. Als er bemerkt, daß ihm das Blut aus der Nase
läuft, schreit er um Hilfe. ai-London, Sept. 98 IHF-HR annual report 1999; 7. März 98 Anklam in
Mecklenburg-Vorpommern. Am Bahnhof wird ein 17-jähriger Flüchtling von einer
Gruppe jugendlicher Deutscher zusammengeschlagen und schwer verletzt. Die
Täter werden gestellt und wieder freigelassen. SVZ 9.3.98; ZDK 2/98 (FR 9.3.) 7. März 98 Mecklenburg-Vorpommern. Der 43
Jahre alte irakische Flüchtling Wahid Seid wird von einer ca. 20-köpfigen Gruppe
deutscher Jugendlicher im Zug verbal attackiert und massiv bedroht. Wahid
Seid, der bereits im August 1997 einen Überfall erleiden mußte, flieht in
Panik und verliert dabei seine Jacke. Er
stellt einen Antrag auf Umverteilung nach Hannover, um in der Nähe seines
Bruders zu leben. Da dieser Antrag nicht positiv entschieden wird, flieht er
in die Niederlande und stellt auch hier einen Asylantrag. Sein Asylantrag in
der BRD ist inzwischen anerkannt – jedoch erhebt der Bundesbeauftragte Klage
dagegen. Im März 1999 wird Wahid Seid in die BRD zurückgeschoben. Er
stellt einen zweiten Antrag auf Umverteilung nach Hannover, der drei Monate
später abgelehnt wird. (siehe auch: 24.
August 97 und 20. Mai 00, 3. November 00) Migrationszentrum Göttingen; FRat NieSa Heft 91/92 Januar 2003 12. März 98 Bei einer
Polizeikontrolle in der Stuttgarter Königstraße wird der Flüchtling Ebrahim
J. aus Gambien verletzt, als er fliehen will. "Sie traten mich wie
einen Fußball, setzten mir einen Fuß auf den Nacken", berichtet der
Mann. Auf seinen linken Oberarm setzt dann einer der Beamten einen Fuß oder
ein Knie mit so großer Kraft, daß der Arm schließlich bricht. StZ 9.4.98; StN 12.6.98 13. März 98 Der 34-jährige Williams Amin,
Asylbewerber aus dem Sudan, erleidet bei seinem Besuch im Landratsamt
Augsburg Verletzungen, die ihm, nach seinen Angaben, ein Sachbearbeiter der
Ausländerbehörde und zwei Polizisten beigebracht haben. Er wurde beschimpft
und durch Tritte fiel er hin, wodurch er sich die Kniescheibe brach. Der
gläubige Christ und Angehörige des Baristammes William Amin war vor zwei
Jahren in die BRD geflohen, als bei Überfällen von moslemischen Milizen sein
Lehrling getötet worden war. SZ 6.4.98 15. März 98 22 kurdische Flüchtlinge besetzen
die Kreuzkirche in Ueckkermünde und beginnen einen Hungerstreik. Sie leben
seit drei Jahren in der Stadt und sind ständigen rassistischen Angriffen
ausgesetzt. Sie fordern mit ihrer Protestaktion ihre Verlegung vom
Flüchtlingsheim Bellin in Ueckermünde in eine Unterkunft nach Rostock oder
Schwerin. Wegen
anonymer Drohungen hat die Polizei Schutzmaßnahmen vor Angriffen getroffen. ZDK 2/98 (ND 18.3.; JWB 26.3.) 16. März 98 Als der kurdische Flüchtling
Süleyman Yadirgi, der mit seiner Frau und den beiden Kindern Kirchenasyl in
der evangelischen Gemeinde Köln-Deutz bekommen hat, in der Ausländerbehörde
Bergheim seine noch gültige Duldung verlängern lassen will, wird er verhaftet
und direkt in die Türkei abgeschoben. Ein
Fotograf und ein Fluggast, die noch auf dem Düsseldorfer Flughafen an Bord
der Maschine der Türkish Airlines gegen die Abschiebung protestieren, werden
festgenommen. Nach
seiner Ankunft in Istanbul wird Süleyman Yadirgi von türkischer Polizei
festgenommen, gefoltert und mit dem Tode bedroht. Nach
sieben Tagen kommt er frei, taucht unter und flieht ein zweites Mal in die
BRD. Er stellt wieder einen Asylantrag. Der
Einzelentscheider der Außenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge in Köln erklärt den neuerlichen Antrag für
abgelehnt, und Süleyman Yadirgi wird noch im Amt verhaftet und kommt in
Abschiebehaft. Aus
Protest gegen diese Entscheidung des Amtes ketten sich Pfarrerinnen und
Pfarrer vor dem Gebäude an. ND 19.3.98; FR 19.3.98; taz 26.5.98; Kein Mensch ist illegal, Nr. 3, April/Mai 27.3.98; Asyl in der Kirche in NRW 28.5.98; taz 29.5.98; Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98; Polizeiübergriffe 1998; "Kraftproben" – Wanderkirchenasyl, Video-Beobachtung
1998 16. März 98 Im bayerischen Seugenhof im Kreis
Eschlkam nahe der deutsch-tschechischen Grenze wird ein jugoslawischer
Flüchtling bei seiner Festnahme durch den Biß eines BGS-Hundes am
Oberschenkel verletzt. BT-Drucksache
14/1850 21. März 98 Der kurdische Flüchtling Sahin
Dogan wird um 18.50 Uhr aus Berlin abgeschoben. Auf dem Flughafen Atatürk in
Istanbul erfolgt seine Verhaftung. Er kommt ins Gefängnis, weil er eine
"rechtskräftig gewordene 10-monatige Freiheitsstrafe abzubüßen"
hat. Özgür Politika 24. 6. 98; IHD-Istanbul in: AK Asyl Ba-Wü Oktober-Dezember 1998 22. März 98 Zwei sudanesische Flüchtlinge
werden in einem Jugendclub im brandenburgischen Lauchhammer von einer Gruppe
rechter Motorradbiker angegriffen. Während der 34-jährige Luciano J. mit
leichten Kopfverletzungen durchs Fenster flüchten kann, wird sein Freund, der
29-jährige Omer F., geschlagen und gequält. Drei Zähne werden ihm
ausgeschlagen, und er muß seine Verletzungen (Rippenprellungen, Platzwunden,
Blutergüsse) im Krankenhaus stationär behandeln lassen. Auch
zehn Monate nach dem Überfall fährt der traumatisierte Omer F. zweimal in der
Woche ins Benjamin-Franklin-Klinikum nach Berlin zur Behandlung. Eine
Anklageschrift gegen die Täter gibt es auch zehn Monate nach der Tat noch
nicht. Dafür wird gegen Luciano J. wegen Sachbeschädigung ermittelt, denn er
hatte eine Scheibe des Treffpunktes der Täter, ein Tätowierstudio,
eingeworfen, nachdem er den mißhandelten Freund im Krankenhaus gesehen hatte.
Eine
Verlegung von Herrn F. in eine andere Unterkunft, die auch von den behandelnden
Psychiatern "aus ärztlicher und therapeutischer Sicht" dringend
empfohlen wird, weil der Treffpunkt der Täter in unmittelbarer Nähe des
Flüchtlingsheimes liegt, wird nicht genehmigt. Opferperspektive 22.11.98; TS 26.1.99; ND 7.2.01 23. März 98 In einem Hohlraum unter dem Dach
eines Kleintransporters entdecken BGS-Beamte am polnisch-deutschen
Grenzübergang Slubice-Frankfurt acht indische Flüchtlinge. Die sieben Frauen
und ein Mann hatten – auf engstem Raum eingepfercht – versucht, in die BRD zu
gelangen. ND 24.3.98 24. März 98 Der 24-jährige Flüchtling Jimmy
Osegie aus Liberia, Gefangener im Abschiebegefängnis Büren, soll nach Nigeria
abgeschoben werden. Er wehrt sich dagegen und wird deshalb von Beamten
mißhandelt und verletzt. Die
Abschiebung wird abgebrochen, und er wird in die JVA Reinbach verlegt. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 26. März 98 Der 16-jährige kurdische
Flüchtling Mehmet Huley Bat wird aus Deutschland in die Türkei abgeschoben.
Seine Angehörigen, die ihn vom Flughafen abholen wollen, beobachten, daß er
von Zivilbeamten abgeführt wird. Für seine Freilassung verlangt die Polizei
dann 5000 DM, die die Familie nicht aufbringen kann. Mehmet Huley Bat ist
seither verschwunden. Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98 26. März 98 Deutsch-tschechischer
Grenzbereich. In einem Wald nahe dem bayerischen Ort Waidhaus wird ein
rumänischer Flüchtling bei seiner Festnahme durch BGS-Beamte von deren Hund
am rechten Arm und im Brustbereich verletzt. BT-Drucksache
14/1850 30. März 98 Zwei libanesische Flüchtlinge –
16 und 26 Jahre alt – werden auf dem Wege in die Zentrale Aufnahmestelle in
Eisenhüttenstadt von drei deutschen Männern überfallen und geschlagen.
Während ein Libanese fliehen kann, wird der andere von zwei Deutschen traktiert.
Er erleidet eine Platzwunde am linken Auge, die im Krankenhaus behandelt
werden muß. Gegen
die 16- und 17-jährigen Täter werden Haftbefehle erlassen. BeZ 31.3.98; TS 1.4.98; BeZ 1.4.98; taz 1.4.98; BeZ 4.4.98; ALB (TS; BM); JWB 8.4.98 31. März 98 Im baden-württembergischen Kehl
an der deutsch-französischen Grenze wird ein Flüchtling aus Sri Lanka
bewußtlos aufgefunden. BT-Drucksache
14/1850 31. März 98 In Rostock in
Mecklenburg-Vorpommern werden zwei Flüchtlinge aus Togo in der Nacht von
mehreren Männern überfallen und mit Faustschlägen und Fußtritten traktiert.
Einer von ihnen wird ins Krankenhaus eingeliefert. Die Täter entkommen
unerkannt. BeZ 1.4.98; FR 2.4.98; JWB 8.4.98 März 98 Ein Flüchtling aus
der Türkei wird völlig überraschend und ohne die Möglichkeit zu bekommen,
persönliche Dinge oder den Paß mitzunehmen, festgenommen und aus Hamburg in
die Türkei abgeschoben. Am 19. März ist er auf dem
Weg nach Karakocan, um einen Paß zu beantragen, als er bei einer
Straßenkontrolle gerade wegen seiner fehlenden Personalpapiere festgenommen
wird. Die folgenden sechs Tage
lang wird er mit verbundenen Augen festgehalten und schwer gefoltert. Er wird
geschlagen, besonders auf die Fußsohlen und Geschlechtsorgane, er wird mit
Strom gequält und er wird gewürgt. Er erleidet unter anderem einen
Schädelbruch. Nach seiner Freilassung
meldet er sich beim Türkischen Menschenrechtsverein, der seine Verletzungen
dokumentiert und ihm eine psychotherapeutische Behandlung ermöglicht. IHD-Istanbul in: AK Asyl Ba-Wü Oktober-Dezember 1998 März 98 Berlin. Der erst vor kurzem in
die BRD geflohene Herr Poradeci aus dem Kosovo versucht, sich das Leben zu
nehmen. Er kann die Folgen der erlittenen Folter nicht mehr aushalten. Trotz entsprechender
Gutachten wird er wie auch sein jüngerer, ebenfalls kriegstraumatisierter
Bruder nur geduldet. taz 2.10.93 5. April 98 Das Flüchtlingsheim in Oppach im
sächsischen Landkreis Löbau-Zittau wird von vier Deutschen mit Pflastersteinen
angegriffen. Fensterscheiben gehen zu Bruch, und an der Außenfassade des
Gebäudes entsteht ein erheblicher Sachschaden. Die Täter werden am nächsten
Tag ermittelt. LKA-Sachsen 8.4.98 8. April 98 Im sächsischen Klingenthal an
der deutsch-tschechischen Grenze kommt eine Person aus Bangladesch infolge
eines Verkehrsunfalls zu Tode. BT-Drucksache
14/1850 9. April 98 Freiberg in Sachsen. Drei
Brandsätze werden gegen das Flüchtlingsheim geworfen. Gegen fünf tatverdächtige
Deutsche wird ermittelt. Im
Oktober verurteilt das Landgericht Chemnitz vier Männer zu Haft- und
Jugendstrafen bis zu vier Jahren. taz 18.4.98; JWB 29.4.98; FR 21.10.98; Konkret 10/00, S. 16;BT-Drucksache 14/480 12. April 98 Um seiner drohenden Abschiebung
zuvorzukommen, geht das Ehepaar Gülan und Asan Asanov "freiwillig"
nach Mazedonien zurück. Die Roma waren 1990 in die BRD geflohen, nachdem Frau
Asanov wegen ihrer politischen Aktivitäten mit Gefängnis bedroht war. Ihre
Anträge auf politisches Asyl in der BRD sind abgelehnt worden. Herr Asanov
erkrankt noch in der BRD schwer an Asthma. Ein
halbes Jahr nach der Rückkehr in die Roma-Siedlung am Stadtrand von Kocani
ist Herr Asanov tot. Er wurde 51 Jahre alt. Die
Familie war in Mazedonien absolut mittellos, denn Sozialhilfe oder
Krankenversicherung stand ihnen nicht zu. Herr Asanov kam zwar ins
Krankenhaus, wurde dort aber nicht behandelt. Sie schickten ihn zum Sterben
nach Hause. FR 16.12.98 17. April 98 Brand in einem fünfstöckigen Flüchtlingsheim
in Düsseldorf. Von den insgesamt 130 BewohnerInnen werden 47 Frauen, Männer
und Kinder vorübergehend evakuiert. Brandstiftung wird ausgeschlossen. taz 18.4.98 17. April 98 Angermünde in Brandenburg –
mittags um 12.10 Uhr auf dem belebten Bahnhofsvorplatz. Ein kurzhaariger
Deutscher in Bomberjacke geht auf einen pakistanischen Flüchtling zu und
fragt ihn: "Was willst du hier?" Dann schlägt er ihm ins Gesicht.
Der Pakistani erleidet eine Platzwunde und Schwellungen am Mund. Der Täter
geht zu Fuß weiter. Opferperspektive; BeZ 20.4.98; MOZ 20.4.98; ALB (dpa) 17. April 98 Bokulaka Mfumu-Buala, Flüchtling
aus Kongo-Zaire und Gefangener im Abschiebegefängnis Büren, soll mit der Fluggesellschaft
Sabena von Düsseldorf über Brüssel nach Kinshasa abgeschoben werden. Als
am Flughafen Düsseldorf deutlich wird, daß er nicht freiwillig ausreisen
wird, werden seine Hände mit einem Strick auf den Rücken gebunden, sein
T-Shirt wird ihm über den Kopf gezogen und vier Beamte schlagen solange auf
ihn ein, bis er unter Schmerzensschreien seiner "freiwilligen"
Ausreise zustimmt. In
den Flughafenbus wird er mit Gewalt verfrachtet. Als Mitglieder der
Flugbesatzung der Sabena ihn weinend und zusammengekauert im Bus liegen
sehen, verweigern sie seine Mitnahme. Zurück
im Flughafengebäude wird ihm wiederum das Hemd über den Kopf gezogen und er
wird wieder geschlagen, diesmal mit Stöcken. Er
wird nicht nach Büren zurückgebracht, sondern in die JVA Bochum. Am 20. Juli erfolgt ein erneuter Abschiebeversuch, bei dem
Mfumu B. durch BGS-Beamte wieder mißhandelt wird. Anschließend wird er in die
JVA Düsseldorf gebracht. Weil der Flughafen in Kinshasa geschlossen ist und
er dadurch nicht abgeschoben werden kann, wird er Anfang August schließlich
aus der Abschiebehaft entlassen. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 18. April 98 Züssow bei Greifswald in
Mecklenburg-Vorpommern. An einer Telefonzelle, neben der sich vier
nigerianische Flüchtlinge aufhalten, hält ein PKW Trabant, aus dem ca. fünf
Jugendliche steigen und mit Baseballschlägern auf die Nigerianer und auf ihr
Auto einschlagen. Die Überfallenen fliehen und informieren die Polizei. Wenig
später stehen sich eine Gruppe von 15 Deutschen und eine Gruppe von sieben
Nigerianern, unter denen sich auch die vorher Angegriffenen befinden,
gegenüber. Die ersteren mit Aluminiumrohr und Bierflaschen bewaffnet; die
Flüchtlinge mit Radmutterschlüssel und Wagenheber. Die Situation wird durch
zwei Warnschüsse von der Polizei beendet. BeZ 20.4.98; taz 20.4.98; FR 20.4.98; OZ 20.4.98; JWB 29.4.98 18. April 98 Nach seinem Grenzübertritt wird
im brandenburgischen Guben ein russischer Mann in völliger Erschöpfung
aufgefunden. BT-Drucksache
14/1850 20. April 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Der Flüchtling N.N., der unter Medikation von Psychopharmaka
steht, wird regungslos in seinem Bett liegend aufgefunden. Es fehlen vier Tabletten
seiner Medikamente. Nach einigen Stunden in der Flughafenklinik wird er in
die Unterkunft zurückgebracht. Am
23. April bricht er in der Toilette zusammen und fällt gegen die Wand. Nach
kurzem Aufenthalt in der Flughafenklinik und wieder zurück in der Unterkunft,
bekommt er Paranoia. Er zeigt panische Angst vor Uniformierten, ist
orientierungslos, zertrümmert Möbel, greift seinen Mitbewohner tätlich an. Am
26. April kommt er in die Psychiatrie. Der BGS beantragt Sicherungshaft, die
jedoch vom Haftrichter abgelehnt wird. Herr N.N. darf am 5. Mai in die BRD
einreisen – vorerst. FSD-Ffm Okt. 98 20. April 98 Guy Zola, abgelehnter
Asylbewerber aus Kongo-Zaire und Gefangener im Abschiebegefängnis Büren, soll
mit der Fluggesellschaft Sabena nach Kinshasa abgeschoben werden. Er teilt
dem Piloten seine Unfreiwilligkeit mit, woraufhin dieser sich weigert, ihn
mitzunehmen. Der
Flüchtling wird anschließend von Beamten des BGS mißhandelt und in
Handschellen gelegt. Er wird nicht nach Büren zurückgebracht, sondern in die
JVA Bochum. Am
6. Juni erfolgt ein erneuter Abschiebeversuch. Wieder wird Guy Z. von
BGS-Beamten bedroht und noch auf der Gangway geschlagen. Der Pilot verweigert
seine Mitnahme, und der Gefangene wird nach Bochum zurückgebracht. Am
27. Juli wird Guy Z. nach Kinshasa abgeschoben. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe
Bochum 20. April 98 Salzhausen bei Lüneburg in
Niedersachsen. Vor dem Rathaus der Gemeinde wird ein 26 Jahre alter
Flüchtling aus Sri Lanka von etwa fünf deutschen Rassisten angegriffen und
mit einem Baseballschläger attackiert. Er erleidet Kopfverletzungen, die
ambulant behandelt werden müssen. taz 22.4.98 21. April 98 Bad Freienwalde in Brandenburg.
Eine junge vietnamesische Asylbewerberin will in der Kreisverwaltung ihre
Aufenthaltserlaubnis verlängern lassen. Nachdem ihr in der Behörde mitgeteilt
wurde, daß sie sofort in Abschiebehaft kommt, öffnet sie ein Fenster und
springt aus dem zweiten Stock. Die 26-jährige wird schwer verletzt mit einem
Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht. BeZ 22.4.98; taz 23.4.98; BeZ 23.4.98; TS 23.4.98; FR 23.4.98 22. April 98 Der 24-jährige Flüchtling Jimmy
Osegie aus Liberia, Abschiebegefangener in der JVA Reinbach, soll in einem zweiten
Versuch über den Flughafen Düsseldorf nach Nigeria abgeschoben werden (siehe
24. März 98). Er
wird von mindestens sechs Beamten die Gangway heraufgeführt und versucht sich
hier – obwohl gefesselt – über das Geländer zu stürzen. Die Beamten halten
ihn zurück, schlagen und treten ihn. Im Flugzeug wehrt er sich weiter, und
nachdem der Kopilot mit ihm geredet hat, verweigert der Pilot der Maschine
(Fluggesellschaft Sabena) die Mitnahme des Flüchtlings. Einer
der ursprünglich vorgesehenen Flugbegleiter versetzt Herrn Osegie noch einen
Faustschlag ins Gesicht – und auch sein Abtransport findet unter Schlägen
statt. Er wird über den Asphalt gezogen, und durch einen Knüppelschlag auf
den Kopf verliert er kurzfristig das Bewußtsein. Herr
Osegie wird in die JVA Bochum gebracht. Am 4. Juni wird er mit einer
Sondermaschine und zusammen mit weiteren über 70 Flüchtlingen von Düsseldorf
nach Lagos abgeschoben. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum; ai-London, Sept. 98 22. April 98 Baden-Württemberg. Der 32-jährige
ghanaische Flüchtling Joseph Gyimah wird abgeschoben. Vier Tage vorher wird
er aus dem Abschiebegefängnis Rottenburg in die JVA Heimsheim verlegt, um den
Protestaktionen gegen seine Abschiebung vor dem Abschiebegefängnis
(Dauermahnwache) die Spitze zu nehmen. Bald
darauf wird er nach Berlin gefahren und von dort über den Flughafen
Schönefeld, wieder unter großen Protesten von UnterstützerInnen, mit der
Aeroflot über Moskau nach Ghana geflogen. In
Accra werden die vier den Flüchtling begleitenden BGS-Beamten unter dem
Vorwurf in Haft genommen, Joseph G. im Flugzeug mißhandelt zu haben. Zwei
Mitreisende aus Nigeria, ein Universitätsprofessor und eine Dozentin,
verlassen entgegen ihren ursprünglichen Reiseplänen die Maschine in Accra, um
als Zeugen der Mißhandlung auszusagen. Joseph Gyimah sei während des Fluges
mit einer Kette um Beine und Bauch an seinen Sitz gefesselt und die Arme
seien auf dem Rücken mit Klebeband zusammengebunden gewesen. Er sei gezwungen
worden, einen Helm zu tragen. Die
BGS-Beamten bestreiten ihre Festnahme in Accra, sie seien lediglich "zu
ihrem eigenen Schutz" mitgenommen worden. Die Einwanderungsbehörde
ergänzt diese Aussage: "...um sie vor wütenden Passagieren zu
schützen". afp Berlin 24.4.98; FR 25.4.98; TS 25.4.98; taz 25.4.98; BM 25.4.98; ND 25.4.98; BeZ 27.4.98; taz 27.4.98; TS 28.4.98; Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft 30.4.98; KMii; Antirassistische Initiative Berlin; FFM; taz 19.5.98; taz 19.5.98; BeZ 2.6.98; BeZ 3.6.98; UNBEQUEM 9/98 23. April 98 Märkisch-Oderland in
Brandenburg. Auf der Straße zwischen Letschin und Neuhardenberg stoppt eine
Zivilstreife einen Kleintransporter. In dem für nur zwei Personen
zugelassenen Wagen befinden sich 23 Flüchtlinge aus dem Kosovo – darunter
drei Kinder. Sie
hatten vorher die Oder mit einem Schlauchboot durchquert; einige mußten die
Grenze schwimmend überwinden. Alle Flüchtlinge werden nach Polen
zurückgeschoben. ND 25.4.98¸ BeZ 25.4.98 26. April 98 Kelvin Emioma aus Nigeria,
abgelehnter Asylbewerber und Abschiebegefangener in Büren, soll abgeschoben
werden. Er wird von Beamten in der Haftzelle überwältigt, schwer geschlagen
und verletzt. Mindestens fünf Beamte sitzen zeitweise auf ihm, fesseln seine
Hände auf dem Rücken und verbringen ihn in den "Keller". In
Schaukelfesselung (Handschellen hinter dem Rücken – mit den Fußschellen
verbunden) wird er am 27. April zum Flughafen Düsseldorf gebracht. Während
der mehr als zweistündigen Fahrt zum Flughafen und auch noch in einem
Warteraum wird diese Fesselung beibehalten. Er wird mehrfach geschlagen. Als
er der Stewardeß der Maschine erklärt, daß er nicht freiwillig ausreist,
weigert sich der Sabena-Pilot, ihn mitzunehmen. Er
wird nicht nach Büren zurückgebracht, sondern in die JVA Bochum. Am
4. Juni wird er mit einer Sondermaschine und zusammen mit weiteren über 70
Flüchtlingen von Düsseldorf nach Lagos abgeschoben. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 26. April 98 S. Okon aus Nigeria und Festus Oboh
aus Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), Abschiebegefangene in Büren, werden aus
ihrer gemeinsamen Zelle von Beamten herausgeprügelt und zum Flughafen
Düsseldorf transportiert. Aufgrund ihrer Gegenwehr scheitert die Abschiebung. Wie
in solchen Fällen üblich, werden die beiden nicht nach Büren zurückgebracht.
S. Okon kommt in die JVA Dortmund, F. Oboh in eine andere
Gefangeneneinrichtung. Am
4. Juni wird Okon mit einer Sondermaschine und zusammen mit weiteren über 70
Flüchtlingen von Düsseldorf nach Lagos abgeschoben. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 26. April 98 Prince Tunji James Adeniji aus
Nigeria, abgelehnter Asylbewerber und Abschiebegefangener in Büren, soll
abgeschoben werden. Er wird von mehreren Beamten aus der Zelle geholt und auf
dem Gang heftig geschlagen. Dabei wird sein Bein verletzt. Er wird in Hand-
und Fußschellen gelegt und dann nackt in eine Bunkerzelle gebracht. Dort
bleibt er zwei Tage lang ohne medizinische Versorgung und ohne Nahrung. Herr
Adeniji soll mit der Fluggesellschaft Ghana Airways abgeschoben werden. Auf
dem Flughafen erreicht er allerdings, daß diese Abschiebung nicht
durchgeführt wird. Er wird nicht nach Büren zurückgebracht, sondern in die
JVA Bochum. Am
4. Juni wird er mit einer Sondermaschine und zusammen mit weiteren über 70
Flüchtlingen von Düsseldorf nach Lagos abgeschoben. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 28. April 98 Es ist der dritte
Versuch, den Flüchtling Mokthar Dahmane nach Algerien abzuschieben. Er wird schwer
zusammengeschlagen. (siehe auch: 2. Oktober 98) AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim 1.11.98 Ende April 98 Der Kosovo-Albaner
Rasim Haziri wird, von seiner Familie getrennt, aus München nach Prishtina
abgeschoben. Dort wird er schwer und zum wiederholten Male von serbischen
Behördenvertretern mißhandelt. Nach seiner Freilassung gelingt es ihm erneut
zu fliehen. Wieder auf deutschem Boden,
nahe Chemnitz, erfolgt seine Festnahme am 10. Juli und die direkte
Zurückschiebung am folgenden Tag in die Tschechische Republik
(Drittstaaten-Regelung). Die Interventionsversuche seines Rechtsanwaltes, dem
durch die Mißhandlungen Traumatisierten und Suizidgefährdeten in München bei
seiner Familie ärztliche Hilfe zu gewähren, werden behördlicherseits ignoriert. Schließlich gelingt es
Rasim Haziri, nach München zurückzukommen und einen Asylfolgeantrag zu
stellen. FRat Bayern, Infodienst, Nr. 62/63 April 98 Ein rumänischer Asylbewerber
versucht, als "blinder Passagier" mit einem Fährschiff von
Deutschland nach Schweden zu gelangen. Als die Besatzung ihn entdeckt,
springt er vor der deutschen Ostseeküste ins Wasser und wird auch nach
stundenlanger Suche der Wasserschutzpolizei nicht gefunden. Er ist mit großer
Wahrscheinlichkeit ertrunken. TS 7.4.98 April 98 Ein Flüchtling wird in den
Kosovo abgeschoben und dort gefoltert. Als er zwei Monate später versucht, zu
seiner Frau und seinen Kindern nach Deutschland zu kommen, wird er umgehend
nach Tschechien zurückgeschoben. ND 14.7.98 April 98 Auf das Flüchtlingsheim
in Ahaus in Nordrhein-Westfalen verüben vier Neonazis einen Brandanschlag. Es
wird niemand verletzt und der Sachschaden bleibt gering. Im August 1999 bestätigt
der Bundesgerichtshof die vom Landgericht Münster gesprochenen Urteile. Das
Landgericht hatte die Täter wegen "der versuchten besonders schweren
Brandstiftung" zu Haftstrafen von bis zu vier Jahren und sechs Monaten
verurteilt. taz 31.8.99; Chronik rechtsextremer Gewalt in
Deutschland seit 1990 April 98 Flüchtlingsheim im
baden-württembergischen Bad Wimpfen. Die Polizisten kommen im Morgengrauen
und holen eine fünfköpfige kurdische Familie aus dem Schlaf. Die Menschen
sind völlig überrascht, und die Eltern zeigen den Beamten ein Schreiben vom
Stuttgarter Verwaltungsgericht, aus dem hervorgeht, daß ihr Asylfolgeantrag
angenommen wurde. Die Polizisten wollen das
Schreiben nicht sehen, es kommt zu einem Handgemenge. Die Mutter stürzt
plötzlich in die Küche und versucht, sich mit einem Küchenmesser die
Pulsadern aufzuschneiden. Sie bekommt Handschellen angelegt – ihr Mann Hand-
und Fußschellen. Erst in Ludwigsburg stellt
sich heraus, daß die Anordnung zur Abschiebung rechtswidrig ist. Die Familie
wird freigelassen. Die Mutter erleidet einen Nervenzusammenbruch und muß in
eine psychiatrische Klinik zur stationären Behandlung eingeliefert werden. HSt 23.4.98; Rhein-Neckar-Ztg 30.4.98 Frühjahr 98 Die Kurdin Yazgül E.
wird nach abgelehntem Asylantrag in die Türkei abgeschoben. Dort wird sie von
türkischen Verfolgungsbehörden auf verschiedenste Weise gefoltert und
mehrfach vergewaltigt. Im Oktober 2001 gelingt ihr
die erneute Flucht in die BRD, und sie stellt einen Asylfolgeantrag. Ärzte
und Psychologen attestieren ihr noch im Oktober "teilweise noch nicht
abgeheilte Brandwunden" und bescheinigten, daß "ein Zustand
schwerer psychischer Belastungsreaktion nach erheblicher Traumatisierung
durch Folterung" vorliegt. Trotzdem wird Yazgül E. auf
Betreiben der Ausländerbehörde Ammerland und der Bezirksregierung Weser-Ems
unmittelbar nach ihrer Anhörung durch das Bundesamt in Abschiebehaft
genommen. Sie wird zunächst in der JVA Vechta inhaftiert – anschließend in
der JVA Langenhagen Hannover. Sie ist schwerkrank Sie leidet unter einer
Posttraumatischen Belastungsstörung. Sie hat in der Haft mehrmals das
Bewußtsein verloren, sie weint ständig und kann keine Nahrung aufnehmen. Der Amtsarzt der JVA
Hannover im Dezember: "Vom psychiatrischen Befund her darf Frau E. nicht
abgeschoben werden, weil sie sonst in Lebensgefahr geriete. Es besteht
dringende Suizidgefahr." Schließlich wird Frau E.
aus gesundheitlichen Gründen aus der Abschiebehaft entlassen. Dr. H. Nitz – Rechtsanwalt; FRat NieSa
8.1.02 Anfang Mai 98 Bei einem drei Tage (!)
andauernden Polizeieinsatz in der Flüchtlingsunterkunft im
baden-württembergischen Kornwestheim werden 45 afrikanische Flüchtlinge, auch
gegen den ausdrücklichen Willen einzelner, mit einer Polaroid-Kamera
fotografiert und ihre Fingerabdrücke genommen. 16 Personen, mutmaßlich
sudanesische und nigerianische Staatsangehörige, werden zur Bezirksstelle für
Asyl nach Ludwigsburg gebracht und dort Botschaftsangehörigen der beiden
Länder vorgeführt. Die Vertreter der Botschaften entscheiden dort über die
Staatsangehörigkeit der Flüchtlinge, um im Zuge der Abschiebevorbereitungen
entsprechende Paß-Ersatzpapiere auszustellen. Kornwestheimer Ztg 10.7.98; in: AK Asyl Ba-Wü Juli-September 1998 1. Mai 98 Im sächsischen Bad Schandau,
unweit der deutsch-tschechischen Grenze gelegen, wird ein rumänischer Mann
auf der Flucht vor BGS-Beamten durch einen Diensthund verletzt. BT-Drucksache
14/1850 2. Mai 98 Kronach in Bayern.
Der 26-jährige Nouredine El Amrani, Flüchtling aus Marokko, erhängt sich in
Abschiebehaft in der JVA mit seinem Hosengürtel. Nouredine El Amrani aus
Tanger hatte Marokko verlassen, nachdem er nach der Teilnahme an einer
Demonstration von der Polizei verfolgt worden war. Mit einem Fischerboot floh
er nach Spanien und kam über Frankreich nach Deutschland. Im April 1993
gelang ihm die Einreise in die BRD, wo er Asyl beantragte. Als nach Ablehnung des
Asylantrags ein legaler Aufenthalt für Nouredine El Amrani nicht mehr möglich
war, tauchte er unter. Vor diesem Schritt schrieb er "Scheiß
Ausländeramt" und den Namen eines Sachbearbeiters an die Wände des
Flüchtlingslagers. An der deutsch-französischen Grenze wurde er verhaftet und
in Abschiebehaft genommen. Er betonte immer wieder, daß er nicht nach Marokko
zurückgehen wolle. taz 18.5.98; IMEDANA 26.10.00; JWB 2.6.04; ; Herzog/Wälde: "Sie suchten das
Leben" 2. Mai 98 Im sächsischen Krippen bei Bad
Schandau wird ein LKW geöffnet und vier türkische, vier mazedonische und 28
afghanische Flüchtlinge werden befreit und dadurch vor dem drohenden
Erstickungstod bewahrt. BT-Drucksache
14/1850 5. Mai 98 Der kurdische
Flüchtling Yüksel Kücük wird nach sechsjährigem Deutschland-Aufenthalt und
abgelehntem Asylantrag in die Türkei abgeschoben. Auf dem Flughafen erfolgt
die sofortige Festnahme, und er wird der Anti-Terror-Abteilung überstellt.
Über eine Woche lang wird er unter schwerer Folter verhört. Ihm wird
Mitgliedschaft bei der HEP im Jahre 1991/92, Beteiligung an PKK-Aktivitäten
in Deutschland und sein nicht abgeleisteter Militärdienst vorgeworfen. Nach einer Vorführung bei
der Staatsanwaltschaft wird er in Polizeibegleitung nach Elazig gebracht.
Hier kommt er wieder zur Anti-Terror-Abteilung. Dreimal wird er hier, wie er
sagt, unter grausamen Bedingungen verhört und gefoltert. Er soll seine
exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland benennen, und er soll Menschen
denunzieren. Als er sich weigert, als Spitzel zu arbeiten, wird er noch
einmal gefoltert. Am siebenten Tag wird er gezwungen, ein vorgefertigtes Protokoll
zu unterschreiben, und mit der Aufforderung, sich beim Militär zu melden,
kommt er frei. Sein Vater hat ihn
freigekauft, indem er einem Kommissar eine beträchtliche Summe Geld gab.
Dieser Kommissar rät Yüksel Kücük, das Land zu verlassen, und organisiert für
ihn die Flucht. Nach einigen Tagen in einem
Versteck flieht Yüksel Kücük dann Ende Juni 98 erneut in die BRD. Hier erhält
er im Februar 2000 schließlich Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000; Dokumentation vom FRat NieSa, Juli 2002 8. Mai 98 Nach einem Bericht des Zweiten
Deutschen Fernsehens wurde im Hamburger Hafen vor einiger Zeit ein
Westafrikaner unter Deck eines Frachtschiffes tot aufgefunden. Sein Leichnam lag zwischen vielen
Konservendosen. Der Mann hatte bei seiner Flucht offensichtlich einen
Dosenöffner vergessen, und es war ihm nicht gelungen, die Dosen zu öffnen. Er
war verhungert. ZDF-reportage "Zwischen Traum und
Alptraum 8.5.98 11. Mai 98 In einer Straßenbahn in Halle
wird ein Flüchtling aus Sierra Leone von zwei deutschen Männern zunächst
beschimpft, dann geschlagen und getreten. Sie verfolgen ihn auch noch, als er
die Bahn verläßt. Er wird leicht verletzt. taz 13.5.98 14. Mai 98 In der Nähe von Müllrose im
Kreis Oder-Spree in Brandenburg werden im Kofferraum eines
Personenkraftwagens vier Flüchtlinge aus Sri Lanka entdeckt. BeZ 16.5.98; MOZ 16.5.98 14. Mai 98 Zwei junge Männer versuchen, in
die einsam gelegene Flüchtlingsunterkunft im schwäbischen Aichach
einzudringen. Sie schlagen Scheiben ein, zertrümmern Türen und brüllen
"Ausländer raus!" Die
Polizei fährt daraufhin verstärkt Streife, kann allerdings den Brandanschlag
am nächsten Tag auch nicht verhindern. SZ 20.5.98 15. Mai 98 Vier Skinheads im Alter zwischen
16 und 32 Jahren versuchen, die Flüchtlingsunterkunft im schwäbischen Aichach
mit Molotow-Cocktails in Brand zu setzen. Die BewohnerInnen entdecken die
Flammen rechtzeitig und können sie löschen. Niemand der 32 afrikanischen
Flüchtlinge wird verletzt. Im
Januar 99 werden die Täter vom Landgericht Augsburg wegen versuchten Mordes
in mindestens 20 Fällen und versuchter schwerer Brandstiftung schuldig
gesprochen. Sie erhalten Haftstrafen zwischen fünfeinhalb und sieben Jahren. BeZ 19.5.98; FR 19.5.98; SZ 20.5.98; FR 7.8.98; SZ 7.8.98; BeZ 8.8.98; taz 8.8.98; FR 28.1.99; BT-Drucksache 14/480 15. Mai 98 Eine Gruppe von sechs
Jugoslawen, fünf Mazedoniern und einem polnischen Fluchthelfer – unter ihnen
auch ein vier Monate alter Säugling – gelangt mit zwei Schlauchbooten über
die Oder auf deutsches Gebiet. Als Beamte des BGS die Menschen abends um
23.30 Uhr festnehmen wollen, flüchtet ein Mazedonier ins Landesinnere. Nach
einer mehrstündigen Suchaktion wird der Mann um 4.20 Uhr vom Grund der
nahegelegenen Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße tot geborgen. Der
Fundort befindet sich nur wenige Meter von einer Brücke bei Schöneberg
entfernt, die von der Polizei abgesperrt war. Der Flüchtling sei in einer
Kurzschlußhandlung ins Wasser gesprungen, um sich der Festnahme zu entziehen,
berichten das Hauptzollamt Schwedt und die Bundesgrenzschutzinspektion
Oderberg später gegenüber der Presse. An
der Verfolgungs- und Suchaktion waren Hubschrauber, Beamte des Zolls, des
BGS, der Wasserschutzpolizei und der örtlichen Feuerwehren beteiligt. Die
elf festgenommenen Flüchtlinge werden nach Polen zurückgebracht. MOZ 16.5.98; MOZ 20.5.98; BT-Drucksache
14/1850 17. Mai 98 Ein Flüchtling aus Tunesien verläßt
um 17.30 Uhr zusammen mit seinem Freund in Dresden eine Straßenbahn. Noch an
der Haltestelle werden beide von einem angeblichen Kontrolleur angehalten –
zur Fahrscheinkontrolle. Die
beiden Asylbewerber steigen in eine andere Straßenbahn und fahren in Richtung
Hauptbahnhof. Die Bahn wird nach kurzer Zeit von einem Polizeifahrzeug
angehalten, die Beamten besteigen die Bahn, überprüfen die Papiere der beiden
Freunde, legen ihnen Handschellen an und führen sie am Hauptbahnhof aus der
Bahn heraus. Dort werden sie neben einem Polizeifahrzeug mit erhobenen Händen
und gespreizten Beinen gründlich durchsucht. Dann werden sie zum Revier
gebracht, müssen sich ausziehen. Erst um 23.30 Uhr werden sie ohne weitere
Erklärung wieder entlassen. Polizeiübergriffe 1999 21. Mai 98 "Himmelfahrtstag". Ein
32-jähriger Asylbewerber aus Aserbaidschan wird im thüringischen Mühlhausen
von drei jugendlichen Deutschen zusammengeschlagen und bestohlen. taz 23.5.98; ZDK (BeZ 22.5.) 22. Mai 98 Feuer im Flüchtlingsheim im rheinischen
Viersen. Es wird Brandstiftung vermutet, und die Polizei nimmt einen 28-jährigen Heimbewohner unter
"verdächtigen Umständen" fest. Die rund 120 BewohnerInnen müssen in
anderen Gebäuden untergebracht werden. Verletzt wird niemand. taz 23.5.98 27. Mai 98 Busbahnhof in Aachen. In einem
Bus der Linie 51 fordern eine Polizistin und ein Polizist einen
nigerianischen Flüchtling auf, Ausweis und Fahrkarte vorzuzeigen. Die
Polizistin nimmt die Papiere und verläßt den Bus, und auch der Überprüfte
soll den Bus verlassen. Als er aufsteht, greift ihn der Polizist mit beiden
Händen von hinten um den Nacken und hält den Kopf in der Armbeuge. Dann stößt
er sein Knie in den Magen seines Opfers und sagt dabei: "Scheiß
Schwarzer, mach hier keine Probleme und geh zurück in dein Land...", und
draußen sagt er zu seiner Kollegin: "Guck dir den komischen Ausweis an;
Scheiß-Flüchtling". Dem
Flüchtling werden die Papiere zurückgegeben, und weil sein Bus inzwischen
abgefahren ist, setzt er sich in den nächsten Bus nach Würselen. Um 22 Uhr
fährt dieser ab. An
der Haltestelle "Tivoli" betreten zwei Zivilisten den Bus, zeigen
ihre Polizeimarken und fordern den Flüchtling auf, seine Papiere vorzuzeigen
und mit ihnen den Bus zu verlassen. Draußen warten bereits die Polizistin und
der Polizist, die ihn schon am Busbahnhof kontrolliert und mißhandelt haben.
Ihm werden brutal Handschellen angelegt, und er muß zur Wache mitfahren. Dort
soll er seine Taschen leeren, er wird durchsucht und dann in Zelle 16
gesperrt. Er bemerkt eine blutende Verletzung an seinem rechten Handgelenk. Um
0.08 Uhr wird er entlassen, und da zu dieser Zeit keine Busse mehr fahren,
muß er zu Fuß nach Würselen gehen. Die Verletzung am Hals, die ihm durch die
brutale Behandlung des Polizisten zugefügt wurde, bereitet ihm auch noch drei
Wochen nach dem Übergriff Schmerzen beim Schlucken und Schmerzen bei
Berührung. Polizeiübergriffe 1999 29. Mai 98 In dem bayerischen Dorf Ösbühl
in unmittelbarer Nähe der deutsch-tschechischen Grenze wird ein rumänischer Flüchtling
bei seiner Festnahme durch BGS-Beamte von deren Diensthund am Oberarm gepackt
und verletzt. BT-Drucksache
14/1850 Ende Mai 98 Der Flüchtling
Fatmir Sahiti, Albaner aus dem Kosovo, wird aus Baden-Württemberg
abgeschoben. Als sein Dorf Kopiliq von serbischen Streitkräften unter
Granaten-Beschuß genommen wird, kommt er ums Leben. FRat Bayern, Infodienst, Nr. 62/63 Mai 98 Die 35-jährige Jamal E. aus dem
Libanon versucht, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen; sie überlebt knapp.
Eine Verzweiflungstat, weil der Frau – sollte sie abgeschoben werden – ihre
vier Kinder von der Familie ihres Mannes nach islamischem Recht weggenommen
werden können. taz 23.7.98 Mai 98 Nasik Chatchaturjan wird mit
ihrer Tochter Knarik und ihrem Sohn Johannes nach Armenien abgeschoben,
während ihr Mann Samuel in Deutschland noch im Krankenhaus liegt. Nach ihrer
Ankunft wird sie festgenommen, verhört und gefoltert, weil sie den
Aufenthaltsort ihres Mannes preis geben soll. Nach
der Entlassung aus dem Krankenhaus wird auch Herr Chatchaturjan umgehend
abgeschoben und schon auf dem Flughafen Erivan verhaftet und gefoltert. Die
Familie gehört den Zeugen Jehovas an und war schon 1995 in die BRD geflohen, nachdem
Herr Chatchaturjan wegen seiner Militärdienstverweigerung desertiert war,
festgenommen und durch Folter schwer traumatisiert worden war. Der
Familie gelingt erneut die Flucht nach Deutschland. (siehe auch: 7. Dezember
99) Pro Asyl 9/00 Anfang Juni 98 Der seit zehn Jahren in der BRD
lebende Kurde Necmeddin Aslan wird in die Türkei abgeschoben. Entgegen der
Verabredung meldet er sich nicht bei seiner Frau, die mit dem einjährigen
Sohn zurückgeblieben war. Spiegel 22.6.98 1. Juni 98 Der kurdische Flüchtling Hasan
Akdag übergießt sich in der niedersächsischen Vollzugsanstalt Lingen mit
einer brennbaren Flüssigkeit und zündet sich an. Er stirbt am gleichen Tage
in einem Krankenhaus in Hannover. Der
jetzt 21-jährige Akdag hatte 1996 aus seinem Dorf in der Nähe von Diyarbakir
fliehen müssen, nachdem zwei seiner Angehörigen erschossen worden waren und
ihm Unterstützung der PKK vorgeworfen worden war. Das Asylgesuch in der BRD
wurde abgelehnt, Akdag tauchte unter, wurde eingefangen und eingesperrt. Eine
120-tägige Haftstrafe sollte Akdag absitzen, weil er als Asylbewerber den ihm
zugewiesenen Landkreis ohne Erlaubnis verlassen und die verhängten
Geldstrafen nicht bezahlt hatte. Sein
Asylfolgeantrag, den er in Abschiebehaft gestellt hatte, wurde einige Tage
vor seiner Selbsttötung abgelehnt. "Gesicherte
Hinweise auf das Motiv des Selbstmordes" gebe es nicht, so die
Sprecherin des Innenministeriums. taz 10.6.98; BeZ 10.6.98; ND 10.6.98; TS 10.6.98; UNITED (Frat NieSA) 4. Juni 98 Ein Mitglied der NPD-Jugendorganisation
"Junge Nationaldemokraten" und zwei andere Deutsche greifen ein
Flüchtlingsheim im sächsischen Kamenz an. Sie versuchen mit sechs
Benzinbomben, das Wohnheim in Brand zu setzen. Von den 29 BewohnerInnen wird
niemand verletzt. taz 11.6.98; FR 12.6.98; Konkret 10/00, S. 16; BT-Drucksache 14/480 4. Juni 98 76 Flüchtlinge aus Nigeria und
aus anderen westafrikanischen Ländern werden mit einem Abschiebesonderflug
von Düsseldorf nach Lagos in Nigeria abgeschoben. Einige von ihnen sind minderjährig
(z.B. der 15-jährige Evbagharu). Viele
der Flüchtlinge werden während der Abschiebung von Beamten des
Bundesgrenzschutzes mit Schlägen traktiert. Alle
Flüchtlinge werden in Lagos sofort in Haft genommen. Prison Watch International 9.6.98; Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 4. Juni 98 Unter den 76 nach Nigeria Abgeschobenen
befindet sich Paul Agbebako. Nach Verfolgung und Haft in Nigeria war er im
Mai 95 in die BRD geflohen, wurde im März 98 verhaftet und kam in die
Abschiebehaft in Büren. Nach Protesten der Gefangenen (skandalöse
Haftbedingungen und Behördentaktik) dort wurde er am 7. April in die JVA
Bochum verlegt. Auf dem Transport dorthin mußte er eine sechsstündige
Schaukelfesselung erleiden (Handschellen hinter dem Rücken – mit den
Fußschellen verbunden). In Bochum verbrachte er 16 Tage im sogenannten
Bunker. Den
Tag seiner Abschiebung beschreibt er als einen seiner schrecklichsten. Er
wird vor und während der Abschiebung dermaßen geschlagen und mißhandelt (sein
Arm wird ausgekugelt), daß er den Flug nur verschwommen wahrnimmt: "Ich
brauchte drei Tage, um zu begreifen, daß ich immer noch lebte." In Lagos
wird er für drei Tage in Haft genommen. Roma-UnterstützerInnen-Gruppe Bochum 5. Juni 98 Der 27-jährige
kurdische Flüchtling Hüsni Almaz kehrt nach abgelehntem Asylgesuch zunächst
unbehelligt in die Türkei zu seiner Mutter und zu seinen Geschwistern in den
Kreis Kiziltepe der Provinz Mardin zurück. Am 19. Juli wird er in Bozok bei
Sürekli von Polizisten der Gendarmerie Derik festgenommen, verhört und schwer
gefoltert: "Sie banden mich an ein Holzkreuz fest und zogen mich nach
oben, unter die Decke. Sie hatten mich nackt ausgezogen. Dann gaben sie mir
Elektroschocks an den Zehen. So hing ich in der Luft, und sie gaben mir wieder
Stromschläge.Dann ließen sie mich ein wenig runter, und ich bekam von neuem
Elektroschocks, diesmal an den Hoden und am Penis. Sie spielten mit meinen
Hoden und dann auf einmal schlugen sie drauf." Hüsni Almaz "gesteht" daraufhin, in der BRD an
Versammlungen und Demonstrationen der PKK teilgenommen zu haben. Dieses
"Geständnis" muß er mit verbundenen Augen unterschreiben. Zwei Tage nach seiner
Verhaftung legt er Beschwerde gegen den Haftbeschluß ein, weil er durch
Folter zu dem Geständnis gezwungen worden war. Die Beschwerde ist erfolglos.
Am 10. August wird gegen Herrn Almaz Anklage erhoben wegen Unterstützung
einer bewaffneten Vereinigung. Das Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir
übernimmt das Verfahren. Am 9.2.99 wird Herr Almaz nach Art. 169 TürkStGB und
Art. 5 ATG zu einer Haftstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Das
Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und tatsächlich wird Herr Almaz noch am
Abend der Urteilssprechung auf freien Fuß gesetzt. Ihm gelingt erneut die Flucht
in die BRD. Er stellt einen Asylfolgeantrag, und ihm wird im November 1999
das "kleine Asyl" gewährt. Im März 2000 bestätigt das
türkische Kassationsgericht die Entscheidung des Staatssicherheitsgerichts in
Diyarbakir und verurteilt Hüzni Almaz rechtskräftig zu drei Jahren und neun
Monaten Haft. Pro Asyl 10.9.98;
taz 11.9.98; FR 11.9.98; taz-Ffm 11.9.98;
jW 12.9.98; taz 21.9.98; Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98; Dokumentation vom FRat NieSa, Januar
1999; Pro Asyl 23.2.99; ND 8.3.99; ARD
"Monitor" 22.7.99; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Juni 1999; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000; Dokumentation vom FRat NieSa, Juli 2002 5. Juni 98 Bedburg-Hau in
Nordrhein-Westfalen. Ein 52 Jahre alter Deutscher entzündet seine eigene
Wohnung, die sich in einem Flüchtlingsheim befindet. Dann flüchtet er. Später
gibt er an, daß er die HeimbewohnerInnen aus Haß töten wollte. Das
Feuer kann frühzeitig gelöscht werden, so daß niemand verletzt wird. BeZ 8.6.98; FR 8.6.98; taz 8.6.98; BT-Drucksache 14/480 6. Juni 98 Anklam in
Mecklenburg-Vorpommern. Sieben afrikanische Flüchtlinge werden von 15 bis 20
Deutschen beschimpft, attackiert und mit Gegenständen beworfen. Zwei der
Angegriffenen müssen ihre Verletzungen im Krankenhaus behandeln lassen. taz 8.6.98; ZdK (NK 2.6.) 10. Juni 98 Ein 17-jähriger Asylbewerber aus
dem ehemaligen Jugoslawien wird im brandenburgischen Fürstenwalde, Landkreis
Oder-Spree, während eines Volksfestes von fünf einheimischen Jugendlichen geschlagen,
getreten und von einem Angreifer mit der Faust ins Gesicht geboxt. Der
Jugoslawe erleidet Verletzungen, die ärztlich behandelt werden müssen. RA 12.6.98; BeZ 12.6.98 11. Juni 98 Der kurdische Flüchtling Mehmet
Ali Klay Metin soll in einem dritten Abschiebeversuch in die Türkei geflogen
werden. Bereits in der Untersuchungs- und Strafanstalt Uelzen wird er einer
gründlichen Leibesvisitation unterzogen. Gleiches
geschieht durch die BGS-Beamten auf dem Flughafengelände Hannover. Als Herr
Metin aufgefordert wird, die Kleidung wieder anzuziehen, weigert er sich,
weil es sich dabei um die Anstaltspyjamas des Gefängnisses handelt. Er
verlangt nach seiner eigenen Kleidung. Ein Beamter steckt ihm daraufhin einen
elektrischen Schlagstock in den Mund und schlägt seinen Kopf vier bis fünf
Mal gegen eine gekachelte Wand. Herrn Metin läuft Blut aus dem Mund. Andere
Beamten packen ihn und ziehen ihm die Anstaltskleidung wieder an und legen
ihm Handschellen hinter seinem Rücken an. Nach
ca. einer Stunde wird er über den Hintereingang in eine Maschine der Istanbul
Airlines gebracht, in einen Sitz gezwungen und festgezurrt. Mehmet Ali Klay
Metin beginnt zu schreien. Drei Beamte beugen seinen Oberkörper nach vorne
und halten ihm den Mund zu. Sie schlagen ihm gegen den Rücken und gezielt in
den Unterleib. Als
Herr Metin weiter schreit, packt ein Polizist ihn an seinen langen Haaren und
schlägt seinen Kopf immer wieder gegen den Vordersitz. Ein anderer Beamter
schlägt ihm in den Magen. Jetzt
erheben sich zwei Passagiere – eine Journalistin und ein Arzt – und
protestieren gegen die Mißhandlung. Die Journalistin verlangt auch die
Dienstnummer eines Polizisten. Herr
Metin schreit die Parolen: "Es lebe die PKK!", "Nieder mit dem
Faschismus!", "Schulter an Schulter gegen den Faschismus!". Er
bekommt ein Klebeband über den Mund – wird weiter geschlagen. Endlich
wird er – wieder unter Mißhandlungen – aus dem Flugzeug geführt und zurück in
die Haftanstalt Uelzen gebracht. Nicht der Arzt der Anstalt ("... keine
Zeit"), sondern der Anstaltsleiter veranlaßt, daß der aufs Doppelte
seiner sonstigen Größe geschwollene Arm von Mehmet Ali Klay Metin versorgt
wird. Bericht des Betroffenen in: Pro Asyl-Infomappe 11.6.99; IPPNW 1.6.99 15. Juni 98 Fürstenwalde in Brandenburg. Als
ein 21 Jahre alter Flüchtling aus Indien sich weigert, zwei Deutschen sein
Geld, Zigaretten und Bier auszuhändigen, wird er von einem Angreifer mit
einem Hosengürtel gewürgt, von dem anderen mit Füßen getreten. Er muß seine
Verletzungen ambulant behandeln lassen. BeZ 17.6.98; taz 17.6.98; Konkret 10/00, S. 16 Mitte Juni 98 Hungerstreik im
Abschiebegefängnis Berlin-Grünau seit dem 16. Juni. Als der türkische
Flüchtling X. X. beim Wachpersonal nach einem Glas Zuckerwasser fragt, wird er
von einem Beamten ins Gesicht und an den Kopf geboxt. Ein Sanitäter, der sich
als Arzt ausgibt, behandelt die Augenverletzung des Gefangenen. N.N. wird
Ende Juni in die Türkei abgeschoben. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; Kurdisches Zentrum Berlin 16. Juni 98 JVA Büren – Abschiebegefängnis.
Unmittelbar vor seiner geplanten Abschiebung setzt sich ein 36-jähriger
kurdischer Abschiebegefangener selbst in Flammen. Er hatte sich mit Fett
eingerieben und das T-Shirt dann angezündet. Er
kommt aufgrund seiner Brandverletzungen ins Bürener St. Nikolaus-Hospital und
später ins Justizkrankenhaus. 10 Prozent seiner Haut sind verbrannt. Dazu
Verwaltungsleiter der JVA Wehrmeier: "eine ernsthafte
Selbstbeschädigung, aber nicht so dramatisch". NW 17.6.98; AZADI informationen Nr. 10 Mai/Juni 1998 16. Juni 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Der psychisch kranke Flüchtling N.N. schluckt sechs oder
sieben Beruhigungstabletten (Diazepam). Erst vier Wochen nach seiner Ankunft
am Flughafen kommt er in die Psychiatrie. FSD-Ffm Okt. 98 17. Juni 98 Polizei-Razzia im
Flüchtlingsheim Gehren in Thüringen. Als die BewohnerInnen dieses
Container-Heimes durch den Lärm morgens um 6 Uhr erwachen, ist das Heim von
Polizisten regelrecht besetzt. Mindestens zwei Beamte
stehen vor jedem Zimmer; weitere vor den Fenstern und am Stacheldrahtzaun.
Die BewohnerInnen werden gezwungen, in ihren Zimmern zu bleiben, und mit
einer Video-Kamera werden die Menschen abgelichtet. Eine erniedrigende
Situation, weil nicht nur die Menschen in ihrer Schlafkleidung und mit ihrem
"ungekämmten Aussehen", sondern auch die zerzausten Betten und
sogar Kochtöpfe gefilmt werden. Nach Beendigung der Filmerei
werden die BewohnerInnen, die sich inzwischen anziehen durften, in den
Fernsehraum geführt. Hier werden sie alle fotografiert und aufgefordert, ihre
Personalien anzugeben. Danach werden die Menschen
in ihre Zimmer zurückgeführt und einzeln Leibesvisitationen unterzogen. Dann
erfolgt die sehr genaue Durchsuchung der Zimmer. Der Besuch der Toilette ist
während der Aktion untersagt. Einer der Bewohner, der
Flüchtling Mandit Singh aus dem Punjab in Indien, der schon seit längerem krank
im Bett liegt, wird von den Beamten aus dem Bett gezwungen. Er erhält einen
Stoß in die rechte Seite des Unterleibs. Obwohl Mandit Singh vor Schmerzen
schreit, weigern sich die Beamten, einen Krankenwagen zu rufen. Erst als die Polizei das
Gelände verlassen hat, kann die Sozialarbeiterin einen Krankenwagen rufen,
der Mandit Singh ins Krankenhaus fährt. Bericht eines Betroffenen in: FRat Thür
Info Nr. 7 22. Juni 98 Drei Rechtsradikale überfallen
auf dem Schulhof in Cottbus einen 16-jährigen Kurden. Erst als die Lehrer dem
Schüler zur Hilfe kommen, fliehen die Angreifer. FR 23.6.98; BeZ 23.6.98 25. Juni 98 In Anklam in
Mecklenburg-Vorpommern wird ein 21-jähriger Flüchtling aus Sarajevo beim
Verlassen eines Supermarktes von fünf bis sechs Jugendlichen überfallen und
mit dem Messer angegriffen. Er wird leicht verletzt. NK 29.6.98 26. Juni 98 Der 31 Jahre alte
kurdische Flüchtling Ferit M. wird zum zweiten Mal in die Türkei abgeschoben.
Sein Asylantrag in der BRD war vom Verwaltungsgericht mit dem Hinweis
abgelehnt worden: "Ihm drohen dort keine gravierenden Beeinträchtigungen
individuell konkreter Art." Nach Überprüfung seiner
Papiere auf dem Flughafen Ankara wird er zunächst freigelassen. Als Ferit M.
am Busbahnhof aus einem Taxi steigt, fordern ihn zwei Zivilpolizisten auf
mitzukommen. Er muß in einen PKW mit abgedunkelten Scheiben einsteigen,
bekommt Handschellen, und die Augen werden ihm verbunden. Er wird an einen
Ort gebracht, wo er zehn Tage lang verhört und so schwer mißhandelt wird, daß
er mehrmals das Bewußtsein verliert. Er wird geschlagen, der Falaka und der
Stromfolter unterzogen; er wird mit Hochdruckwasserstrahlen abgespritzt. Er
selbst fleht seine Folterer an, daß sie ihn töten mögen. Ferit M. kann der
Folter wiederstehen, ohne die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe,
PKK-Mitgliedschaft und PKK-Unterstützung, zu bestätigen. Er wird bewußtlos in einem
Wald abgelegt. Es gelingt ihm dann zu einer Straße zu kriechen, wo er einen
Autofahrer findet, der ihn zu seiner Schwester nach Istanbul fährt. Dort
liegt er zwei Tage lang bewußtlos im Bett. Er wendet sich später an den
Menschenrechtsverein und läßt sich bei der Menschenrechtsstiftung psychisch
und medizinisch versorgen. Mit Fluchthelfern gelingt
ihm erneut die Flucht ins Ausland. Am 13. August 98 wird er in Köln
festgenommen und sofort in Abschiebehaft gebracht. Die Abschiebung wird auf
den 28. August festgelegt. Erst nach einstweiligen Verfügungen und mehrfachen
Überprüfungen der Folterspuren wird Ferit M. ab dem 26. Februar 99 Abschiebeschutz
("Kleines Asyl") gewährt. Da Ferit M. durch falsche
Aktenversendungen immer noch nicht aus der Fahndungsliste der Polizei
gestrichen ist, wird er noch mehrfach von deutschen Polizisten festgenommen. ZDF "Kennzeichen D" 31.3.99; FR 29.4.00; taz 29.4.00; BeZ 5.5.00; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000; 27. Juni 98 Bernau in Brandenburg. Ein
nigerianischer Flüchtling wird von zwei Männern in Springerstiefeln und
Bomberjacken verfolgt und gejagt, beschimpft und getreten. Durch die
herbeigerufene Polizei kann der Angriff unterbrochen werden. Ein
Täter wird wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte am 11.1.99 zu einer Haftstrafe von acht Monaten und zu
einer Geldbuße verurteilt. ALB (BM; MOZ); Bürgerrechte &
Polizei/CILIP 62/1999 27. Juni 98 Saal im Landkreis
Nordvorpommern. Am Rande eines Dorffestes wird ein 20-jähriger algerischer
Flüchtling von ca. 50 jugendlichen Deutschen beleidigt und auf dem Heimweg
überfallen. Er erleidet leichte Verletzungen. NK 29.6.98 27. Juni 98 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Ein türkischer Gefangener, der sich im Hungerstreik
befindet, wird in die Türkei abgeschoben. Es geht ihm psychisch sehr
schlecht, und er wurde während seines Hungerstreikes von Anstaltsangehörigen
mißhandelt. AZADI informationen Nr. 10
Mai/Juni/Juli 1998; (Ad-Hoc-Bündnis zur Unterstützung der Hungerstreikenden Berlin) 28. Juni 98 Vor dem
Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick findet eine Solidaritätskundgebung für die
hungerstreikenden Gefangenen statt. Als ein Mann den
KundgebungsteilnehmerInnen durch das vergitterte Fenster zuwinkt, wird er von
Beamten in den Keller gebracht und dort mißhandelt. AZADI informationen Nr. 10
Mai/Juni/Juli 1998; (Ad-Hoc-Bündnis zur Unterstützung der Hungerstreikenden Berlin) 29. Juni 98 Schwarzenberg bei Zwickau in
Sachsen. Ein 25-jähriger türkischer Asylbewerber wird am Busbahnhof von vier
Männern bedroht. Er flieht in einen Linienbus und versucht die Tür von innen
zu verriegeln. Es gelingt ihm nicht, so daß er von den Tätern aus dem Bus
gezerrt werden kann. Einer der Angreifer schlägt ihm mit einem
zusammengeklappten Messer auf den Kopf. Noch am Boden liegend wird weiter auf
ihn eingeschlagen und getreten. Er kommt schwer verletzt in ein Krankenhaus. LKA – Sachsen 15.7.98; FR 17.7.98; FP 17.7.98; Konkret 10/00, S. 17 Juni 98 JVA Büren –
Abschiebegefängnis. Zwei junge kurdische Männer versuchen sich umzubringen.
Einer schneidet sich die Pulsadern auf, der zweite schluckt eine Überdosis
von Medikamenten. AZADI informationen Nr. 10
Mai/Juni/Juli 1998 (Yek-Kom Bülteni 25) Juni 98 Berlin. Auf dem Weg zum
Flughafen, über den er abgeschoben werden soll, rammt sich ein kurdischer Flüchtling
ein Messer in den Bauch und verletzt sich schwer. Er kommt bewußtlos in ein
Berliner Krankenhaus. Seine
Frau und seine drei Kinder, die bei dem Vorfall dabei sind, werden am
gleichen Tag in die Türkei abgeschoben. Antirassistische Initiative Berlin Sommer 98 Thomas Ayayo Amaglo,
der vor kurzem bereits zum zweiten Mal nach Togo abgeschoben worden war und
danach kurzzeitig in Lomé in Haft war, wird erneut festgenommen. Thomas Ayayo
Amaglo, der Bruder eines CAR-Abgeordneten (Comité d'Action pour le
Renouvellement), kommt in die Gendarmerie Nationale nach Lomé, wo er unter
Folter verhört wird. Während seiner anschließenden Gefangenschaft im
Zentralgefängnis von Lomé (maison d'arrêt) erkrankt er schwer. Im Oktober
wird er nach einer Verurteilung freigelassen und erliegt kurze Zeit später
den Folgen der Folter und der harten Haftbedingungen. ai 19.1.99;
ai-Rapport Mai 1999 Anfang Juli 98 Drei deutsche Rechtsradikale
überfallen auf dem Marktplatz in Boizenburg zwei nigerianische Asylbewerber.
Der Angriff kann durch zwei Polizeibeamte unterbrochen werden. Die
Ermittlungen der Polizei werden wegen des Verdachts auf schwere
Körperverletzung geführt. SVZ 21.7.98 1. Juli 98 Mecklenburg-Vorpommern. Ein
nigerianischer Flüchtling wird in Schwerin von einem Deutschen auf der Straße
überfallen. Gegen
den Täter ergeht Haftbefehl wegen schwerer Körperverletzung und der
Verwendung von Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen
in der Öffentlichkeit. ZDK (NK 4.7.) 1. Juli 98 Im Krankenhaus Altenburg in
Thüringen wird der Tod des kurdischen Flüchtlings Haydar Findik festgestellt. Ab
29. Juni hatte der 27-Jährige die Ärztin der Landessammelunterkunft wegen
seiner Halsschmerzen zweimal konsultiert. Seine Erkrankung verschlechterte
sich trotz der verabreichten Antibiotika am Abend des 30. Juni so sehr, daß
Freunde und Mitbewohner Angehörige des Heim-Wachdienstes "Industrie- und
Transportschutz Thüringen" baten, einen Ambulanzwagen zu rufen. Mit dem
Hinweis, daß dies 150 DM Kosten verursachen würde, geschah dies nicht. Am
1. Juli suchte der Kranke in Begleitung eines Mitbewohners wieder die Ärztin
auf und bat diese nochmals um die Überweisung an einen Facharzt. Mit dem
Verweis auf die Kosten lehnte die Medizinerin dieses ab. Stunden
später bricht Haydar Findik auf dem Flur des Wohnheims zusammen, bekommt
keine Luft mehr, und sein Körper "verfärbt sich gelb". In den 50
Minuten, die es dauert, bis der Ambulanzwagen kommt, atmet Herr Findik
"noch nicht einmal". Am
2. Juli erstatten 65 BewohnerInnen des Flüchtlingsheimes Anzeige gegen die
Heimärztin wegen vorsätzlicher Tötung. Drei
Flüchtlingsfamilien, die sich besonders intensiv um die Aufklärung der
Todesursache bemühen, werden auf Geheiß der Ausländerbehörde des
Landratsamtes Altenburger Land in drei andere Flüchtlingsheime zwangsweise
umverteilt. Begründung der Ausländerbehörde: "... da ein erhebliches
öffentliches Interesse daran besteht, die Ordnung und Sicherheit in der
Landesgemeinschaftsunterkunft in 04600 Altenburg, Leipziger Straße 64 zu
gewährleisten..." Die
Ermittlungen gegen die Ärztin werden von der Staatsanwaltschaft Gera mit
folgender Begründung eingestellt: "... war der damalige
Krankheitsverlauf kaum erkennbar. Auch wenn die Ärztin den Mann ins
Krankenhaus überwiesen hätte, wäre es vermutlich nicht anders
ausgegangen." A. Lucifero 5.7.98; taz 6.7.98; AZADI informationen Nr. 10
Mai/Juni/Juli 1998 (taz 8.7.98); Augenzeugenbericht 8.7.98; taz 10.7.98; F. Vohla 21.7.98; FR 21.11.98; FRat Thür Info Nr. 7; FRat Thür. Info Nr. 4/98; TA 6.1.99 1. Juli 98 JVA Büren Abschiebegefängnis.
Ein 33 Jahre alter Abschiebegefangener aus Sri Lanka wird von seinem
psychisch schwerkranken Mitgefangenen, einem 50 Jahre alten Tamilen, mit einem
Ledergürtel erdrosselt. Der Kranke selbst gibt um 11 Uhr morgens Alarm, und
es gelingt, den Bewußtlosen wiederzubeleben und intensiv notärztlich zu
versorgen. Trotz der Bemühungen erliegt das Opfer am Nachmittag den schweren
Verletzungen. Im
Verhör gibt der Kranke an, den Befehlen von Phantomstimmen aus Nachbarzellen
gehorcht zu haben. Seine Abschiebung stand unmittelbar bevor. Der
Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren" kritisiert die
fehlende fachärztliche Betreuung von verhaltensauffälligen Gefangenen – und
deren "Ruhigstellung" mit Psychopharmaka. "Die
Abschiebehaft ist schon für psychisch gesunde Gefangene eine
Ausnahmesituation, da der überwiegenden Zahl der Gefangenen nicht klar ist,
warum sie im Gefängnis sind. Sie haben in der überwiegenden Zahl keine
Straftaten begangen, und die Abschiebehaft trifft sie vollkommen
unvorbereitet. Zusätzlich belastet sind sie durch ausgeprägte Ängste, da
viele nach ihrer Abschiebung mit Gefängnis, Folter und Schlimmerem rechnen
müssen. Besonders für psychisch Kranke wächst die Belastung ins
Unerträgliche." NW 2.7.98; WV 2.7.98; NW 3.7.98;
WV 3.7.98; NW 9.7.98 (Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren) 1. Juli 98 Aus Verzweiflung wegen der ihr drohenden
Abschiebung versucht die 28-jährige Emilia A. aus Ghana zweimal, ihre kleine
2-jährige Tochter auszusetzen. Die Mutter wird ins Wohnheim zurückgeschickt,
das Kind kommt in ein Heim. BeZ 3.7.98 2. Juli 98 Schwarzenberg bei Zwickau in
Sachsen. Ein 34-jähriger Flüchtling aus Pakistan wird nachts in der Nähe des
Busbahnhofs von vier jungen Frauen und vier jugendlichen Männern umringt und
aufgefordert, seinen Rucksack herauszugeben. Als er dieser Aufforderung nicht
nachkommt, wird er durch den Faustschlag einer 15-Jährigen zu Fall gebracht.
Ihm gelingt die Flucht in eine nahegelegene Gaststätte, und er findet dort
Schutz. Der
gerufene Notarzt überweist den Mann ins Krankenhaus, wo seine Verletzungen
stationär behandelt werden müssen. Der
Haftrichter weist die 15-jährige Haupttäterin in ein Heim ein. LKA – Sachsen 15.7.98; FR 17.7.98; FP 17.7.98 10. Juli 98 Überfallartig werden in der
Nacht zum 10. Juli 137 Kriegsflüchtlinge aus Bosnien in den verschiedenen
Wohnheimen und Wohnungen Berlins festgenommen. Zwischenstation ist der
Polizeigewahrsam in Tempelhof. 74 Menschen werden dann um 16.45 Uhr vom
Flughafen Schönefeld nach Sarajewo abgeschoben. Unter
ihnen ist auch das Roma-Ehepaar Munevera und Rifet Redzic. Die 51-jährige
Munevera R. ist kriegstraumatisiert und schwer herzkrank. In Abschiebehaft
bekommt sie in den geschlossenen Räumen vor den Augen der Uniformierten einen
Herzanfall. Ein Polizist schiebt ihr zwei Tabletten in den Mund. In
ihren ehemaligen Wohnort Bjelina können sie nicht zurückkehren, weil sie dort
nicht geduldet sind. In Sarajewo finden sie keinen Wohnraum, ohne Wohnraum
können sie sich nicht krankenversichern. Die
Anwältin des Ehepaares verklagt das Land Berlin im November wegen illegaler
Ausweisung einer kranken Frau. Im
Mai 99 gelingt es Frau Redzic erneut, nach Berlin zu kommen, wo noch ihr Sohn
lebt. Obwohl das Verwaltungsgericht die Abschiebung im Juli 98 – zwar zu
spät, denn das Flugzeug war schon auf der Rollbahn – für rechtswidrig
befunden hat, droht Frau Redzic im Juni 99 erneut die Abschiebung. BeZ 31.7.98; BeZ 24.11.98; ND 17.6.99; taz 18.6.99 12. Juli 98 Zwischen Sohland und Taubenheim
in Sachsen, nahe der deutsch-tschechischen Grenze, wird ein rumänischer Flüchtling
bei seiner Festnahme durch einen Diensthund des BGS durch Biß verletzt. BT-Drucksache
14/1850 14. Juli 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude
C 182. Der nigerianische Flüchtling A. wird bewußtlos aufgefunden. Nach einer
neurologischen Untersuchung kommt er zurück in die Unterkunft. Als
ihm am nächsten Tag die Ablehnung seines Asylantrags ausgehändigt wird,
bricht er zusammen. Er wirft sich auf den Boden, schlägt sich selbst mit den
Fäusten, schlägt seinen Kopf auf den Boden. Nach einem Aufenthalt in der
Psychiatrie wird er nach Lagos zurückgeschoben. FSD-Ffm Okt. 98 14. Juli 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Der nigerianische Flüchtling D. versucht, sich mit einem
Schnürsenkel an einem Lüftungsrohr zu erhängen. Beim Versuch, ihn abzunehmen,
reißt der Schnürsenkel. Auf dem Tisch liegt ein Abschiedsbrief. Nach
einem eintägigen Aufenthalt in der Psychiatrie kommt er zurück in die
Unterkunft und wird am 17. Juli nach Lagos zurückgeschoben. FSD-Ffm Okt. 98 14. Juli 98 Ca. 20 deutsche Polizeibeamte stürmen
die Gemeinderäume der protestantischen Gemeinde in Mutterstadt im Landkreis
Ludwigshafen. Der 26 Jahre alte kurdische Flüchtling Abdul Menaf Düzenli wird
zusammen mit seiner hochschwangeren Frau und ihren drei kleinen Kindern (zwei
bis fünf Jahre alt) mit Polizeigewalt aus dem Kirchenasyl geholt,
festgenommen und über Frankfurt mit der Turkish Airlines direkt nach Istanbul
abgeschoben. Herr
Düzenli, der aus dem Dorf Hanla bei Midyat stammt, war 1992 aus der
türkischen Armee desertiert. Das Dokument, das belegte, daß das
Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir Anklage auf der Grundlage des Art. 8
Anti-Terror-Gesetz, Nr. 3713 (separatistische Propaganda) gegen den
Flüchtling erhoben hatte, wurde vom Verwaltungsgericht Neustadt ohne Prüfung
als Fälschung eingestuft. Der zuständige Richter konnte deshalb eine
Verfolgung des Kurden durch türkische Organe "mit Sicherheit"
ausschließen. Am Flughafen Istanbul wird Herr
Düzenli der Anti-Terror-Polizei übergeben. Hier und in anderen Abteilungen
der türkischen Militärpolizei wird Herr Düzenli schwer mißhandelt und
systematisch gefoltert. Mit Hilfe eines Bestechungsgeldes von 1500 DM
erreicht ein Verwandter, daß Herr Düzenli wieder zur Flughafenpolizei kommt.
Diese übergibt ihn den Militärbehörden in Istanbul, wo er unter schwerer
Folter (u.a. Stromfolter) verhört wird. Dann wird er – eine Woche nach der
Abschiebung – zu seiner ehemaligen Militär-Einheit nach Besiktas überstellt.
Dort verbringt er fünf Tage in Handschellen. Danach kommt er in das
Militärgefängnis Izmir-Sirinyer und wird am 23.11.98 zu zwei Jahren und sechs
Monaten Haft wegen Desertion und Flucht ins Ausland verurteilt. Am
11.2.99 wird Herr Düzenli aus dem Militärgefängnis in das Gefängnis Buca in
Izmir verlegt. In einem zweiten Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht
Diyarbakir wird Herr Düzenli am 9.3.99 vom Vorwurf des Separatismus
freigesprochen. Nach der Haftstrafe wegen Desertion wird er erneut zum
Militärdienst eingezogen werden. Frau
Düzenli wird nach der Abschiebung von ihren Kindern getrennt und der
Anti-Terror-Abteilung der Polizei überstellt. Nach zweieinhalb Tagen Verhören
und Haft wird sie freigelassen und kann zu der Familie ihres Mannes nach
Midyat. Aber auch dort wird sie – im Dezember vor und nach der Geburt ihres
Kindes – mehrmals vorgeladen und verhört. Auch der Vater von Herrn Düzenli
wird mehrmals von der Polizei in Idil verhört. Unmittelbar nach einem solchen
Verhör stirbt er. Aus Angst vor weiterer Verfolgung läßt die Familie keine
Obduktion durchführen. Das Auswärtige Amt setzt sich daraufhin mit dem
Dorfvorsteher von Midyat in Verbindung, um die Todesumstände zu erfahren.
Dieser informiert die Gendarmerie, woraufhin die Familie wieder massiv unter
Druck gerät und erneut gefährdet wird. Der Asylfolgeantrag der
Familie wird vom Verwaltungsgericht Neustadt abgelehnt. Die Angaben über
Folterungen von Herrn Düzenli werden für unglaubwürdig gehalten. In der
Türkei seien "Schläge im Polizeigewahrsam und rüde Verhörmethoden leider
an der Tagesordnung. Dies ändert aber nichts daran, daß solche Maßnahmen noch
nicht die Schwelle zur Asylrelevanz überschreiten", so das Gericht. Kurdistan-Rundbrief, Nr. 8, Jg. 11,
21.4.98; Gegenwind 9807 – Mannheimer
Kommunal-Info; ND 16.7.98; FR 17.7.98; JWB 22.7.98; FR 19.8.98; jW 20.8.98; Kurdistan-Rundbrief, Nr. 17, Jg. 11,
26.8.98; Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98;
FR 11.11.98; Dokumentation vom FRat NieSa, Januar
1999; Pro Asyl 23.2.99; FR 3.3.99; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Juni 1999; Pro Asyl Dez.
1999; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000 16. Juli 98 Eine Stunde nach seiner
eigentlich geplanten Abschiebung vom Flughafen Tegel in Berlin wird der
kurdische Flüchtling Recep Öz aus dem Abschiebegefängnis Grünau entlassen. Nach
32 Tagen Hungerstreik und einer Woche Durststreik hatte sich sein
Gesundheitszustand in der Nacht zuvor dermaßen verschlechtert, daß die
Gefängnisleitung ihn ins Köpenicker Krankenhaus bringen lassen muß. Die
dortigen Ärzte erklären Herrn Öz für nicht reisefähig (= nicht abschiebefähig). Der
Asylantrag des politisch verfolgten und in der Türkei per Haftbefehl
gesuchten Imams, der auch den Militärdienst in der türkischen Armee
verweigert hatte, war abgelehnt worden. Antirassisitsche Initiative Berlin; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; BeZ 17.7.98; jW 17.7.98 16.
Juli 98 Berlin.
Knapp eine Woche nach der Massenabschiebung von bosnischen Kriegsflüchtlingen
wird eine dreiköpfige Familie morgens um 4 Uhr von der Polizei in ihrem
Wohnheim im Wedding aus den Betten geholt und zur Abschiebung festgenommen. Das 66-jährige Ehepaar ist
kriegstraumatisiert; ihnen werden schwere psychosomatische Störungen, Asthma
und Wirbelsäulenschäden attestiert. Nur durch die Intervention einer
Flüchtlingsberaterin kann die rechtswidrige Abschiebung gestoppt werden. ND 18.7.98 20. Juli 98 Ein 29 Jahre alter Flüchtling
aus Syrien soll im Rahmen der Amtshilfe für das Ausländeramt Gießen auf dem
Landratsamt Marburg festgenommen werden, um dann am gleichen Tage abgeschoben
werden zu können. Er erkennt die beiden Zivilbeamten, flieht auf einen
kleinen Balkon, versucht sich von der Brüstung nach unten zu hangeln, stürzt
aus dem zweiten Stock ab und erleidet neben einem Armbruch zahlreiche Prellungen. Wegen
Suizidgefahr wird er in die Psychiatrie eingeliefert. FR 22.7.98; JWB 29.7.98 25. Juli 98 Einen Tag nach seiner Ankunft in
der baden-württembergischen Landesaufnahmestelle für Asylbewerber wird der 24-jährige kurdische Mehmet K. wegen
seines verwirrten Zustandes in das Klinikum Karlsruhe eingeliefert. Wenige
Stunden später stirbt er. Der
Mann aus Elbistan, der selbst in der Türkei gefoltert worden war, hatte kurz
vor seinem Tod erfahren, daß sein Bruder in der Türkei in Polizeihaft
gestorben war. Er gerät durch diese Nachricht in extreme Angstzustände, die
dann zu seinem Tod führen. FR 11.8.98; 28. Juli
98 Der 16-jährige kurdische Flüchtling Burhan S. wird aus dem
Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick in die Türkei abgeschoben. Burhan
S., der seit 2 Jahren in Berlin lebt, ist in der kurzen Zeit der
Abschiebehaft psychisch schwer erkrankt. Er spricht nicht mehr und ist auch
nicht ansprechbar, er verletzte sich ("schlug immer mit dem Kopf an die
Wand"), er griff seine Mitgefangenen an und "verharrte immer wieder
in minutenlanger Körperstarre". Ein
Arzt, der ihn noch am Tage seiner Abschiebung besucht, stellt folgende
Verdachtsdiagnosen "Autoaggressionshandlungen, Introversion, Autismus,
Selbstmordbereitschaft" und weist auf die Dringlichkeit einer
neurologisch-psychiatrischen Behandlung des offensichtlich reiseunfähigen
Jugendlichen hin. Burham
S. wird in Begleitung von drei Polizeibeamten abgeschoben und kommt, laut
telefonischer Auskunft seiner Freundin, nach mehrtägigem Koma bei seinen
Verwandten in der Südosttürkei an. Pax Christi-Berlin 19.9.98; FR 7.4.99 28. Juli 98 Am Nachmittag wird ein 53 Jahre
alter Gambier im brandenburgischen Bernau von vier Rechtsradikalen überfallen
und mit Fäusten mehrfach in den Bauch geschlagen. Dabei erleidet der
Angegriffene eine Nierenprellung. Zwei
der Täter kommen in Untersuchungshaft, ein anderer wird unter Auflagen auf
freien Fuß gesetzt. taz 30.7.98; FR 30.7.98; RA 31.7.98; FR 22.3.99; Konkret 10/00, S. 17 29. Juli 98 Im bayerischen Thiersheim an der
deutsch-tschechischen Grenze werden zwei rumänische Männer nach ihrem
"unerlaubten" Grenzübergang bei der Festnahme durch den BGS von
einem Diensthund durch Bisse an Armen und Beinen verletzt. BT-Drucksache
14/1850 30. Juli 98 Der Klein-LKW, der für acht
Mitreisende zugelassen ist, transportiert 27 Flüchtlinge aus dem Kosovo. Um
4.45 Uhr fällt der Wagen dem Bundesgrenzschutz durch die abgedunkelten
Scheiben in der sächsischen Ortschaft Frauenstein auf, so daß Beamte versuchen,
den Wagen am Ortseingang von Weißenborn zu stoppen. Der
18-jährige tschechische Fahrer gerät in Panik, gibt Gas und rast in die
Ortschaft hinein. Der Wagen prallt mit ca. 100 Stundenkilometer gegen eine
Mauer und kommt so zum Stehen. Sechs
Flüchtlinge sterben am Unfallort, ein Mensch auf dem Weg ins Krankenhaus, elf
Menschen kommen mit schweren, neun Menschen mit mittelschweren Verletzungen
in Krankenhäuser. Der verletzte tschechische Beifahrer wird am Ort verhaftet,
der geflüchtete Fahrer Stunden später. Die
Toten sind: Isuf Kosumi aus Dardhista, Valdet Rezita aus Dorbreva, Sali Emini
(Eminoviq) aus Lagja e spitalit in Prishtina, Lumni Brahimi, Artan Dauti,
Zaim Dauti und Xhevdet Krasnici aus Ferizaj. Die
verletzten Flüchtlinge werden in Krankenhäuser gebracht; sie stehen dort
unter ständiger Bewachung des BGS. Es gibt eine Kontaktsperre für alle
Kranken, wodurch es für Verwandte und AnwältInnen schwierig, z.T. unmöglich
wird, die Kranken zu besuchen. Unmittelbar nach dem Unfall führt der BGS mehrstündige
Verhöre mit einigen Flüchtlingen durch. Einen
Tag nach dem Unfall wird Hizri Bunjaku (25), Flüchtling aus Sallaboja, nach
Tschechien abgeschoben. Der Versuch des BGS, auch die beiden Verletzten Afran
Gashi (26) und Milaim Shalaku (26) nach Tschechien zu bringen, scheitert,
weil die tschechischen Beamten am Grenzübergang Bahratal Zweifel äußern, ob
die beiden überhaupt transportfähig seien. Ihre Abschiebung erfolgt dann am
3. August. Latif
Shala und Ganimete Berisha werden aus dem Krankenhaus Freiberg ins
Haftkrankenhaus Berlin-Moabit verlegt und von dort aus – Herr Berisha frisch
operiert – abgeschoben. Im Haftkrankenhaus Leipzig liegen Hatixhe Saha, Naser
Beka, beide aus Prishtina, und Isuf Ceni aus Cermjani. Naser Shahini (41) aus
Zhitija befindet sich in BGS-Haft in Cämmerswalde, wo Besuch nur in Gegenwart
eines selbstbezahlten Dolmetschers erlaubt wird. Besim Shalaku (23) befindet
sich auf der Intensivstation der Uniklinik in Dresden. Xhevdet Bunjaku aus
Sallaboja liegt im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt. Im Krankenhaus von
Zschopau befinden sich Imer Shala, Tahir Rizahi und Bekim Gashi – alle aus
Barileva. Im Chemnitzer Klinikum befindet sich die 22-jährige Aferdita Mehai
auf der Intensivstation. Im Krankenhaus Bethanien in Chemnitz liegt der
17-jährige Dardan Kosumi im Koma. Im Krankenhaus Dippoldiswalde befinden sich
Bashkim Puschkoli (23) aus Zhitija und Agim Bajrami (28) aus Ferizaj. Enver
Bytyqi (21) aus Ferizaj wird aus dem Krankenhaus Olbernhaus in die
Justizvollzugsanstalt Leipzig verlegt und von dort aus am 11. September nach
Tschechien abgeschoben. Im Frankenberger Krankenhaus wird der 25-jährige
Arsim Beqiraj aus Ferizaj medizinisch behandelt. Fahrer
und Beifahrer des Unglücksautos werden im Januar 99 wegen fahrlässiger Tötung
in sieben Fällen, der Einschleusung von Ausländern und des gefährlichen
Eingriffs in den Straßenverkehr zu je vier Jahren Haft verurteilt. Ein
36-jähriger Mann aus Bremerhaven wird im Juli 1999 zu 16 Monaten Haft verurteilt, weil
er den Klein-LKW angemietet hatte. FFM; KMii-Hamburg; BeZ 31.7.98; taz 31.7.98; FR 31.7.98; SD 31.7.98; ND 31.7.98; Die Welt 31.7.98; taz 1.8.98; ND 1.8.98; SaN 4.8.98; FP 4.8.98; Pro Asyl 5.8.98; FP 6.8.98; Spiegel 10.8.98; jW 28.8.98; Kleine Anfrage Bündnis 90/Die Grünen 13/11428 ; BeZ 27.1.99; BeZ 9.7.99 31. Juli 98 Der 43 Jahre alte
politische Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber, der Kurde Abdulcabbar
Akyüz, wird zusammen mit zwei anderen Kurden vom Flughafen Frankfurt abgeschoben.
Bei der Ankunft um 16 Uhr auf dem Flughafen Istanbul werden die Männer in
Handschellen gelegt und zu einer Polizeistation auf dem Flughafengelände
gebracht. Abdulcabbar Akyüz wird von einem höheren Polizeibeamten als
"armenischer Terrorist" beschimpft und dann in einer Zelle in den
nächsten zwei Tagen von Soldaten mit Fäusten und Gummiknüppeln geschlagen. Am
dritten Tag wird er zu einem Busbahnhof im Istanbuler Stadtteil Esener
gebracht und muß drei Fahrkarten kaufen. Eine für sich und zwei für die ihn
begleitenden Soldaten. Nach 20 Stunden Busfahrt erreichen sie die
Militärkaserne Estel, die im Osten der Stadt Midyat liegt. Hier wird Abdulcabbar Akyüz
in Verhören nach seinen beiden Söhnen Süleyman und Lokman befragt. Er wird
immer wieder geschlagen und getreten. Er muß sich nackt ausziehen und sich in
eine Wasserlache auf den Boden legen, dann legt ein Unteroffizier ein
Stromkabel ins Wasser. Diese Folter wird mehrmals wiederholt, bis Abdulcabbar
Akyüz entgegen der Wahrheit aussagt, daß seine Söhne in den Bergen kämpfen
würden. Nachdem er sich bereit erklärt, als Dorfschützer zu arbeiten, wird er
ins Gefängnis von Midyat gebracht, aus dem er erst im März 99 wieder
entlassen wird. Erst jetzt gelingt es
Abdulcabbar Akyüz, sich bei seiner in Wiesbaden lebenden Familie zu melden.
Seine Frau und seine Kinder hatten seit der Abschiebung vor acht Monaten kein
Lebenszeichen erhalten. Abdulcabbar Akyüz versucht
einen weiteren Fluchtversuch, der in Rumänien scheitert, so daß er wieder in
die Türkei abgeschoben wird. Er wird drei Tage lang wieder mit Elektroschocks
gefoltert – dann zu seiner Überraschung freigelassen. Die nächste Flucht mit
einem Schiff nach Italien, dann mit einem Auto nach Deutschland gelingt ihm
schließlich, so daß er seine Frau und seine Kinder am 3. Januar 2000
wiedersehen kann. Bereits am 26. Januar wird
er wieder von deutscher Polizei festgenommen und in Abschiebehaft genommen.
Als sich hier schwere Herzprobleme einstellen, wird er in die Krankenstation
der JVA Höchst verlegt und nach seiner Genesung – trotz laufenden
Asylverfahrens – am 17. Februar 2000 abgeschoben. In Istanbul empfängt ihn
erneut die Anti-Terror-Einheit, und er erleidet erneut schwere Folter. Auch
nach seiner Freilassung wiederholen sich Festnahme und Folter in seinem Dorf
Sivrice und in der Kreisstadt Midyat. Seither hält sich Abdulcabbar Akyüz
versteckt. Vom Psychosozialen Zentrum
für Folteropfer liegen ausführliche Gutachten vor, die bei Emine Akyüz und
dem ältesten Sohn eine schwere Traumatisierung, verursacht durch Folter und
sexuelle Gewalt, belegen. Dennoch werden die Eilanträge auf Abschiebeschutz
im April vom Verwaltungsgericht Wiesbaden abgelehnt, so daß sich die Familie
vor dem Zugriff deutscher Behörden verstecken muß. Mit Unterstützung zweier
Wiesbadener Kirchengemeinden erhalten sie Kirchenasyl. Als jedoch die
Kirchengemeinden ihren Schutz aufheben wollen, flieht die Familie Akyüz im
August 2000 aus dem Asyl und lebt seither weiterhin versteckt und in
"unerträglicher Angst vor Entdeckung und Abschiebung" (FRat
Wiesbaden). Erst im Juli 2001 gewährt
das Verwaltungsgericht Wiesbaden in sieben Eilentscheidungen den elf
Mitgliedern der Familie vorläufigen Abschiebeschutz. Dies geschieht aufgrund
von neuen Gutachten, die die schwere Traumatisierung durch sexuelle Folter
belegen. Eidesstattliche Erklärung von
Abdulcabbar Akyüz 7.1.00; FRat Wiesbaden 28.1.00; IMK-Wocheninformationsdienst Nr. 55-56,
9./16. März 2000; KMii und AG Für Freies Fluten; JWB
19.7.00; Karawane – Bremen; FRat Wiesbaden 10.7.01; AZADI informationen Nr. 25 Juli/August
2001 Juli 98 Der 18 Jahre alte kurdische
Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber Osman Demir wird in die Türkei
abgeschoben. Zunächst versteckt er sich bei Verwandten und Freunden in
Istanbul, dann kehrt er im August zu seinen Eltern in das Dorf Düzova in der
Nähe von Cizre zurück. Am 25. August wird er festgenommen und in das
Polizeihauptquartier in Cizre gebracht. Amnesty International schließt nicht
aus, daß er hier gefoltert wird. Er kommt in Untersuchungshaft – später ins
Gefängnis in Diyarbakir. Das
Staatssicherheitsgericht Diyarbakir erhebt Anklage nach Art. 125 TürkStGB
wegen "Separatismus". Osman Demir werden PKK-Aktivitäten in
Deutschland und in der Türkei zur Last gelegt. Der Prozeß wird auf den 15.
Oktober vertagt. ai 3.2.99; 1. August 98 Der Flüchtling N. N. befindet sich seit vier Monaten in
der Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des
Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Anläßlich zweier schwieriger
Zurückschiebungen von Landsleuten erleidet er einen schweren
Nervenzusammenbruch. Er schlägt um sich, hat Schaum vor dem Mund, schwitzt
stark und versucht sich die Haare büschelweise auszureißen. Er schreit dabei
auf arabisch nur noch "nein" und "Mama". Er wird in die
Psychiatrie verlegt und erhält am 4. August die Erlaubnis, in die BRD
einzureisen. FSD-Ffm Okt. 98 2. August 98 In der bayerischen Stadt Selb
nahe der deutsch-tschechischen Grenze werden zwei Flüchtlinge aus Moldawien
bei ihrer Festnahme durch den BGS von einem Diensthund an Armen und Beinen
verletzt. BT-Drucksache
14/1850 4. August 98 Auf der Flucht vor der
Polizeikontrolle rast ein Kleintransporter abends auf der Bundesstraße 283 in
der Nähe der Ortschaft Aue in ein Bushalte-Häuschen. Der
vietnamesische Fahrer kommt schwer verletzt in ein Haftkrankenhaus; drei
weitere Insassen werden leicht verletzt. Gegen Fahrer und Beifahrer wird
Haftbefehl erlassen. Alle Flüchtlinge, zehn chinesische und drei
vietnamesische, werden umgehend nach Tschechien zurückgeschoben. ARD "Morgenmagazin" 5.8.98; taz 6.8.98; taz 7.8.98; FP 6.8.98; FR 6.8.98; BeZ 6.8.98; taz 7.8.98 10. August 98 Flüchtlingsunterkunft im
Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Der 17-jährige
unbegleitete Flüchtling N. N. schneidet sich die Pulsadern auf. Die
Universitätsklinik diagnostiziert mehrmals Suizidgefährdung. Nach Kompetenz-
und Zuständigkeitsgerangel um die ordnungsgemäße Versorgung des Kranken und
die Kontrolle der Medikamenteneinnahme – alles vor dem Hintergrund des
laufenden Asylverfahrens (BGS beantragt zwischenzeitlich Haft) – wird N. N.
die Einreise in die BRD am 18. September gestattet. FSD-Ffm Okt. 98 12. August 98 Der Kosovo-Albaner
Asman Morina wird vom Nürnberger Flughafen abgeschoben, obwohl die 9. Kammer
des Verwaltungsgerichts Ansbach schon Stunden vor dem Flug die Abschiebung
untersagt hat. Nach der Abschiebung wird
Herr Morina mißhandelt. Später gelingt ihm die erneute Flucht in die BRD, wo
er einen Asylfolgeantrag stellt und eine Strafanzeige wegen der Mißachtung
des Gerichtsurteils stellt. FRat Bayern, Infodienst, Nr. 62/63 13. August 98 Cottbus in Brandenburg. Die
26-jährige Asylbewerberin Elinam D. aus Togo wird in einer vollbesetzten
Straßenbahn von fünf Skinheads als "Scheiß Neger" beschimpft. Die
Rassisten drohen, ihre sechs Monate alte Tochter aus dem Fenster zu werfen.
Als die Mutter sich schützend über das Kind im Kinderwagen beugt, wird ihr
mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Niemand aus dem Waggon schreitet ein,
und keiner der zahlreichen Fahrgäste folgt den Tätern, als diese die Tram
verlassen. Elinam D. selbst verständigt die Polizei. Ein
Jahr später werden zwei der Täter zu einem Jahr bzw. acht Monaten Haft
verurteilt. BeZ 13.3.99; BeZ 13.4.99; MAZ 29.6.99; BeZ 10.8.99; MAZ 19.8.99; RA 19.8.99; BeZ 19.8.99 14. August 98 In einer Gaststätte
im brandenburgischen Hohenleipisch greift ein Deutscher nach einer zunächst
verbalen Auseinandersetzung einen kenianischen Flüchtling körperlich an. Dieser
erleidet durch Kopfstöße und Faustschläge einen Unterkieferbruch und verliert
zwei Schneidezähne. Der Täter wird im November
2001 vom Amtsgericht Cottbus zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung
verurteilt. Zudem muß er dem Opfer 7000 DM Schmerzensgeld zahlen. ND 30.11.01; taz 30.11.01; BeZ 30.11.01 15. August 98 Bei einem Altstadtfest im
sächsischen Radeberg entwickelt sich eine Massenschlägerei zwischen Deutschen
und einer Gruppe Asylbewerbern. Teilweise prügeln sich bis zu 100 Männer, fünf Personen werden
verletzt. Ein algerischer und zwei libysche Flüchtlinge, die diese Schlägerei
durch Angriffe auf deutsche Jugendliche angefangen haben sollen, werden festgenommen.
Die Polizei ermittelt gegen sie wegen Landfriedensbruchs. FR 17.8.98; BeZ 17.8.98; taz 17.8.98; JWB 26.8.98 18. August 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Der 23-jährige Flüchtling Tarik T. aus Algerien versucht, sich
mit seinem eigenen Gürtel zu erwürgen. Andere Flüchtlinge halten ihn sofort
fest und versuchen, den Gürtel abzustreifen. Er
kommt in die psychiatrische Klinik und versucht dort am nächsten Tag erneut,
sich umzubringen. Sein Aufenthalt in der Psychiatrie unter BGS-Bewachung hält
an. Kurz
danach findet ein erneuter Selbsttötungsversuch statt. FR 24.8.98; JWB 1.9.98; FSD-Ffm Okt. 98; FR 26.10.98 18. August 98 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin – morgens um 10 Uhr. Der Gefangene N.N. aus
Nigeria erbittet wegen einer hartnäckigen Magen-Darm-Erkrankung eine Visite
bei der Ärztin der Anstalt. Der angesprochene Beamte schlägt daraufhin den
Flüchtling. Obwohl viele Wärter den Vorfall beobachten, greift keiner ein. N.N.
wird dann für einen Tag in eine Einzelzelle in den Keller gebracht. Auch
ein Mitgefangener, der sich einmischt und gegen die Schläge protestiert, wird
in eine Einzelzelle im Keller gesperrt. Am nächsten Tag kommt er in eine andere
Abteilung des Gefängnisses. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 20. August 98 In der Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt verletzt
sich ein ca. 30 Jahre alter algerischer Flüchtling vermutlich in
Selbsttötungsabsicht mit einem Plastikmesser an Bauch und Unterarm. Er
erleidet einen großen Blutverlust. Er
kommt in die psychiatrische Uni-Klinik und wird dort vom BGS bewacht. Am 24.
September gelingt ihm die Flucht aus der Psychiatrie. FR 24.8.98; JWB 1.9.98; FSD-Ffm Okt. 98 25. August 98 In den frühen Morgenstunden
überfällt ein Unbekannter eine 21-jährige sudanesische Asylbewerberin vor dem
Flüchtlingsheim in der Michendorfer Chaussee in Potsdam und zieht sie in den
angrenzenden Wald. Hier versucht er, sie zu vergewaltigen. Ein Wachmann, der
durch die Hilfeschreie der Frau hinzukommt und eingreifen will, wird am Kopf
verletzt. Der Täter flieht auf einem Motorrad. Ethnische Säuberungen in Berlin und Brandenburg 1999, S. 61 28. August 98 Nachmittags um 15 Uhr auf dem
Parkplatz eines Supermarktes Schwanebecker Chaussee in Bernau. Der 28-jährige
Flüchtling Le L. aus Vietnam wird von drei Männern "in weißen
Latzhosen" angegriffen und mit einem Kantholz niedergeschlagen. Als er
fliehen will, wird er erneut zu Boden gerissen. Erst das laute Schreien des
Verletzten veranlaßt die Angreifer zur Flucht. Le
L., der erst am 2. Juli in die BRD eingereist war, kommt mit schweren
Kopfverletzungen ins Krankenhaus. Die Polizei hat größte Probleme, Zeugen dieses
Überfalls zu finden. Erst aufgrund eines anonymen Hinweises wird drei Wochen
später ein 25-jähriger Täter aus Zerpenschleuse festgestellt. Im November
wird er zu einer 10-monatigen Bewährungsstrafe wegen gefährlicher
Körperverletzung verurteilt. FR 29.8.98; BeZ 29.8.98; taz 29.8.98; BeZ 31.8.98; JWB 1.9.98; BeZ 23.9.98; BeZ 5.11.98 28. August 98 Der Flüchtling Abane
soll nach Algerien abgeschoben werden. Bei einer Zwischenlandung in Lyon wird
er von deutschen BGS-Beamten verletzt. Als er in die Abschiebehaft der JVA
Mannheim wieder zurückkommt, hat er ein Informationsblatt über den Umgang mit
Kopfverletzten in der Hand, das ihm vom Medizinischen Dienst des Frankfurter
Flughafens gegeben worden war. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim 1.11.98 29. August 98 Brandanschlag auf ein
Flüchtlingsheim im westfälischen Warburg. Eine 22-jährige Frau und ein
26-jähriger Mann gestehen den Anschlag. Ihr Tatmotiv sei "Haß auf
Ausländer", und es sei ihnen egal gewesen, ob Hausbewohner ums Leben
kommen. BeZ 2.9.98; FR 2.9.98 August 98 Auf dem Parkplatz einer
Raststätte bei Bonn entdecken Polizisten 33 Menschen, die auf einer acht
Quatdratmeter großen LKW-Ladefläche ausharren mussten. Sie sind kurdisch-syrische
Flüchtlinge und waren tagelang unter katastrophalen hygienischen Bedingungen
unterwegs. FR 20.6.00 August 98 Frau O., eine 33 Jahre alte Frau
aus dem Kosovo, schließt sich einer Flüchtlingsgruppe an, um die
Oder-Neiße-Grenze zu überqueren. Bei der Flußdurchquerung trägt sie ihre
jüngste Tochter auf dem Arm. Aufgrund ihrer Erschöpfung rutscht ihr das Kind
aus dem Arm und fällt ins Wasser. Voller Entsetzen und völlig entkräftet kann
die Mutter nicht um Hilfe rufen und sinkt selber in die Knie. Nur durch die
schnelle Reaktion eines anderen Flüchtlings wird das Mädchen vor dem
Ertrinken gerettet. Der Mann hilft Mutter und Tochter dann, den Rest der
Strecke bis zum Ufer zu bewältigen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 1. September 98 Der 18-jährige Flüchtling
Abdallah B. aus Algerien wird an einer Straßenbahn-Haltestelle in Frankfurt
an der Oder von Deutschen angegriffen. Er erleidet eine Platzwunde an der
Lippe. Opferperspektive 2. September 98 Bei einem Feuer im
Flüchtlingsheim der westfälischen Kleinstadt Bönen werden elf Menschen
verletzt, einer davon schwer. Durch Sprünge aus den Fenstern, um sich vor den
Flammen zu retten, waren die meisten Verletzungen entstanden. Alle zur Zeit
des Brandes im Haus weilenden 43 Menschen werden gerettet, darunter sieben
Familien aus dem Kosovo. Das
Haus brennt völlig aus, und alle 93 in dem Haus gemeldeten Flüchtlinge
verlieren ihre Habe. SZ 3.9.98; FR 3.9.98; taz 3.9.98; BeZ 3.9.98; taz 4.9.98 3. September 98 Gladenbach im Kreis Marburg-Biedenkopf.
Als die beiden Polizeibeamten im Flüchtlingsheim eintreffen, um eine 30-jährige Jugoslawin zur
Abschiebung abzuholen, klettert diese aus dem Fenster im zweiten Stock und
versucht, am Fallrohr der Dachrinne zu fliehen. Sie stürzt ab und wird mit schweren
Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. FR 4.9.98 4. September 98 Berlin-Hohenschönhausen. An
einer Bushaltestelle fordern zwei deutsche Männer abends um 22.30 Uhr von
drei Asylbewerbern Geld und Bier. Wenig später bewerfen sie die Flüchtlinge
mit Steinen und bedrohen sie, sie umzubringen. BeZ 7.9.98; FR 7.9.98 4. September 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Der tunesische Flüchtling Herr N.N. – schon in seinem Herkunftsland
in psychiatrischer Behandlung – schluckt seinen gesamten Vorrat an
Psychopharmaka. Nach seiner Lebensrettung im Krankenhaus kommt er in die
Psychiatrie und wird eine Woche später nach Tunis zurückgeschoben. FSD-Ffm Okt. 98 5. September 98 Sachsen. An der Bundesstraße 174
im Großraum Reitzenhain wird ein "unerlaubt" eingereister
rumänischer Flüchtling verletzt aufgegriffen. Er hat einen
Unterschenkelbruch. BT-Drucksache
14/1850 7. September 98 Der 26 Jahre alte
kurdische Flüchtling Mesut Yusufoglu wird vom Berliner Flughafen Tegel in die
Türkei abgeschoben. In Istanbul erfolgt noch auf dem Flughafen die Festnahme.
Nach einigen Tagen im Flughafengefängnis wird er dem Militär übergeben und
kommt in Militärhaft. Hier erwartet er seinen Prozeß. Ihm droht eine
mehrjährige Haftstrafe. AZADI informationen Nr. 15 Juni-Juli 1999; Antirassistische Initiative Berlin 17.9.98 10. September 98 Fünf jugendliche Deutsche
dringen in ein Wohnheim in der Rostocker Innenstadt ein, zerschlagen mit
Baseballschlägern das Mobiliar und zerstören Strom- und Telefonanlagen. Dann
bedrohen sie die elf BewohnerInnen aus Vietnam, Laos und Kambodscha mit den
Worten: "Wenn Ihr nicht bis Freitag verschwindet, wird die Hütte
abgefackelt." taz 11.9.98; BeZ 11.9.98 10. September 98 Ein tunesischer Flüchtling wird
in Dresden von zwei deutschen Jugendlichen auf offener Straße angegriffen,
geschlagen und getreten. Die Täter kommen auf Weisung der Staatsanwaltschaft
wieder auf freien Fuß. Ihr Motiv sei "unklar". BeZ 11.9.98 10. September 98 Ein Jahr nach seiner Flucht in
die Bundesrepublik wird der politische Flüchtling Mehmet Ö. von Hannover nach
Istanbul abgeschoben. Zwei Monate vor der Abschiebung ist er in Abwesenheit
vom Staatssicherheitsgericht Diyarbakir wegen Unterstützung der PKK
rechtskräftig zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt
worden. Weil
er als Asylbewerber in Deutschland zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes
lediglich Gutscheine, jedoch keine Barmittel zur Verfügung hatte, Herr Ö. also
keine Rechtsanwaltskosten mehr bezahlen konnte, hatte sein Rechtsanwalt die
Arbeit eingestellt. Auf
dem Flughafen in Istanbul wird Herr Ö. zunächst einen Tag und eine Nacht von
der Flughafenpolizei auf der Wache festgehalten und mit Fußtritten und Faustschlägen
traktiert. Dann wird er mit verbundenen Augen in einem Polizeiwagen an einen
anderen Ort gebracht. "...sie folterten mich fünf oder sechs Tage lang..
Sie quetschten meine Fußsohlen und gaben mir Elektroschocks an den Fußsohlen,
in den Achselhöhlen und an den Ohren. Ich konnte die Folter nicht
aushalten...." Als
Herr Ö. aufgrund eines noch fehlenden Haftbefehls freigelassen wird, taucht
er unter und lebt unter schwierigsten Bedingungen als Müllsammler in
Istanbul. Inzwischen wird er per Haftbefehl gesucht. Seine
Ehefrau wurde im Januar und Februar 1999 zu gynäkologischen Untersuchungen
gezwungen, weil die Verfolger so einen Kontakt zu ihrem Mann nachweisen
wollten. Dokumentation vom FRat NieSa, Januar 1999; Pro Asyl 23.2.99; Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Juni 1999 11. September 98 Vor dem Bahnhof im
brandenburgischen Jüterbog werden am späten Abend drei Flüchtlinge aus
Vietnam von mehreren Deutschen belästigt und verfolgt. Während zwei
Vietnamesen fliehen können, wird der 30-jährige Phan T. zu Boden geschlagen
und am Boden liegend getreten. Er erleidet Platzwunden und Verletzungen am
Arm. MAZ 14.9.98; Opferperspektive (BM 14.9.98); Konkret 10/00,
S. 17 11. September 98 Im sächsischen
Mittelherwigsdorf, nahe der deutsch-tschechischen Grenze, erleidet ein
rumänischer Flüchtling durch einen Diensthund des BGS bei seiner Festnahme
Bißverletzungen. BT-Drucksache
14/1850 13. September 98 Berlin. Der nigerianische Abschiebegefangene
N.N. soll der nigerianischen Botschaft vorgeführt werden. In einer
Polizeizelle am Flughafen Tempelhof wird er von einem Polizisten so sehr
geschlagen, daß er offene Gesichtsverletzungen erleidet. Da aufgrund dieser
blutenden Wunden die Mißhandlung des Gefangenen so offensichtlich ist, wird
auf die Vorführung in der Botschaft verzichtet, und N.N. kommt zurück in das
Abschiebegefängnis Köpenick. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 14. September 98 Abschiebehaft in der JVA
Mannheim. Bei einem Versuch, den 38-jährigen B K. abzuschieben, wird der
Gefangene von zwei BGS-Beamten geschlagen und gegen die Wand gestoßen.
Dadurch erleidet er Schädel- und Brustkorbprellungen und kommt mit
blutverschmiertem Hemd zurück ins Gefängnis. Ein
vorheriger Abschiebeversuch von B. K. war
bereits gescheitert, so daß er dadurch in Abschiebehaft genommen worden war. Da
er in Guinea gefoltert wurde, hat er panische Angst vor der Abschiebung – ein
entsprechendes Attest lag bereits zwei Jahre vor der Inhaftierung vor. B. K.
lief zeitweilig mit einer Rasierklinge im Mund herum, um im Fall einer
drohenden Abschiebung "reagieren zu können". Trotz der
offenkundigen Suizidgefahr gab es für ihn jedoch keine medizinische
Versorgung; und die Bemühungen von UnterstützerInnen,
eine Untersuchung durch das Zentrum für Folteropfer zu organisieren,
scheiterten wegen der Inhaftierung. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim 17. September 98 Nahe der deutsch-polnischen
Grenze in Brandenburg. In der Wehranlage bei Bahren-Zelz wird der Leichnam
einer aus Mazedonien stammenden Person geborgen. Todesursache: vermutlich
ertrunken. BT-Drucksache
14/1850 18. September 98 Ein 33-jähriger Flüchtling aus
Marokko versucht, vom Transitbereich des Frankfurter
Flughafens "illegal" in die BRD zu gelangen. Morgens um 2 Uhr
wird er verletzt auf der Straße vor Tor 2 des Airports gefunden. Er hatte
versucht, sich von der Trasse der Hochbahn Sky-Line mit seinem Hosengürtel
und einem drei Meter langen Elektrokabel aus etwa 17 Metern über dem Boden zu
einer Straßenlaterne abzuseilen. Das Kabel riß, er konnte den Lampenmast noch
umklammern, rutschte dann mit ungebremster Wucht zu Boden. Mit einem
Beinbruch und inneren Verletzungen kommt er ins Krankenhaus. FR 21.9.98; taz 21.9.98 19. September 98 Der togoische
Flüchtling Jean Olympio wird aus der Abschiebehaft in der Bremer
JVA-Oslebshausen nach Lomé abgeschoben. Jean Olympio ist ein Neffe
des bekannten Oppositionspolitikers Gilchrist Olympio, auf den schon mehrere
Mordanschläge verübt worden waren, die er zum Teil nur schwer verletzt
überlebt hatte. Weil Jean Olympio in der
BRD unterschiedliche Identitäten angegeben hat, ist sein Name in den
Abschiebepapieren Madjri Ohin. Als die Polizei vor kurzem
aktuelle Paß-Fotos für die Abschiebung von ihm herstellen wollte, hatte er
sich vehement geweigert, still zu halten. Als Folge seiner Weigerung wurde er
so heftig geschlagen, daß er stark am Kopf blutete. Die Anzeige wegen
Körperverletzung im Amt, die sein Anwalt erstattete, wird mit der Abschiebung
des Hauptzeugen hinfällig. taz 11.9.98; taz 21.9.98 22. September 98 Zwei Polizisten und eine
Polizeibeamtin werden vom Kasseler Amtsgericht vom Vorwurf
"Körperverletzung im Dienst" aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Ein Bürgerkriegsflüchtling aus Somalia hatte gegen die Polizei Anzeige
erstattet, weil er nachts, im Beisein seiner Frau, auf der Straße schwer
mißhandelt worden war. Auf
der Suche nach Drogen hatte die Beamtin den Mann gewürgt und ihm zwangsweise
den Mund geöffnet. Ihre männlichen Kollegen hatten auf ihn eingeschlagen und
ihn zu Boden gebracht. Noch drei Tage später stellte ein Arzt eindeutige
Würgemale am Hals des Somaliers fest und attestierte auch diverse andere
Verletzungen. FR 23.9.98; FR 17.2.99 24. September 98 Aus Angst vor ihrer
bevorstehenden Abschiebung fliehen sechs algerische Flüchtlinge aus der
Flüchtlingsunterkunft am Frankfurter Flughafen. Sie bauen die Klimaanlage aus
und gelangen so durch das 60 mal 70 Zentimeter große Loch ins Freie. Vom Dach
des Gebäudes springen sie auf das Vorfeld, wobei sich einer am Bein verletzt,
so daß er zurückbleiben muß. Er kommt zur Behandlung seiner Verletzung in die
Universitätsklinik – danach in Abschiebehaft. FR 28.9.98; FR 20.10.98 25. September 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Frau N. N. versucht, sich an der Decke zu erhängen. Als ein
Mitgefangener das bemerkt, packt er sie an den Beinen, um sie abzustützen.
Frau N. N. erleidet einen Nervenzusammenbruch. Im Beisein von BGS und
Flughafen-Sozialdienst versucht sie, sich erneut Schaden zuzufügen, indem sie
ein Glas auf dem Boden zerschlägt und in die Scherben greift. Sie kommt für
vier Tage in die Psychiatrie – dann wieder zurück in den Transitbereich. FSD -Ffm 11.10.98 26. September 98 Zwei junge iranische Flüchtlinge
werden in Leipzig spätabends aus einer etwa 19-köpfigen Gruppe Deutscher
heraus angegriffen. Während der 18-jährige Iraner noch flüchten kann, wird
sein jüngerer Begleiter brutal zusammengeschlagen. Die
Täter traktieren den 16-Jährigen mit Schlägen, Tritten, einem
Baseballschläger und Eisenstangen. Der Jugendliche wird so schwer verletzt,
daß er in Lebensgefahr schwebt. Spätfolgen dieser schweren Verletzungen sind
nicht auszuschließen, so das LKA. Gegen
vier ermittelte Angreifer ergeht Haftbefehl wegen versuchten Mordes. Reuters 5.10.98; BeZ 5.10.98; BeZ 6.10.98; taz 6.10.98; ZDK (FR 6.10); BT-Drucksache
14/480; Konkret 10/00, S. 17 29. September 98 Frankfurt an der Oder. Ein
34-jähriger indischer Flüchtling wird im Plattenbauviertel Neuberesinchen vor
einem Supermarkt von etwa 15 jugendlichen Deutschen überfallen und mißhandelt.
Dann fliehen die Täter und lassen ihr Opfer verletzt zurück. Ein
21-jähriger Tatverdächtiger wird bereits zwei Tage nach diesem Überfall in
einem Schnellverfahren verurteilt. Er erhält eine Freiheitsstrafe von zehn
Monaten, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Da er zur Tatzeit
betrunken war, lautet der Tatvorwurf nur auf "Vollrausch". FR 1.10.98; TS 1.10.98; BeZ 1.10.98; ND 1.10.98; taz 1.10.98; BeZ 5.10.98; Ethnische Säuberungen in Berlin und Brandenburg 1999, S. 34 30. September 98 Im sächsischen Seifhennersdorf,
an der Grenze zur Tschechischen Republik, wird ein rumänischer Flüchtling
nach seinem "unerlaubten" Grenzübertritt bei der Festnahme durch
den Biß eines Zollhundes verletzt. BT-Drucksache
14/1850 September 98 Landesgemeinschaftsunterkunft
"Neues Haus" in der Gemeinde Georgenthal
bei Tambach-Dietharz in Thüringen. An einem Sonntagmorgen stürmen zwei
Polizisten und ein Sicherheitsmann in ein Zimmer, in dem sich neben einem
anderen Flüchtling und dessen deutscher Freundin auch der 18 Jahre alte
Flüchtling Cherif Moriba aus Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste) aufhält. Die
Eindringlinge verwüsten das Zimmer, und als sie nichts finden, befehlen sie
den Afrikanern, sich vor der jungen Frau auszuziehen. Als
Cherif Moriba nur noch seine Unterhose anhat, sagt ein Polizist, daß er sich
nicht weiter ausziehen müßte, stattdessen zieht er dessen Unterhose zur Seite
und schaut hinein. Cherif Moriba fragte fassungslos vor Erniedrigung:
"Warum machen die das? Sind wir Untermenschen?" FR 30.9.98 September 98 Der vor vier Jahren
in die BRD geflohene kurdische Flüchtling Ahmet Angay wird nach abgelehntem
Asylantrag nach Istanbul abgeschoben. Nach Verlassen des Flugzeugs wird er
direkt von der Polizei festgenommen und neun Tage lang gefangen gehalten. Er
wird beleidigt, und ihm werden PKK-Aktivitäten vorgeworfen. Nach seiner Freilassung
geht Ahmet Angay nach Enez in die Provinz Edirne, wo er am 6. Dezember erneut
festgenommen wird. In der Anti-Terror-Abteilung wird er unter Folter verhört.
"Ich wurde mit kaltem Wasser bespritzt, nackt ausgezogen, ständig
geschlagen, beleidigt. Man brachte mich in der Nacht an das Ufer der Meriç,
hielt mir dort eine Waffe an den Kopf und sagte mir, man würde mich töten. Meine
Augen waren ständig verbunden." Am 25. Dezember erhebt das
Staatssicherheitsgericht Istanbul Anklage wegen Mitgliedschaft in der PKK
gemäß Art. 168 TStGB. Am 10. Mai 2000 wird er wegen seiner angeblichen
exilpolitischen Aktivitäten zu 12 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Die "Beweise", die zu diesem Urteil führten, sind Denunziationen
und ein von ihm unter Folter erpreßtes Geständnis. Ahmet Angay kommt ins
Gefängnis in Kirklareli. Zwei Monate nach diesem
Urteil in der Türkei gewährt das Bundesamt für die Anerkennung für
ausländische Flüchtlinge dem bereits zwei Jahre zuvor abgeschobenen und nach
der Abschiebung eingekerkerten politischen Flüchtling Abschiebeschutz. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000; FR 29.7.00; Dokumentation vom FRat
NieSa, Juli 2002 2. Oktober 98 Es ist der fünfte
Versuch, den algerischen Flüchtling Mokthar Dahmane abzuschieben. Er wird wie
ein Frachtstück gefesselt und geknebelt nach Rom gebracht. Als sich dort der
Flugkapitän der Air Algérie weigert, ihn mitzunehmen, wird der immer noch
geknebelte Gefangene von vier BGS-Beamten und zwei italienischen Polizisten
mit Faustschlägen mißhandelt. Danach kommt er zurück nach Deutschland in
Abschiebehaft in der JVA Mannheim. Nach der Rückkehr von einem
Abschiebeversuch mit deutlich sichtbaren Verletzungen an den Handgelenken
erfolgt eine ärztliche Behandlung lediglich in der Weise, daß ihm eine Salbe
verabreicht wird. Eine gründliche Untersuchung findet nicht statt, so daß die
Verletzungen nicht attestiert werden und im Ermittlungsverfahren gegen die
BGS-Beamten nur durch Augenzeugenberichte nachgewiesen werden können; das
Verfahren wird eingestellt. Ungeachtet solcher
Umstände, der langen Haftdauer von acht Monaten und der Äußerung von Mokthar
Dahmane, lieber in Deutschland zu sterben als nach Algerien zurückzukehren,
erfolgt während der Haftzeit keine psychiatrische Untersuchung oder
Behandlung. Nach der Haftentlassung
fügt er sich bei einem weiteren Abschiebungsversuch zwei Monate später eine
gravierende Messerstichverletzung zu. Das zuständige Gesundheitsamt
diagnostiziert bei ihm unter anderem eine mittelschwere depressive Episode,
erhebliche Suizidalität bei drohender Abschiebung und die Notwendigkeit psychiatrischer
Behandlung. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim 1.11.98; FR 25.7.00; AG für Menschen in
Abschiebehaft Mannheim 6. Oktober 98 Die Polizei bringt eine
38-jährige Bulgarin ins Sankt-Joseph-Krankenhaus in Berlin-Tempelhof. Sie
hatte auf dem Weg zum Flughafen Schönefeld, über den sie abgeschoben werden
sollte, einen Selbsttötungsversuch unternommen. Sie kommt auf die
Intensivstation, wo zwei Polizeibeamte sie bewachen. Als
der Direktor des Krankenhauses Prof. K. Schäfer die Beamten bittet, das
Krankenzimmer zu verlassen, da der Zustand der Frau einen Fluchtversuch
ausschließen würde, erwidern diese, sie hätten die Anweisung, "mit dem
Objekt ständigen Blickkontakt zu halten". Als Alternative schlagen sie
vor, die Frau mit Handschellen zu "fixieren". Daß
dieses Verhalten kein Einzelfall ist, bestätigt der Diplompsychologe D. Koch
von der psychosozialen Beratungsstelle XENION: "Die Behandlung von
Flüchtlingen seitens der Polizeibehörde ist in der Regel eine Neuauflage der
Traumatisierung, die sie im Heimatland erlitten haben." FRat Berlin 16.9.98; Pax Christi – Berlin; BeZ 12.10.98; Zitty Nr. 22, 1998 6. Oktober 98 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der Nigerianer George O. wird um 5 Uhr morgens jäh aus dem Schlaf
gerissen. Polizisten legen ihm Hand- und Fußschellen an. Er wird zum
Flughafen Tegel gebracht, soll ins Flugzeug nach Paris steigen. Die Beamten
stoßen und drängen ihn auf die Gangway, einer brüllt: "Du Arschloch
steigst jetzt ins Flugzeug!" O.
– an Händen und Füßen gefesselt – stolpert und fällt hin. Die Beamten treten
und schlagen auf ihn ein, zerren an seiner Kleidung. Kurz darauf ist O.
völlig nackt. Hose und Slip hängen an seinen Fußschellen. Ein Mann zieht die
Schellen enger, bis die Knöchel bluten. Als
ein Beamter drohend an seine Pistole faßt, verliert O. die Nerven:
"Warum erschießt Du mich nicht. Ich gehe nicht ins Flugzeug, lieber
lasse ich mich hier erschießen." In seiner Todesangst fängt er laut an
zu schreien. Erst jetzt wird er ins Abschiebegefängnis zurückgebracht. Herr
O., der nach diesen Mißhandlungen über starke Bauch- und Magenschmerzen klagt
und auch Blut im Urin hat, wird erst 13 Tage später ins Haftkrankenhaus
Moabit gebracht, wo er auf innere Verletzungen untersucht wird. Am
7. Dezember wird er über Düsseldorf zusammen mit ca. 60 weiteren Flüchtlingen
nach Nigeria abgeschoben. Seither gibt es keinen Kontakt mehr zu ihm. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; ND 19.11.98 6. Oktober 98 Sachsen-Anhalt außerhalb von
Magdeburg. Der 32-jährige äthiopische Flüchtling Daniel Kassa Mehari springt
vom Geländer einer Eisenbahnbrücke gegen den vorbeifahrenden Zug und erliegt
seinen schweren Verletzungen. FRat Sachsen-Anhalt; Antirassistische Initiative Berlin; Polizeidirektion Magdeburg – Pressestelle, 12.10.99 6. Oktober 98 Prenzlau in Brandenburg. An der
Bushaltestelle Brüssower Allee beschimpft ein jugendlicher Deutscher eine
Asylbewerberin aus Mali. Er reißt sie zu Boden und tritt dann mit den
Stiefeln auf sie ein. Die Überfallene erleidet Verletzungen im Gesicht. Gegen
Auflagen wird der Haftbefehl gegen den Täter vorerst ausgesetzt. BeZ 16.1.99; SZ 15.2.99 7. Oktober 98 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Ein Gefangener aus Ägypten schneidet sich die Pulsadern auf.
Nach der Behandlung im Haftkrankenhaus Moabit wird er aus der Abschiebehaft
entlassen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 9. Oktober 98 Drei afrikanische Flüchtlinge
werden in Jena von 12 vermummten Personen überfallen und mit Flaschen, Knüppeln,
Messern und einer Gaspistole angegriffen. ZDK (JWB 28.10.98) 11. Oktober 98 Eine Gruppe von 20 Deutschen
greift während einer Tanzveranstaltung im brandenburgischen Rhinow drei
Bosnier und zwei Mazedonier an. Dabei schlägt ein Deutscher einem 26 Jahre alten Bosnier mit einem
Holzstil oder einem Baseballschläger mit Wucht auf den Kopf. Mit einem
weiteren Schlag wird der Schädel des Opfers "regelrecht
zertrümmert". Ein zweiter Angreifer kommt hinzu und tritt mit seinen
Springerstiefeln dem Bosnier mehrmals ins Gesicht. Dieser kommt
lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus, wo er erst vier Monate später aus
dem Koma erwacht. Eineinhalb
Wochen nach der Tat wird ein Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft genommen.
Im
Juni 1999 werden beide Hauptverdächtige von der Jugendstrafkammer des
Landgerichtes Potsdam der gefährlichen Körperverletzung und des schweren
Landfriedensbruches schuldig befunden und zu fünf und sechs Jahren Gefängnis
verurteilt. taz 14.10.98; MAZ 15.10.98; RA 20.10.98; MAZ 23.10.98; MAZ 18.5.99; RA 10.6.99; FR 10.6.99; BT-Drucksache
14/480; Bürgerrechte & Polizei/CILIP 63/1999 11. Oktober 98 Bei einem Brand in einem
zweigeschossigen Flüchtlingsheim in Hannover werden 35 Menschen verletzt. 15
HeimbewohnerInnen müssen mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus. Die
BewohnerInnen hatten einen Knall aus dem Erdgeschoß gehört, und im gleichen
Augenblick stand der ganze Flur in Flammen. "Brandstiftung werde nicht
ausgeschlossen", allerdings gebe es "keine Hinweise auf fremdenfeindliche
Hintergründe", heißt es. ZDF "Morgenmagazin" 12.10.98; taz 13.10.98; BeZ 13.10.98; JWB 21.10.98 16. Oktober 98 Drei Männer dringen in den
Keller eines Flüchtlingsheimes in Hofbieber im Kreis Fulda ein und zünden dort
eine Gaspatrone. Von den BewohnerInnen wird niemand verletzt. FR 19.10.98 17. Oktober 98 Bei der Routinekontrolle eines
LKWs im oberpfälzischen Mitterteich/Tirschenreuth nahe der tschechischen
Grenze werden 75 Flüchtlinge aus dem Kosovo entdeckt. Auf einer Ladefläche
von acht Quadratmetern sollten neun Frauen im Alter von 25 bis 35 Jahren,
fünf Kinder und 61 Männer in die BRD gebracht werden. 19 Menschen, darunter
fünf schwangere Frauen, kommen ins Krankenhaus. In dem fast luftdicht mit
einer Hydraulik-Klappe verschlossenen LKW und auch durch die räumliche Enge
erlitten viele Flüchtlinge Schwächezustände, Panikgefühle, Atem- und
Kreislaufprobleme. Tagesschau 17.10.98; SiZ 18.10.98; BeZ 19.10.98; taz 19.10.98; IHF-HR annual report 1999 18. Oktober 98 Eschenburg im Lahn-Dill-Kreis in
Hessen. Eine 16-jährige Frau und ein 20-jähriger Mann legen im
Eingangsbereich des Flüchtlingsheimes ein Feuer. Der Brand kann sich nicht
ausbreiten, so daß die zur Tatzeit im Hause befindlichen 50 BewohnerInnen
unverletzt bleiben. FR 20.11.98 18. Oktober 98 Frankfurt-Fechenheim.
Brandanschlag auf eine Roma-Familie, die in einem zum Abriß bestimmten Haus
untergebracht ist. Eine Flasche mit einer brennenden Lunte fliegt durch ein
Fenster ins Zimmer der Familie Caldaras. Herr C. verhindert eine Entflammung,
indem er die Flasche wieder hinauswirft. FR 22.10.98; FR 23.10.98; FR 11.11.98 19. Oktober 98 Cottbus in Brandenburg. Ein
schwarzer Asylbewerber wird von mehreren Skinheads vom Bahnhof zur
Straßenbahn-Haltestelle verfolgt. Als er die Bahn besteigt, wird diese mit
Flaschen beworfen. Ethnische Säuberungen in Berlin und Brandenburg 1999, S. 45 22. Oktober 98 Auf der Flucht vor dem
Bundesgrenzschutz im oberpfälzischen Landkreis Hof verliert der Fahrer eines Kleinlastwagens
die Kontrolle über den Wagen, so daß dieser sich überschlägt. Aus dem
Laderaum werden elf z.T. schwer verletzte rumänische Flüchtlinge, darunter
auch Kinder, geborgen. Sie kommen alle ins Krankenhaus. FR 23.10.98; BeZ 23.10.98 22. Oktober 98 Hungerstreik im
Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Der Gefangene Mohamed Sad aus Ägypten
verletzt sich in Selbsttötungsabsicht am Hals und an den Handgelenken. Als er
nach medizinischer Versorgung durch einen Sanitäter wieder in seine Zelle
gesperrt wird, versucht er, sich selbst zu verbrennen. Er
wird ins Haftkrankenhaus Moabit verlegt und einen Tag später aus der
Abschiebehaft entlassen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 25. Oktober 98 Dritter Selbsttötungsversuch
innerhalb kurzer Zeit im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Der ägyptische
Gefangene Mohamed Aldeleni öffnet sich die Pulsadern und kommt ins
Krankenhaus. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 27. Oktober 98 Der Kurde Sinan
Sicak, der im April 1993 mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in die BRD
geflüchtet war, wird nach abgelehntem Asylantrag in die Türkei abgeschoben.
Bereits auf dem Flughafen Ankara wird er festgehalten und einer dreitägigen
Überprüfung unterzogen. Unter Schlägen werden ihm Unterstützung der PKK und
Beteiligung an Aktionen vorgeworfen. Nach seiner Freilassung
fährt er in seinen Herkunftsort Nergizli im Kreis Viransehir zu seiner
Mutter. Schon nach einer Woche wird er dort durch Staatsbeamte abgeholt, zur
Polizeiwache in der nahe gelegenen Stadt Karakuzu verschleppt und drei bis
vier Tage lang ständig mit dem Terrorismusvorwurf konfrontiert. Am 28. Mai 99 wird Sinan
Sicak im Rahmen einer Razzia festgenommen, beschimpft, bedroht und heftig
geschlagen. Als er sich seine Wunden nach dem Überfall von einem Arzt behandeln
lassen will, findet er keinen, weil diese ihm nur durch vorgelegte
staatsanwaltliche Anordnungen helfen würden, da es sich um Verletzungen durch
staatliche Mitarbeiter handelt. Aus Angst vor weiteren Repressalien geht
Sinan Sicak erst nach eineinhalb Wochen zur Staatsanwaltschaft in Viransehir.
Auch hier wird er zunächst bedroht, dann aber doch zu einer Untersuchung zum
Gesundheitsamt überwiesen. Er wendet sich an die Zeitung Bakis in Sanliurfa, berichtet dort von seiner Folter und läßt seine Wunden auch fotografieren. Nachdem sich die Schlinge seiner Verfolgung bedrohlich zuzieht, entschließt er sich erneut zur Flucht. Am 2. August 99 gelingt es
ihm, mit einem gefälschten Paß in die BRD einzureisen, und er stellt erneut einen
Antrag auf Asyl. Das Attest vom Gesundheitsamt Viransehir wird für nicht
"glaubwürdig" gehalten und der Asylantrag als offensichtlich
unbegründet abgelehnt. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000; Dokumentation vom FRat NieSa, Juli 2002 Oktober 98 Berlin – Prenzlauer
Berg. Der Flüchtling Paulos N. aus Äthiopien erhält vom Sozialamt einen
Ablehnungsbescheid auf seinen Antrag, in eine andere Wohnung ziehen zu
dürfen. Das Amt bietet alternativ einen Platz im Wohnheim an. Die Familie N. wird seit
langer Zeit von deutschen rechtsradikalen Nachbarn belästigt, beleidigt und
bedroht. Die Deutschen schmieren Hakenkreuze ins Treppenhaus und brüllen
"Scheiß Neger!" Eines Nachts standen die Rassisten mit Knüppeln
bewaffnet vor der Wohnungstür von Paulos N. und versuchten, die Tür
aufzutreten. Paulos N., der schon einmal
von sieben Deutschen am U-Bahnhof
Eberswalder Straße überfallen und zusammengeschlagen worden war, lebt in
ständiger Angst um sein Leben und seine Gesundheit. Ethnische Säuberungen in Berlin und Brandenburg 1999, S. 77 1. November 98 Gefängnis Stuttgart-Stammheim.
Der 23 Jahre alte kurdische Abschiebehäftling Berzan Öztürk
("Murad") zündet sich selbst an und erleidet lebensgefährliche
Verletzungen. Er tat dies aus "Protest gegen die jahrzehntelange
Unterdrückung seines Volkes durch den türkischen Staat und Solidarität mit
Selbstverbrennungen politischer Häftlinge in türkischen Gefängnissen"
(Abschiedsbrief). Berzan
Ö. hatte bereits ein Jahr lang in türkischer Haft gesessen, mußte wegen
seiner PKK-Aktivitäten die Türkei verlassen und stellte im August in der BRD
einen Asylantrag. Ende
Oktober mußte er sich wegen "illegaler Einreise und
Urkundenfälschung" vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Obwohl er
zu einer 8-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde, wurde er noch im
Gerichtssaal verhaftet und nach Stammheim in Abschiebehaft gebracht. Am
4. Januar 1999 erliegt er seinen schweren Verletzungen. (siehe dort) ND 4.11.98; FR 6.1.99; FR 7.1.99; FR 8.1.99; FR 9.1.99; AZADI informationen Nr. 13 Januar-März 1999 2. November 98 Der Kurde und
abgelehnte Asylbewerber Seyhmuz R. wird in die Türkei abgeschoben. Bereits 1993 war er in die
BRD geflohen, weil er und seine Familie in der Türkei massiv bedroht und
verfolgt wurden. Sein Schwiegervater war an den Folgen von Folterungen
gestorben; sein Dorf war 1994 niedergebrannt worden; seine Eltern gelten als
verschwunden. Er selbst wurde in der Anti-Terror-Abteilung in Istanbul eine
Woche lang festgehalten und unter Schlägen verhört. Jetzt nach der Abschiebung
erfolgt die erneute Festnahme durch die Flughafenpolizei, und zwei
Zivilpolizisten bringen ihn in eine entfernte Wache, wo er unter schwerer
Folter nach seinen Kontakten in Deutschland gefragt wird. Nach fünf Tagen
Folter und Verhören erklärt er sich bereit, mit den türkischen Behörden zu
kooperieren und als Spitzel zu arbeiten. Daraufhin wird er entlassen. Er flieht zu seiner
Schwester nach Viransehir und hält sich versteckt. Nach einiger Zeit nimmt er
Kontakt zur HADEP auf. Im Frühjahr erfolgen mehrere Verhaftungen und Verhöre
mit schwerer Folter. Im April 1999 gelingt
Seyhmuz R. zum zweiten Mal die Flucht in die BRD. Sein Oberkörper ist – auch
noch drei Wochen nach den Folterungen – übersät mit über 40 Brandwunden bis
zum Grad drei. Ein Arzt überweist ihn mit dem Verdacht auf eine erhebliche
psychische Traumatisierung an das Behandlungszentrum für Folteropfer in
Berlin. Am 3. August 1998 erhält
Seyhmuz R. vom Bundesamt "kleines Asyl", das allerdings erst nach
der Ablehnung der Klage des Bundesbeauftragten durch das Verwaltungsgericht
Kassel und nach drei mündlichen Verhandlungen im Januar 2001 rechtskräftig
wird. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 2001 2. November 98 Magdeburg in Sachsen-Anhalt.
Sechs Deutsche überfallen zwei irakische Flüchtlinge (18 und 22 Jahre alt),
beschimpfen sie und schlagen sie zusammen. Die
Täter werden nach der Vernehmung wieder freigelassen. BeZ 4.11.98; FR 4.11.98; taz 4.11.98; ZDK (ND 4.11.) 5. November 98 Abschiebehaft in der JVA
Mannheim. Der 30-jährige iranische Flüchtling Shariar Jafarpour fügt sich
selbst in Tötungsabsicht tiefe Schnittwunden mit einer Glasscherbe am Bauch,
an den Pulsadern und in der linken Ellenbeuge zu, als er erfährt, daß er
abgeschoben werden soll. Ohne ärztliche Untersuchung oder Betreuung wird er
der Polizei übergeben, die ihn zum Flughafen Stuttgart bringt. Im
Privatjet wird ihm von BGS-Beamten immer wieder ein Tuch auf den Mund
gepreßt, bis der Pilot angesichts der Luftnot des Gefangenen die Mitnahme des
Flüchtlings verweigert. (siehe auch: 9. Februar 98) Am
8. Dezember beschreibt das Landgericht Mannheim nach einer persönlichen
Anhörung seinen Zustand wie folgt: "Der Beteiligte......war völlig
abgemagert, entkräftet, psychisch am Ende seiner Kräfte und kaum noch
verhandlungsfähig", er habe sich in einem "erschreckend schlechten
psychischen und physischen Zustand" befunden. Bevor
jedoch das vom Landgericht geforderte psychiatrische Gutachten erstellt ist,
wird der Gefangene am 29. Dezember abgeschoben. Die
Mißhandlungen durch die BGS-Beamte bei beiden Abschiebeversuchen von Shariar
Jafarpour bleiben für diese ohne juristische Konsequenzen. AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim 11.11.98; AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim Mai 1999; Antifaschistische Nachrichten 10.12.98; IPPNW 1.6.99; ai 30.12.99; jW 22.7.00; FR 25.7.00 5. November 98 Der 20 Jahre alte
kurdische Flüchtling Mehmet Sait Demir wird nach abgelehnten Asylanträgen in die
Türkei abgeschoben. Nach einem eintägigen Aufenthalt im Polizeigewahrsam des
Istanbuler Flughafens wird Herr Demir zum Wehrdienstbüro Bakirköy gebracht.
Von dort kommt er nach Malkara, um seinen Militärdienst abzuleisten. Hier
wird bekannt, daß er schon vor längerer Zeit einen Antrag auf
Wehrdienstverweigerung an das Türkische Konsulat in Deutschland geschickt
hatte. Herr Demir wird vom Schwurgericht Midyat angeklagt und kommt sofort
ins Militärgefängnis der Brigade. Dem Rat eines kurdischen Feldwebels folgend
bestreitet Herr Demir, den Brief geschrieben zu haben ("Wenn Du sagst,
dass er Dir gehört, dann gehst Du wieder ins Gefängnis oder sie bringen Dich
um"). In den folgenden drei
Wochen wird Mehmet Sait Demir intensiv geschlagen, gedemütigt und gefoltert.
Immer wieder wird ihm befohlen, seinen Brief abzuschreiben – einmal mit der
linken, dann wieder mit der rechten Hand. Auch vor dem Landgericht Malkara
wird ihm erneut sein Brief diktiert. Er kommt zu seiner Einheit
zurück, muß seine Waffe abgeben, erhält Ausgangssperre, wird bewacht,
gedemütigt, geschlagen, schikaniert, mißhandelt. Zwei Monate vor Beendigung
seiner Militärzeit wird er vom Militärgericht freigesprochen. Seine Mutter berichtet ihm
telefonisch von den häufigen Besuchen der Militärangehörigen, die nach ihm
und seinem nach Deutschland geflüchteten Bruder Mehmet Selim fragen. Auch
erfährt er, daß seine Cousine und sein Cousin von türkischen Soldaten
ermordet wurden. Er selbst war vor seiner
Flucht nach Deutschland im Jahre 1995, zusammen mit seinem Vater gefangen
genommen und 5-6 Tage lang gefoltert worden. Der damals 17-Jährige war
gezwungen worden, die Mißhandlungen seines Vaters mit anzusehen. Nachdem die
beiden freigelassen worden waren, starb sein Vater in seinem Beisein an den
schweren Folterverletzungen in dem Taxi, das ihn zum Krankenhaus bringen
sollte. Als kranker und gebrochener
Mann beendet Mehmet Sait Demir im Frühjahr 2000 seinen Militärdienst. Aus
Angst vor weiteren Repressalien geht er nach Istanbul und arbeitet hier als Kellner
in einem Restaurant. Am 10 Juli 2001 wird er
nach Feierabend auf der Straße von drei Männern aufgefordert sich
auszuweisen. Sie zwingen ihn in einen weißen PKW, verbinden ihm die Augen und
bringen ihn in einen Keller, der zur Instanbuler Polizeistation Gayretepe
gehört. Hier wird Mehmet Sait Demir in den folgenden fünf Tagen mißhandelt,
mißbraucht, entwürdigt und immer wieder zu seinem Antrag auf
Wehrdienstverweigerung und zum Verbleib seiner Brüder verhört. Mit einem
glühenden Messer werden ihm schwere Brandverletzungen beigebracht. Mit der
Drohung, ihn demnächst wieder festzunehmen und dann umzubringen, wird Mehmet
Sait Demir freigelassen. Mehmet Sait Demir flieht
erneut aus der Türkei und erreicht am 8. September 2001 die Bundesrepublik
Deutschland zum zweiten Mal. Im November 2001 begibt er sich wegen seiner
schweren seelischen Verletzungen in psychotherapeutische Behandlung. Trotz vorliegender Atteste
über folterbedingte Hautverbrennungen und eine schwere Posttraumatische
Belastungsstörung wird die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ohne
persönliche Anhörung Demirs zunächst abgelehnt. Erst durch die von Pro Asyl
und Connection e.V. eingereichte Petition beim Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge in Nürnberg wird Mehmet Sait Demir am 10. Oktober
2002 als politischer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention
anerkannt (§ 51 Abs. 1 Ausländergesetz). Connection e.V. und Pro Asyl 3.6.02; Connection e.V. und Pro Asyl im
November 2002; FR 6.6.02; FR 7.11.02 6. November 98 Der 15 Jahre alte Solomon
Mforbei Fusi aus Kamerun stirbt den Kältetod im Radkasten eines Flugzeuges,
in dem er sich in Douala versteckte, um nach Europa zu gelangen. Beim
Landeanflug auf den Flughafen Zürich fällt der Tote aus ca. 500 m Höhe auf
ein Feld bei Lauchringen in Südbaden. Dort wird er zwei Tage später von einem
Spaziergänger gefunden. Der
Junge wird in dem kleinen Ort Lauchringen post mortem adoptiert. Er wird
feierlich bestattet und erhält einen Grabstein aus Granit, in dem Afrika
eingraviert und Kamerun gekennzeichnet ist. BeZ 10.11.98; Badische Ztg 10.11.98; Dokumentation von Ulrike Westermann 2003 7. November 98 Martini-Markt im
brandenburgischen Neuruppin. Zu einer Zeit, in der sich 200 bis 300 Gäste auf
dem Markt befinden, wird der 34-jährige türkische Flüchtling Rüstem Karakas
von einer größeren Gruppe Skins mindestens 20 Minuten über den Platz gehetzt
und attakkiert. Der Versuch, sich in ein Bierzelt zu retten, mißlingt, weil
der Betreiber dem Gehetzten den Zutritt verweigert. Auch ein
Spielautomaten-Aufsteller gestattet dem Hilfesuchenden keine Zuflucht. Ein
anderer Budenbesitzer, den Rüstem K. um Hilfe bittet, weigert sich, die
Polizei anzurufen. Der
Gejagte wird mit Schlägen auf den Hinterkopf und ins Gesicht mißhandelt, und
als er am Boden liegt, treten die Rassisten mit Springerstiefeln auf ihn ein.
Rüstem K. gelingt die Zuflucht in einen türkischen Imbiß. Er kommt schwer
verletzt ins Krankenhaus. Er hat Kopfverletzungen, und seine Schulter ist
gebrochen. Sie muß zweimal operiert werden, aber auch ein halbes Jahr später
ist sie noch nicht geheilt. Er muß sich wegen des erlittenen Traumas einer
psychotherapeutischen Behandlung unterziehen. Obwohl
sich der Überfall auf einem belebten Markt ereignete, hat die Polizei größte
Schwierigkeiten, ZeugInnen zu finden. Von den ursprünglich ca. 20 Tätern
werden zwei Männer angeklagt. Einer wird – unter Einbeziehung einer anderen
Strafe – zu 32 Monaten Haft und ein zweiter Schläger zu 10 Monaten Haft auf
Bewährung verurteilt. MAZ 9.11.98; RA 9.11.98; BeZ 9.11.98; MAZ 10.11.98; RA 10.11.98; BeZ 10.11.98; MAZ 11.11.98; RA 11.11.98; BeZ 11.11.98; MAZ 16.11.98; RA 16.2.99; MAZ 20.5.99; RA 20.5.99;
BeZ 20.5.99; MAZ 28.5.99; RA 28.5.99; BeZ 28.5.99;
ORB "Klartext" 14.7.99 13. November 98 Bei einem Brand im
Flüchtlingsheim Dahlemer Weg in Berlin-Zehlendorf wird ein dreijähriges Kind
an Armen und Beinen schwer verbrannt. Die Mutter erleidet einen Schock. Die
Bauaufsicht wird informiert, um eventuelle Sicherheitsmängel zu ermitteln. BeZ 14.11.98 13. November 98 Der kurdische
Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber N. B., der 1993 nach Deutschland
geflohen war, wird über Hannover in die Türkei abgeschoben und dort den
türkischen Beamten direkt übergeben. Neun Tage lang wird er auf der
Flughafenpolizeiwache festgehalten, gefoltert und verhört. Ihm wird
Unterstützung der PKK in Deutschland vorgehalten. Nach seiner Freilassung
sucht er seine Mutter auf und versteckt sich bei ihr in der Kreisstadt Idil. Am 20. Januar 99 stürmen
Uniformierte die Wohnung und nehmen ihn erneut fest. 27 Tage lang wird er
gefangen gehalten, verhört und gefoltert. Dann wird er unter Meldeauflagen
wieder entlassen. Aus Angst vor erneuter
Festnahme taucht N. B. unter – versteckt sich bei seiner Schwester. Er
entschließt sich erneut zur Flucht nach Deutschland, als er erfährt, daß
seine Mutter zweimal von Militärs abgeholt und nach seinem Aufenthalt befragt
worden war. Im Mai 99 stellt er einen
Asylfolgeantrag, und ihm wird im Oktober Abschiebeschutz nach § 51 Abs. 1
AuslG gewährt. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000 14. November 98 Potsdam in Brandenburg. Aus
einem Auto heraus werden zwei afrikanische Flüchtlinge und ein britischer
Tourist rassistisch beschimpft. Als die Angegriffenen den Fahrer des Wagens
an der nächsten Ampel zur Rede stellen wollen, steigt dieser aus und hält
einer Person eine Pistole an den Kopf. Der Bedrohte kann den Angreifer
überwältigen, und seine Begleiter können verhindern, daß die restlichen
Fahrzeuginsassen aussteigen. Die
einzige Zeugin äußert sich dann in Gegenwart der Polizei den Angegriffenen
gegenüber, daß sie doch hier "nichts zu suchen" hätten und
"verschwinden" sollten. jW 28.11.98; Ethnische Säuberungen in Berlin und Brandenburg 1999, S. 62 14. November 98 Harrinder Singh Cheena
(Balvinder Cheema), jugendlicher Flüchtling (16 oder 18 Jahre alt) aus
Indien, seit 59 Tagen in Deutschland und davon seit 55 Tagen in
Abschiebehaft, wird erhängt in der Zelle 322 der JVA Halle aufgefunden. Er
hatte sich aus einem Bettuch ein Seil geknüpft. Cheena
ist Sikh und stammt aus einem Bauerndorf im Punjab. In seinem Asylantrag gibt
er an, daß sein Vater von Polizisten umgebracht worden ist. Er will auf
keinen Fall nach Indien zurück, und vor allem will er aus dem Gefängnis raus,
vermittelt er dem Dolmetscher. Als er seinen Kopf an einer Stahltischkante
blutig schlägt, wird er in den Sanitätstrakt gebracht und dort mit Händen und
Füßen ans Bett gefesselt. Cheena
kommt später noch öfter in die Sanitätsstation und wird dort jedesmal
"fixiert", nachdem er sich mit Scherben an Bauch und Brust
verletzte oder sich die Pulsadern aufschnitt. Cheena verweigert zeitweise die
Nahrungsaufnahme. Einer der Anstaltspsychologen sieht dreimal nach ihm, hat
aber keinen Dolmetscher dabei, und der junge Inder spricht weder Deutsch noch
Englisch. Drei
Tage nach seiner Selbsttötung finden die Ermittlungsbehörden in seiner
Hosentasche einen Abschiedsbrief. Der Text ist auf dem Papier des
Asyl-Ablehnungsbescheides geschrieben: über dem letzten Lebenszeichen Cheenas
prangt der offizielle Briefkopf des Bundesamtes für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge. Bemerkenswert
ist die Pressemitteilung des Justizministeriums von Sachsen-Anhalt am Tag
nach der Selbsttötung von Cheena: "Im Vorfeld gab es keine Anzeichen für eine
Suizidgefahr." BeZ 16.11.98; taz 16.11.98; BeZ 17.11.98; BeZ 18.11.98; ND 19.11.98; SZonNet 3.12.98; FR 6.2.99; taz 9.2.99; Gegenwehr Frühjahr 1999; FRat NieSa Heft 60/61 Mai/Juni 1999 Mitte November 98 Ein 31-jähriger russischer
Abschiebegefangener ist seit drei Wochen im Hungerstreik. Er sagt, er wolle
lieber sterben, als nach Rußland zurückgebracht zu werden. Der Deserteur der
sowjetischen Armee war bereits 1993 nach der Abschiebung aus der BRD in
Moskau ins Gefängnis gekommen. Später floh er nach Frankreich, wo der
Asylantrag abgelehnt wurde. Im Sommer wurde der Mann ohne gültige
Aufenthaltspapiere in Thüringen aufgegriffen und in Abschiebehaft genommen. FR 13.11.98 16. November 98 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Nachts zwischen 1 und 2 Uhr findet ohne
Begründung die Durchsuchung einiger Zellen statt. Weil
er nicht schnell genug erwacht, wird der 32-jährige Gefangene N.N. aus
Nigeria von einem Beamten aus dem Bett gezerrt. Das Hemd zerreißt und er
bekommt einen heftigen Schlag zwischen die Augen. Der schlagende Beamte wird
dann von seinem Kollegen zurückgerufen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 17. November 98 Frankfurt am Main. Dem
27-jährigen Sudanesen Abdellah F. wird beim dritten Abschiebeversuch eine
Mütze über den Kopf gezogen, die ihm die Luft nimmt. Dann wird ihm mit der
Faust auf den Penis geboxt. Wegen
akuter Atemnot muß er in die Flughafenklinik gebracht werden. IPPNW 1.6.99 20. November 98 Eine vierköpfige bosnische
Familie aus Gelnhausen im Main-Kinzig-Kreis wird nach Sarajewo abgeschoben,
obwohl Atteste über die psychische Traumatisierung von Mutter und Tochter
vorliegen. FR 25.11.98 20. November 98 Schwäbisch Gmünd in
Baden-Württemberg. Als die Polizeibeamten morgens um 6.15 Uhr das Ehepaar
Fadime und Cafer Bay und deren drei Kinder aus ihrer Unterkunft in der
Remsstraße zur Abschiebung abholen wollen, bekommt Fadime Bay einen
Schreikrampf und fällt daraufhin um. Der sofort gerufene Notarzt weist sie
umgehend mit Verdacht auf eine Herzattacke in die Stauferklinik ein. Fadime
Bay, die sich bereits 1992 einer Herz-Operation unterziehen mußte, ist seit
Jahren in ärztlicher Behandlung. Obwohl dieses den Behörden bekannt ist, hatten
sie die geplante Abschiebung den Betroffenen nicht angekündigt. Cafer Bay und sein Sohn
Ümüt werden noch an diesem Tag in die Türkei abgeschoben. Die beiden Töchter
bleiben noch bei der Mutter. Einige Tage später erfahren sie, daß der
16-jährige Ümüt bei Verwandten in der Türkei untergekommen ist, Cafer Bay
allerdings im Gefängnis sitzt. Die Mitglieder der Familie
Bay sind alevitische Kurden, und ihr Asylantrag war schon vor Jahren
abgelehnt worden. In der letzten Zeit hatten sie von der Gmünder Ausländerbehörde
wöchentlich befristete Duldungen ausgestellt bekommen. Remz-Ztg 24.11.98; Gmünder Tagespost 24.11.98 21. November 98 Justizvollzugsanstalt Leipzig in
Sachsen. Ein 39 Jahre alter Algerier schneidet sich aus Angst vor der angekündigten
Abschiebung die Pulsadern auf. Nach
insgesamt sieben Abschiebeversuchen und einer Haftdauer im Abschiebegefängnis
von zwölf Monaten wird der Algerier entlassen. Abschiebehaft-Gruppe beim FRat Leipzig November 98 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main,
Gebäude C 182. Während einer Zählung der Flüchtlinge sprüht ein BGS-Beamter
ohne Grund und "ohne dienstliche Veranlassung" aus einem
mitgebrachten Reizstoffsprühgerät eine "nicht geringe" Menge
Reizgas (CN-Lösung) in die Kabine der Herrentoilette, in der sich ein
algerischer Flüchtling befindet. Die
Beamten erklären dazu, das Tränengas sei "aus Versehen" versprüht
worden. Am
28. November 2000 wird einer der Beamten vom Amtsgericht Frankfurt zu einer
Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt. taz 18.11.98; UNBEQUEM 12/98; Bürgerrechte & Polizei/CILIP 68/2001; ai Januar 2004 November 98 Obwohl er sich in
"Schaukelfesselung" befindet, gelingt es dem abgelehnten
Asylbewerber H., sich während seiner Abschiebung die Pulsadern
aufzuschneiden. Herr H. ist Deserteur der algerischen Armee und beantragte
1993 in der BRD Asyl. Nach seiner Abschiebung droht ihm mit hoher
Wahrscheinlichkeit Militärgewahrsam. Daraufhin
wird die Abschiebung abgebrochen und in der Abschiebehaft stellt ein
Gutachter ein "reaktives depressives Syndrom" fest, und auch das
Verwaltungsgericht Dresden räumt die "Gefahr einer Selbst- und
möglicherweise auch Fremdgefährdung" ein. Dennoch bleibt Herr H. in
Abschiebehaft zur Vorbereitung seiner Abschiebung. Ende
März 99 beginnt H. einen Hungerstreik, so daß die für Mitte April 99 geplante
Abschiebung wegen seines körperlichen Zustandes nach dreiwöchigem Streik
vorerst ausgesetzt werden muß. FR 5.5.99 November 98 Sammelabschiebung nach Angola.
Der junge Angolaner Bernado I., der als Minderjähriger in die BRD geflohen
war, "verschwindet" nach der Abschiebung am Flughafen Luanda. Auch
ein anderer Abgeschobener, Edgar J., meldet sich nie wieder bei seinen Angehörigen
in Angola oder seinen Freunden in der BRD. Im Januar 2001 gehen ihre Familien
davon aus, daß sie nicht mehr am Leben sind. Antirassistische Initiative Berlin; I.A.A.D.H. 2. Dezember 98 Der 27-jährige Igor N. soll von
Frankfurt am Main nach Minsk abgeschoben werden. Während des Fluges schneidet
sich der Weißrusse mit dem Plastikbesteck die Pulsadern auf. Da eine Rettung
des Mannes im Flugzeug nicht möglich erscheint, muß die Maschine auf dem
Warschauer Hauptflughafen Okecie notlanden. Der Verwundete kommt in das
Krankenhaus in der Banacha Straße. Gazeta Wyborcza 3.12.98; Nachrichten im Radiosender rs2 94,3 am 3.12.98 2. Dezember 98 Landkreis Märkisch-Oderland im
Bundesland Brandenburg. Ein 26 Jahre alter jugoslawischer Asylbewerber wird
in Müncheberg von zwei deutschen Männern auf offener Straße mit einem
Baseballschläger angegriffen und geschlagen. Er kommt mit einem
Schädel-Hirn-Trauma, Prellungen, einer Platzwunde und Blutergüssen ins
Krankenhaus. Die
Täter werden zu Bewährungsstrafen zwischen 10 und 12 Monaten verurteilt. RA 4.12.98; MAZ 4.12.98; BeZ 4.12.98;
Opferperspektive; Die Welt 26.5.99; BeZ 27.5.99; Die Welt 27.5.99 5. Dezember 98 Sonntagmittags in
der niedersächsischen Ortschaft Brake. Ein 33 Jahre alter kurdischer
Flüchtling steigt auf das Dach seiner Unterkunft, dem "Frisenmoorer
Hof". Dort übergießt er sich mit Benzin und droht, sich anzuzünden. Der
seit vier Jahren in Deutschland lebende Mann fühlt sich total isoliert. Erst
nach zweieinhalbstündigen Verhandlungen, als der Bürgermeister ihm den Umzug
in eine andere Unterkunft zusichert, klettert er wieder herunter. taz 8.12.98 7. Dezember 98 Sammelabschiebung von 60
Flüchtlingen über den Flughafen Düsseldorf. Unter den Flüchtlingen befindet
sich der Liberianer E. S. M., der 10 Monate in Abschiebehaft in Berlin in der
Kruppstraße einsaß. Dies auch deshalb, weil die deutschen Behörden ihm seine
liberianische Nationalität nicht glaubten. Nachdem
Herr M. am 30. November eine tätliche Auseinandersetzung mit einem Polizisten
hatte, war er in einen Zustand der vollkommenden Apathie gefallen. Er
reagierte auf keine äußeren Reize oder Ansprachen mehr. Er nahm weder Essen
noch Trinken selbständig zu sich – noch erhob er sich aus eigener Kraft. Sein
Blick war leer und orientierungslos. Er lag fortan nackt in einem Bett ohne
Bettbezüge in seinem eigenen Urin. Das Wachpersonal hatte ihn in eine
Einzelzelle verlegt, so daß die Mitgefangenen ihn nur noch durch ein Guckloch
beobachten konnten. Trotz
Interventionsversuchen von Flüchtlingsunterstützergruppen wird Herr M., der
sich seit acht Tagen in diesem hilflosen Zustand befindet, in ein ihm fremdes
Land (Nigeria) abgeschoben. AG Medizin im FRat Berlin 11. Dezember 98 Ein abgelehnter 33-jähriger
Asylbewerber aus Nigeria verübt einen Brandanschlag auf das Ausländeramt der
Kreisverwaltung Borken. Er bespritzt einen Sachbearbeiter und die Möbel mit
Benzin und entzündet es. Der Beamte kann noch rechtzeitig flüchten. taz 12.12.98 Mitte Dezember 98 Bundesland Thüringen – Landkreis
Gotha. Der 17-jährige Flüchtling Kisema Kamara aus Sierra Leone muß seit
langem mit ungeheuren Schmerzen leben, denn seit Ende des Jahres 1997 wird
ihm eine notwenige Operation seines Unterschenkels verweigert. Bereits im
März 98 wurde die Operation seines gebrochenen und deformierten Beines von
amtsärztlicher Seite für notwendig befunden. Erst
als Kisema Kamara aufgrund seiner starken Schmerzen und aufgrund der Ignoranz
der Behörden die Kontrolle verliert und die Fensterscheiben des Büros im Gehrener
Flüchtlingsheim zerstört, wird seine Situation bekannter. Nachdem
ein Mitarbeiter der Kirchlichen Hochschule Wuppertal eine Anzeige wegen
unterlassener Hilfeleistung gegen die verantwortlichen MitarbeiterInnen im
Landratsamt Ilm-Kreis gestellt hat, werden der Flüchtling selbst und der ihn
unterstützende Asylbewerber Julius B. mit Anzeigen wegen Verleumdung bedroht.
In seiner Verzweiflung und in seinem Zorn beginnt Kisema Kamara ein zweites Mal, die Fenster der Sozialstation zu zerstören. Umgehend kommt er für eine Nacht in Polizeigewahrsam und wird dann in die Landesgemeinschaftsunterkunft "Neues Haus" nach Georgenthal bei Tambach-Dietharz zwangsverteilt. Sein Freund Julius B. kommt in ein anderes Heim. Kisema
Kamara sieht sich inzwischen einer Strafanzeige wegen Verleumdung,
Sachbeschädigung und Körperverletzung gegenüber. Gegen Julius B. wurde
Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt. Erst
durch ein Gutachten der Jenaer Universitätsklinik kann die notwendige Operation
im Januar 1999 durchgesetzt werden. Am
5. Juni 2000 verhängt das Amtsgericht Ilmenau gegen die Vorsitzende des
Flüchtlingsrates Thüringen wegen "übler Nachrede" einen Strafbefehl
über 60 Tagessätze zu 50 DM. Der Flüchtlingsrat hatte in einer Pressemitteilung
Aussagen Kisema Kamaras zitiert (!). BeZ 19.11.98; FR 21.11.98; FR 26.11.98; FR 27.11.98; jW 5.12.98; FR 16.12.98; FRat Thür Info Nr. 9; FRat Thür Info Nr. 4/98; FRat Thür Info Nr. 1/99; TA 6.1.99; FRat Thüringen 25.9.00; D.I.R. 11.10.00 17. Dezember 98 Prenzlau in Brandenburg. Eine
afrikanische Asylbewerberin wird in einem Linienbus von mehreren Deutschen
beschimpft und beleidigt. Sie wird mit Gegenständen beworfen, und sie wird
getreten. BeZ 24.12.98; Ethnische Säuberungen in Berlin und Brandenburg 1999 , S. 19 17. Dezember 98 Rüsselsheim in
Hessen. Morgens um 5.30 Uhr kommt die Polizei ins Flüchtlingsheim am
Flörsheimer Weg, um das kurdische Ehepaar S. und ihre drei Kinder zur
Abschiebung abzuholen. Die Familie versucht, die Eingangstür mit einem
Schrank zu blockieren, was nur kurzfristig gelingt. Die Eltern und die 12, 15
und 18 Jahre alten Kinder werden zum Teil nur leicht bekleidet, aber in
Handschellen zur Rüsselsheimer Polizeiwache gebracht. Von dort erfolgt die
Abschiebung über den Flughafen Frankfurt am Main nach Istanbul. Noch auf dem Flughafen wird
Herr S. festgenommen. Ihm wird Unterstützung der kurdischen
Befreiungsbewegung vorgehalten. Als er nach mehreren Wochen aus der Haft
entlassen wird, bleibt er weiter unter Polizeiaufsicht. Die Familie, die zunächst
unter unwürdigen Bedingungen in Istanbul lebt, kehrt im Laufe des Jahres 2000
in ihre Heimatregion in den Osten der Türkei zurück. Hier geschieht es, daß Herr
S. auf offener Straße von mehreren Männern in Zivil angegriffen und durch
viele Schüsse niedergestreckt wird. Die Verletzungen sind so schwer, daß er
sich noch Ende des Jahres 2001 im Krankenhaus befindet – er kann sich weder
bewegen noch sprechen. Im September 2002 erliegt
er seinen schweren Verletzungen. Rüsselsheimer Echo 9.1.99; VDAS 21. Dezember 98 Ein 16-jähriger
Asylbewerber aus Afghanistan wird im brandenburgischen Rathenow von vier Deutschen
überfallen und beraubt und durch Schläge und Tritte verletzt. Unmittelbar nach der Tat
werden die Täter festgenommen. Opferperspektive; FR 23.12.98; BeZ 23.12.98; MAZ 23.12.98; BeZ 24.12.98 24. Dezember 98 Zwei jugendliche
Flüchtlinge aus der Mongolei (14 und 15 Jahre alt) werden nachts in der Nähe
des Bahnhofs von Königs Wusterhausen angegriffen und ins Gesicht geschlagen.
Sie erleiden Prellungen. Opferperspektive 26.
Dezember 98 Der
äthiopische Flüchtling Tesfa Bizuneh stürzt sich im Universitätsklinikum
München aus dem Fenster des 3. Stockes und erliegt seinen Verletzungen. Sein Suizid wurde von der
All Amhara Peoples Organisation (AAPO), der er angehörte, bekannt gemacht und
auf Angst vor Abschiebung und Verfolgung zurückgeführt. IMEDANA 26.2.00 (AAPO); Herzog/Wälde:
"Sie suchten das Leben" 27. Dezember 98 Im baden-württembergischen Kehl
an der deutsch-französischen Grenze wird ein Flüchtling aus Mazedonien
verletzt aufgefunden. Er hat Schürfwunden am Rücken, an der linken Schulter und
auf der Schädeldecke. BT-Drucksache
14/1850 28. Dezember 98 Ahmed Tebbal, algerischer
Flüchtling in Abschiebehaft in Hamburg, befindet sich seit zwei Wochen im
Hungerstreik. Er sitzt im Untersuchungsgefängnis, ein Ort, in den er nach
seinem letzten Abschiebeversuch verlegt wurde. Ahmed
T. sagt, er werde lieber sterben, als abgeschoben zu werden. Er hat in den
letzen Monaten drei Abschiebungen verhindern können. Einen über den Flughafen
Hamburg und zwei über Berlin. Auf dem Weg von Hamburg nach Berlin wurde Ahmed
T. beide Male während der gesamten Fahrtdauer an Händen und Füßen gefesselt.
Aufgrund seiner Gegenwehr verweigerten die Piloten jedesmal die Mitnahme des
Algeriers. Ahmed
T. floh 1993 in die BRD, nachdem sein Vater in Algerien verhaftet worden war
und seither verschwunden ist. Seine Mutter floh mit seinen drei Geschwistern
nach Frankreich. FR 28.12.98; Glasmoorgruppe 12.1.99 Im Jahre 1998 Der Kurde Mustafa
Boylu, der wegen Verfolgung, Festnahme und Folterung in der Türkei 1994 einen
Asylantrag gestellt hatte, wird abgeschoben. Nach der Abschiebung wird
er festgenommen und von der Staatsanwaltschaft beim Staatssicherheitsgericht
Istanbul vernommen. Ihm wird PKK-Mitgliedschaft vorgeworfen. Am 21. Juni 99 wird er
wieder festgenommen, in der Anti-Terror-Abteilung Bingöl verhört und unter
Folter zu umfangreichen Aussagen gezwungen. Eine Widerrufung dieser
Aussagen nützt Mustafa Boylu nichts, denn am 23. Juni 99 wird er wegen der
"Schwere der Schuld" in Haft genommen. Auch das Staatssicherheitsgericht
Diyarbakir verlängert diese Haft noch einmal mit derselben Begründung. Später
wird Mustafa Boylu freigesprochen. Dokumentation vom FRat NieSa und Pro
Asyl, Mai 2000 Im Jahre 1998 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Der Kurde Ba. (Haftbuchnummer
3054) hat ein Monokelhämatom. Die offizielle Erklärung, der Bluterguß sei als
Folge eines Sturzes oder einer Selbstschädigung entstanden, wird vom Beirat
des Abschiebegefängnisses angezweifelt. Der Gefangene wird trotz seines
schlechten psychischen Zustandes kurz darauf in die Türkei abgeschoben. Bericht des
Beirates für den Abschiebegewahrsam 24.9.99 Im Jahre 1998 Abschiebehaft in der
JVA Mannheim. Bei dem siebten Versuch, den Flüchtling Mohammed Makkar
abzuschieben, wird ihm in Frankfurt ein Zettel in die Hand gedrückt, auf dem
steht: "Ich bin ein Esel, und ich will nicht fliegen." Dieser
Zettel wird ihm später wieder weggenommen. Auf die Dienstaufsichtsbeschwerde
der Rechtsanwältin hin wird die Existenz dieses Zettels von einer Polizeibeamtin
in Mannheim und von mehreren Beamten der Abschiebegruppe Rastatt bestätigt. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim 1.11.98 Im Jahre 1998 Abschiebehaft in der
JVA Mannheim. Obwohl ärztliche Atteste dem Gefangenen I. D. eine paranoide Schizophrenie
bescheinigen und die Notwendigkeit medikamenteller Behandlung beschreiben,
wird I. D. weder psychisch behandelt noch werden ihm die Medikamente gegeben.
Die Behandlung beginnt
erst, als er während eines Hungerstreiks ins Gefängniskrankenhaus Hohenasperg
verlegt wird. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim, Mai 99 Im Jahre 1998 Der Flüchtling P. B.
befand sich ein Jahr lang in Abschiebehaft in der JVA Mannheim. In dieser
Zeit scheiterten zwei Abschiebungen, weil er nervlich zusammenbrach. Erst
nach seiner Entlassung aus der Abschiebehaft wird ihm mit dem Attest einer
unabhängigen psychiatrischen Klinik fachärztliche Behandlungsbedürftigkeit
bescheinigt. Seine schwere Psychose war in der Haft nur mit ruhigstellenden
Medikamenten behandelt worden. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim, Mai 99 Im Jahre 1998 Abschiebehaft in der
JVA Mannheim. Ein Flüchtling wird bei einem Abschiebeversuch mißhandelt. Eine
Amtsärztin attestiert, daß keine sichtbaren äußeren Verletzungen vorliegen.
Erst eine Woche später stellt ein Unfallchirurg fest, daß er eine
Schädelprellung und eine Brustkorbprellung links erlitten hat – Verletzungen,
die in der Abschiebehaft weder erkannt noch behandelt wurden. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim, Mai 99 Im Jahre 1998 Mustafe Bajraktari
wird aus Kronach – getrennt von seiner Familie – nach Belgrad abgeschoben.
Dann wird er über zwei Wochen lang in einem Polizeikeller in Mitrovica
mißhandelt. Nur durch eine sofortige Such-meldung, die die Familie aufgegeben
hat, und wahrscheinlich durch die Anwesenheit einer ausländischen Delegation
vor Ort kommt Mustafe Bajraktari frei. Er flieht erneut in die BRD
und stellt hier einen Asylfolgeantrag. FRat Bayern, Infodienst, Nr. 62/63 Im Jahre 1998 Der kurdische Flüchtling und
abgelehnte Asylbewerber Özcan Yildiz wird in die Türkei abgeschoben.
Unmittelbar nach der Landung des Flugzeugs in Istanbul erfolgt seine
Verhaftung durch die Polizei. Nach
einer einjährigen Haft kommt er frei und flieht erneut in die BRD. Erst jetzt
erhält er politisches Asyl. Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum Im Jahre 1998 Jena in Thüringen. Ein 35 Jahre
alter togoischer Flüchtling, abgelehnter Asylbewerber, reist aufgrund der Ausweglosigkeit
seiner Situation und aus Angst vor einer gewaltsamen Abschiebung
"freiwillig" nach Togo zurück. Einige Monate später erfolgt seine
Verhaftung und dann seine Unterbringung in einem illegalen Gefängnis. Hier
erleidet er Folter und andere Mißhandlungen und muß Zwangsarbeit leisten.
Nach zweieinhalb Jahren gelingt ihm die Flucht, und mit der Unterstützung von
Freunden erreicht er im Januar 2001 die BRD. Im Januar 2005 wird sein
Asylfolgeantrag abgelehnt. Antirassistische Initiative Berlin Im Jahre 1998 Berlin. Im Jahre 1998 haben drei
Selbsttötungsversuche in Abschiebehaft stattgefunden. Die Jahre 1990 bis 1997
sind statistisch von den Behörden nicht erfaßt. (hier dagegen sind vier Fälle
dokumentiert) Kleine Anfrage der PDS-Fraktion in Berlin Nr. 923 – 18.7.00 |