Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des
Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude 182 (1998)
Die Räumlichkeiten
Die Flüchtlingsunterkunft im Gebäude 182 ist auf 70 Personen ausgelegt. In
der Einrichtung gibt es zehn Zimmer mit sechs Betten und ein Zimmer mit zehn
Betten. Bei den Betten handelt es sich jeweils um Doppelstockbetten.
Außerhalb der Zimmer stehen den Flüchtlingen zwei Aufenthaltsräume zur
Verfügung. In dem größeren der beiden Räume stehen eine Tischtennisplatte und
ein Fernseher mit Satellitenanschluß. Außerdem befinden sich dort zwei
Telefone, ein Münz- und ein Kartenfernsprecher. Im kleineren Aufenthaltsraum
finden die sonntäglichen Gottesdienste statt. Darüber hinaus wurde hier als
Rückzugsmöglichkeit eine kleine Gebetsecke eingerichtet.
Die sanitären Anlagen
Für 70 Personen stehen vier Duschkabinen zur Verfügung. Die
Waschgelegenheiten beschränken sich auf kleine Handwaschbecken, verteilt über
drei Toilettenräume für Männer sowie auf zwei Toilettenräume für Frauen.
Separate, geschweige denn geschlechtsspezifisch getrennte Waschräume gibt es
nicht.
Das Raumklima
Aus Sicherheitsgründen sind die Fenster lediglich einen Spaltbreit zu
öffnen. Seitdem Flüchtlinge aus der Unterkunft geflohen sind, wurden die
Fenster in einigen Zimmern (darunter auch die Duschräume) komplett
zugeschweißt und sind damit überhaupt nicht mehr zu öffnen.
Die Belüftung der Räumlichkeiten erfolgt nach dem Umluftprinzip, d.h. die
Innenluft wird durch das Ansaugen von ungefilterter Außenluft umgewälzt.
Abhängig von den Windverhältnissen riecht es immer wieder deutlich
wahrnehmbar nach Kerosin. Das Raumklima in den Aufenthaltsräumen kann daher
mit Fug und Recht als schlecht bezeichnet werden. Innenraumtemperaturen von
über 30°C sind im Sommer in den Aufenthaltsräumen keine Seltenheit.
Die Belegsituation
Obwohl die Kapazität der Einrichtung nur auf 70 Personen ausgelegt ist,
waren an einigen Tagen bis zu 200 Personen untergebracht. Beispielsweise
befanden sich Anfang 1997 143 im Gebäude 182.
Die Frischluft-Situation
Als Möglichkeit, sich an der frischen Luft zu bewegen, steht eine
eingezäunte Rasenfläche mit Holzbänken und zwei Mobiltoiletten zur Verfügung.
Diese Freifläche befindet sich an einem Ende des umfriedeten Flughafenareals.
Die Flüchtlinge müssen jeweils mit einem eigens zu ordernden Bus dorthin
gebracht werden. Allein die Fahrt dauert gut 10 Minuten. Die Flüchtlinge
werden dabei von Beamten des Bundesgrenzschutzes (BGS) begleitet. Auch hier
sind die Sicherheitsmaßnahmen verschärft worden, nachdem einem Flüchtling die
Flucht während des "Hofgangs" gelungen war.
Die Verweildauer
Die längste Verweildauer betrug im Jahre 1994 191 Tage, im Jahre 1995 187
Tage, im Jahre 1996 268 Tage und im Jahr 1997 286 Tage. Die längste
Zeitspanne, in der ein Flüchtling als am Flughafen befindlich gerechnet
wurde, betrug 396 Tage (davon ca. 8 Monate in der Psychiatrie).
Die Atmosphäre
Die Flüchtlinge leben in einer Situation ständiger Ungewißheit. Niemand
kann ihnen sagen, wann, geschweige denn wie, sich ihr "Fall"
weiterentwickeln wird. Diese Ungewißheit führt immer wieder zu
Selbstmordversuchen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Flughafen-Sozialdienstes arbeiten daher ständig in einer Art Extremsituation.
Flüchtlinge verweigern die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, öffnen sich
die Pulsadern, stoßen den Kopf absichtlich gegen die Wand, verschlucken
Rasierklingen, schreiben Abschiedbriefe u.a.m.
Dokumentation des Flughafen-Sozialdienstes, Frankfurt
am Main, Okt. 98
|