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Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und Bei einem Brand in einem
Flüchtlingsheim in Remscheid werden vier Menschen durch Rauchvergiftungen
leicht verletzt. Sie werden ambulant behandelt. 80 weitere Personen müssen
evakuiert werden. ngo-online.de 2.1.02 6. Januar 02 Potsdam in Brandenburg. Ein 25
Jahre alter Flüchtling aus Sierra Leone wird morgens um ein Uhr im Wohngebiet
Stern an der Straßenbahn-Haltestelle Johannes-Kepler-Platz von drei deutschen
Männern angegriffen. Nach anfänglichen rassistischen Beschimpfungen werden
die Täter handgreiflich. Sie schlagen und treten auf den Afrikaner ein,
schleudern Schottersteine auf ihn und verletzen ihn mit einem Messer. Der
Angegriffene wird mit schweren Verletzungen an Kopf, Schultern und Beinen ins
Krankenhaus eingeliefert. Die drei 20-jährigen Täter sind flüchtig. FR 8.1.02; BeZ 8.1.02; PNN 8.1.03; JWB 16.1.02; Opferperspektive 8. Januar 02 Das Flüchtlingsheim im
hessischen Groß-Zimmern im Kreis Darmstadt-Dieburg wird von zwei Männern überfallen.
Mit Besenstielen schlagen sie auf zwei 54-jährige Bewohner aus Pakistan und
Afghanistan ein – dann flüchten sie. Die beiden Flüchtlinge werden mit
Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Die
Polizei schließt einen rechtsradikalen Hintergrund aus, weil die Täter
"gezielt" gegen die beiden Bewohner vorgegangen seien und keine
Nazi-Parolen verbreitet worden seien. FR 9.1.02 12. Januar 02 Diskothek "Index" im
niedersächsischen Schüttorf. Als der Asylbewerber K. sich morgens um 4 Uhr im
Eingangsbereich mit einem Freund spielerisch knufft, weil der Freund gehen
will, K. aber noch bleiben möchte, schubst und schlägt einer der Türsteher
ohne Ansprache die beiden so heftig auseinander, daß K. in die Ecke schlägt
und heftiges Nasenbluten bekommt. Als K. sich wehren will, kommt ein zweiter
Türsteher und nimmt ihn – zusammen mit seinem Kollegen – in den
"Schwitzkasten". Freunde und Freundinnen von K. mischen sich ein
und versuchen, die Situation zu beruhigen. K.
wird zur Kasse gezerrt, er wird gezwungen, sein Sweatshirt auszuziehen, wird
nach Waffen durchsucht, aufgefordert zu zahlen und die Diskothek zu
verlassen. Der Gedemütigte weigert sich, denn er will auf die Polizei warten
und Anzeige erstatten. Daraufhin
versuchen die immer aggressiver werdenden Türsteher, ihn ins Büro zu bringen.
Obwohl es den Freundinnen und Freunden von K. gelingt, dies zu verhindern,
müssen sie mit ansehen, wie K. dann mit Hilfe eines dritten Türstehers in
einer Raumecke brutal zusammengeprügelt wird. Sie hören die Worte: "Du
bist ein dreckiger Neger." Als die Schläger endlich von ihm ablassen,
ist sein rechter Oberarm zersplittert. Die
Freunde führen K. aus der Diskothek – draußen sackt er in sich zusammen. Die
endlich eintreffenden Polizisten müssen von den FreundInnen mit Nachdruck
aufgefordert werden, einen Krankenwagen zu rufen. Im
Matthias-Stift in Rheine wird der komplizierte Splitterbruch des Oberarms
sofort operativ versorgt. Osnabrücker Bündnis gegen Abschiebungen 14.1.02 (Augenzeugenbericht) 13. Januar 02 Halberstadt in Sachsen-Anhalt.
Um 10.05 Uhr wird ein 27 Jahre alter indischer
Flüchtling von drei Jugendlichen auf dem Fischmarkt mit Faustschlägen
angegriffen. Als sich ein 79-jähriger Mann einmischt und die Deutschen
auffordert, von dem Inder abzulassen, bekommt auch er Faustschläge. Erst als
ein Rentner-Ehepaar zu Hilfe kommt, flüchten die Täter. Die beiden
Geschlagenen kommen ins Krankenhaus, können aber nach kurzer Untersuchung
wieder entlassen werden. (siehe auch: 29. März 04) Polizei Halberstadt Nr. 058/02; Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 15. Januar 02 Feuer in dem dreigeschossigen
Block C des Flüchtlingsheimes in der Herrenberger Straße 85 in Tübingen. Als der
Brand morgens um 2.30 Uhr entdeckt wird, ist vielen der 80 BewohnerInnen der
Weg über das Treppenhaus durch den dichten Qualm bereits versperrt. 21
Menschen flüchten auf das Dach. Die
schon nach wenigen Minuten eintreffenden Feuerwehren gehen mit schwerem
Atemschutzgerät gegen den Brandherd im Keller vor. Es dauert 40 Minuten bis
die frierenden Menschen mit Streckleitern vom Dach gerettet sind. Drei
Notärzte versorgen die sechs Verletzten, von denen zwei Personen ins
Krankenhaus gebracht werden müssen. Insgesamt 140 Personen werden evakuiert
und kommen vorübergehend in eine Turnhalle. In
den drei Häusern (Block A, B, C) des ehemaligen Pharma-Auslieferungslagers in
der Herrenberger Straße, ist die Kapazität zur Unterbringung von
Flüchtlingen, entsprechend der Flüchtlingen zugestandenen Wohn- und
Schlafflächen von 4,5 Quadratmetern pro Person, fast ausgeschöpft. Von den
240 Wohnplätzen sind 230 belegt. Ein
Defekt in einem Hauptverteilerkasten im Keller wird als Brandherd ermittelt. Auch
nach der Beseitigung der Brandschäden bleiben die Wohnbedingungen für die 230
Flüchtlinge unzumutbar und gefährlich. Zu viele Menschen auf engem Raum,
schimmelige Wände, zu wenige Duschen, Toiletten und Kochgelegenheiten – eine
alte Dampfheizung, die sich in den Zimmern nicht regulieren läßt, so daß vor
allem Kinder in der Gefahr sind, sich zu verbrennen. SchT 16.1.02; RGA 16.10.02; SchT 14.2.02; Bündnis Herrenberger Straße 1.5.02 15. Januar 02 In der
mecklenburg-vorpommerschen Ortschaft Waren wird ein 29 Jahre alter Flüchtling
aus Togo von einem NPD-Mitglied angegriffen. Der Rassist schlägt den
Afrikaner mit einer Krücke und wirft ihm eine Flasche hinterher. Der
Angegriffene kommt mit Blutergüssen davon. LOBBI 17. Januar 02 Vier Mazedonier geraten in
München in eine Polizeikontrolle. Während es Dreien gelingt wegzulaufen, wird
ein 27 Jahre alter Asylbewerber von einem Polizisten festgehalten. Dann legt
der Beamte dem Flüchtling die Handschellen so fest um die Gelenke, daß dieser
meint, vor Angst und den starken Schmerzen ohnmächtig zu werden. Dabei droht
der Polizist dem Gefangenen: "Sag, wo sind Kollegas, oder willst Du
Schmerzen?" Für
diese Gewaltanwendung zur Erzwingung einer Aussage wird der
Dienstgruppenleiter im September zu einer 10-monatigen Bewährungsstrafe und
zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt. SZ 3.9.02 18. Januar 02 Hamburg-Langenhorn. Am frühen
Morgen wird der 16 Jahre alte Flüchtling Sangare Jalloh aus Sierra Leone mit
schweren Kopfverletzungen auf einem Grünstreifen des Gehlengrabens von einer
Fußgängerin gefunden. Neben ihm liegen sein Fahrrad und die Jacke des
Schülers. Im Krankenhaus wird mit einer Notoperation vergeblich versucht,
sein Leben zu retten. Drei Tage später erklären die Ärzte ihn für tot. Im
März werden zwei Drogenabhängige festgenommen, die gestehen, daß sie Sangare
Jalloh zunächst mit einem Baseballschläger niederschlugen und ihn dann
ausraubten. Sangare Jalloh hatte mit Drogen gehandelt. HA 19.1.02; HA 6.3.02; FRat HH 16.3.03; off limits Nr. 35
10/02 19. Januar 02 Halle in Sachsen-Anhalt. Ein 42
Jahre alter Flüchtling aus Kuwait hat sich in einer Gaststätte gerade ein
Bier bestellt, als er von einem Deutschen mit der Faust ins Gesicht geboxt
wird. Fast zeitgleich tauchen zwei weitere Männer auf und schlagen ebenfalls
auf ihn ein. Danach wird er am Revers gepackt und aus der Kneipe befördert.
Draußen wird er hart gegen ein Eisengeländer geschleudert und dann mit
Handschellen daran festgemacht. Der erste Angreifer, er sieht aus wie ein
Mitarbeiter einer Security-Firma, macht den Flüchtling erst wieder los, als
die Polizei eintrifft. Mit
einer Notfallambulanz kommt der Verletzte ins Krankenhaus und wird hier
ambulant versorgt. Noch lange nach dem Überfall leidet er unter großen
Schmerzen in der Rippen- und Nierengegend. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 22. Januar 02 Die 48-jährige Kurdin Nebiha
El-Zein wird auf der Bremer Ausländerbehörde nach ihrem Sohn Abdulkadir
gefragt. Nachdem sie sagt, daß er Zuhause sei, ergeht die Aufforderung an
sie, "draußen Platz zu nehmen". Kurze
Zeit später klingeln vier Polizeibeamte an ihrer Wohnungstür im
Buntentorsteinweg und nehmen den 15 Jahre alten Abdulkadir in Abschiebehaft.
Als Frau El-Zein davon erfährt, bricht sie zusammen und kommt zur stationären
Behandlung ins Zentralkrankenhaus Ost. Der
Familie El-Zein, die aus dem Libanon vor 14 Jahren in die BRD geflüchtet war,
droht schon seit längerem die Abschiebung in die Türkei. Drei der Kinder sind
in Bremen geboren, eines kam im Alter von zwei Monaten nach Deutschland,
Abdulkadir im Alter von einem Jahr. Aus
Angst vor der Abschiebung tauchen der Vater und die Söhne Hamit und Mehmet
unter. Aufgrund der intensiven Fahndung der Polizei (Wohnungsdurchsuchungen
von FreundInnen und Bekannten der Familie) werden Herr El-Zein und sein
16-jähriger Sohn Hamit nach zwei Tagen gefaßt und in Abschiebehaft genommen.
Nun erst kommt Abdulkadir aus der Haft frei. Am
6. Februar werden Eltern und Kinder in die Türkei abgeschoben. Alle sprechen
ausschließlich arabisch oder deutsch. Verwandte in der Türkei gibt es nicht. Allein
der 19-jährige Mehmet El-Zein bleibt weiter in Deutschland, weil er sich der
Abschiebung durch Flucht entzog. Die Polizei fahndet nach ihm. Die ersten Tage nach der Abschiebung schlafen
die El-Zeins in einer aus Tüten gebastelten Notunterkunft im Wald. Dann
gelingt es Herrn El-Zein mit dem letzten Geld, eine Wohnung zu mieten. Nach
und nach finden Vater und Söhne Arbeit zu Dumping-Löhnen, die Mädchen gehen
putzen. Zur Schule kann keines der Kinder gehen, weil dafür kein Geld da ist. taz 5.1.02; taz 23.1.02; taz 26.1.02; taz 31.1.02;
taz 6.2.02; Kurdistan-Rundbrief Nr. 1, Jg. 15, 15.2.2002; mailingliste coyote
(WK) 23. Januar 02 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick.
Der 16 Jahre alte Algerier Mohamed L. wird nach siebenmonatiger Abschiebehaft
aus dem Gefängnis entlassen. Mit
zunehmender Haftdauer hatte sich sein psychischer Zustand dramatisch
verschlechtert. Er litt an Streß-Symptomen wie Kopfschmerzen, Zittern am
ganzen Körper, Hautrötungen, Juckreiz und Schlaflosigkeit. Ab Dezember
verweigerte er das Essen, verfiel in Weinkrämpfe, blieb im Bett liegen und
wurde zunehmend apathisch. Seine
Haft war mehrmals verlängert worden, weil ihm unterstellt wurde, nicht an der
Paßbeschaffung mitzuwirken. Am 21. Dezember wurde Mohamed L. einer
sogenannten Altersfeststellung unterzogen, die ihn zusätzlich unter
seelischen Druck gesetzt hat. In einem Gutachten des Universitätsklinikums
Benjamin Franklin – Zahn- und Kieferheilkunde an der Freien Universität –
wurde sein Alter aufgrund einer Gebiß-und einer
Handwurzel-Röntgen-Untersuchung auf "20 Jahre oder älter"
festgelegt. Als jedoch die Rechtsanwältin von Mohamed L. dieses Gutachten
anfocht und forderte, die begutachtende Professorin selbst vor Gericht zu
hören, äußerte sich diese schriftlich mit den Worten: "Somit ist der
Patient kaum jünger als 18 plus-minus 1 Jahr, aber auf jeden Fall älter als
20 Jahre." Pfarrer D. Ziebarth 24. Januar 02 Flüchtlingsheim Schneckenstein
in Thüringen – Obervogtland. Zwei Stunden nach Mitternacht wird Mohammad
Hussein Tamana in der Dusche der Flüchtlingsunterkunft erhängt aufgefunden.
Der 23 Jahre alte iranische Flüchtling hatte vorher zu einem Mitbewohner
gesagt: "Ich werde morgen früh abgeholt." Nachdem
Mohammad Hussein Tamana im Iran aus politischen Gründen drei Jahre lang im
Gefängnis gesessen hatte, war ihm vor viereinhalb Monaten die Flucht in die
BRD gelungen. Am 20. November 2001 war sein Asylantrag abgelehnt worden. Eine
für den 26. Januar geplante Demonstration auf dem Auerbacher Neumarkt, mit
der die AsylbewerberInnen auf die schlechten Lebensbedingungen im Vogtland
und auf die skandalösen Zustände im Flüchtlingsheim Schneckenstein aufmerksam
machen wollten, wird jetzt in einen Schweigemarsch zum Gedenken an Mohammad
Hussein Tamana umgewandelt. Eine Sprecherin der Organisatoren: "Mohammad
Hussein Taman hatte keine Chance, im Iran zu leben. Er hatte aber auch kein
Geld, keinen Anwalt und so keine Chance, sich gegen seinen Ablehnungsbescheid
zu wehren." FP 28.1.02; jW 28.1.02; jW 2.2.02; ND 13.2.01; JWB 20.2.02 24. Januar 02 Gera in Thüringen. Zwei
irakische Flüchtlinge stehen am Zentralen Omnibus Bahnhof und warten auf
ihren Bus. Einer von ihnen, ein 18-Jähriger, wird plötzlich von einer Gruppe
Rechtsradikaler angepöbelt, so daß beide beschließen wegzulaufen. Doch die
Rechten folgen ihnen, und es entsteht eine regelrechte Hetzjagd. An dieser
Jagd beteiligen sich bis zu 20 Personen. Während
dem 18-Jährigen die Flucht gelingt, wird sein Bekannter in eine Tiefgarage
getrieben. Dort wird er von fünf oder sechs Angreifern geschlagen, getreten
und gewürgt. Auch als die vom 18-Jährigen alarmierte Polizei eintrifft,
malträtieren die Täter ihr Opfer immer noch. ABAD Thüringen 24. Januar 02 Ein 16-jähriger indischer
Flüchtling ist mit zwei Jungen aus seinem Kinderheim nachmittags im
thüringischen Erfurt unterwegs. Auf dem Anger wird die kleine Gruppe von zwei
deutschen Männern angepöbelt. Der 16-Jährige wird festgehalten, und ihm wird
direkt ins Gesicht geschlagen. Er muß ins Krankenhaus, um seine gerissene
Lippe nähen und seine zersplitterten Zähne versorgen zu lassen. Die
Täter werden im Schnellverfahren verurteilt. Das Urteil gegen einen
20-Jährigen lautet: ein Jahr Freiheitsstrafe; ein 19-Jähriger bekommt 7
Monate auf Bewährung und 150 Arbeitsstunden. ABAD Thüringen 25. Januar 02 Eine im sächsischen Plauen
lebende Asylbewerberin aus Afghanistan versucht, sich mit Tabletten und
Chemikalien umzubringen. Die Mutter zweier Kinder kommt verletzt ins
Krankenhaus und überlebt. jW 2.2.02; ND 13.2.02 27. Januar 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Nach 31 Tagen Hungerstreik und außerordentlich geschwächt
wird der Flüchtling E. nach Togo abgeschoben. Seither fehlt von E. jedes
Lebenszeichen, obwohl ein telefonischer Kontakt mit der Initiative gegen
Abschiebehaft vereinbart worden war. E.
war in Togo aktives Mitglied der oppositionellen Union des Forces pour le Changement
(UFC). Nachdem sein Vater, auch UFC-Aktivist, im April 1995 von der
Militärpolizei abgeholt worden war und nie wieder auftauchte, beschloß E.,
aus Togo zu fliehen. Anfang
2001 wurde ihm auf der Ausländerbehörde Eisenberg im Saale-Holzland-Kreis ein
Text vorgelegt, zu dem ihm erklärt wurde, daß dies ein "Antrag auf eine
ständige Aufenthaltsgenehmigung" sei. E., der nur wenig Deutsch kann,
unterschrieb und hat wahrscheinlich damit seinen Asylantrag unwissend
zurückgezogen. Angaben,
die E. im Asylfolgeantrag zu seiner Verfolgung in Togo machte, wurden nun
nicht mehr berücksichtigt. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 30. Januar 02 Ausreiselager Bramsche-Hesepe in Niedersachsen. Aufgrund einer
Vorladung der Ausländerbehörde geht der 17 Jahre alte kongolesische
Flüchtling K. M. in das Haus 10b. Hier teilt ihm die Beamtin mit, daß er
jetzt nach Hause geschickt werde, weil er nicht freiwillig ginge. "Warum
soll ich nach Hause, ich bin geflohen, weil meine Eltern umgebracht worden
sind." Die Beamtin ignoriert diesen Einwand und sagt, daß jetzt sein Paß
fertig sei, er sofort abgeholt werden würde und nach ca. einer Woche
Abschiebehaft in die Demokratische Republik Kongo ausgeflogen werden würde. Als
die beiden vor dem Raum wartenden Zivil-Polizisten die Eingangstür
verschließen, gerät K. M. in Panik. Er schreit, daß er lieber hier sterben
wolle als zurück zu müssen, und springt mit einem Kopfsprung durch die große
Scheibe der Eingangstür. Hinter der Tür bleibt er ohnmächtig liegen. Die
Beamten und auch die BewohnerInnen, die hinzukommen, sind hilflos. Obwohl ein
Arzt aus Bramsche sich zu dieser Zeit im Lager aufhält, wird er nicht
gerufen. Es
dauert 20 Minuten, bis ein Krankenwagen kommt und K. M. mit einer
Gehirnerschütterung und einer Beinverletzung ins Krankenhaus bringt.
BesucherInnen erleben ihn am nächsten Tag apathisch und völlig
desillusioniert. Am Abend flieht der 17-Jährige aus dem Krankenhaus. Seine
wenigen Freunde aus dem Lager Bramsche-Hesepe
haben bislang noch nichts von ihm gehört. FRat NieSa Heft 93/94 April 2003 – Sonderheft
Projekt X 31. Januar 02 Hauptbahnhof Halle in Sachsen-Anhalt.
Als der 28-jährige Asylbewerber den Regionalexpreß von Halle nach Eisenach
besteigen will, wird er von zwei angetrunkenen Skinheads, die einen
Staffordshire-Terrier-Mischling bei sich führen, von der Waggonkante
gestoßen. Der Zug fährt ab, und er bleibt verletzt zurück. Die
Täter setzen ihre Angriffe fort. (siehe nächster Textblock) FR 1.8.02 31. Januar 02 Der 31 Jahre alte Flüchtling
Jonas T. aus Äthiopien wird am Abend um 21.20 Uhr im Regionalzug von Halle
nach Eisenach von zwei angetrunkenen Skinheads zunächst angepöbelt und als
"Nigger" und "Motherfucker" beleidigt. Als der Äthiopier
wegrennen will, zieht einer der beiden Angreifer sein Butterfly-Messer und
ruft: "Maulkorb ab, jetzt geht es los!" Der 20 kg schwere
Staffordshire-Terrier-Mischling seines Kumpanen springt den Afrikaner an,
stößt ihn zu Boden und verbeißt sich in dessen Unterschenkel. Jetzt schlagen
und treten die Skins auf den am Boden Liegenden ein: gegen den Rücken, gegen
den Bauch, ins Gesicht und gegen den Kopf. Jonas T. blutet stark. Als einem
der Angreifer das Messer herunterfällt, und der Verletzte danach greifen
kann, lassen sie von ihm ab, ziehen den Hund von Jonas T. weg und gehen durch
den nächsten Waggon weiter. Der
Schaffner des Zuges veranlaßt einen Zwischenstop in Halle-Ammendorf, wo die
Täter durch BGS-Beamte festgenommen werden und der Äthiopier ins Krankenhaus
gebracht werden kann. Er hat schwere Bißverletzungen, Prellungen und
Blutergüsse. Nach
der Vernehmung und nach einem Alkoholtest dürfen die Täter mit ihrem Hund
wieder gehen. Auf Nachfrage erklären die BGS-Beamten, daß
sie die Tat als "nicht so schwerwiegend" einschätzten. Erst
14 Tage nach dem Überfall wird Haftbefehl gegen die wegen gefährlicher
Körperverletzung und Propaganda-Delikten vorbestraften bzw. unter
Bewährungsstrafe stehenden Nazis erlassen. Sie kommen in Untersuchungshaft. Im
Februar 2002 werden die Täter zu je viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der
Richter des Landgerichts Halle geht von einer "rassistisch motivierten
Tat" aus und bewertet sowohl die Springerstiefel als auch den Hund als
"gefährliche Waffen". Jonas
T., der durch den Überfall auch seelisch traumatisiert wurde und sich nur
noch unter großen Ängsten auf die Straße traut, stellt einen Antrag auf
Verlegung in eine Unterkunft in einem westlichen Bundesland. Dieser Antrag
wird abgelehnt. Psychotherapeutische Behandlung ist in Sachsen-Anhalt für
Flüchtlinge derzeit nicht möglich. taz 19.2.02; TS 19.2.02; FR 19.2.02; jW 19.2.02; BeZ 19.2.02; MDZ 19.2.02; taz 20.2.02; taz 26.2.02; Brothers Keepers und Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt
26.2.02; taz 1.8.02; FR 1.8.02; LR 1.8.02; MDZ 1.8.02; Antifaschistisches Infoblatt Nr. 57 Herbst 2002 4. Februar 02 Ilmenau in Thüringen. Nach einem
Disko-Besuch am frühen Morgen wollen drei Flüchtlinge aus Sierra Leone und
Indonesien mit einem Taxi zu ihrer Unterkunft fahren. Plötzlich kommen neun
z.T. glatzköpfige Rechtsradikale auf sie zu, hindern sie am Einsteigen,
beschimpfen sie rassistisch und greifen sie tätlich an. Die Flüchtlinge
versuchen, sich mit Steinen und Messern zu wehren. Als
die von dem Taxi-Fahrer gerufene Polizei eintrifft, erstatten die Angreifer
Anzeige gegen die Flüchtlinge, so daß diese festgenommen werden. Im
Krankenhaus werden bei einem der Angegriffenen, einem Mann aus Sierra Leone,
Rippenprellungen diagnostiziert. ABAD Thüringen; JWB 13.2.02 5. Februar 02 Abschiebegefängnis auf dem
Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in
Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem
sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 29 Jahre alter
Gefangener für zwei Stunden und 50 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem
"komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Gefangenen ist damit
maximal eingeschränkt. Am
nächsten Tag passiert ihm dasselbe für drei Stunden und am 5. März wird er
abermals für 20 Minuten "komplett" fixiert. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage
der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 6. Februar 02 Nahe der sächsischen Ortschaft
Lößnitz werden zwei iranische Flüchtlinge auf offener Straße überfallen. Die
Iraner sind auf dem Wege von einer Tankstelle zu ihrem Wohnheim, als ein Auto
neben ihnen anhält und vier Männer aussteigen. Diese schlagen auf sie ein und
attackieren sie mit einem Messer und Flaschen. Dann fahren sie mit dem Auto
davon. Beide
Iraner kommen ins Krankenhaus und müssen stationär behandelt werden. Während
bei dem einen eine Schädelfraktur diagnostiziert wird, hat sein Begleiter nur
leichte Verletzungen. Dieser kann den Angriff allerdings psychisch nicht
überwinden. Er leidet unter Alpträumen und Angstzuständen, so daß ihm auch im
April 2002 noch Psychopharmaka verordnet werden müssen. Die
Sonderkommission Rechtsextremismus des sächsischen Landeskriminalamtes
übernimmt die Ermittlungen. AMAL Dresden; LKA-Sachsen 7.2.02; jW 8.2.02; BeZ 8.2.02; FR 8.2.02; BeZ 12.2.02; JWB 13.2.02 9. Februar 02 Hüseyin Vurucu, kurdischer
Flüchtling aus der Türkei, tötet sich, indem er sich auf die Schienen im
Bahnhof des hessischen Stadtallendorf legt und sich von dem einfahrenden Zug
überrollen läßt. Damit
setzt der 40-jährige Hüseyin Vurucu seinem langen, schweren Leidensweg ein zu
erwartendes Ende. Hüseyin
Vurucu war Mitte der neunziger Jahre mit seiner Familie in die BRD geflohen,
nachdem er in der Türkei verfolgt und gefoltert worden war. Obwohl mehrere
psychiatrische Gutachten seine schweren Posttraumatischen Belastungsstörungen
belegten, lehnte das Verwaltungsgericht den Asylantrag ab. Die erlittene
Folter wurde ihm nicht geglaubt; eine in Abwesenheit gegen ihn verhängte
Gefängnisstrafe von einem türkischen Gericht wurde ignoriert. Allein
die Tatsache, daß er durch seine schwere psychische Erkrankung nicht
reisefähig war, bewahrte ihn und seine Familie über lange Zeit vor der
Abschiebung – eine Duldung wurde immer wieder verlängert. Seine
Situation verschärft sich im Sommer 2001, als ein Cousin und ein Schwager in
der Türkei zu Tode kommen. Hüseyin Vurucu schluckt 50 Tabletten eines
Medikamentes, um sich umzubringen. Seine Frau und ein Schwager finden ihn
gerade noch rechtzeitig. Er kommt vorübergehend in die Psychiatrie. Wenige
Tage vor seiner Selbsttötung erscheint Hüseyin Vurucu in der örtlichen Polizeistation
und erklärt, daß er krank sei, verrückt werde, und bittet die Beamten, ihn
ins Krankenhaus zu bringen. Diese schicken ihn jedoch wieder weg. Mit
dem Tod des Ehemannes und des Vaters droht jetzt der an Diabetes leidenden
Ehefrau Sultan Vurucu und ihren sechs Kindern die Abschiebung, weil ihr
Aufenthalt ausschließlich an Hüseyin Vurucus Duldung gekoppelt war. Die
beiden ältesten Söhne sind schon vor geraumer Zeit untergetaucht, weil ihnen
die Abschiebung drohte. LehrerInnen
und SchülerInnen der Landgräfin-Elisabeth-Schule und der
Georg-Büchner-Schule, an denen die Söhne Baris und Serkan Schul- bzw.
Klassensprecher sind, setzen sich in der folgenden Zeit für ein Bleiberecht
der Familie ein, machen den Fall öffentlich, sammeln 1200 Unterschriften und
schreiben an den Hessischen Landtag, den Bundestag und den Bundespräsidenten.
Im März 2005 lehnt das Verwaltungsgericht Gießen Asylfolgeanträge der Familie
und auch ein Abschiebeverbot ab. Mehmet Tanriverdi – Kurdische Gemeinde in
Deutschland; Oberhessische Presse 23.2.02; FR 27.2.02; JWB 6.3.02; Express
Online 7.3.02; Gießener Express 8.3.02; Antifaschistisches Cafe / Internationales Cafe
Gießen 17.3.02; MNZ 21.5.03; FR 5.2.04; OP 19.12.04; OP 6.2.05; FR 15.2.05; JWB 30.3.05 11. Februar 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der 17-jährige Nasim F. aus Algerien versucht, sich mit
einem Bettlaken an einem Gitter zu erhängen. Er wird bewußtlos von
Mitgefangenen gefunden. Nach
einem zweistündigen Aufenthalt im DRK-Krankenhaus Köpenick kommt er zurück in
die Abschiebehaft. Dann
beginnt er einen Hungerstreik, den er nach 22 Tagen körperlich äußerst
geschwächt beenden muß. Am
22. September 2001 war Nasim F. bei einer Polizeikontrolle in Hamburg
verhaftet worden und kam in Abschiebehaft. Entlassen
wird der Minderjährige nach achteinhalb Monaten Haft am 4. Juni 2002. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; Jesuiten-Flüchtlingsdienst 12. Februar 02 Abschiebehaft in der JVA
Mannheim. D. K., Asylbewerber aus Rußland, verletzt sich nach ca. fünf Monaten
Haft mit einer Rasierklinge am Unterarm. Danach muß der 18-Jährige weitere
Wochen in Abschiebehaft ausharren, bevor er mit einer Duldung entlassen wird
und sich in Behandlung beim Zentrum für Folteropfer in Ulm begeben kann. Durch
ein Schreiben des VG Karlsruhe war der Justizvollzugsanstalt D. K.’s Problem
bekannt. In seinem Asylantrag hatte er den sexuellen Mißbrauch durch Männer
geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht wertete dies als asylrechtlich
unerheblich, wies jedoch auf die Möglichkeit von Duldung und Petition auf
Grund der besonderen Situation hin. D.
K.’s Rechtsanwalt bat daraufhin die JVA Mannheim um eine psychologische
Untersuchung. Nach zwei weiteren Aufforderungen um Stellungnahme, weil
zunächst gar keine Reaktion erfolgte, wird dies abgelehnt mit der Begründung,
daß nach Ansicht der Anstaltspsychologen eine Therapie in deutscher Sprache
wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht möglich sei. Das Problem ließe sich
durch eine Abschiebung nach Moskau und dortige Behandlung lösen. Für die Selbstverletzung
des Asylbewerbers kann keine Erklärung gegeben werden. AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim 13. Februar 02 Flüchtlingsunterkunft Jena-Forst
in Thüringen. Ein Angehöriger des Sicherheitsdienstes kommt in das Zimmer von
Constance Etchu und fordert sie auf, ihre Sachen zu packen, weil sie ins
Flüchtlingsheim Gera gebracht werden soll. Die Kamerunerin erklärt, daß sie
schon am Vortage in Gera war und ihr die HeimbewohnerInnen dort erzählt
hätten, daß vor allem schwarze Menschen wegen der starken Nazi-Szene dort
extrem gefährdet seien. Daraufhin sei sie wieder nach Jena zurückgekehrt. Sie
würde gerne in ein anderes Heim gehen – jedoch nicht nach Gera. Der
Sicherheitsdienst ruft die Polizei, die in Person eines Mannes in Zivil –
allerdings mit Pistole – erscheint. Constance Etchu wird aus ihrem Zimmer
geholt und in das Büro des Sicherheitsdienstes eingesperrt. Nach ca. 20
Minuten erscheinen eine Polizistin und ein Polizist im Büro, drehen Frau
Etchu die Arme auf den Rücken und legen ihr in dieser Position Handschellen
an. Als
Constance Etchu sich weigert, in den Polizeibus zu steigen und die Polizisten
weiter drängeln, fällt sie in den Schlamm zu Boden. Während ein Polizist mit
dem Fuß auf ihr Gesicht tritt, setzt ein anderer seinen Fuß auf ihren Bauch,
später auf ihre Brust. Die Polizistin tritt ihr mit den Füßen gegen den Kopf.
Die
gegen diese Mißhandlung protestierenden HeimbewohnerInnen werden von
Angehörigen des Sicherheitsdienstes mit "Arschloch",
"Penner", "Fuck you", "Black Monkeys"
beleidigt. Constance
Etchu wird hochgezerrt, ein Polizist legt schützend Plastiktüten auf die
Sitze, und die völlig verschmutzte Constance Etchu wird unter Fausthieben
gegen ihren Bauch ins Polizeiauto gezwungen. Damit sie ihren Oberkörper auch
im Wagen nach vorne beugt, wird ihr mehrmals gegen den Kopf geboxt. Mit
auf dem Rücken gefesselten Händen, mit gebundenen Beinen und
heruntergedrücktem Kopf wird Constance Etchu nach Gera gefahren. Ihre
persönlichen Sachen hat ein Wachmann in Abwesenheit der Besitzerin in eine
Plastiktüte eingepackt und die Tüte in ein zweites Polizeiauto geworfen. Nach
der Ankunft im Flüchtlingsheim in Gera weigert sich Constance Etchu, den
Wagen zu verlassen. Die Beamten lösen ihre Fußfesseln und schleifen sie
deshalb solange über den Boden, bis sie aufgibt und selbst geht. Am
27. Juni wird Frau Etchu die Auszahlung der monatlichen 40 Euro und die
Aufladung der Chipkarte verweigert. Diese Sanktionsmaßnahme begründet die
Ausländerbehörde damit, daß sie eine Strafe von 20 Euro wegen zweitägiger
Abwesenheit zu zahlen habe. Im
Flüchtlingsheim zurück schreit Frau Etchu ihre Wut heraus und trommelt auf
einen Topf. Polizei und Ambulanz werden gerufen. Constance Etchu läuft in ihr
Zimmer und schließt die Tür zu. Die Polizisten brechen die Tür auf, pakken
sie an beiden Armen, legen ihr Handschellen an, ketten sie zusätzlich an das
Fahrzeug der Ambulanz und fahren sie anschließend ins Waldklinikum. (siehe auch: 28. Juni 02 und 14.
April 03) FRat Thüringen 13.2.02; The VOICE 18.2.02; (Bericht von sieben ZeugInnen; Bericht der
Betroffenen); antira@verdi.de 2.6.02 15. Februar 02 Die 74-jährige yezidische
Asylbewerberin Frau B. H. erhängt sich mit einem Gürtel am Fenster ihres
Zimmers im Flüchtlingsheim "Stieg" bei Albbruck in Südbaden. Frau
H. war Mitte des Jahres 2000 in die BRD gekommen, nachdem sie 13 Jahre lang in Syrien gelebt
hatte. Ursprünglich stammt sie aus der Region Sinja im nördlichen Irak. Ihr
Sohn, der mit seiner Frau und sechs Kindern in derselben Unterkunft lebt,
beschreibt einen Zusammenhang zwischen den Depressionen seiner Mutter und der
Unterbringung in dem völlig abseits gelegenen Lager. Die Aussichtslosigkeit und die
menschenunwürdigen Verhältnisse haben maßgeblich dazu beigetragen, daß B. H.
sich das Leben nahm. Nach
Bekanntwerden der Selbsttötung von Frau H. protestieren ca. 60 der insgesamt
180 BewohnerInnen erneut gegen die schlechten Bedingungen in
"Stieg". Zerstörungsaktionen finden statt, und zwei kurdische
Bewohner beginnen einen Hunger- und Durststreik. Ziel der Protestierenden ist
der Transfer in eine andere Unterkunft. Am
22. Februar muß einer der Durststreikenden in die Klinik gebracht werden. Reaktion
der Aufsichtsbehörde auf die Selbsttötung und auf die Proteste gegen die
skandalösen Lebensbedingungen der Flüchtlinge: Verstärkung des Wachpersonals
und vermehrte Routinekontrollen durch die Polizei. SAGA 21.2.02; SAGA 23.2.02; Schwarzwälder Bote 25.2.02; graswurzelrevolution Nr. 269 Mai 2002 16. Februar 02 Bundesland Brandenburg. Der 30
Jahre alte Ahmed K., Palästinenser aus dem Libanon, joggt in den
Morgenstunden, bis er um 10 Uhr auf einem Feldweg zwischen Waßmannsdorf und
Schönefeld von vier Männern angehalten wird. Die zum Teil glatzköpfigen
Deutschen fragen ihn, ob er Ausländer sei, und schlagen dann mit einem Brett,
einer Flasche, einem Hammer und anderen Gegenständen auf ihn ein. Der
Angegriffene kann zweimal weglaufen und wird zweimal wieder eingeholt. Auch
als er am Boden liegt, wird er weiter mit Tritten der Stahlkappenstiefel
traktiert. Ein
Wachmann des nahe gelegenen Flüchtlingsheims findet den Schwerverletzten.
Ahmed K. kommt mit einem Schädelhirntrauma, einem Nierenriß und schweren
Prellungen ins Krankenhaus. Zwei
Täter werden am 23. Mai vom Amtsgericht Königs-Wusterhausen zu Jugendstrafen
von zwei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Gegen einen Dritten spricht
das Gericht eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten aus. Ahmed
K. muß sich wegen seiner schweren Schlafstörungen, Depressionen und
Alpträume, unter denen er seit dem Überfall leidet, in psycho-therapeutische
Behandlung begeben. Als ihm die Abschiebung für den 20. November 2003
angekündigt wird, taucht er unter und versucht, ohne Papiere und ohne
Behandlung zu überleben. BM 20.2.02; BeZ 20.2.02; ND
20.2.02; taz 20.2.02; JWB 27.2.02; MAZ 24.5.02; BM 5.6.02; BeZ 5.6.02; Opferperspektive 28.8.02; VS-Bericht Brbg 2002; taz 16.12.03; JWB 24.12.03 20. Februar 02 Der 23 Jahre alte Flüchtling
Kodjovi Agbelessessy aus Togo wird im brandenburgischen Perleberg von Skinheads
geschlagen und bestohlen. Aufgrund der Drohung der Schläger
"wiederzukommen" gelingt es Herrn Agbelessessy, eine Umverlegung in
ein Heim in Potsdam zu erwirken. (siehe auch: 25. Mai 02) Opferperspektive 26.7.02; MAZ 28.5.02 23. Februar 02 Nihat Aydogmus trifft in
Deutschland ein, um sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen – er
wird sofort verhaftet und in die Abschiebehaftanstalt Büren gebracht. Nihat
Aydogmus hatte als TKP ML-Gefangener im türkischen Ümraniye und danach im
F-Typ-Isolationsgefängnis in Kandira 138 Tage an dem Todesfasten gegen die
F-Typ-Gefängnisse teilgenommen. Nachdem sich sein Gesundheitszustand kritisch
verschlechtert hatte, wurde er bedingt freigelassen. In
Büren leidet er unter Epilepsie und wird oft ohnmächtig; sein
Gesundheitszustand ist nach wie vor kritisch. Nach
einer Abschiebung droht ihm unmittelbar die erneute Verhaftung durch die
türkische Polizei , denn in der Türkei war er zu einer zwölfjährigen
Haftstrafe verurteilt worden. Özgür politika 28.2.02; TAYAD Komitee Deutschland 28.2.02 26. Februar 02 Das Amtsgericht Grimmen in
Mecklenburg-Vorpommern verurteilt einen Asylbewerber aus Armenien zu acht
Monaten Gefängnis und seine Frau zu vier Monaten Gefängnis auf Bewährung. Das
Vergehen: wiederholtes unerlaubtes Verlassen des ihm zugewiesenen Landkreises
(Verletzung der Residenzpflicht). Das
Argument der angeklagten Frau, daß ihr Mann medizinische Hilfe brauche,
kontert der Richter mit den Worten: "Ich habe diese Ausreden schon oft
gehört." JWB 6.3.02 Februar 02 Rheinland-Pfalz. Ein
afrikanischer Flüchtling versucht, sich mit Tabletten umzubringen. Der
abgelehnte Asylbewerber befindet sich seit langem in einer psychischen
Ausnahmesi tuation, weil ihm seitens der
Ausländerbehörde einerseits eine fehlende Mitwirkung bei seiner Abschiebung
unterstellt wird, andererseits die Botschaft seines Herkunftslandes ihm keine
Papiere ausstellen will. Antirassistische Initiative Berlin 5. März 02 Im brandenburgischen Bernau wird
ein 12-jähriges afghanisches Mädchen von zwei 13 und 14 Jahre alten Brüdern
rassistisch beschimpft, geschlagen und getreten. Es erleidet leichte
Verletzungen. Am
nächsten Tag wird Haftbefehl gegen den 14-jährigen Schüler erlassen. Er gibt
zu, mit seinem jüngeren Bruder aus rassistischen Motiven heraus zugeschlagen
zu haben taz 6.3.02; Opferperspektive (BeZ 6.3.02); taz
7.3.02 5. März 02 In der Hamburger JVA Glasmoor
begeht ein 30 Jahre alter Abschiebegefangener aus der Türkei einen
Suizidversuch. Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188; Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469 6. März 02 Spremberg in Brandenburg. Ein 29
Jahre alter Flüchtling wird beim Joggen abends um 22 Uhr überfallen. Aus
einem hinter ihm anhaltenden Auto steigen vier oder fünf Personen aus und beschimpfen
ihn mit "Scheiß Ausländer". Sie verfolgen ihn und greifen ihn dann
mit einem Gegenstand an. Auf der Polizeiwache wird eine Schnittverletzung an
seinem Oberarm festgestellt. Der Asylbewerber muß sich in ärztliche
Behandlung begeben. nhz April 02 (LR 8.3.02) 6. März 02 Das Flüchtlingsheim im
sächsischen Niesky wird durch einen Brand vollständig vernichtet. Die 43
BewohnerInnen aus Sri Lanka, Bulgarien, Jugoslawien und Vietnam können alle
unverletzt evakuiert werden. Abends
um 22 Uhr werden die ersten Flammen entdeckt, und als die Feuerwehr
eintrifft, brennt der Dachstuhl lichterloh. Trotz des Einsatzes von 60
Feuerwehrleuten aus den umliegenden Orten kann nicht verhindert werden, daß
das aus Holz gebaute Gebäude vollständig verbrennt. Auch die wenigen
Besitztümer der Flüchtlinge sind damit vernichtet. Brandstiftung
als Ursache des Feuers wird zunächst völlig ausgeschlossen. Fast fünf Monate
später geht die Polizei allerdings von Brandstiftung aus. LR 8.3.02; LR 23.7.02 6. März 02 Jüchen bei Neuss in
Nordrhein-Westfalen. Um 22 Uhr bricht im Flüchtlingsheim ein Feuer aus. Zwei
Personen erleiden Rauchvergiftungen. taz 8.3.02 7. März 02 Wiesbaden – Philippsring 16a. Um
4.30 Uhr klingelt es Sturm an der Tür der Familie Mogos. Als Herr Marin Mogos
die Tür öffnet, wird er von rund einem Dutzend Männer und Frauen in Zivil zur
Seite gedrängt. Die seit 13 Jahren in Deutschland lebende Familie hat die
Abschiebung seit Wochen erwartet, st dennoch nicht vorbereitet. Die Kinder,
die 18-jährige Gabriela, der 17-jährige Gheorghe und die 15-jährige Dorina
folgen den Aufforderungen, ihre Sachen zu packen. Frau Anisoara Mogos ist
nicht anwesend. Sie leidet seit Jahren unter Depressionen, geht dann oft in
schlaflosen Nächten am Rhein spazieren. Die
BeamtInnen legen den Familienmitgliedern Handschellen an und warten noch bis
7.30 Uhr auf die Rückkehr von Frau Mogos. Dann fordern sie Marin, Gabriela
und Gheorghe auf mitzukommen. Herr Mogos gerät in Panik und schreit: "Wir müssen auf
meine Frau warten!" Eine an seinen Kopf gehaltene Pistole läßt ihn
verstummen. Die drei werden jetzt in Begleitung von acht BeamtInnen zum
Münchener Flughafen gebracht und – weiterhin mit Handschellen gefesselt – mit
einer Lufthansa-Maschine nach Bukarest geflogen. Vier
PolizistInnen warten mit Dorina Mogos in der Wohnung auf ihre Mutter. Als
diese um 10.30 Uhr erscheint, wird auch sie gleich gefesselt. Sie bricht
zusammen, wird ohnmächtig und wacht erst nach einigen Minuten wieder auf.
Eine Untersuchung oder Behandlung der Frau wird abgelehnt, sie wird mit ihrer
Tochter zum Frankfurter Flughafen gebracht. Die beiden werden durchsucht und
1000 Euro werden ihnen mit der Bemerkung weggenommen: äKriegt Ihr später
wiederä. Um
die beiden gefesselten Frauen angesichts der am Flugzeugeingang der
Lufthansa-Maschine wartenden rumänischen FlugbegleiterInnen zur Ruhe zu
bringen, ziehen die BGS-Beamten ihre Schußwaffen und drohen, wenn sie nicht
ruhig würden, dann "passiere etwas". Um 16.25 Uhr landet die
Maschine in Bukarest. In
der Transitzone des Flughafens Otopeni treffen sich die Mogos wieder. Sie
sind Roma, hatten nach ihrer Flucht in die BRD ihre Entlassung aus der
rumänischen Staatsangehörigkeit beantragt und sind somit heute staatenlos. Da
die BRD-Behörden ihnen allerdings niemals Staatenlosenpässe ausstellten,
erhielten sie über die Jahre hinweg nur Duldungen. Herr
Mogos war vom ehemaligen Geheimdienst Securitate verfolgt worden, er wurde
verhaftet, geschlagen und gefoltert. Auch seine damals schwangere Frau war nicht
verschont worden, sie hatte durch die brutalen Mißhandlungen ihr Kind
verloren. Sie hatten sich nach ihrer Flucht geschworen, nie wieder
rumänischen Boden zu betreten. Sie
verweigern auch jetzt nach der Abschiebung die Einreise und müssen deshalb in
der von rumänischer Grenzpolizei bewachten Baracke des Transitbereiches
ausharren. Täglich wird unter Drohungen versucht, sie zur Einreise zu
bewegen. Nahrungsmittel und Medikamente werden ihnen von behördlicher Seite
verweigert; die Mogos müssen sie selbst finanzieren. Dem zuckerkranken Marin
Mogos gehen demnächst die Insulin-Präparate zuende, und die Antidepressiva
von Anisoara Mogos sind nach einigen Tagen verbraucht. Als
die Mogos am 1. April dem Mitgefangenen Roma Mihai Ion zur Hilfe eilen, als
er gewaltsam aus dem Transitbereich geholt wird, werden sie als
"dreckige Zigeuner", "Schlampen" und "Huren"
beschimpft, und Frau Mogos wird eine Vergewaltigung angedroht. Die 15-jährige
Dorina bekommt daraufhin einen Schock und ist lange nicht mehr ansprechbar. Auch
im November 2004 hat sich die Situation der Mogos nicht verändert. Eine Klage
vor dem Wiesbadener Verwaltungsgericht ist gescheitert. Die Hoffnung der
Familie richtet sich nun auf den Ausgang ihres Prozesses am Europäischen
Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Im Juni 2005 wird die Klage der Mogos
gegen die BRD einstimmig abgewiesen. Familie Mogos klagt zudem gegen den
rumänischen Staat, weil Grenzbeamte Frau Mogos geschlagen haben und ihr Sohn
Gheorghe von ihnen gegen eine Tür geschmettert wurde. Die Entscheidung dieser
Klage steht im April 2007 noch aus. Am
17. März 2007 wird Marin Mogos von Grenzbeamten morgens um 6 Uhr in einem
ungenutzten Raum der Baracke tot aufgefunden. Er hat sich mit einer
Wäscheleine erhängt. Am Abend zuvor hatte er sich
noch bei der rumänischen Anwältin der Familie gemeldet und gesagt: "Ich
bitte Sie, passen Sie auf meine Kinder und meine Ehefrau auf." KMii 3.4.02; AZM 13.4.02; analyse und kritik 19.4.02; FRat Wiesbaden 3.6.02;
RMP 11.2.03; stern tv 10.10.04; WT 7.5.05; AZM 25.6.05; dpa 17.3.07; TS 18.3.07; WT 19.3.07; FR 26.3.07; TS 11.4.07 8. März 02 Flüchtlingsheim
"Stieg" bei Albbruck in Südbaden. Im Hausflur des ersten Stockwerks
brennt es. Als ein Flüchtling aus dem Kosovo das Feuer in unmittelbarer Nähe
seines Zimmers um 3 Uhr morgens entdeckt, springt er in Panik aus dem
Fenster. Bei dem Fall aus 3-4 Metern Höhe verletzt er sich das Knie. SAGA 11.3.02; graswurzelrevolution Nr. 269 Mai 2002 11. März 02 Ein 18 Jahre alter Flüchtling
aus Sierra Leone wird in einer Straßenbahn in Frankfurt (Oder) von drei
deutschen Jugendlichen attackiert. Sie beschimpfen ihn, reißen ihm seine
Mütze vom Kopf, ziehen ihn an den Haaren, schlagen ihn gegen die Brust und
bedrohen ihn mit brennenden Feuerzeugen. Durch
das gemeinsame Eingreifen einer Gruppe StudentInnen der Viadrina und des
Straßenbahnfahrers gelingt es, den Angriff zu stoppen. Der Fahrer stoppt die
Bahn, schaltet das Licht an und verriegelt die Türen, damit die Täter nicht
fliehen können. Als nach wenigen Minuten die Polizei eintrifft, können die
Rassisten abgeführt werden. BeZ 13.3.02; BeZ 15.3.02; JWB 20.3.02 12. März 02 Bundesland Brandenburg im
polnisch deutschen Grenzgebiet. An der Neiße-Oder-Mündung nahe der Ortschaft Wellmitz
wird eine männliche Person auf polnischer Seite aus der Oder geborgen. Die
Identität ist nicht bekannt. BPol Frankfurt (Oder) 20.2.08 14. März 02 Mecklenburg-Vorpommern. In der
Ortschaft Friedland bei Neubrandenburg werden drei kurdische Flüchtlinge vor
einem Imbiß von einem Rechten beleidigt und angegriffen. Die Polizei nimmt
die drei Angegriffenen in Haft und einige Beamten drohen mit Abschiebung. LOBBI 15. März 02 Halle in Sachsen-Anhalt. Ein
irakischer Flüchtling wird vor und in seiner Wohnung von ca. 13 Personen
rassistisch beleidigt und geschlagen. Er muß seine Verletzung am linken Ohr
und seine vielen Prellungen im Gesicht, an Ellenbogen und Fingern im
Elisabeth-Krankenhaus stationär behandeln lassen. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 25. März 02 Konstanz in Baden-Württemberg.
Unbekannte legen morgens um 4 Uhr im Sammellager in der Gustav-Schwab-Straße
zwei Brände, indem sie in den Fluren des ersten und zweiten Stockwerkes
Benzin ausgießen und anzünden. Ein im Eingang des Hauses abgestellter
Kinderwagen wird ebenfalls mit Benzin übergossen, jedoch nicht angezündet.
BewohnerInnen entdecken die Feuer und können sie selbst löschen. Von den in
diesem Haus lebenden 30 BewohnerInnen aus dem Kosovo, China, Afghanistan,
Iran und afrikanischen Ländern kommt niemand zu Schaden. Die
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen nicht von "politischen oder
ausländerfeindlichen Motiven" für die schwere Brandstiftung aus. SK 26.3.02; JWB 3.4.02; indymedia (von
Warning 2.4.02) 28. März 02 Staßfurt in Sachsen-Anhalt.
Abends um 23 Uhr schleudern zwei Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren
einen Brandsatz durch ein geschlossenes Fenster des Flüchtlingsheimes und
setzen damit ein zur Zeit leerstehendes Zimmer in Brand. Die Feuerwehr kann den
Brand schnell löschen, so daß von den 25 Menschen, die sich an diesem Abend
im Heim aufhalten, niemand verletzt wird. Die
beiden Rechtsextremisten werden schnell gefaßt und legen Geständnisse ab. Polizei Halberstadt Nr. 057/02; BeZ 2.4.02; taz 2.4.02; JWB 10.4.02 28. März 02 Bundesland Sachsen-Anhalt. In
der Nacht werfen jugendliche Nazis Brandflaschen gegen das Flüchtlingsheim in
Aschersleben. Nachdem es den BewohnerInnen nicht gelingt, das Feuer zu
löschen, rufen sie die Feuerwehr. Die circa hundert BewohnerInnen aus der
Türkei, Vietnam, Jugoslawien und Afrika werden evakuiert – niemand wird
ernsthaft verletzt. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 29. März 02 In der Hamburger JVA
Hahnöfersand begeht ein 20 Jahre alter Abschiebegefangener aus Algerien einen
Suizidversuch. Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188; März 02 Kühlungsborn in
Mecklenburg-Vorpommern. Über einen längeren Zeitraum wird ein 15 Jahre alter
Flüchtling aus Armenien, der im hiesigen Flüchtlingsheim lebt, sowohl vor der
Schule als auch außerhalb auf der Straße von Nazis rassistisch beleidigt und
auch tätlich angegriffen. LOBBI 11. April 02 Am frühen Morgen um 3.20 Uhr
wird der Brand in der Flüchtlingsunterkunft Europastraße in Tübingen entdeckt.
Nachdem die Feuerwehr eingetroffen ist, kann das Feuer schnell gelöscht
werden. Eine Person kommt mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus. Als
die Feuerwehr abrückt, bleiben sieben frierende Personen auf der Straße
zurück. Ausschließlich den ehrenamtlichen HelferInnen des DRK bleibt es
überlassen, die jetzt obdachlosen Flüchtlinge für den Rest der Nacht
unterzubringen und sie zu versorgen. Erst
gegen 11 Uhr vormittags und nach mehrmaligen Anmahnen, erklärt sich die
Stadtverwaltung bereit, den Menschen Räume zur Verfügung zu stellen. SchT 12.4.02; FR 12.4.02; AK Asyl BaWü 20.5.02 Mitte April 02 Nazis prügeln in der Suhler
Struth einen Flüchtling krankenhausreif. LAG Juni 2002 Mitte April 02 Auf das
Flüchtlingsheim im thüringischen Zella-Mehlis wird ein Brandanschlag verübt. LAG Juni 2002 17. April 02 Der 37 Jahre alte Kurde Lütfi
Şahan wird von deutschen Grenzschützern am Übergang Zinnwald festgenommen und
aufgrund eines Auslieferungsbegehrens der Türkei in Auslieferungshaft
genommen. Daß
Lütfi Şahan in Holland im Februar 1996 politisches Asyl erhielt, weil er in
der Türkei in den Jahren 1988 und 1989 zu insgesamt 34 Jahren Haft verurteilt
wurde, daß diese Prozesse zunächst durch ein Staatssicherheitsgericht geführt
wurden, bei denen bekanntermaßen ausschließlich politische Prozesse
stattfinden, daß Lütfi Şahan durch bewiesene Folter zu Geständnissen gebracht
wurde, das alles spielt für die deutschen Haftrichter keine Rolle. Lütfi
Şahan war nach fünf Jahren türkischer Haft am 17. Juni 1993 die Flucht
gelungen, so daß er nach einer zweijährigen Zeit im Untergrund nach Holland
floh, wo er ein Jahr später als politisch Verfolgter anerkannt wurde. Seine
vielfältigen exil-politischen Aktivitäten, die ihn bei einer eventuellen Auslieferung
zusätzlich vorgeworfen werden könnten, werden vom Oberlandesgericht Dresden
als Tätigkeiten "niedrigen
Profils" eingestuft. Der Verfolgte dürfe auch darauf vertrauen, daß sein
Fall in der Öffentlichkeit weiter beobachtet werde. Da über ihn in der
Lokalpresse berichtet worden sei, sein Anwalt mit amnesty international
zusammenarbeite und er in der Türkei von Anwälten des Türkischen
Menschenrechtsvereines verteidigt wurde, sei anzunehmen, daß sich die
türkischen Behörden an ihre Zusicherungen halten würden. Dieser
"Prognose" stehe auch nicht die Anerkennung als Flüchtling in
Holland entgegen. Am
18. Dezember 2002, nach acht (!) Monaten Auslieferungshaft in Dresden, lehnt
Deutschland die Auslieferung ab, und Lütfi Şahan kann zu seiner Familie nach
Holland zurückkehren. Asyl-Nachrichten Nr. 122 April 2003 19. April 02 Bundesland Thüringen. Am Bahnhof
in Nordhausen wird ein Flüchtling aus Kamerun von drei jugendlichen Deutschen
zunächst rassistisch beschimpft und dann tätlich angegriffen. Er
erleidet Prellungen, die ärztlich behandelt werden müssen. JWB 30.4.02; ABAD Thüringen 20. April 02 Nach fast 13 Monaten
Abschiebehaft in Berlin-Köpenick wird der nigerianische Flüchtling K. im
Rahmen einer Amtshilfe in die JVA Volkstedt nach Sachsen-Anhalt
transportiert. Ein Magdeburger Richter verlängert die Abschiebehaft noch
einmal um weitere drei Monate. Die
JVA Volkstedt ist eine übliche Haftanstalt, in der Straftäter untergebracht
sind. Entsprechend gelten die rigiden Haftbedingungen hier auch für die
Abschiebegefangenen: K. ist rund um die Uhr in einer Einzelzelle
eingeschlossen, der Kontakt zu Verwandten und UnterstützerInnen ist auf
Briefe beschränkt, nur zweimal in der Woche darf er für maximal zehn Minuten
telefonieren. Nach
16 Monaten in Abschiebehaft wird K. schließlich Anfang August 2002 entlassen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 25. April 02 Um 6.30 Uhr erscheinen Berliner
Polizisten bei der iranischen Flüchtlingsfamilie Derakhshan Bafghi. Die
Beamten laufen durch die Wohnung, reißen den Schrank auf, werfen ein paar
Kleidungsstücke in einen Koffer und nehmen schließlich Frau Derakhshan und
ihren 6-jährigen Sohn Ali mit. Über Tegel werden die beiden – entsprechend
dem Dublin-II-Abkommen – nach Athen
ausgeflogen. Der Vater des Jungen, Fared Derakhshan Bafghi, bleibt zurück –
damit ist die Familie getrennt. Mutter
und Sohn hatten gerade einmal sechs Monate mit dem Vater in Berlin leben
können. Dieser
war 1999 aufgrund politischer Verfolgung aus dem Iran geflüchtet – gegen ihn
war die Todesstrafe verhängt worden. Der Asylantrag, den er in der
Bundesrepublik stellte, wurde zunächst abgelehnt. Im Jahre 2001 gelang es
auch Frau Derakhshan, mit ihrem Sohn, den Iran zu verlassen und nach
Griechenland zu kommen. Von hier aus reisten sie im Oktober inoffiziell
weiter in die Bundesrepublik. Die
Abschiebung nach Griechenland hat den Jungen dermaßen traumatisiert, daß er
therapeutisch behandelt werden muß. Er geht dann zur Schule und lernt die
Sprache. Am
1. September 07 reisen Mutter und Sohn wieder nach Berlin – diesmal erhält
Ali, so wie der Vater, eine Duldung. Die Mutter muß wieder zurück nach
Griechenland. Ali besucht in Berlin die Europa-Schule Athene und ein Jahr
später die Europa-Schule am Heinrich-von-Kleist-Gymnasium im Bezirk
Tiergarten. Seine Duldung wird immer kürzer befristet, und als im Februar
2010 für den jetzt 14-jährigen Schüler erneut die Abschiebung nach Athen
ansteht, muß er monatlich zur Ausländerbehörde, um die Duldung zu verlängern. Durch
die besondere Initiative von MitschülerInnen, LehrerInnen und sonstigen
UnterstützerInnen gelingt es, durch Öffentlichkeitsarbeit und Appelle an
Innensenator Körting und die Härtefallkommission, weitere Verlängerungen des
Aufenthaltes zu erreichen. Das Verfahren des Jugendlichen ist jetzt an das
des Vaters gebunden, das auch noch nicht entschieden ist. Am
17. November 11 erhält Farid Derakhshan eine dauerhafte
Aufenthaltsgenehmigung. Damit erhalten Ali und seine Mutter das Recht, mit
dem Vater zusammenzuleben. TS 22.2.10; taz 23.2.10; BeZ 25.2.10; BeZ 26.2.10; TS 26.2.10; BM 24.9.10; BM 9.11.11 26. April 02 Entgegen der Zusage des Berliner
Innensenators Körting wird der tschetschenische Flüchtling Amet Budew nach
Rußland abgeschoben. Unmittelbar nach der Ankunft in Moskau wird der 26 Jahre
alte Sportlehrer von Beamten des Inlandsgeheimdienstes (FSB)
zusammengeschlagen. Dann zwingen sie ihn, nach Inguschetien zu fliegen. Hier
erwarten ihn auf dem Flughafen erneut Beamte des FSB. Sie zerreißen seinen
Paß und bringen ihn an einen Ort, wo er einen Tag lang geschlagen und verhört
wird. Sie fragen ihn nach seinen Brüdern und seinem Onkel. Mit
einem Sack über dem Kopf kommt er an einen anderen Ort, wo er sechs Tage lang
gefoltert wird. Er muß mehrere Tage lang in einem engen, unter Wasser
stehenden Erdloch verbringen. Bei Verhören wird ihm eine Kapuze übergezogen.
Seine Folterer werfen ihm auch Decken über den Körper und schlagen ihn dann
mit Gewehrkolben. Erst
nachdem seine Familie Bestechungsgelder bezahlt hat, wird er freigelassen.
Seine Angehörigen bringen ihn in ein Krankenhaus in Nasran, in dem seine
Verletzungen versorgt werden. Da
er sich weiterhin bedroht und verfolgt fühlt, taucht er unter und versucht
wieder nach Berlin zu kommen. Er muß sich mehrere Monate in Polen aufhalten –
und stellt hier im März 2003 einen Asylantrag. Dann gelingt ihm die
Weiterreise in die BRD, wo er einen Asylfolgeantrag stellt. Im
Sommer 2003 erfolgt seine Verhaftung in Berlin und im August die Abschiebung
in das "sichere Drittland" Polen. Von
hier aus wird er – trotz der Interventionsversuche von amnesty international
– am 28. September nach Weißrußland abgeschoben. Hier taucht er unter. Amet
Budew gelingt es nach Rußland einzureisen, und er erreicht im Oktober 2003
seine Familie in Inguschetien. taz 2.10.03; ai März 2004; ai Asyl – Länderbericht 31.3.04 27. April 02 Bundesland Sachsen. Während der
Zittauer Musiknacht wird ein 29 Jahre alter angolanischer Flüchtling, der mit
seiner deutschen Freundin unterwegs ist, von etwa neun Nazis attakkiert. Die
Angreifer werfen einen metallenen Fahrradständer in ihre Richtung, der sie
nur durch Zufall verfehlt. Offensichtlich aufgrund des entschlossenen
Verhaltens der Freundin des Angolaners ziehen die Nazis weiter. Das
Amtsgericht Zittau spricht die angeklagten Rechtsradikalen am 3. Dezember
2002 vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung frei. (siehe auch: 22. Juni
02) AMAL Görlitz 29. April 02 Halle in Sachsen-Anhalt. Ein Flüchtling
aus Benin wird in der Straßenbahn von einer Gruppe rechtsextremer Deutscher
beschimpft und mit Bierflaschen beworfen. Er kommt unverletzt davon. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt April 02 Auf die Kleine Anfrage der
GAL-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wird ein Suizidversuch in der JVA
Fuhlsbüttel, in Hamburger Abschiebehaft, bekanntgegeben. Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188 Frühjahr 02 Niedersachsen. Die ca. 40 Jahre
alte D. Mahmadova aus Aserbaidschan versucht sich umzubringen. Sie schneidet
sich in der Ausländerbehörde Diepholz die Pulsadern auf. Die
abgelehnte Asylbewerberin, die mit ihrem Sohn in einem Flüchtlingsheim in der
Gemeinde Wagenfeld wohnt, ist seit langem ausreisepflichtig. Rahmi Tuncer – Migrationssozialarbeiter 8. Mai 02 Der abgelehnte Asylbewerber
Muhsin Sit wird zusammen mit seiner Frau am Morgen von Mitarbeitern der
Ausländerbehörde Detmold und der Zentralen Ausländerbehörde aus der
Flüchtlingsunterkunft abgeholt und nach Münster gefahren. Im Rahmen der
Vorbereitung der "Vollstreckung der Rückführung" (Original-Ton
Ausländerbehörde) erfolgt eine Vorführung des Ehepaares beim türkischen
Generalkonsulat. Herr Sit ist in einem geistig und körperlich sehr schlechten
Zu- stand. Zu einer Unterschrift im
Konsulat ist er nicht mehr in 65der Lage. Trotzdem werden Paß-Ersatzpapiere
für die gesamte Familie ausgestellt. Die Beamten bringen das Ehepaar
anschließend zum Bielefelder Bahnhof und weisen es an, mit einem
Fahr-Gutschein nach Detmold zurückzufahren. Weil es Herrn Sit zusehends
schlechter geht, bitten sie eine Bekannte, sie dort abzuholen. Als
die Frau in Bielefeld eintrifft, sitzt Herr Sit fast ohne Bewußtsein auf
einem Pflanzenkübel. Sie fährt das Ehepaar Sit direkt zum Detmolder Klinikum,
wo sie um 18 Uhr eintreffen. Hier stellt sich heraus, daß Herr Sit am Morgen
gegen neun Uhr eine übermäßige Anzahl von Tabletten unterschiedlicher
Medikamente zu sich genommen hatte. Er kommt jetzt direkt zur Überwachung
seines Zustandes auf die Intensiv-Station und kann stabilisiert werden. Am
14. Mai erfolgt seine Verlegung in die Westfälische Klinik für Psychiatrie. Der
zehnfache Familienvater Muhsin Sit war in der Türkei als PKK-Sympathisant
verfolgt und mehrfach schwer gefoltert worden. Seither leidet er unter einer
Posttraumatischen Belastungsstörung mit Suizidgefährdung. Diese wurde
mehrfach fachärztlich attestiert und war auch den Behörden hinlänglich
bekannt. Erst
im Dezember 2003 entscheidet das Oberverwaltungsgericht Münster, daß Herrn Sit
und seiner Familie politisches Asyl zuerkannt wird. IBZ 11.2.03; IBZ 29.4.03; Lippische Landes-Ztg 12.12.03 10. Mai 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick morgens um 6.10 Uhr. Der 26-jährige Abschiebegefangene B. aus
Sierra Leone fertigt aus Bettlaken eine Schlinge an und ver-sucht, sich damit
an der Querverbindung einer Toilettentür zu erhängen. Ein Polizeiangestellter
bemerkt dies gerade noch rechtzeitig und unterbindet den Erstickungstod,
indem er B. hochhält. Aufgrund
seiner Mitgliedschaft in der Revolutionary United Front (R.U.F.) mußte er aus
Sierra Leone fliehen. Im Frühjahr 2002 war B. per Schiff aus Guinea in
Hamburg angekommen. Während
eines Krankenhausaufenthaltes wurde er am 8. März aus dem Krankenhaus
heraus von der Polizei verhaftet und in Abschiebehaft genommen. Der
Asylantrag wird abgelehnt. Die Haft wird mehrere Male verlängert. Gründe:
"unerlaubte Einreise" und die daraus folgende Ausreisepflicht, eine
fehlende Meldeadresse und sein fehlender Paß. "Der Betroffene hat die
Haft und ihre Fortdauer durch seine Paßlosigkeit selbst zu vertreten."
Auch der Selbsttötungsversuch sei nicht "verhandlungsrelevant". Im
September wird B. nach fast sechs Monaten Gefangenschaft entlassen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 11. Mai 02 Biebertal im Bundesland Hessen.
Aus Angst vor der Abschiebung versucht der Kurde Suayip N., sich mit einer
Überdosis von Medikamenten das Leben zu nehmen. Bewußtlos wird Suayip N. ins
Krankenhaus gebracht. Kaum ist er in der Lage, seine Umwelt wieder wahrzunehmen,
erscheinen uniformierte Polizeibeamte an seinem Krankenbett. Der
Asylantrag des Flüchtlings aus der Türkei war schon im Jahre 1998 vom
Verwaltungsgericht Gießen negativ entschieden worden. Zahlreiche
psychiatrisch-psychologische Gutachten der letzten Jahre hatten die akute
Suizidgefahr des Herrn N. als Folge für erlittene traumatische Erlebnisse in
der Türkei bestätigt. Trotzdem verschickte die Ausländerbehörde weiterhin
Ausreiseaufforderungen und erteilte nur monatliche Duldungen. Pro Asyl 17.5.02 13. Mai 02 Auf einer brandenburgischen
Bundesstraße in Richtung Schönefeld überfährt ein Auto mehrere rote Ampeln,
schleudert und überschlägt sich. Vier Erwachsene und ein Kind werden dabei
verletzt. Alle
Verletzten, vier unverletzte und der Fahrer werden festgenommen, weil es sich
bei den Insassen des Wagens offensichtlich um Menschen handelt, die ohne
Papiere die Grenze überschritten haben. BeZ 15.5.02 13. Mai 02 In der Nähe des deutsch-polnischen
Grenzüberganges Podrosche in Sachsen am Grenzstein 233/234 wird eine ca. 30
Jahre alte tote Person aus der Neiße geborgen. Sie kann nicht näher
identifiziert werden. Polizei Görlitz 14. Mai 02 Halberstadt in Sachsen-Anhalt.
Eine Asylbewerberin aus Sierra Leone wird in der Straßenbahn von einer
Kontrolleurin nach ihrem Ticket gefragt. Die Afrikanerin ist erst kurz in
Deutschland und versteht nicht, worum es geht. Die Polizei wird gerufen, und
zwei Beamte schaffen die Frau mit Gewalt und Schlägen ins Dienstfahrzeug. Auf
dem Revier machen die männlichen Beamten ihr deutlich, daß sie sich ausziehen
soll. Als die Frau dies aus religiösen und kulturellen Gründen verweigert,
werden die Polizisten handgreiflich und ziehen sie mit Gewalt nackt aus. Sie
schubsen sie schließlich, bringen sie zu Boden und schlagen auf sie ein. Die
Frau erstattet Anzeige wegen Körperverletzung, die sie dann aus Angst vor
Nachteilen in ihrem Asylverfahren und wegen ihrer schweren chronischen
Krankheit nicht weiter verfolgt. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 17. Mai 02 Brandstiftung in einer
Flüchtlingsunterkunft in der Freiburger Bissierstraße. Als morgens um 3 Uhr
das Feuer entdeckt wird, ist der einzige Ausgang durch das Feuer blockiert.
Die circa 30 von Feuer Bedrohten können sich nur über die Fenster retten. 14
von ihnen erleiden Rauchvergiftungen, zwei Bewohner verletzen sich beim
Sprung aus dem ersten Stock schwer. Bei den Löscharbeiten werden auch zwei
Feuerwehrleute verletzt. Der
Brand war in einem im Treppenhaus abgestellten Kinderwagen gelegt – nur
sieben Meter vom Eingang entfernt wird ein aufgemaltes Hakenkreuz entdeckt. In
der gesamten Unterkunft leben ca. 200 Menschen aus 20 Nationen. Seit Jahren
versuchen die BewohnerInnen, auf ihre skandalösen Lebensbedingungen
aufmerksam zu machen. Vor allem gegen die mangelnde Krankenversorgung, die
nicht behindertengerechten Anlagen, die häufigen Polizei-Razzien haben sie
sich bisher nicht wehren können. Auch nach diesem Brandanschlag verlangen sie
erneut eine Zuweisung in kleinere – dezentrale – Unterkünfte. Um ihre
Forderungen zu untermauern und aus Angst vor neuen Angriffen übernachten
jetzt viele von ihnen draußen. SAGA 17.5.02; taz 18.5.02; FR 18.5.02; jW 23.5.02; FR 23.5.02; taz 23.5.02; JWB 29.5.02 18. Mai 02 Abschiebegefängnis auf dem
Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in
Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten
Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 26 Jahre alter Gefangener für
insgesamt sieben Stunden und 10 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem
zunächst an Händen und Füßen – nach der Hälfte der Zeit nur noch an den Füßen
fixiert. Antwort der Landesregierung auf eine
Kleine Anfrage der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 21. Mai 02 Biesenthal im Barnim in
Brandenburg. Es ist der Tag nach dem alljährlich hier stattfindenden
Harley-Davidson-Treffen. Vier vietnamesische Flüchtlinge sammeln auf dem
Gelände Pfandflaschen ein. Ein rotes Auto fährt langsam auf sie zu, ein Mann
beugt sich aus dem Fenster und ruft sie zu sich heran. Als er aussteigt,
bemerken die Vietnamesen, daß er ein Gipsbein hat. Er verlangt den Inhalt der
Tüten zu sehen, und als er die Pfandflaschen sieht, beginnt er zu schreien
und schlägt mit den Krücken nach den Männern. Diese flüchten in verschiedene
Richtungen. Einer von ihnen, der 19-jährige Van Lan N., nimmt den kürzesten
Weg zum nahegelegenen Flüchtlingsheim. Als er bemerkt, daß er jetzt von einem
schnell laufenden Mann mit Hund verfolgt wird, beginnt er erneut zu laufen.
Er schlägt Haken und läuft – bis er entkräftet zusammenbricht. Zwei Deutsche
schlagen jetzt auf ihn ein und zwingen ihn, wie ein Hund zu kriechen. Andere
hinzukommende Männer lachen und schreien. Einer tritt Van Lan N. gegen den
Hals, andere springen ihm auf den Rücken. Der Mann mit dem Gipsbein zieht N.
am Kragen hoch und spuckt ihm ins Gesicht. Die Männer ziehen ein Messer und
drohen N., die Genitalien abzuschneiden. Sie reißen seinen Kopf zurück und
übergießen ihn mit Alkohol. N. sinkt auf die Knie und bittet um sein Leben.
Er glaubt, jetzt sterben zu müssen, und ruft die Namen seiner Mutter und
seines Vater – dann verliert er das Bewußtsein. Als
N. wieder zu sich kommt, ist er alleine und schleppt sich zum Wohnheim. Er
informiert den Wachmann, der sofort die Polizei benachrichtigt. Van Lan N.
muß seine Verletzungen im Krankenhaus behandeln lassen. Vier
Wochen später berichtet er MitarbeiterInnen der Opferperspektive, daß er
unter Kopfschmerzen und Herzflattern leide. Er könne nicht schlafen, esse
wenig, sei seit dem Überfall inkontinent. Erst mit Hilfe der Opferspektive
gelingt es, daß Van Lan N. sich in eine psychotherapeutische Behandlung
begeben kann. Die Psychologin diagnostiziert eine Posttraumatische
Belastungsstörung. Im
Oktober stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, weil die Täter
nicht zu finden sind. Da die Rechtsanwältin allerdings zahlreiche Hinweise
auf nicht gehörte ZeugInnen und Täter in den Akten findet, legt sie Einspruch
gegen diese Entscheidung ein. Im Dezember werden die Ermittlungen durch die
Staatsanwaltschaft wieder aufgenommen. Im
September 2007 stimmt die Härtefallkommission für ein Bleiberecht des
Flüchtlings Van Lan N. Durch die Zustimmung des Innenministers Jörg Schönbohm
(CDU) bekommt erstmalig im Bundesland Brandenburg ein Opfer rassistischer
Gewalt ein Bleiberecht aus humanitären Gründen. Opferperspektive Jahrbuch 2002; BeZ 23.5.02; FR 23.5.02; BM 23.5.02; JWB 29.5.02; Opferperspektive 20.9.07; BM 21.9.07 24. Mai 02 Rathenow in Brandenburg. Als
ein junger vietnamesischer Asylbewerber abends gegen 18 Uhr in der
Gustav-Freytag-Straße einen Polizeiwagen sieht, läuft er in Panik weg. Die
Polizisten verfolgen ihn und sehen, wie er sich am Ufer eines Nebenarms der
Havel halb entkleidet und dann in Richtung des gegenüberliegenden Ufers
schwimmt. In der Mitte des Flusses geht er unter. Einer
der Polizisten springt daraufhin auch in den Fluß, um den Ertrinkenden zu retten.
Dies gelingt ihm nicht. Erfolglos bleiben auch die Rettungsversuche von
Feuerwehr und Tauchern. Erst gegen 20 Uhr wird der Vietnamese leblos aus der
Havel geborgen. Beim
Absuchen des Fluchtweges findet die Polizei zwei Stangen unverzollte
Zigaretten und schließt daraus, daß es sich bei dem Toten um einen
"vietnamesischen Zigarettenhändler" gehandelt hat. BK 26.5.02; BeZ 27.5.02; BeZ 28.5.02; BM 28.5.02; MAZ 28.5.02 25. Mai 02 Auf dem südlichen Vorplatz des Potsdamer
Hauptbahnhofes verteilt der 23-jährige togoische Flüchtling Kodjovi
Agbelessessy Flugblätter für ein Afrika-Festival. Plötzlich wird er von einem
älteren Fahrradfahrer ohne Vorwarnung ins Gesicht geboxt. Dann rümpft der
Täter die Nase und deutet pantomimisch an, wie er den Afrikaner zu Boden
wirft und ihn wie ein Insekt zertritt. Er beleidigt sein Opfer unter anderem
mit der Äußerung "Affe, Du bist Dreck für mich" und
"Arschloch". Da
Herr Agbelessessy mit zwei Freunden unterwegs ist, gelingt es ihnen, den
Täter festzuhalten und ihn dem Wachschutz und der Polizei zu übergeben. Jetzt
zeigt der Mann den sogenannten Hitlergruß. Kodjovi
Agbelessessy muß seine blutende Nase und seine Prellungen an Kopf und
Handgelenk im Krankenhaus behandeln lassen. (siehe auch: 20. Februar 02) Der
Mann wird vom Amtsgericht Potsdam wegen Körperverletzung in Tateinheit mit
Beleidigung sowie öffentlichen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Gesamtstrafe von 80
Tagessätzen verurteilt. MAZ 28.5.02; Opferperspektive 26.7.02 VS-Bericht Brbg 2002 25. Mai 02 Schwandorf in Bayern. Der 26
Jahre alte irakische Kurde Salim M. übergießt sich im Landratsamt mit
Dieseltreibstoff, nimmt das Feuerzeug in die Hand und droht, sich anzuzünden.
Er wird von Polizeibeamten überwältigt und in Haft genommen. Während
der im November stattfindenden Gerichtsverhandlung in Amberg werden
Hintergründe der Verzweiflungstat sichtbar. Salim M. sei, laut
Sachverständigengutachten, "am Ende seiner psychischen und physischen
Kräfte" gewesen. Sein Asylantrag war abgelehnt worden, und er hatte
vergeblich und zum wiederholten Male versucht, im Landratsamt eine
Arbeitserlaubnis zu erhalten. Obwohl
auch der Staatsanwalt von einer "psychischen Ausnahmelage" spricht,
beantragt er für Salim M.s "Verbrechen in klassischem Sinn"
(versuchte schwere Brandstiftung) eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Da M.
allerdings bereits sechs Monate in Untersuchungshaft sitzt, wird er zur
Bewährung entlassen. Kommentar des dem Schöffengericht
Vorsitzenden Richters Karl Plößl: "Seien Sie ein ordentliches Mitglied
unserer Gesellschaft .... so lange Sie in unserem Land sind". Der Neue Tag 21.11.02 26. Mai 02 Brandstiftung im Flüchtlingsheim
"Wiesenmühle" der hessischen Ortschaft Reichelsheim im Odenwald.
Morgens um 4.30 Uhr bricht an zwei Stellen gleichzeitig Feuer aus: in einer
leerstehenden Wohnung und in einer neben dem Wohnhaus stehenden Scheune. In dem Wohnhaus befinden sich 22
Menschen, von denen sechs wegen Rauchvergiftung ins Krankenhaus kommen.
Obwohl es den Feuerwehren von Reichelsheim, Beerfurth, Brensbach und Nieder
Kainsbach gelingt, die Gebäude vor dem Niederbrand zu retten, bleibt ein
Sachschaden von 500 000 Euro. Noch
in den Morgenstunden werden die jetzt obdachlosen Flüchtlinge aus dem Irak,
der Türkei und Somalia von den DorfbewohnerInnen durch viele Hilfsleistungen
wie Betreuung, Kleidung, Betten und Matratzen unterstützt. Sie werden dann
vorerst im Sportlerheim Berfurth untergebracht. Polizeipräsidium Südhessen 26.5.02; FR 27.5.02; taz 27.5.02; JWB 5.6.02 31. Mai 02 JVA Büren – Abschiebegefängnis.
Der kurdische Flüchtling Ates Yusuf beendet einen 44-tägigen Hungerstreik,
weil er an seine körperlichen Grenzen gekommen ist. Er hat 18 kg
Körpergewicht verloren, wiegt jetzt noch 53 kg. Er spuckt Blut, hat
Gleichgewichtsstörungen, starke Kopf-, Augen- und Rückenschmerzen, muß beim
Gehen gestützt werden. Mit
dem Hungerstreik wollte er auf Mißhandlungen durch die belgische Polizei und
Justiz aufmerksam machen, die er vor der Überführung nach Deutschland erfuhr.
Bereits
im Jahr 1988 war er nach der Ablehnung seines Asylantrages aus der BRD
ausgewiesen worden und in die Türkei zurückgekehrt. Ein Jahr später mußte er
das Land wieder verlassen, stellte in der BRD einen Asylfolgeantrag. Auch
dieser wurde innerhalb kurzer Zeit abgelehnt, so daß Ates Yusuf wieder über
die Grenze ging, dann allerdings von belgischen Wasserschutz-Zollbeamten
festgenommen wurde. In Belgien begann eine jahrelange Odyssee zwischen
verschiedenen Ämtern, Rechtsanwälten und Gerichtsverfahren, bis Ates Yusuf
schließlich von der Polizei festgenommen wurde. Nach
Monaten Gefangenschaft begann er aus Protest gegen die Haft den Hungerstreik
am 18. April. Am 2. Mai wird er von 10 Beamten aus dem Schlaf geholt und so
wie er ist, in seiner Schlafkleidung, an Händen und Füßen gefesselt. Er wird
in einen Wagen geschleift, und als er schreit, bekommt er einen Faustschlag,
der ihm – nach seiner Einschätzung – für zwei Stunden das Bewußtsein nimmt.
Mit einem Sack über dem Kopf wird er in Begleitung von sieben belgischen
Beamten in die BRD gebracht und hier deutschen Polizisten übergeben. Diese
bringen ihn zu einem Arzt, der seine Wunden medizinisch versorgt. Dann wird
er in die JVA Büren gebracht – ihn erwartet hier die Abschiebung in die
Türkei. Hilfe
für Menschen in Abschiebehaft Büren 1.6.02 1. Juni 02 Auf dem Bahnhof im thüringischen Nordhausen wird ein
34-jähriger Flüchtling aus Kongo abends von drei jungen rechtsradikalen
Männern rassistisch beschimpft. Der Bedrohte ruft über sein Handy die
Polizei. Jetzt traktieren die Rechten ihn mit Schlägen gegen den Kopf. Im
Krankenhaus wird bei dem Kongolesen eine Schädelprellung diagnostiziert. ABAD Thüringen 2. Juni 02 Brandstiftung in der
Flüchtlingsunterkunft in Nürnberg-Schweinau in der Kunigundenstraße.
Unbekannte haben Kartonagen im Keller angesteckt, so daß sich dicker Qualm im
Haus ausbreitet. Die 59 BewohnerInnen können sich ins Freie retten. Neun
Menschen erleiden eine Rauchvergiftung, vier von ihnen müssen im Krankenhaus
behandelt werden. taz 3.6.02; NN 4.6.03 3. Juni 02 Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Ein
kongolesischer Flüchtling wird in einer Straßenbahn von einem Deutschen
rassistisch beleidigt. Als er ausgestiegen ist, greifen ihn zwei Männer
tätlich an und bedrohen ihn mit einem Messer. Er kommt mit leichten
Verletzungen davon. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 4. Juni 02 Ausländerbehörde im sächsischen
Senftenberg. Als dem 21 Jahre alten kurdischen
Flüchtling Veysal O. aus Bahnsdorf die Erlaubnis für eine Fahrt nach Hamburg
verweigert wird (Residenzpflicht), läuft er auf den Hof der Behörde,
übergießt sich mit Benzin und droht, sich anzuzünden. Nachdem es einem
Mitarbeiter der Behörde gelingt, ihn zu beruhigen und von der
Selbstverbrennung abzubringen, läuft der Kurde davon und springt in einen
nahe gelegenen Schloßteich. Die
herbeigerufene Polizei bringt den Flüchtling in die Psychiatrie. Die
Staatsanwaltschaft Cottbus leitet ein Ermittlungsverfahren gegen den Kurden
ein wegen "unerlaubte(r) Einflussnahme auf die Entscheidung einer
Behörde", da er mit diesem Tötungsversuch "die Genehmigung für eine
Fahrt nach Hamburg erpressen" wollte. BeZ 6.6.02; LR 6.6.02; JWB 19.6.02 5. Juni 02 Herborn in Hessen. Polizeibeamte
betreten die Klassenräume der Klasse 8a der Comenius-Realschule und führen
den 16-jährigen Fabrice Malinga Modjulua ab. Er soll, zusammen mit seinen
Eltern und drei Geschwistern, in die Demokratische Republik Kongo abgeschoben
werden. An der Wohnung der Eltern erscheinen die Beamten mit Diensthunden. Ein
Petitionsverfahren beim Hessischen Landtag kann die Abschiebung vorerst
verzögern. Der Vater der Familie bleibt allerdings in Abschiebehaft. FRat Hessen 14.6.02 6. Juni 02 Gera in Thüringen. Morgens um 3 Uhr klopft es bei der kurdischen
Flüchtlingsfamilie O. an die Wohnungstür, und kurz darauf wird die Tür
gewaltsam geöffnet. Eine Gruppe von Polizisten dringt in die Wohnung ein,
reißt die Eltern, ihre vier Kinder und zwei Gäste aus den Betten und gibt
ihnen fünf Minuten Zeit, die Sachen zu packen. Die Abschiebung sei für 11.30
Uhr vorgesehen. Familie O. wird in ein Polizeiauto
verfrachtet und in das Gefängnis gebracht. Außer den Eltern sitzen nun eine
neunjährige Tochter und die 10-, 12- und 15-jährigen Söhne im Gefängnis und
warten auf die Abschiebung. Am
Flughafen Tegel verlangt Herr O., daß ihm die Ausweisungsverfügung und die
Abschiebepapiere vorgelegt werden, ansonsten würde die Familie der
Abschiebung nicht Folge leisten. Daraufhin wird die Abschiebung abgebrochen,
und die Familie kommt zurück nach Gera. Frau O. und die kleineren Kinder
werden in einem Flüchtlingsheim untergebracht; der 15-jährige Mehmet und sein
Vater kommen in der JVA Untermansfeld in Abschiebehaft. Hier sitzen sie sechs
Wochen lang mit rechtsradikalen Straftätern zusammen auf einem Korridor.
Diese beschimpfen die beiden Kurden als "Kanaken", Essensreste
werden in ihre Zellen geworfen, und beim Hofgang werden die beiden mit Wasser
beschüttet und anderen Demütigungen ausgesetzt. Am
23. Juli werden die beiden nach einem zweitägigen Aufenthalt im Gefängnis
Suhl wieder zum Berliner Flughafen gebracht und ausgeflogen. Die Festnahme
durch türkische Polizei erfolgt gleich nach der Ankunft in Istanbul. Nach
zweitägiger Schikane wird Mehmet O. wegen fehlender Nachweise seiner
türkischen Staatsbürgerschaft nach Berlin zurückgeschickt. Herr O. muß
bleiben. Aber
auch jetzt kommt der Jugendliche nicht frei – er kommt zuerst in das Berliner
Abschiebegefängnis in Köpenick und später wieder zurück in das Geraer
Gefängnis. Hier
wird festgestellt, daß ein Antrag zur Erteilung der türkischen
Staatsangehörigkeit von beiden Elternteilen unterschrieben werden muß. Da die
Mutter von Mehmet mit den drei kleinen Geschwistern inzwischen untergetaucht
ist und sein Vater in die Türkei abgeschoben wurde, sind diese Unterschriften
nicht zu bekommen. Die Ausländerbehörde hebt deshalb Ende August den
Haftantrag auf, und Mehmet O. kommt nach fast drei Monaten in Gefangenschaft
frei. ABAD Thüringen; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 6. Juni 02 Cottbus in Brandenburg. Abends
gegen 21.30 Uhr werden am Stadtrand drei Frauen aus Kamerun von zwei Männern
und einer Frau zunächst verfolgt und dann geschubst, so daß eine der
Angegriffenen hinfällt. Nun treten die Rassisten mit Füßen auf sie ein und
rufen dabei "Neger, was machst Du in Deutschland." Den
beiden Begleiterinnen gelingt die Flucht, und sie telefonieren mehrmals nach
der Polizei, die 45 Minuten später eintrifft. Auch der Wachschutz des
Flüchtlingsheimes, in dem die Frauen wohnen, verweigert jegliche Hilfe. Die
mißhandelte Frau muß ihre Verletzungen stationär im Krankenhaus behandeln
lassen. AfOrG; antifaschulnetz – juni 02 6. Juni 02 Abschiebegefängnis auf dem
Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in
Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem
sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 23 Jahre alter
Gefangener für eine Stunde und 15 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem
"komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Gefangenen ist damit
maximal eingeschränkt. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 6. Juni 02 Abschiebegefängnis
Köpenick in Berlin. Der 28 Jahre alte Herr S. aus Rußland versucht, sich im
Waschraum aufzuhän-gen, was hinzukommende Mitgefangene verhindern können.
Nach einem kurzen Aufenthalt im DRK-Krankenhaus Köpenick und anschließender
Vorstellung beim polizeiärztlichen Psychiater in Spandau kommt er am gleichen
Tag ins Abschiebegefängnis zurück. Die nächsten vier Tage muß er hier in der
Isolierzelle verbringen, bevor er wieder auf Etage in eine Gemeinschaftszelle
verlegt wird. Zum
einen hatte Herr S. Angst vor einer Abschiebung, da er nach eigenen Angaben
aus der russischen Armee desertiert war. Zum anderen hatte man ihm beim
letzten Haftprüfungstermin 18 Monate Haft in Aussicht gestellt, sofern er bei
seiner Abschiebung nicht ausreichend mitwirke. Schließlich wird er im
November nach sechs Monaten Haftzeit entlassen. Jesuiten-Flüchtlingsdienst 9. Juni 02 Merseburg in
Sachsen-Anhalt. Der 23 Jahre alte Mohammad Khalil und der 19-jährige X. X.
verlassen um 1.30 Uhr eine Diskothek und gehen in Richtung Bahnhof. Schnell
bemerken sie, daß sie von einigen kahlgeschorenen deutschen Männern verfolgt
werden. Es sind dieselben Männer, die sie schon auf der Tanzfläche in der
Diskothek angerempelt und beleidigt hatten. Mit "Hallo Neger" und
ähnlichen Äußerungen beginnen die Deutschen ihre Provokationen. Als die
beiden Asylbewerber nicht reagieren, fangen die Deutschen an, auf sie
einzuschlagen. Die Flüchtlinge gehen zu Boden und werden – noch unten liegend
– mit Tritten traktiert. A.B. trifft ein Stiefeltritt ins Genick, so daß er mit
dem Gesicht auf das Pflaster schlägt; ihm läuft das Blut aus der Nase.
Mohammad Khalil wird durch Tritte schwer an der Schulter getroffen. Trotz der
Verletzungen gelingt es den beiden, sich hochzurappeln und sich zu wehren.
Überrascht über die Gegenwehr fliehen daraufhin die Angreifer. Aus
Angst vor weiteren Repressionen trauen sich die beiden Flüchtlinge nicht,
sich bei einem Arzt oder gar bei der Polizei zu melden. Bericht des Betroffenen 9. Juni 02 Berlin. In der Kreuzberger
Gaststätte "Wild at Heart" wird ein 30 Jahre alter Flüchtling aus
dem Kamerun zunächst von zwei Männern als "Nigger" beschimpft. Dann
hält der eine Mann den Flüchtling fest und der andere boxt und tritt auf ihn
ein. Mit
Gesichtsverletzungen kommt der Kameruner ins Krankenhaus. Hier wird unter
anderem eine Fraktur des Orbitalbodens festgestellt, die operativ behandelt
werden muß und einen stationären Krankenhausaufenthalt erforderlich macht. Die
Täter werden wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung
zu einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe und zu einem Jahr
Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. ReachOut Berlin 11. Juni 02 Der kurdische Flüchtling Ramazan
Cicek wird völlig überraschend auf der Hamburger Ausländerbehörde verhaftet
und in das Untersuchungsgefängnis gebracht. Als Ramazan Cicek sich hier bei
einem Schließer über den verschimmelten Mülleimer in seiner Zelle beschwert,
bezeichnet dieser den Kurden selbst als "Müll", geht weg und kommt
mit sechs Kollegen zurück. Sie zerren Ramazan Cicek aus der Zelle und werfen
ihn auf den Flurboden. Dann stellt sich jeweils ein Beamter auf seine
Kniekehlen, während ein anderer mit einem schwarzen Gummiknüppel auf seinen
Nacken und Rücken einschlägt. Nach der Prügelorgie der Wachbeamten wird
Ramazan Cicek in das Abschiebegefängnis Glasmoor gebracht. Die
Streifenwagenbesatzung und der Anstaltssanitäter bemerken die Verletzungen
und erstatten Anzeige. Eine dritte Anzeige wird von dem Rechtsanwalt
gestellt. Erst
drei Tage später, als die Flüchtlingsbeauftragte der Kirche, die Pastorin F.
Dethloff, Herrn Cicek aufsucht, kommt er ins Klinikum Nord, wo festgestellt
wird, daß sein Arm gebrochen ist. Die
Ehefrau von Herrn Cicek, Serife Cicek leidet seit langem unter einer
Posttraumatischen Belastungsstörung und latenter Suizidgefahr. Sie unternimmt
einen Selbsttötungsversuch, als sie erfährt, daß ihr Mann in Abschiebehaft
genommen wurde. Ihren Tod verhindert die Tochter durch ihr schnelles
Eingreifen. Das
Ermittlungsverfahren gegen die mißhandelnden Beamten von Ramazan Cicek wird
wegen "widersprüchlicher Aussagen" im Januar 2003 eingestellt. Nûçe Nr. 60 – 28.6.02; taz
27.6.02; taz 23.7.02; Polizeiübergriffe auf Ausländerinnen und Ausländer
2000-2003 14. Juni 02 Bundesland Sachsen-Anhalt. Ein
Flüchtling aus dem Irak wird in Köthen von drei Rechtsextremen angegriffen
und verletzt. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 18. Juni 02 Rathenow in Brandenburg. Zwei
Flüchtlinge aus Palästina, 31 und 32 Jahre alt, werden um 21.40
Uhr an der Kreuzung Friedrich-Ebert-Ring und Berliner Straße von Rassisten
aus einem Auto heraus rassistisch beschimpft. Dann versuchen die Angreifer,
einen der Flüchtlinge auf seinem Fahrrad umzufahren. Opferperspektive 21. Juni 02 Der gehbehinderte 20 Jahre alte
Ibrahim Y. aus Sierra Leone befindet sich in der Fußgängerzone im
brandenburgischen Hennigsdorf, als ein Fahrradfahrer direkt auf ihn zufährt
und versucht, ihn umzufahren. Ibrahim Y. weicht aus und fragt nach dem Grund
der Aggression. "Hier ist mein Vaterland! Verschwinde!" erhält er
als Antwort. Als der Angreifer ihn schlagen will, geht ein Polizist
dazwischen, so daß Ibrahim Y. seinen Weg zum Supermarkt fortsetzen kann. Als
er allerdings wieder herauskommt, taucht der Rassist wieder auf, schlägt ihm
mit der Faust direkt auf das rechte Auge, schlägt und schubst ihn weiter und
bedroht ihn schließlich mit einem Messer. Niemand der PassantInnen kommt dem
Angegriffenen zu Hilfe. Durch
eine List entkommt Ibrahim Y. und geht direkt zur Polizei, die den Täter noch
vor Ort festnehmen kann. Am
13. März 2003 verurteilt das Oranienburger Amtsgericht den schon
vorbestraften Schläger zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Opferperspektive; BeZ 1.8.02; BeZ 2.8.02; JWB 7.8.02; Opferperspektive 10.3.03; MAZ 14.3.03 21. Juni 02 Hoyerswerda in Sachsen. Auf
einem Jahrmarkt sucht sich eine Gruppe Rechtsradikale einen 23 Jahre alten
Kurden aus der Türkei aus und hetzt ihn über den Platz. Der Verfolgte
versteckt sich, wird gefunden, mehrfach geschlagen und niedergetreten. Nun
greifen Menschen vom Platz ein, und es entwickelt sich regelrecht eine
Schlägerei. Durch
den Tumult gelingt es dem Kurden jetzt endlich zu entkommen. An einer
Tankstelle bittet er darum, in ein Krankenhaus gefahren zu werden. Aufgrund
einer Gehirnerschütterung und schwerer Prellungen am ganzen Körper wird er
stationär aufgenommen. AMAL Görlitz 22. Juni 02 Am Bahnhof der sächsischen
Ortschaft Löbau werden zwei 29 und 31 Jahre alte Flüchtlinge aus Angola aus
einem Auto heraus rassistisch beleidigt. Dies ist bereits die zweite Attacke
gegen den 29-Jährigen in diesem Jahr. (siehe auch: 27. April 02) AMAL Görlitz 25. Juni 02 Berliner Bezirk Hellersdorf. In
der Teupitzer Straße werden um 22 Uhr drei Mosambikaner von mehreren deutschen
glatzköpfigen Männern mit rassistischen Parolen beschimpft und beleidigt:
"Was macht Ihr Neger hier?" "Geht doch zurück nach
Afrika" und anderes. Als die Afrikaner nicht reagieren und weitergehen,
fliegt ihnen eine Glasflasche vor die Füße, und sie werden von den Deutschen
umringt. Einem Mosambikaner wird eine volle Eineinhalb-Literflasche Wein von
hinten über den Kopf geschlagen. Der 33-jährige Asylbewerber wird
besinnungslos und geht zu Boden. Als er zu sich kommt, sind die Täter weg und
PassantInnen, unter ihnen eine Ärztin, kümmern sich um ihn und rufen einen
Krankenwagen. Auf
eigenen Wunsch verläßt der Verletzte das Krankenhaus noch am selben Tag. Als
er am nächsten Tag beim Landeskriminalamt zum Tathergang vernommen wird, wird
er erneut ohnmächtig und kommt wieder ins Krankenhaus. Am
12. November wird der Haupttäter, der sich zu dieser Zeit wegen anderer
Straftaten in Haft befindet, zu einer Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren
ohne Bewährung verurteilt. Der Prozeß gegen die einschlägig vorbestraften
Mittäter wird im Januar 2003 stattfinden. ReachOut Berlin; taz
27.6.02; BM 27.6.02; taz 28.6.02; afp 28.1.03; taz
7.2.03 26. Juni 02 Oberhausen in
Nordrhein-Westfalen. In der Nacht wird Mohammed Kamara, ein 24-jähriger
Flüchtling aus Sierra Leone, auf dem Bahnhof von zwei Polizeibeamten wegen
des Verdachtes auf Trunkenheit und ungebührlichen Verhaltens festgenommen.
Die Beamten legen ihm Handschellen auf dem Rücken an, und er kommt in die
polizeiliche Gewahrsamseinrichtung des Bahnhofs. Er protestiert noch gegen
seine Festnahme, als ein dritter Beamter ihm einen kräftigen Stoß versetzt.
Mohammed Kamara kommt zu Fall und spürt augenblicklich einen heftigen Schmerz
in seinem linken Fuß. Stark humpelnd wird er in eine Zelle gebracht. Da
der Schmerz immer stärker wird, klopft er mehrmals in der Nacht an die
Zellentür und macht auf seine Verletzung aufmerksam. Als erster Beamter
erscheint der oben erwähnte "dritte" Beamte, schlägt Kamara auf die
rechte Gesichtshälfte und macht ihm Vorhaltungen wegen Ruhestörung. Später
kommen andere Beamte, die ihn auch schlagen. Erst nach seiner Freilassung am frühen Morgen
rufen sie einen Krankenwagen und bringen ihn in das St.-Joseph-Hospital. Die
Ärzte diagnostizieren Frakturen des linken Wadenbeines und der inneren
Fußknöchel. Mit zwei Operationen wird die Verletzung mittels einer
Stahlplatte und mehreren Nägeln versorgt. Mohammed Kamara wird erst am 16.
Juli aus dem Krankenhaus entlassen. Ende
September erstattet der Rechtsanwalt von Mohammed Kamara Anzeige wegen
Körperverletzung im Amt. Im Januar 2003 stellt die Duisburger
Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zu den
Mißhandlungen ein, weil die Beamten bestritten hätten, den Häftling auf der
Wache geschlagen oder gestoßen zu haben. ai Januar 2004 27. Juni 02 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Der algerische Abschiebegefangene B., der noch gestern wegen starker
Schmerzen in seinem rechten Bein zur medizinischen Behandlung im
Haftkrankenhaus Spandau war, wird jetzt von einem Bewachungsbeamten zur
Besuchsstunde abgeholt. Als Herr B. den offenen Fahrstuhl betritt, reißt und
schubst der Beamte ihn wieder hinaus. Herr B. erklärt ihm, daß er ein krankes
Bein habe. Das sei ihm scheißegal, der Fahrstuhl sei nur für Deutsche
bestimmt, ist die Antwort des Beamten. Herr B. muß die 110 Treppenstufen zum
Besuchsraum zu Fuß zurück legen. Auf
dem Rückweg ist er in Begleitung eines anderen Beamten. Als dieser mit ihm in
den Fahrstuhl steigen will, erscheint der erste Beamte und sagt, daß er den
Gefangenen übernehmen wird. Auch jetzt muß Herr B. den Weg zu Fuß über das
Treppenhaus nehmen. Oben angekommen, steigt der Beamte in den Fahrstuhl, um
wieder hinunter zufahren. "Du Egoist!" ruft ihm B. zu, und auch die
anderen Gefangenen belegen den oft rassistischen und unhöflichen Beamten mit
Schimpfworten. Der
Beamte kehrt daraufhin auf den Flur zurück und erstattet Anzeige gegen Herrn
B. und einen anderen Gefangenen. Pfarrer D. Ziebarth 27. Juni 02 Abschiebegefängnis auf dem Gelände
der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten
Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 33 Jahre alter Gefangener
zunächst mit einem besonderen Gurtsystem "komplett" fixiert. Nach
vier Stunden und 40 Minuten werden die Fesseln an den Armen und am Bauch
entfernt – die Fußfesseln bleiben für die nächsten zwei weiteren Stunden. Die
Gesamtzeit der Fesselung beträgt damit sechs Stunden und 45 Minuten. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 28. Juni 02 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Refki C., Flüchtling aus dem Kosovo, wird um 2 Uhr nachts aus der
Zelle geholt und zum Flughafen gebracht. Nach seiner Ankunft im Kosovo
erzählt er seiner Frau, daß er in Berlin gezwungen worden war, Tabletten zu
schlucken, von denen ihm schwindlig geworden sei. Nach seiner Ankunft in
Prishtina habe er Stunden gebraucht zu realisieren, wo er war. Refki
C. ist durch die miterlebten Grausamkeiten des Krieges psychisch schwer
traumatisiert worden. Aber die fünf ärztlichen Atteste, die seine Erkrankung
beschreiben, haben ihn weder davor bewahrt, im April in Haft zu kommen, noch
hat er dadurch ein Bleiberecht erhalten. Auch
seiner ebenfalls schwer traumatisierten Frau Shkendije S. und den beiden
Kindern droht weiterhin die Abschiebung. BeZ 24.7.02 28. Juni 02 Gera in Thüringen. Der
Asylbewerberin Constance Etchu aus Kamerun wird die Erneuerung ihrer
Lebensmittel-Chipkarte und die Auszahlung der monatlichen Summe von 40 Euro
auf dem Sozialamt verweigert. Das Amt entzieht so der Frau die existentielle
Lebensgrundlage. Dies gilt als Strafmaßnahme, weil Frau Etchu sich zwei Tage
lang nicht im Flüchtlingsheim aufgehalten hatte. Constance
Etchu protestiert im Heim lautstark gegen diese Schikane, so daß der
Wachdienst die Polizei und den notärztlichen Dienst des Waldklinikums Gera
ruft. Die Beamten brechen die Zimmertür von Frau Etchu auf und holen sie
heraus. Krankenwagen-Sanitäter fesseln sie dann auf eine Trage und
transportieren sie in die Klinik. Die
zynische Diagnose eines Psychiaters: "Anpassungsstörung" der
Patientin. (siehe auch: 13. Februar 02 und
14. April 03) AG Asyl Weida 29. Juni 02 Eine mit einer brennbaren
Flüssigkeit gefüllte Bierflasche prallt gegen die Außenwand des
Flüchtlingsheimes im sächsischen Jöhstadt. Kurz danach entfernt sich ein
Auto. Der Brand kann frühzeitig gelöscht werden; niemand der 65 BewohnerInnen
wird verletzt. Im
April werden vier Angeklagte zu Jugendstrafen zwischen eineinhalb Jahren
sowie einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Einige der Täter hatten sich
bereits an einem Brandanschlag auf dieses Heim am 18. August 1999 beteiligt.
(siehe dort) Die
Strafen werden alle zur Bewährung ausgesetzt. Als Motiv geben die Täter eine
rechtsextremistische Gesinnung und Haß auf Ausländer an. JWB 17.7.02;LKA Sachsen 26.7.02; SäZ 27.7.02; taz 16.4.03; LR 17.4.03 30. Juni 02 Im sächsischen Chemnitz ziehen
nach einem für Deutschland verlorenen Fußballspiel bei der Weltmeisterschaft
randalierende Rechtsradikale durch die Straßen. Ein 25 Jahre alter Flüchtling
aus Nigeria wird von ihnen angegriffen, geschlagen und mit einem Messer im
Gesicht verletzt. Ein
anderer Flüchtling, ein 17 Jahre alter Iraker, wird von ihnen krankenhausreif
geprügelt. AMAL Wurzen Juni 02 Bundesland Niedersachsen. Die 59-jährige Kurdin H. B.
befindet sich in der Psychiatrischen Klinik in Langen-Debstedt bei
Bremerhaven. Nachdem sie zunächst versuchte, sich hier in der Klinik
aufzuhängen, schluckt sie eine größere Menge Tabletten. H.
B. war in der Türkei mehrmals und über mehrere Tage von der Polizei
festgenommen worden. Unter Mißhandlungen sollte sie die Aufenthaltsorte ihrer
Söhne nennen, von denen einige untergetaucht – andere ins Ausland geflohen
waren. Durch
die jahrelange Verfolgung durch die türkischen Behörden und durch den Zerfall
ihrer Familie wurde sie traumatisiert. Im Jahre 1997 gelang ihr mit ihrem
Sohn Metin die Flucht in die BRD. Ihre
Krankheit verschlimmerte sich mit der Abschiebung ihres 21 Jahre alten Sohnes
Metin, der ihre einzige Bezugsperson war. H. B. verlor den Halt und die
Lebensenergie. Bevor
sie in die Klinik Langen-Debstedt eingeliefert worden war, hatte sie mehrmals
versucht, sich mit Tabletten zu vergiften. Zwar ist Frau B. auch nach der
Entlassung aus der Psychiatrischen Klinik weiterhin in psychologischer
Behandlung, doch ihre eigene ständig drohende Abschiebung stellt ihre
seelische Genesung immer wieder in Frage. Im
April 2004 versucht der Landkreis Osterholz-Scharmbeck, mit der Feststellung
ihrer "Reisefähigkeit" die Abschiebung möglich zu machen. Die
Amtsärztin urteilt in ihrer Stellungnahme: "Konsequente Beaufsichtigung
ab Mitteilung der bevorstehenden Abschiebung und Fortsetzung der
medikamentösen Therapie kann die Reisefähigkeit herstellen. ...... Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich durch
dieses Vorgehen die Depression verschlimmert ..." Die
Ausländerbehörde zieht daraus den Schluß, daß die Frau "reisefähig"
sei und unter ärztlicher Begleitung abgeschoben werden könne. Hans-Eberhard Schultz – Rechtsanwalt; FRat NieSa 7.4.04; taz-Bemen 10.4.04 Anfang Juli 02 Der tschetschenische Flüchtling
Tamirlan Umarow wird aus München nach Moskau abgeschoben. MitarbeiterInnen
der Menschenrechtsorganisation Memorial, die sich mit ihm verabredet haben,
erwarten ihn auf dem Flughafen, doch er taucht nicht auf. Sie bekommen auch
keinen Kontakt zu ihm. jW 4.7.02 1. Juli 02 Merzig im Saarland. Obwohl sich
der 21-jährige Kurde Tahsin Özdemir in stationärer Behandlung in der
Psychiatrie befindet, wird er von einer siebenköpfigen Polizeidelegation zur
Abschiebung in die Türkei abgeholt. Er ist suizidgefährdet. Die Abholung
geschieht gegen den lange anhaltenden Protest der behandelnden Ärzte. Um
die Suizidgefährdung zu kaschieren, soll ihn ein Arzt (Unfallchirurg) im
Auftrag der Landesregierung begleiten. Im letzten Augenblick kann die
Abschiebung gestoppt werden. Tahsin
Özdemir befindet sich auch im Januar 2003 noch in der Psychiatrie – seine
Abschiebung ist weiterhin geplant. (siehe auch: 15. November 01) Unterstützerkreis für die Rückkehr der Familie
Özdemir 1.7.02 1. Juli 02 Im Flüchtlingsheim der
brandenburgischen Ortschaft Hohenleipisch entdeckt ein Bewohner morgens um 6
Uhr ein Feuer in einem unbewohnten Raum in einer Wohnbaracke. Nachdem die
BewohnerInnen zunächst selbst versucht haben, den Brand zu bekämpfen, gelingt
es schließlich den Feuerwehren aus Hohenleipisch und Elsterwerda, ihn
endgültig zu löschen. Von
den 30 BewohnerInnen wird niemand verletzt. Die Kriminalpolizei ermittelt
wegen schwerer Brandstiftung. "Eine fremdenfeindliche Tat wird nach
ersten Erkenntnissen ausgeschlossen. Vielmehr besteht der Verdacht, dass ein
Bewohner des Asylbewerberheims das Feuer gelegt hat." LR 2.7.02; nhz August 02 1. Juli 02 Sechzig BewohnerInnen des
Flüchtlingsheimes im brandenburgischen Rathenow beschreiben in einem offenen
Brief die "erniedrigende Behandlung" durch das Heim-Personal und
durch den Sicherheitsdienst "Security Zarnikow". Zwei
Jahre nach dem Memorandum der Flüchtlinge vom Februar 2000, in dem sie
aufgrund der zahlreichen rassistischen Angriffe eine Verlegung in ein anderes
Bundesland gefordert hatten, ziehen sie ein Resumee: Die
Sicherheitsvorkehrungen sind deutlich verstärkt worden, jedoch richten sie
sich allein gegen die BewohnerInnen. Die Besuchsregelungen sind verschärft
worden (strenge Kontrolle am Eingang; kein Besuch ab 22 Uhr); die private
Post an die Flüchtlinge wird geöffnet und kontrolliert; die
Video-Überwachungsanlage wurde erneuert. Zudem stellen die Flüchtlinge fest,
daß stadtbekannte Nazis zum Sicherheitsdienst des Heimes gehören. Auch
dem Verfassungsschutz ist bekannt, daß mindestens vier Mitarbeiter des
Sicherheitsdienstes Mitglieder der "Kameradschaft Hauptvolk" sind,
und damit dem "Kern der rechtsextremistisch orientierten Szene in
Rathenow angehören. "Kameradschaft Hauptvolk" ist eine Organisation
deren Mitglieder als gewalttätig gelten und mit einer Reihe politischer und
anderer Straftaten aufgefallen sind. Die
Arbeiterwohlfahrt (AWO) erstattet wegen des Protestbriefes prompt Anzeige
wegen übler Nachrede, Verleumdung und Urkundenfälschung gegen Unbekannt. Im
August 2003 stehen die beiden ehemaligen Heimbewohner Mohammed Abdel Amine
aus Togo und der Palästinenser Mohammed Mahmud in Rathenow jetzt nur noch
wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede vor Gericht. Vorschläge
von Seiten des Gerichts, das Verfahren wegen Geringfügigkeit und mit Auflagen
wie gemeinnütziger Arbeit oder Geldbußen für die Angeklagten einzustellen,
lehnen die Flüchtlinge rigoros ab. Sie wollen sich nicht kriminalisieren und
mundtot machen lassen und wollen ihr Recht auf Kritik an den Verhältnissen
mit diesem Prozeß durchsetzen. Am
1. November 2004 werden die beiden angeklagten Flüchtlinge freigesprochen.
Über zwei Dutzend BewohnerInnen des Heimes hatten ihre Aussagen bestätigt. Brief der Rathenower Flüchtlinge 1.7.02; MAZ
21.12.02; TS 21.12.02; MOZ 21.12.02; BK 21.12.02; BM
21.12.02; taz 11.3.04; BeZ 12.3.04; taz 12.3.04; jW 18.3.04;
jW 2.11.04 9. Juli 02 Vor dem Bahnhof der sächsischen
Ortschaft Löbau werden zwei 32 Jahre alte Asylbewerberinnen aus Ghana von
einem 13-jährigen Deutschen angepöbelt. Er beleidigt sie, spuckt sie an,
wirft eine glühende Zigarette in deren Einkaufstasche und stößt schließlich
eine der beiden Frauen zu Boden. Die Hochschwangere verletzt sich dabei
leicht; sie kommt ins Krankenhaus Ebersbach. Umstehende
AugenzeugInnen kommen den Fauen nicht zu Hilfe und verständigen auch nicht
die Polizei. Ein
Ermittlungsverfahren infolge einer Anzeige der Betroffenen wird eingestellt. AMAL Görlitz; SäZ 13.7.02 14. Juli 02 Als zwei Polizeibeamte einen 22-jährigen
Marokkaner überprüfen wollen, weil dieser sich "in einer dunklen Ecke
herumdrückte", läuft der Marokkaner durch das Untergestrüpp und springt
in die Nidda. Es gelingt ihm schwimmend, dem hinter ihm her gehetzten
Polizeihund, einem Doberman, zu entfliehen. Als
die Beamten ihn kurze Zeit später an der Wörthspitze sichten, springt er in
den Main. Der Polizeihund spürt ihn dann unter einer Uferkante an einer
Baumwurzel auf, und der Marokkaner klettert ans Ufer zurück. Ihm wird ein
Verstoß gegen das Ausländergesetz vorgeworfen. FR 16.7.02 16. Juli 02 Der 17 Jahre alte M. T. aus
Sierra Leone, der sich erst seit gestern auf dem Boden der BRD befindet, geht
in Berlin zu einer Polizeistation in Neukölln und sagt, daß er Asyl
bean-tragen will. Hier erfolgt seine sofortige Festnahme und seine
Inhaftierung im Abschiebegefängnis Köpenick. Diese
Freiheitsentziehung wird vom Amtsgericht Schöneberg beim Haftprüfungstermin
bestätigt. Nun stellt M. T. seinen Asylantrag noch einmal – allerdings jetzt
aus der Abschiebehaft heraus. Dieser Antrag wird sehr schnell als
"offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Der
Rechtsanwalt, der gegen die Inhaftierung von M. T. Beschwerde einlegt,
fordert eine Stellungnahme der Neuköllner Polizeibeamten. Diese behaupten
dann vor dem Landgericht übereinstimmend, daß M. T. von Asyl kein Wort gesagt
hätte und daß sie ihn festnehmen mußten, weil sie der Meinung waren, daß es
sich bei M. T. um einen schon länger hier lebenden "Illegalen"
handelte. Als der Rechtsanwalt die Vernehmung des angeblich von der Polizei
beauftragten Dolmetschers forderte, sahen sich die Polizeibeamten nicht in
der Lage, seinen Namen ausfindig zu machen. Das
Landgericht äußert starke Zweifel an der Darstellung der Polizeibeamte und
entscheidet, daß die Inhaftierung rechtswidrig war. Da allerdings der
Asylantrag inzwischen negativ entschieden und aus der Haft heraus gestellt
wurde (in Berlin erfolgt bei Asylantragstellung keine Entlassung mehr) und M.
T. somit ohnehin ausreisepflichtig sei, ist keine Haftentlassung
zuzugestehen. Pfarrer D. Ziebarth 16. Juli 02 In der Hamburger JVA Glasmoor
begeht ein 21 Jahre alter Abschiebegefangener aus der Ukraine einen
Suizidversuch. Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188; Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469 16. Juli 02 In der Hamburger JVA Glasmoor
begeht ein 19 Jahre alter Abschiebegefangener aus der Ukraine einen
Suizidversuch. Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188; Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469 Juli 02 Altenburg in Thüringen. Ein pakistanischer
Asylbewerber, der in Altenburg seine Freundin besucht, wird abends in der
Nähe ihrer Wohnung von elf Rechtsradikalen aufs Schlimmste verprügelt. Diese
Prügelorgie geschieht in aller Öffentlichkeit und vor den Augen von
schließlich ca. 100 Personen. Niemand dieser GafferInnen kommt dem Pakistani
zur Hilfe. Seine
Freundin alarmiert die Polizei, die sehr lange auf sich warten läßt. Erst als
diese eintrifft, hören die Rechten mit den Angriffen auf. Der
Flüchtling kommt mit einem gebrochenen Oberkiefer und einem Nasenbeinbruch
ins Altenburger Krankenhaus. ABAD Thüringen Juli 02 Der kurdische Flüchtling Ibrahim
D. versucht sich aus Angst vor der drohenden Abschiebung das Leben zu nehmen.
Er kommt daraufhin in stationäre psychiatrische Behandlung in eine Klinik im
reinland-pfälzischen Herborn, die auch im Januar 2003 noch nicht
abgeschlossen ist. (siehe auch: November 02) FRat NieSa Anfang August 02 Der tschetschenische Flüchtling
Vakha Saiyev wird nach abgelehntem Asylantrag aus Niedersachsen nach Moskau
abgeschoben. Die russischen Behörden nehmen ihm seine Papiere ab, so daß er
fortan aufgrund fehlender Papiere ständig Repressalien ausgesetzt ist. Als er
nach Tschetschenien fährt, um neue Papiere zu beantragen, wird er in seinem
ehemaligen Wohnort in Haft genommen. Während der Haft wird er mehrmals
täglich verhört und gefoltert. Er erleidet Verletzungen im Gesicht, im Bauch
und Unterleib. Durch die Schläge verliert er mehrere Zähne. Nach vier Tagen
gelingt es Verwandten von ihm, ihn aus dem Gefängnis freizukaufen. Aber auch
im Krankenhaus ist er nicht sicher, denn die Ärzte warnen ihn vor den
Soldaten, die täglich die Krankenhäuser nach Widerstandskämpfern durchsuchen.
Vakha Saiyev ist fortan ständig auf der Flucht und entgeht im November 2002
nur knapp seiner erneuten Festnahme, als Soldaten im Hause seiner Mutter nach
ihm suchen. Im
Januar 2003 gelingt ihm die Flucht nach Norwegen, wo er seine Familie
wiedersieht, die aus Angst vor Abschiebung schon im Sommer 2002 aus
Deutschland weitergeflohen war. Bekannt
wird das Schicksal von Vakha Saiyev durch die beiden Organisationen
"International Helsinki Federation for Human Rights" und
"Norwegian Helsinki Committee". Diese fordern im April 2003 den
niedersächsichen Innenminister Uwe Schünemann auf, Abschiebungen
tschetschenischer Flüchtlinge aus Niedersachsen sofort auszusetzen. FRat NieSa 13.5.03; FRat NieSa Heft 95/96 Juli
2003; NOAS – Norsk Organisasjon
for Asylsøkere 1. August 02 Landkreis Anhalt-Zerbst im Bundesland
Sachsen-Anhalt. Einem Flüchtling aus Burkina Faso wird der Eintritt in ein
Fitness-Studio mit den Worten verwehrt, daß "solche wie er" nicht
erwünscht seien. Einige Männer weisen noch darauf hin, daß "hier nicht
Afrika ist". Dann wird der Flüchtling von zwei Männern gepackt, nach
draußen getragen und auf die Straße geworfen. Sein Fahrrad wird ihm hinterher
geworfen. Einen
weiteren rassistischen Überfall erlebt er einige Tage später. Als er mit ein
paar Freunden in einem Wald nachts einen Geburtstag feiert und trommelt,
werden sie von einer größeren Gruppe deutscher Rassisten umstellt.
"Scheiß Nigger" und "Verlaßt diesen Wald!" hören sie und
ergreifen die Flucht. Sie erstatten Anzeige. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 2. August 02 Der 27-jährige B. O. aus
Tunesien befindet sich in einem äußerst verwirrten Zustand in Abschiebehaft
in der JVA Mannheim. Als er seiner Rechtsanwältin berichtet, daß er mehrfach
mit dem Kopf gegen die Zellenwand gelaufen sei, schreibt diese an die Anstaltsleitung
mit der Bitte um ärztliche Stellungnahme. Sie erhält über mehrere Wochen
keine Antwort und erfährt eher zufällig über das LG Mannheim, daß die
Anstaltsärztin auf einem Formularbogen "nicht abschiebefähig"
angekreuzt habe. Das
Regierungspräsidium Karlsruhe reagiert auf die Benachrichtigung und
Aufforderung, B. O. aus der Abschiebehaft zu entlassen, mit der Verlegung des
Gefangenen nach Dresden – offenbar, damit von dort die Abschiebung besser
durchgeführt werden kann. In
Dresden wird die fehlende Abschiebefähigkeit erst bekannt, als die
Rechtsanwältin die ärztliche Stellungnahme über den Gesundheitszustand von B.
O. weiterleitet. Eine vom Landgericht angeordnete Begutachtung kann nicht
durchgeführt werden, da in der JVA Dresden wegen Urlaubs kein Anstaltsarzt
erreichbar ist. B. O. erhält zeitweise Medikamente, die ihn ruhigstellen
sollen. Ein Psychologe äußert ihm gegenüber, daß ihm nicht geholfen werden
könne. Inzwischen wurde B. O. nach Tunesien
abgeschoben. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt – seine letzten Äußerungen
bei einer gerichtlichen Anhörung waren besorgniserregend wirr. AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim 3. August 02 Bundesland Brandenburg. Ein
Flüchtling aus Mosambik wird unter einem Vorwand von vier jungen Männern in
ein Waldstück nahe Ludwigsfelde gelockt und dort stundenlang mit Fußtritten
und Faustschlägen traktiert. Der 38 Jahre alte Mann überlebt lebensgefährlich
verletzt. Er muß nach der Behandlung seiner körperlichen Verletzungen seine
schweren seelischen Traumen in der Nervenklinik Teupitz behandeln lassen. Am
11. Februar werden die Täter, die alle aus Ludwigsfelde stammen, von der
Jugendkammer des Potsdamer Landgerichts wegen versuchten Mordes und
gefährlicher Körperverletzung verurteilt: der Haupttäter zu acht Jahren und
sechs Monaten, zwei weitere Täter zu je fünf und drei Jahren Haft. Bei zwei
weiteren Mißhandlern wurde die zweijährige Haftstrafe zur Bewährung
ausgesetzt. BM 6.2.03; MAZ 23.2.03; Pressestelle Landgericht Potsdam 6.11.03 3. August 02 Weißenfels in Sachsen-Anhalt.
Ein 31 Jahre alter Flüchtling aus Kamerun wird am Abend vor einer Diskothek
von einem Deutschen rassistisch beschimpft und tätlich angegriffen. Dieser
schlägt ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht, und als der Afrikaner zu Boden
geht, tritt der Schläger weiter auf ihn ein. Dem
Kameruner gelingt es, sich zu erheben und wegzulaufen. Nun merkt er, daß ihn
vier oder fünf Männer verfolgen. Sie holen ihn ein und schlagen und treten
auf ihn ein. Einer der Angreifer attackiert ihn mit einem sogenannten
Totschläger. Ein
anderer Schwarzafrikaner kommt hinzu, hilft ihm auf die Beine und gemeinsam
gelingt ihnen die Flucht. Nachdem
ein Krankenwagen gerufen wurde, kommt der Kameruner ins Krankenhaus. Neben
den körperlichen Verletzungen hat er in der Folgezeit besonders unter den
psychischen Folgen des Überfalls zu leiden. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 5. August 02 Als Polizeibeamte in der
Berliner Landsberger Allee eine Wohnung durchsuchen und die anwesenden
Personen überprüfen, meldet sich gegen 23 Uhr ein Nachbar und erzählt, daß er
ein dumpfes Geräusch gehört und dann aus dem Fenster geschaut habe. Auf dem
Rasen hinter dem Haus liegt eine 25 Jahre alte Vietnamesin – nur mit einem
Nachthemd bekleidet. Sie kommt schwer verletzt ins Krankenhaus. Es
wird vermutet, daß sie sich zu dem Zeitpunkt, als die Polizeibeamten das
Zimmer betraten, auf den Balkon der im dritten Stock gelegenen Wohnung
begeben hatte, weil sie keine gültigen Aufenthaltspapiere besaß. Gegen
sechs Vietnamesen werden von der Polizei Ordnungswidrigkeitsanzeigen
eingeleitet, weil sich die Asylbewerber außerhalb des ihnen erlaubten
Landkreises aufhalten (Residenzpflicht). Pressedienst Berliner Polizei 6.8.02 – 13:05; BeZ 7.8.02 6. August 02 Halle in Sachsen-Anhalt. Am
Steintor in der Ernst-Krohmayer-Straße wird um 22.40 Uhr ein 20 Jahre alter
Asylbe-werber von der Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) von mehreren deutschen
Männern geschlagen und getreten. Einer der Angreifer schlägt ihm einen Stein
auf den Kopf. Als der Afrikaner am Boden liegt, treten sie weiter auf ihn
ein, wobei er von einem Tritt direkt im Gesicht getroffen wird. Dabei
zerbricht seine Zahnbrücke. Er
kommt mit Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper und mit einer
Platzwunde am Kopf ins Krankenhaus. Die
Polizei, die von Zeugen gerufen wird, verhaftet die 18 bis 22 Jahre alten Täter noch
am Tatort. Sie werden kurze Zeit später wieder freigelassen. Drei
Täter werden in dem späteren Strafprozeß, bei dem auch andere Delikte
verhandelt wurden, zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten auf
Bewährung sowie neun Monaten auf Bewährung und Zahlung von Schmerzensgeld und
einer Geldstrafe verurteilt. taz 8.8.02; FR 8.8.02; MDZ 8.8.02; BeZ 8.8.02; JWB 14.8.02 Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 6. August 02 Die Roma-Familie Asanovic, die
seit August 2001 im baden-württembergischen Rheinfelden lebt, wird durch
Abschiebung auseinander gerissen. Beglijer Asanovic, der einen jugoslawischen
Paß hat, wird mit seiner dreijährigen Tochter und der zwölfjährigen Tochter
nach Belgrad abgeschoben. Seine Frau Zanetma, sie ist Mazedonierin, soll
später alleine nach Skopje ausfliegen. Auf dem Flughafen Frankfurt am Main
bricht die an Diabetes leidende Frau zusammen – sie ist durch den enormen
Streß total unterzuckert. Im Krankenhaus wird sie für nicht reisefähig
erklärt, bekommt trotzdem eine Fahrkarte zurück nach Rheinfelden. Frau
Asanovic, die später nach Mazedonien abgeschoben wird, gelingt es von dort
aus, Kontakt zu ihrem Mann herzustellen. Er bringt die Kinder bei Bekannten
unter und fährt in Richtung Mazedonien los, um sich mit seiner Frau zu
treffen. Seither ist er verschwunden. Auch
im Januar 2003 gibt es – trotz intensiver Bemühungen verschiedener
Organisationen und UnterstützerInnen – kein Lebenszeichen von ihm. AWO Flüchtlingsberatung Rheinfelden; AK Asyl BaWü, Rundbrief Nr. 1/2004 8. August 02 Hamburg-Osdorf. Der 23 Jahre
alte Asylbewerber Bailo Bah aus Guinea wird im Knabeweg im hohen Gras einer
Wiese morgens um 7 Uhr von einem Fußgänger gefunden. Der Afrikaner hatte
vermutlich noch versucht, in seine naheliegende Unterkunft zu gelangen,
verblutete aber im Gras. Einige
Tage später wird ein drogenabhängiger Deutscher festgenommen, der gesteht,
den Afrikaner während eines Streites um Geld oder Drogen mit mehreren
Messerstichen verletzt zu haben. Pol-HH 020808; Pol-HH
020811; HM 9.8.02; HA 9.8.02;
HA 12.8.02; Off
limits Nr. 35 Okt. 2002; FRat HH 16.3.03 8. August 02 Polizeigewahrsam Bremen –
Abschiebehaft. Der türkische Gefangene Ö. ruft seinen Mitgefangenen A. nachts
zu sich in die Zelle. A. findet Herrn Ö. leblos vor. Nachdem er keinen
Pulsschlag fühlt, beginnt er eine Herzmassage. Es dauert 6-8 Minuten, bis er den Puls
wieder fühlt. Dann läuft er in den Aufenthaltsraum, bittet die anderen
Gefangenen Hilfe zu rufen und kehrt zu dem Bewußtlosen zurück. Hier setzt er
die Herzmassage fort. Die anderen Gefangenen versuchen jetzt
wiederholt über verschiedene Sprechanlagen Hilfe zu rufen, sie bedienen die
Notrufeinrichtung in der Zelle und die Alarmstäbe. Sie winken ständig in die
Video-Kameras, klopfen mit Händen und Füßen gegen die Tür und versuchen
schließlich sogar die Sprinkleranlage in Gang zu setzen, um auf sich aufmerksam
zu machen. Es dauert eine halbe Stunde bis Beamte erscheinen, die dann erst
den Notarzt rufen. Bis zum Eintreffen des Arztes setzt Herr A. die
Herzmassage fort. Herr
Ö. kommt auf die Intensiv-Station eines Krankenhauses. Gruppe grenzenLOS Bremen 8. August 02 Abschiebegefängnis auf dem
Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in
Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem
sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 38 Jahre alter
Gefangener für 36 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem
"komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Gefangenen ist damit
maximal eingeschränkt. Antwort der Landesregierung auf
eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 11. August 02 Ein 70 Jahre alter türkischer
Flüchtling, seelisch und körperlich sehr krank, wird im thüringischen
Königsee von Deutschen ohne Vorwarnung und von hinten geschlagen. ABAD Thüringen 14. August 02 Abschiebegefängnis auf dem
Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in
Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem
sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 18 Jahre alter
Gefangener für vier Stunden und 40 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem
"komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Jugendlichen ist
damit maximal eingeschränkt. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 15. August 02 Der 19 Jahre alte liberianische Asylbewerber
Mcjonny A. meldet sich um 22 Uhr im Berliner Urban-Krankenhaus und bittet um
psychiatrische Behandlung. Schon
in der Vergangenheit war der Mann in der psychiatrischen Abteilung des
Krankenhauses behandelt und nach stationärem Aufenthalt als geheilt entlassen
worden. Als er am nächsten Morgen die Klinik verlassen soll, weigert er sich
und droht: "Ich schlage Euch alle tot und beiße Euch!" Bei seiner
Festnahme durch sechs PolizistInnen verletzt er durch seine Gegenwehr einen
Beamten und tritt eine Beamtin, die dadurch stürzt und sich auch leicht
verletzt. Als er später in der Gefangenensammelstelle untersucht wird,
versucht er, einem Beamten in den Oberschenkel zu beißen. Am
nächsten Mittag gegen 13.50 Uhr wird der Mann aus der Gefangenensammelstelle
entlassen. Um
14.08 Uhr packt er auf dem nahen U-Bahnhof "Paradestraße" eine
24-jährige Studentin und stößt sie vor den einfahrenden Zug. Die Frau
erleidet schwere Kopfverletzungen. Wegen
dieser Tat wird gegen Mcjonny A. Haftbefehl erlassen. BM 21.8.02; TS
21.8.02 17. August 02 Im Zentrum der brandenburgischen
Stadt Prenzlau auf dem Neustädter Damm (B 109) wird der 34 Jahre alte
Flüchtling aus Sierra Leone Neil D. nachts um 0.20 Uhr von einem Deutschen
angehalten, der von ihm Geld verlangt. Dann bremst ein roter VW-Golf und zwei
Männer und eine Frau steigen aus. Alle vier Personen schlagen jetzt
abwechselnd auf den Afrikaner ein. "Scheiß-Neger, was willst Du
hier?" und "Ihr Scheiß-Ausländer bekommt 2500 DM, viel mehr als
meine Eltern" brüllen ihm die Rassisten entgegen und prügeln ihn dann
mit einem Schlagring, einer Kette und einem Knüppel nieder. Auch als er am
Boden liegt, wird er weiter mit Stiefeln getreten. Der Angriff wird von
mehreren vorbeifahrenden Autofahrern beobachtet, jedoch niemand greift ein.
Erst geraume Zeit später verständigt ein älterer Mann die Polizei. Neil D.
kommt ins Krankenhaus, wo seine Kopf-, Brustkorb- und Bauchverletzungen
behandelt werden. Einige
Stunden später nimmt die Polizei drei tatverdächtige Männer und eine Frau
fest – drei von ihnen kommen in Untersuchungshaft. Eine
Woche später wird Neil D. in einem Supermarkt von zwei Männern abgefangen,
die ihn mit folgenden Worten beschimpfen: "Scheiß-Neger, Du bist Schuld,
daß unsere Freunde im Knast sitzen." Und zum Schluß die Drohung:
"Wir kriegen Dich." Das
Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Prenzlau verurteilt im Oktober drei
Täter zu Haftstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren und einen
17-Jährigen zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe. Im
November wird bekannt, daß einer der Täter, Marco Sch., verdächtigt wird, am
12. Juli zusammen mit seinem Bruder und einem Komplizen den 17-jährigen
Marinus S. aus Potzow bei Prenzlau bestialisch zu Tode gefoltert zu haben. Neil
D. ist durch die Überfälle psychisch erkrankt und muß sich einer
psychotherapeutischen Behandlung unterziehen. Sein Antrag auf politisches
Asyl wurde abgelehnt. taz 28.8.02; FR 28.8.02; FR 3.9.02; JWB 4.9.02; taz
20.9.02; apabiz Nr. 7 Okt. 02; Opferperspektive 22.10.02; TS
25.10.02; NK 25.10.02; Opferperspektive 28.10.02; Der Prignitzer – SVZ – 29.10.02; taz 29.10.02; FR 29.10.03; BM
20.11.02; TS 22.11.02; Opferperspektive – Jahrbuch 2002 17. August 02 Celle in Niedersachsen. Auf das Flüchtlingsheim
in der Harburger Straße wird ein Brandanschlag verübt. Der Brand an der
Hintertür konnte von BewohnerInnen und Feuerwehrleuten gelöscht werden.
Verletzt wird niemand. Eine
Woche nach dem Brandanschlag ist die Hintertür nicht repariert, sondern
zugenagelt. FRat NieSa Heft 91/92 Jan. 2003 (revista Nr. 15, Sept./Okt.) 18. August 02 Die Siegburger Polizei
veranstaltet eine Razzia in einem Flüchtlingsheim. Die BewohnerInnen werden
durch das Aufbrechen der Türen und durch Warnschüsse geweckt. Die Beamten
nehmen die kurdischen Flüchtlinge Burhanettn Bulgak und Mustafa Acar fest.
Sie sind erst seit kurzem in Deutschland. Ein
dritter Kurde, Resit Atas, gerät in Panik und versucht zu fliehen. Nun gibt
ein Polizist zwei Schüsse ab und läßt den Polizeihund angreifen. Resit Atas
wird durch einen Biß verletzt und dann in Handschellen gelegt. Als ein
anderer Bewohner, Mehmet Bulgak, nach dem Grund des Überfalls fragt, wird er
von zwei Polizisten mit Fäusten geschlagen. Die drei festgenommenen Kurden werden ohne
ärztliche Versorgung ihrer Verletzungen ins Abschiebegefängnis Büren
gebracht. Nûçe Nr. 68 – 23.8.02; AZADI informationen Nr. 6 Sept. 02 (Özgür Politika
21.8.02); Polizeiübergriffe auf Ausländerinnen und Ausländer
2000-2003 23. August 02 Potsdam in Brandenburg. Im
Stadtteil Bornstedt wird nachts ein 24 Jahre alter Flüchtling aus Kamerun von
zwei Männern beschimpft, geschlagen und getreten. Opferperspektive (BeZ 7.9.02) 28. August 02 Eine männliche Person wird an der
polnisch-brandenburgischen Landesgrenze in Guben aus der Neiße geborgen.
Aufgrund der Verwesung kann die Todesursache nicht eindeutig benannt werden.
Es wird Ertrinken angenommen. LR 29.8.02; Innenminister des Landes Brandenburg DS 3/6635 31. August 02 Auf dem Schützenfest im
niedersächsischen Algermissen werden vier tamilische Flüchtlinge von ca. 20
deutschen Rassisten umzingelt, beschimpft und bedroht. Als die Tamilen
versuchen, den Platz zu verlassen, um in ihre Unterkunft in der
Hermann-Löns-Straße zu fliehen, werden sie verfolgt und mehrfach geschlagen.
Der 31 Jahre alte Tamile Wajeed Meera Mohideen erleidet eine Verletzung an
der Hand, sein 19-jähriger Freund Sutharsan Arunakiri eine schwere Platzwunde
am Kopf, die stark blutet. Die
Angreifer belagern dann auch die Flüchtlingsunterkunft
"Schlichthaus" und brüllen "Ausländer raus",
"Deutschland den Deutschen" und ähnliche rassistische Parolen. Die
Flüchtlinge rufen die Polizei, die nach ca. einer Stunde eintrifft. Diese
ordert einen Krankenwagen und läßt die beiden Verletzten ins Krankenhaus
bringen. Dann nehmen die Beamten die Personalien der Opfer auf – nicht jedoch
die der Täter. Danach
lassen sie die Bedrohten alleine und fahren weg. Die pöbelnden Täter kehren
zurück und zerschlagen mit Stühlen mehrere Scheiben der Unterkunft und werfen
mit Steinen und Flaschen. Dabei wird ein tamilischer Flüchtling durch einen
Glassplitter am Auge verletzt. Zum
zweiten Mal rufen die Bewohner die Polizei, und als diese eintrifft, sind die
Täter verschwunden. Die Beamten schauen sich den Schaden an, lehnen
allerdings den Wunsch der acht Flüchtlinge ab, sie an einen anderen Ort zu
bringen. Ein Polizeiwagen wird für den Rest der Nacht vor dem Haus postiert. Am
nächsten Tag, dem Sonntag, 1. September, erscheinen um 21 Uhr ca. 50 Menschen
vor der Flüchtlingsunterkunft, belagern sie und grölen rassistische Parolen.
Einige von ihnen sind mit Zaunlatten und Eisenstangen bewaffnet und dringen
in die – nicht abschließbare – Unterkunft ein. Sie zertrümmern eine Zwischentür
und versuchen auch die verschlossenen Zimmertüren aufzubrechen, hinter denen
die Bewohner in Panik und das Schlimmste erwartend ausharren. Die grölende
Menge vor dem Haus fordert die gewalttätigen Deutschen sogar auf, das Gebäude
anzuzünden. Auch
der Polizei gelingt es nicht, zu den um Hilfe rufenden Flüchtlingen in die
erste Etage zu kommen. Die Randalierer machen weiter und verlassen erst nach
mehr als einer Stunde den Tatort. Erst
nach diesem zweiten Angriff innerhalb von 24 Stunden beginnt die Polizei, die
18 tamilischen Bewohner wegzu-bringen. In der Polizeistation Sarstedt werden
erneut ihre Personalien festgestellt, bevor sie in ein Heim in Hildesheim
gebracht werden. Am nächsten Tag werden sie alle von der Polizei verhört. Nach
Recherchen von Asyl e.V. – Hildesheim und des niedersächsischen
Flüchtlingsrates sind diesen Überfällen bereits mehrere Angriffe
vorausgegangen. Circa
fünf Monate zuvor wurde einem Tamilen vor seinem Zimmer ins Gesicht
geschlagen. Vor
ca. drei Monaten wurden sämtliche Wände innerhalb (!) des Flüchtlingsheimes
mit rassistischen und rechtsradikalen Parolen und Hakenkreuzen besprüht. Vor
zweieinhalb Monaten wurden tamilische Bewohner von einem Mann, der einen in
der Unterkunft lebenden Obdachlosen besuchen wollte, mit einer Gaspistole
aufgefordert, "ins Haus" zu gehen. Bemerkenswert
findet der niedersächsische Flüchtlingsrat die Äußerung eines Mitarbeiters
der Ausländerbehörde, der auf die Forderung nach einer Unterbringung der
Flüchtlinge außerhalb von Algermissen antwortet, die Betroffenen könnten ja
"zurück nach Sri Lanka" gehen. Nach
zwei Tagen beendet die Ausländerbehörde die Unterbringung der Flüchtlinge in
Hildesheim: die Menschen müssen wieder zurück in die Unterkunft in
Algermissen. Erst
aufgrund öffentlicher Proteste verfügt das niedersächsische Innenministerium
eine Verlegung der Flüchtlinge in andere Ortschaften, um die "Lage in
Algermissen zu entspannen". In
der Folgezeit werden die Angriffe auf die Flüchtlinge von offizieller Seite
immer wieder heruntergespielt und verharmlost. Laut Gemeindedirektor Faubel
handelte es sich bei den Angriffen um "normale Festzeltschlägerei"
einer "harm-losen Entgleisung verschiedener unter Alkohol stehender
Personen". Zudem werden die Opfer als "Ursache der Angriffe"
genannt: "18 junge Männer in einem kleinen Ort unterzubringen, führt
fast zwangsläufig zu negativen Vorkommnissen". Im
Januar 2003 wird ein 22-jähriger Täter vom Amtsgericht Hildesheim wegen
gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch zu zwei Jahren und drei
Monaten Gefängnis verurteilt. Im August 2003, ein Jahr nach
den Überfällen, sind von den 40 Beschuldigten 26 Personen angeklagt. Warum
sich die Ermittlungen mühselig gestalten, begründet die Staatsanwältin mit
dem Satz: "Viele Zeugen wollen nichts gesehen haben". HAZ 3.9.02; taz 4.9.02; HAZ 4.9.02; HiZ 4.9.02; HiZ 5.9.02; taz 6.9.02; WK 6.9.02; NWZ 6.9.02; HiZ 6.9.02; jW 7.9.02; WK 7.9.02; jW 11.9.02; WK 12.9.02; HiZ 14.9.02; Antifaschistisches Infoblatt Nr. 57 Herbst 2002; FRat
NieSa Heft 91/92 Januar 2003; taz
29.1.03; BeZ 29.1.03; HAZ 29.1.03; taz 14.5.03; HA 29.8.03 August 02 Bundesland Niedersachsen. Nach
einer Zwangsvorführung vor dem türkischen Konsulat in Hannover versucht ein kurdischer
Flüchtling, sich das Leben zu nehmen. FRat NieSa Heft 93/94 April 2003 – Sonderheft
Projekt X 1. September 02 Lübben im Bundesland
Brandenburg. Um 18.45 Uhr fährt ein PKW auf der entgegengesetzten
Fahrbahnseite mit hoher Geschwindigkeit auf einen Fahrradfahrer zu. Dem
Radler, einem Asylbewerber aus Togo, gelingt es in letzter Sekunde, sich mit einem Sprung auf den
Bürgersteig zu retten. Dabei fällt er hin und verletzt sich am rechten Bein. nhz Okt. 02 (LR 2.9.02); asn Cottbus 2. September 02 Flughafen Berlin-Tegel. In einer
Maschine der ungarischen Fluggesellschaft MALEV (Flug-Nr. 671) weigert sich
ein deutscher Passagier, seinen Platz einzunehmen. Er bleibt im Gang stehen,
weil er gegen die gewaltsame Abschiebung eines jungen Bosniers protestiert,
der sich in Begleitung von drei BGS-Beamten ebenfalls in der Maschine
befindet. Der Flüchtling soll über Budapest nach Sarajevo abgeschoben werden. Nach
heftigen Wortwechseln mit dem Passagier entscheidet der Flugkapitän, weder
den Passagier noch den Abschiebegefangenen mitzunehmen. Unter
Androhung von Gewalt zwingen die BGS-Beamten den Passagier, der eigentlich
verreisen wollte, die Maschine zu verlassen. Kmii 2.9.02; FR 3.9.02; jW 4.9.02 3. September 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der 47 Jahre alte Asylbewerber Ryan Ryad Araby aus Ägypten
wird nach 67 Tagen Hungerstreik und nach viereinhalb Tagen Durststreik
morgens um 1 Uhr aus der Zelle geholt und abgeschoben. Bei einer Körpergröße
von 1,81 m wiegt er unter 55 kg. Er befindet sich in einem sehr schlechten
körperlichen und seelischen Zustand in Verbindung mit ausgeprägter
Todesangst. Den
Durststreik hatte er begonnen, als er erfuhr, daß die Abschiebung definitiv
geplant sei. Aufgrund seiner verzweifelten Aussage, daß er nicht lebend nach
Ägypten zurückkehren werde, kam er in eine Isolierzelle. Am 30. August bekam
er aufgrund eines maroden Backenzahnes heftige Schmerzen. Schmerzmittel
wurden ihm mit dem Hinweis verweigert, er solle zuerst seinen Hunger- und
Durststreik beenden. Herr Araby schrie und weinte vor Schmerzen und bekam
schließlich am Abend in unregelmäßigen Abständen Schmerztabletten und erst
aufgrund der Intervention eines Seelsorgers gegen 22 Uhr noch ein
Schmerzzäpfchen. Bereits
am 5. August sollte die Abschiebung von Herrn Araby über den Flughafen
Schönefeld stattfinden. In Begleitung von drei BGS-Beamten war er in ein
Flugzeug gebracht worden und hatte lauthals gegen diese Maßnahmen
protestiert. Auf den Vorschlag des russischen Piloten, Herrn Araby den Mund
zuzukleben, gingen die BGS-Beamen nicht ein. Schließlich wurde die
Abschiebung – wohl auch aufgrund der Intervention einer Passagierin –
abgebrochen. Im
Jahre 1999 war Herr Araby, der sich seit 1976 in der BRD aufhielt, ohne
Papiere festgenommen und nach einem siebenmonatigen Aufenthalt im
Abschiebegefängnis Kruppstraße nach Kairo abgeschoben worden. Dort wurde er
aufgrund seiner früheren Mitgliedschaft in einer islamischen Partei für sechs
Monate in Gefängnishaft genommen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 5. September 02 Rehlingen-Siersburg –
Ortsteil Gerlfangen – im Landkreis Saarlouis im Saarland. Morgens zwischen
4.00 und 5.00 Uhr erscheinen Polizeifahrzeuge vor dem Haus und 25 BeamtInnen
holen die Familie Celik aus dem Schlaf. Die 39-jährige Surije Celik, ihr 33
Jahre alter Ehemann Sükrü, die Söhne Mesut (13 Jahre alt), Mazlum (10 Jahre
alt), Dogan (6 Jahre alt) und die 9-jährige Tochter Gülbahar werden über
Frankfurt am Main direkt nach Ankara abgeschoben. Surije Celik hatte kein Asyl bekommen, obwohl
sie bereits als 16-Jährige im türkisch-kurdischen Bürgerkrieg gefoltert
worden war. Das Ehepaar war mit seinem ältesten Sohn in die
BRD geflüchtet und hatte am 19. August 1991 im hessischen Schwalbach Asyl
beantragt. Sie waren von hier aus nach Halberstadt in Sachsen-Anhalt
umverteilt worden. Zu dieser Zeit gab es massive rassistische Angriffe auf
Flüchtlinge und Brandanschläge auf Flüchtlingsheime vor allem in den
ostdeutschen Bundesländern, so daß die Familie in Panik zu Verwandten nach
Nordrhein-Westfalen flüchtete. Als sie von hier aus wieder nach Halberstadt
umverteilt werden sollten, änderten sie ihre Identität und beantragten unter
den Namen Özel im Mai 1992 Asyl im Saarland. Hier
lebte die Familie seit zehn Jahren in der Gemeinde, und die Kinder, von denen
drei hier geboren wurden, waren in der Schule und im Sportverein fest
integriert. Herr Celik arbeitete als Hausmeistergehilfe in der Siersburger
Grundschule im Rahmen gemeinnütziger Arbeit. Als
Herr Celik den Namenswechsel offenbarte und eine Selbstanzeige stellte, wurde
die Abschiebung behördlicherseits vorangetrieben. Die große Unterstützung von
Menschen aus dem Umfeld und der Gemeinde, die mit vielen Aktionen und
Interventionen versuchten, die Abschiebung zu verhindern, blieb ergebnislos.
Auch drei medizinische und ein psychologisches Gutachten, die Frau Celik
aufgrund ihrer schlechten gesundheitlichen Verfassung eine
Transportunfähigkeit bestätigten, hoben den "Betrug", den die
Familie mit ihrer Namensänderung begangen hatte, nicht auf. Lediglich ein
Arzt begleitete Frau Celik während der Abschiebung, nachdem er ihr
Flugreisefähigkeit bescheinigt hatte. Nach
der Abschiebung kehren die Eltern nach Nusaybin, ihrem Herkunftsort nahe der
syrischen Grenze, zurück. Den Kindern geht es dort sehr schlecht. Nachdem sie
nur mit Schwierigkeiten in der dortigen Schule überhaupt angemeldet werden
können, beginnen ihre MitschülerInnen, die "Deutschen" wegen ihrer
fehlenden Türkischkenntnisse zu hänseln, zu verprügeln, mit Messern zu
verletzen und mit Steinen zu bewerfen. Allein der bei der Abschiebung
10-jährige Mazlum erleidet vier Schnittverletzungen an der Hand und
Platzwunden unter den Augen, die alle genäht werden müssen. Erst
als UnterstützerInnen aus Gerlfangen die Familie besuchen, mit dem Schulleiter
reden und letztlich die LehrerInnen zu einem Deutschland-Aufenthalt einladen,
beginnen die LehrerInnen der Schule, sich um die Schikanen gegen die Kinder
zu kümmern. SaZ 28.8.02; Paulinus 29.9.02;
SaZ 5.10.02; WamS 17.11.02; FRat Saarland 28.12.11; Bericht von Mazlum Celik 11. September 02 Leipzig – Bundesland Sachsen.
Als ein 25 Jahre alter Flüchtling aus dem Senegal nachts in seine Unterkunft
zurückkommt, erwarten ihn 16 Polizisten. Sie machen ihm deutlich, daß er
jetzt abgeschoben werden soll. Der Flüchtling ist völlig überrascht, gerät in
Panik springt aus dem vierten Stock der Sammelunterkunft. Er
überlebt mit gebrochenen Rückenwirbeln, gebrochenen Beinen, gebrochenen
Armen, Luxationen an den Händen und schweren Hautverletzungen. Während seiner
langen medizinischen Behandlung wird er mindestens 29 Mal operiert – davon
allein 15 Operationen an den Beinen. Er wird Invalide bleiben. Der
Grund der angeblichen Festnahme wurde dem Senegalesen später nie in einer ihm
verständlichen Sprache mitgeteilt. Zur Abschiebung sollte er nicht
festgenommen werden. Antirassistische Initiative Berlin; Abschiebehaft-Gruppe beim FRat Leipzig 12. September 02 Der 15 Jahre alte vietnamesische
Flüchtling Bang Ca Ly wird nach fast einem Jahr (!) Abschiebehaft in der JVA
Hameln entlassen. Die Haftverlängerungsanträge der Ausländerbehörde Goslar
waren vom Amtsgericht in den vergangenen zwölf Monaten ohne Probleme
genehmigt worden. Der Betroffene habe sich unerlaubt und ohne festen Wohnsitz
aufgehalten und reise ständig in der Bundesrepublik herum. Im
März 2001 wurde das Alter von Bang Ca Ly angezweifelt, und die
Staatsanwaltschaft veranlaßte eine amtliche Altersbestimmung durch einen
Rechtsmediziner. Dieser kam zu dem Ergebnis, daß der Betroffene
"wahrscheinlich 18 Jahre alt" sei – jedoch "mindestens
sechzehneinhalb Jahre alt." Für
den Goslarer Haftrichter stand damit fest, daß Bang Ca Ly zumindest zu seinem
Geburtsdatum falsche Angaben gemacht und damit eine Beschaffung des
Paßersatzpapieres bei der vietnamesischen Botschaft bewußt boykottiert hatte.
Damit wurde die Abschiebehaft für weitere drei Monate angeordnet. Erst
als dem Flüchtlingsrat Niedersachsen das Schicksal des Jugendlichen bekannt
wird, gelingt es, die Entlassung zu erwirken. FRat
NieSa Heft 98 Dezember2003 13. September 02 In einem Flüchtlingsheim im
niedersächsischen Hildesheim übergießt sich der Kurde Hamze Sen mit Benzin
und flieht aus dem Gebäude. Alarmierte Freunde suchen nach ihm und finden ihn
schließlich unter einer Eisenbahnbrücke in der Hannoverschen Straße. Dort
übergießt er sich erneut mit Benzin und droht – ein Feuerzeug in der Hand –
sich anzuzünden, sollten die Freunde näher kommen. Erst
nach zehn Minuten gelingt es den Freunden, ihn zu überwältigen. Sie fesseln
ihn und bringen ihn so zu einer Ärztin. Diese überweist ihn zunächst in die
Psychiatrie. Hamze
Sen ist rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber und sollte zusammen mit seiner
Familie am 17. September in die Türkei abgeschoben werden. Dort droht ihm
eine mehrjährige Gefängnisstrafe wegen "Separatistischer
Propaganda". Sen war in zahlreichen Gedichten und Texten in kurdischer
Sprache für die Rechte der Kurden eingetreten und hatte auch den von der
Kurdischen Arbeiterpartei PKK ausgerufenen "Nationalen
Befreiungskampf" unterstützt. In
dem Abschiedsbrief an seine Familie schrieb er unter anderem: "Ich kann
das uns zugefügte Unrecht nicht mehr aushalten. Statt in der Türkei möchte
ich hier sterben. Nachdem ich zum türkischen Konsulat gebracht worden bin,
kann ich nicht mehr schlafen. Ich kann nicht mehr klar denken. Alles, was ich
sage, hilft uns nicht mehr. Ich habe keine Hoffnung mehr. Das heißt, mein
Leben endet hier." jW 18.9.02; WK 18.9.02; FRat NieSa 16.9.02 13. September 02 In Potsdam an der Bushaltestelle
am Schlaatz wird der 44 Jahre alte Kameruner Robert E. von vier Skinheads
aggressiv bedrängt und nach Zigaretten und "Dollars" gefragt. Dann
boxt ihn einer der Männer gegen die Brust, und ein anderer schlägt ihn mit
einem Gummiknüppel. Robert E. läuft weg, wird jedoch von dem Mann mit dem
Gummiknüppel verfolgt. Er kann seinen Verfolger abschütteln. Mit seinen an
der Hand und an der Schulter erlittenen Verletzungen muß er sich in ärztliche
Behandlung begeben. Zwei
der rechtsradikalen Täter, die in einer Einrichtung für geistig und
körperlich Behinderte auf Hermannswerder leben, kommen vor Gericht. Ein 20
Jahre alter Mann wird im Dezember 2003 vom Amtsgericht Potsdam zu einer
Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Sein Komplize und
Hauptangeklagter bekommt vom Landgericht Potsdam im Mai 2003 eine
Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung und Raub von einem Jahr und acht
Monaten auferlegt. Opferperspektive; rbb 30.6.04 14. September 02 Berlin. Der 37 Jahre alte Ramo
Suljic, Rom und Kriegsflüchtling aus Serbien, erhängt sich im Badezimmer
seiner Flüchtlingsunterkunft aus Angst vor der erneut drohenden Abschiebung. Die
Familie hatte von 1993 bis 1995 in den Niederlanden gelebt und versuchte
danach bis zum Jahre 1999, in der BRD einen Aufenthalt zu bekommen. Der
Versuch einer endgültigen Rückkehr nach Serbien scheiterte an rassistischen
Bedrohungen und Übergriffen, so daß die Eheleute mit ihren Kindern im Jahre
2001 erneut nach Deutschland kamen. Herr
Suljic hinterläßt seine Frau und sieben Kinder – das jüngste ist drei Jahre
alt. Frau Suljic ist schwer traumatisiert und deshalb auf die direkte
Unterstützung ihrer Töchter angewiesen. Während die älteste Tochter aufgrund
einer Eheschließung einen sicheren Aufenthalt hat, sitzt ihre jüngere Tochter
Zahida im November 2005 im Abschiebegefängnis Köpenick. Ein Asylfolgeantrag
und ein Antrag bei der Berliner Härtefallkommission blieben erfolglos. Die
20-Jährige, die einen Großteil ihres Lebens in Berlin verbracht hat, wird am
4. Januar 2006 als einzige aus der Familie nach Belgrad abgeschoben. Die
Abschiebung ihrer Mutter Zumreta und ihrer fünf minderjährigen Geschwister (6
bis 16 Jahre alt) erfolgt am 16. August 2006 – ebenfalls nach
erfolglosem Härtefallverfahren. Wichtige Papiere, wie die Geburtsurkunden,
die Sterbeurkunde des Mannes oder ärztliche Atteste und Gutachten bekommt
Frau Suljic trotz mehrmaliger Aufforderungen an die Beamten im
Abschiebegefängnis nicht ausgehändigt. Erst nach hartnäckiger Recherche von
Angehörigen der Initiative gegen Abschiebehaft beginnen die
Gefängnisangestellten, die Papiere zu suchen, und sie finden sie in
irgendeinem Raum in einer Plastiktüte. Lange nach der Abschiebung können
diese wichtigen Papiere der Familie per Post zugestellt werden. In
Serbien steht die Familie vor dem Nichts. Da sie weder eine Wohnung noch Geld
besitzen, müssen die sieben Personen zunächst bei Bekannten in der Ortschaft
Sremska Mitrovica unterkommen. Erst eine Spendenkampagne in Berlin ermöglicht
es ihnen, eine kleine Wohnung zu mieten. Nur aufgrund regelmäßiger Spenden
aus Berlin kann die Familie auch ein Jahr nach der Abschiebung überleben. Die
Kinder, die nur Deutsch oder Romanes sprechen, finden sich nur langsam in die
serbische Sprache ein. Erst im September 2007 gelingt es der Familie die drei
jüngsten Söhne, Valentino (8 Jahre alt), Dennis (10 Jahre alt) und Elvis (12
Jahre alt) in einer Schule unterzubringen. Frau Suljic geht es psychisch
nicht gut, denn sie hatte weitere Zusammenbrüche, die jeweils Krankenhausaufenthalte
notwendig machten. Im
Frühsommer 2008 bricht der Kontakt der Berliner UnterstützerInnen zu der
Familie ab. Wegen der Unerträglichkeit der Situation in Serbien hat die
Familie erneut das Land verlassen. Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 17. September 02 Der 26 Jahre alte Russe
Tschermen T., Abschiebegefangener in der JVA Fulda, klettert vom Gefängnishof
aus auf das Dach eines angrenzenden Gebäudes und droht herunterzuspringen.
Der Feuerwehr, Dolmetschern und schließlich dem Oberbürgermeister der Stadt
gelingt es, ihn dazu zu bewegen, in den Korb einer ausgefahrenen Drehleiter
zu steigen. Tschermen
T. war am 29. August im Intercity ohne Fahrkarte und ohne gültiges Visum
aufgegriffen worden und saß seitdem in Abschiebehaft. Als
Motiv für seine Selbsttötungsandrohung wird paradoxerweise angegeben, daß er
die Zusicherung haben wollte, auch tatsächlich nach Rußland abgeschoben zu
werden, obwohl der Abschiebetermin für den nächsten Tag festgelegt war und
dies ihm auch bekannt war. FR 18.9.02; FR
20.9.02 18. September 02 Brandenburg. Im Regionalzug RE
39519 von Wittenberge nach Perleberg wird die deutsche Freundin eines
algerischen Flüchtlings von zwei glatzköpfigen Rassisten beschimpft und
beleidigt. Am Bahnhof Perleberg richten sich die Aggressionen dann gegen den
25-jährigen Algerier. Die Täter werfen ihn aus dem stehenden Zug, prügeln ihn
nieder und treten mit den Füßen in sein Gesicht. Dann fliehen sie. Der
Algerier kommt mit Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus. Zehn
Tage nach der Tat wird gegen einen 19-jährigen Deutschen Haftbefehl erlassen.
Eine Woche später erfolgt die Festnahme des zweiten, 15-jährigen Täters. Im
März 2003 fällt das Amtsgericht Neuruppin das Urteil gegen die Täter. Der
ältere muß für drei Jahre und zwei Monate ins Gefängnis, der jüngere Täter
bekommt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. MAZ 20.9.02; BK 20.9.02; BeZ 20.9.02; BM 20.9.02; BeZ 28.9.02; taz 28.9.02; TS 29.9.02; TS 3.10.02; MAZ 4.10.02; MOZ 4.10.02; Opferperspektive 28.3.03 19. September 02 In der Flüchtlingsunterkunft an
der Rheinstraße im nordrhein-westfälischen Urfeld bricht um 23.50 Uhr ein
Brand aus. Beim Eintreffen der Feuerwehr aus Wesseling brennt bereits eine
Treppe im hinteren Gebäude, und die Flammen haben das Dach erreicht. Ein
Übergreifen des Brandes auf das Hauptgebäude kann durch die Löschzüge
verhindert werden. Bis
auf eine Frau, die eine leichte Rauchvergiftung erleidet, bleiben alle
BewohnerInnen unverletzt. GA Bonn 20.9.02 20. September 02 Der 42 Jahre alte Xuan Khang Ha
aus Vietnam wird aus der Abschiebehaft in Eisenhüttenstadt entlassen –
vorläufig. Seit
der Festnahme des alleinerziehenden Vaters bereits Anfang August galt sein
fünfjähriger Sohn Minh Duc als verschwunden. Trotzdem beabsichtigte und
beabsichtigt das Landratsamt Oberhavel, Xuan Khang Ha ohne sein Kind
abzuschieben. Aus
Angst vor der weiter drohenden Abschiebung begibt sich der abgelehnte
Asylbewerber im November mit seinem Sohn ins Kirchenasyl. Am
6. Januar 2003 dringen morgens um 7.20 Uhr zwei Polizisten in die Wohnung des
Pfarrers Johannes Kölbel im brandenburgischen Schwante ein, um Herrn Ha und
seinen Sohn zwecks Abschiebung festzunehmen. Die Beamten haben weder Haft-
noch Durchsuchungsbefehl. Diese gewaltsame Durchsuchung der Kirchen- und
Privaträume des Pfarrers ist der erste Bruch eines Kirchenasyls im Bundesland
Brandenburg. Herr Ha und sein Sohn werden nicht gefunden. Nachdem
im Januar 2003 ein Gericht in einem Eilverfah-ren die Abschiebung untersagt,
bekommen Vater und Sohn vom Landkreis Oberhavel fortan Duldungen ausgestellt.
Gegen
Pfarrer Kölbel wird ein Ermittlungsverfahren wegen "Beihilfe zum
unerlaubten Aufenthalt von Ausländern und Gewährung von Kirchenasyl"
eingeleitet. Im September 2003 erkennt die Neuruppiner Staatsanwaltschaft die
Gewissensentscheidung des Pfarrers an und stellt das Verfahren ein, nicht
jedoch ohne vorher deutlich zu machen, daß "keine Zweifel über die
grundsätzliche Strafbarkeit der Gewährung von Kirchenasyl" bestünden und
Wiederholungstaten strafrechtlich geahndet würden. Bis ins Jahr 2010 bekommt Herr Ha immer nur auf
drei Monate befristete Duldungen ausgestellt. Über 20 Anträge auf eine
Arbeitserlaubnis, sei es als Mitarbeiter in einer Pilzzucht, als Kochgehilfe
oder in einer Wäscherei, werden von der Ausländerbehörde Oranienburg
abgelehnt. Die immer gleichklingende begründung: Herr Ha habe vor allem durch
das Kirchenasyl behördliche Maßnahmen zur Beendigung seines Aufenthaltes
vorsätzlich behindert. Nach
18 Jahren Deutschland-Aufenthalt spricht das Verwaltungsgericht
Potsdam im Mai 2010 ein Abschiebeverbot wegen Gefahr für Leib und Leben aus.
Damit muß die Ausländerbehörde endlich eine dreijährige Arbeitserlaubnis und
Aufenthaltserlaubnis ausstellen. Anfang 2011 eröffnet Herr
Ha mit großer Zuversicht einen kleinen Imbiß. Wenig später erkrankt der jetzt
58-Jährige schwer und erliegt am 30. April 12 seinem Leiden. MAZ 13.9.02; Südwest Presse 16.9.02; taz 21.9.02; TS 7.1.03; MAZ 7.1.03; taz 7.1.03; TS 8.1.03; jW
9.1.03; BeZ 4.9.03; BeZ 5.9.03; BeZ 2.6.10; FRat Brbg 11.5.12; DAMID 3/4 2012 23. September 02 Bad Brückenau in Bayern. Wegen
des angeblichen Diebstahls von Batterien in einem Kaufhaus befindet sich ein
28 Jahre alter Flüchtling aus dem Iran auf einer Polizeiwache. Er soll
erkennungsdienstlich behandelt werden, wogegen er sich sträubt, weil er nicht
versteht, was die Beamten von ihm wollen. Dann spürt er einen heftigen
Schlag, den ihm der stellvertretende Dienststellenleiter versetzt. Er blutet
schwer und begibt sich nach seiner Freilassung zu einer Zahnärztin. Diese
veranlaßt die Einweisung in die Kieferklinik nach Würzburg, in der er 25 Tage
lang stationär behandelt werden muß. Am
21. Mai 2004 spricht die dritte kleine Strafkammer des Landgerichtes
Schweinfurt den Beamten vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt frei. Die
Aussage des Polizisten, er habe in Notwehr oder im Reflex gehandelt, war von
seinen beiden Kollegen bestätigt worden. swex.de 4.4.05 24. September 02 Als die Polizisten eine syrische
Familie im hessischen Rotenburg morgens um 7 Uhr zur Abschiebung abholen
wollen, springt der 42 Jahre alte Familienvater vom Balkon der im zweiten
Stock gelegenen Wohnung und verletzt sich schwer. Er kommt mit einem Rettungshubschrauber
ins Klinikum nach Kassel. Die
Eheleute, die fünf Kinder im Alter von acht bis 17 Jahren haben, befinden sich
seit 16 Jahren (!) in der BRD. Der seit dieser Zeit laufende Asylantrag war
im Januar in letzter Instanz abgelehnt worden. Nach
dem Selbsttötungsversuch des Syrers muß die Abschiebeverfügung vorerst
ausgesetzt werden. FR 25.9.02; FRat Hessen 25.9.02; HNA 27.9.02; HeZ 27.9.02; JWB
2.10.02 26. September 02 Abschiebegefängnis auf dem
Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in
Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem
sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2008 wird ein 29 Jahre alter
Gefangener für zwei Stunden und 40 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem an
den Händen fixiert. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage
der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237 26. September 02 Potsdam in Brandenburg. In einer
Straßenbahn werden kurz nach 21.35 Uhr in der Heinrich-Mann-Allee ein
19-jähriger Flüchtling aus Sierra Leone und ein 32 Jahre alter Flüchtling aus
Kongo von zwei Rassisten beleidigt, und einer von ihnen geschlagen. Die
Afrikaner begeben sich zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhaus. Opferperspektive (MAZ 1.10.02) 27. September 02 Halle in Sachsen-Anhalt. Ein 38
Jahre alter sudanesischer Flüchtling wartet an der Haltestelle Rannischer
Platz auf eine Straßenbahn, als er von zwei deutschen Männern unter anderem
mit den Worten "Du stinkst!" beleidigt wird. Der Flüchtling
ignoriert die verbale Attacke, bekommt aber plötzlich von hinten einen Schlag
mit einer Flasche ins Gesicht. Gleichzeitig versetzt der zweite Angreifer ihm
einen Tritt in die Bauchgegend, wodurch der Angegriffene das Bewußtsein
verliert. Als er wieder zu sich kommt, blutet er im Gesicht stark, wird mit
der Notambulanz ins Krankenhaus gebracht und dort medizinisch versorgt. Mehr
als drei Jahre nach dem Überfall, am 8. Dezember 2005, eröffnet das
Amtgericht Halle den Prozeß gegen die zwei mutmaßlichen Täter. Die
Verhandlung endet mit einer Aussetzung auf unbestimmte Zeit – weil ein
DNA-Gutachten von beiden Tätern erstellt werden soll. Im
März 2006 werden die Angeklagten wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu
Haftstrafen von 15 bzw. 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Da sie Berufung einlegen,
wird der Fall neu vor dem Landgericht verhandelt. Aber auch das
Nicht-Erscheinen einer Zeugin am 22. November 2006 verzögert den Abschluß des
Verfahrens auf unbestimmte Zeit – im vierten Jahr nach der Tat. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt; MDZ 9.12.05; MDZ 23.11.06 28. September 02 Brandanschlag auf das von
Asylbewerbern bewohnte Gemeindehaus im nordrhein-westfälischen Berghausen.
Das Feuer wird schnell gelöscht, so daß nur geringer Sachschaden entsteht und
niemand verletzt wird. Die
Polizei nimmt als Tatverdächtigen einen 35-jährigen Mann aus Berghausen fest.
Gegen ihn wird Haftbefehl wegen versuchter schwerer Brandstiftung erlassen. JWB 9.10.02 Ende September 02 Bad Berleburg in Nordrhein-Westfalen.
In der Nacht legt ein 34 Jahre alter Berleburger Feuer in der seiner Wohnung
gegenüberliegenden städtischen Unterkunft für AsylbewerberInnen. Nur durch
Zufälle wird das Feuer frühzeitig entdeckt und kann schnell gelöscht werden,
so daß von den ca. 10 Erwachsenen und Kindern des Heimes niemand verletzt
wird. Der
Täter kommt – auch wegen anderer Delikte und einer Vorstrafe – vorerst in
Haft. Siegener Ztg 6.9.03 Herbst 02 Nach der Abschiebung wird ein
abgelehnter Asylbewerber in Togo festgenommen. Die Verhöre geschehen unter
schweren Schlägen. Nach 15 Monaten Gefangenschaft in Gefängnissen,
Militärcamps oder Geisterhäusern gelingt dem Mann die Flucht. Mit Hilfe von
Freunden erreicht er im Mai 2004 die BRD und stellt erneut einen Antrag auf
Asyl. Barbara Ginsberg – Rechtsanwältin 3. Oktober 02 Kamenz in Sachsen. Zwei
Flüchtlinge und ihre deutschen Begleiter werden von ca. 15 Fußballfans
angepöbelt. Sie flüchten und holen Unterstützung im Flüchtlingsheim. Kurz
darauf entwickelt sich eine Schlägerei beider Grup pen, bei der es Verletzte gibt.
Die Polizei nimmt später einem Deutschen ein 30 cm langes Messer ab; die
Flüchtlinge hatten zuvor einen Baseballschläger in ihre Gewalt gebracht. AMAL Sachsen (SäZ 8.10.02) 5. Oktober 02 Frau Annie B. aus Ghana kommt in
das Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Sie ist im vierten Monat schwanger
und leidet unter starken Bauchschmerzen und Erbrechen. Erst durch die
Intervention der Seelsorgerin wird Frau B. zu einer externen gynäkologischen
Praxis gebracht – in Fesseln. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse der Ärztin
versteht Annie B. nicht, welche Diagnose gestellt wird. Sie bekommt keinen
Mutterpaß und wird zurück in die Abschiebehaft gebracht. Frau
B. leidet weiterhin unter starken Schmerzen und Erbrechen; es wird ein
zweiter Termin bei der Gynäkologin vereinbart, aber der Gefangenen nicht
mitgeteilt. Am
25. Oktober wird Frau B., sie leidet immer noch unter schweren Bauchschmerzen
und häufigem Erbrechen, zur Ghanaischen Botschaft gebracht. Die
Botschaftsangehörigen äußern ihr Entsetzen über den Zustand der
Abschiebegefangenen. Noch am Abend wird Frau B. von einem ihr unbekannten
Mediziner untersucht, der sie als haftunfähig beurteilt. Frau B. kommt
umgehend ins DRK-Krankenhaus Köpenick und wird noch am Abend aufgrund einer
Blinddarmentzündung operiert. Der Arzt im Krankenhaus notiert die Entlassung
aus dem Abschiebegefängnis aufgrund "akuten Schmerzen im rechten
Unterbauch seit einer Woche ... Die Patientin gab an, schon seit zwei Monaten
abdominelle Beschwerden mit Erbrechen zu haben." FRat Berlin; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 5. Oktober 02 Mecklenburg-Vorpommern. In einer
Rostocker Diskothek wird ein Flüchtling aus Togo von anderen Gästen geschubst
und geschlagen. Einer der Angreifer zieht sogar ein Messer. Der
Sicherheitsdienst der Diskothek reagiert nicht. Der
Togoer erleidet eine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde und Schwellungen im
Gesicht. Einige Tage später wird ihm der Zutritt zur Diskothek verwehrt. LOBBI 6. Oktober 02 Landkreis Waldshut-Tiengen in
Baden-Württemberg. Morgens um 1.40 Uhr bricht Feuer in der
Flüchtlingsunterkunft "Stieg" in Albbruck in zwei unterschiedlichen
Gebäudeteilen aus. Insgesamt
200 Helferinnen und Helfer verschiedener Organisationen (Feuerwehren aus
Albbruck, Waldshut-Tiengen, dem Klettgau und DRK-Ortsverbände) treffen am
Brandort ein. Bis auf drei Bewohner, die Rauchvergiftungen
erleiden, kommen die 60 Menschen, die hier leben, mit dem Schrecken davon.
Sie werden evakuiert und notdürftig in der Turnhalle von Unteralpfen
einquartiert. Diesem
großen Brand, der einen Schaden von ca. 100.000 Euro im Neubau-Trakt über
drei Etagen verursachte, war ein kleinerer Brand im Altbau des ehemaligen
Kindererholungsheimes in dieser Nacht vorausgegangen, den ein Wachmann noch
löschen konnte. Die
Polizei geht davon aus, daß das Feuer vorsätzlich gelegt wurde. Obwohl es in
der Vergangenheit schon mehrfach in diesem Heim gebrannt hat und die
Schwarzwaldregion laut jüngstem Verfassungsschutzbericht für verstärkte
rechtsradikale Aktivitäten bekannt ist, schließt die Polizei
"Fremdenfeindlichkeit" als Tatmotiv aus. "Wir sind sicher, daß
ein Heimbewohner den Brand gelegt hat", erklärte der Pressesprecher der
Waldshuter Polizei. Am
nächsten Tag äußert sich der Landrat des Kreises wie folgt: es stehe
zweifelsfrei fest, daß es sich bei dem Brand um einen Anschlag gehandelt hat.
In einem Zimmer sei ein Brandsatz gefunden worden. Die
Täter und Tatmotive wurden letztendlich nicht ermittelt. AK Asyl BaWü 6.10.04; SK 8.10.02; jW 8.10.02; ND 8.10.02; StZ 9.10.03; Landkreis Waldshut Pressedienst 8.10.02; SAGA
Januar 04 6. Oktober 02 Karlsruhe in Baden-Württemberg.
Naziskins der "Kameradschaft Karlsruhe" und Hooligans aus dem
Umfeld des KSC (Karlsruher Sport-Club) formieren sich am frühen
Sonntagmorgen, ziehen grölend vor die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge
und skandieren rassistische Parolen. AntifaschistInnen und die gerufene
Polizei treffen zeitgleich vor Ort ein, so daß die Provokation beendet werden
kann. Antifaschistisches
Infoblatt Nr. 57 Herbst 2002 12. Oktober 02 In einem Potsdamer Nachtbus
werden ein 17 Jahre alter Flüchtling aus Kenia, ein Turkmene und ein
Brasilianer von zwei deutschen Männern zunächst rassistisch beschimpft. Als
der Bus an einer Haltestelle stoppt, stoßen sie den Brasilianer aus dem Bus,
schlagen ihn und treten auf ihn ein, als er schon am Boden liegt. Dem
17-jährigen Flüchtling stehlen die Deutschen den Rucksack. Opferperspektive (MAZ 14.10.02) 14. Oktober 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Sergei P. soll wegen der routinemäßigen Reinigungsarbeiten
der Zellen zusammen mit den anderen Gefangenen in einen anderen Zellentrakt
gehen. Da er wegen hohem Fieber und Schmerzen zu schwach ist aufzustehen,
wird er von einem Bewachungsbeamten angebrüllt: "Steh auf, du
Arschloch!" Dann werden Sergei P. Handschellen angelegt, und er wird vom
Bewachungspersonal über den Fußboden und mehrere Treppen in einen anderen
Gebäudeteil geschleift. Nach Beendigung der Reinigungsarbeiten wird er auf
dieselbe Art wieder in seine Zelle gebracht. Nach
dieser demütigenden Tortur ist er nicht mehr ansprechbar, und seine Hände
sind stark geschwollen. Herr
Sergei P. wird nach vier Monaten Gefangenschaft am 4. Dezember über Polen in
die Ukraine abgeschoben. ADB November 02; ADB 16.12.02 19. Oktober 02 An der
polnisch-brandenburgischen Grenze in Forst wird ca. 1 Meter über dem Neißepegel in
einem Gebüsch ein Bein mit Schuh gefunden. Aufgrund des Fundortes wird angenommen,
daß das Körperteil während des Hochwassers angeschwemmt wurde. Innenminister des Landes Brandenburg DS 3/6635 24. Oktober 02 In der Gemarkung Lampertsheim an
der Autobahn A 67 nimmt die Autobahnpolizei drei aus Afghanistan stammende
Asylbewerber und ein neunjähriges Kind fest. Die Menschen sind
"unerlaubt" aus den Niederlanden nach Deutschland eingereist. Auf
der Wache erleidet einer der Männer einen Zusammenbruch und kommt mit dem
Verdacht auf Herz- und Atemstillstand ins Heppenheimer Kreiskrankenhaus. Nach
medizinischer Versorgung und nachdem er im Krankenhaus randalierte, wird er
in das Zentrum für Soziale Psychiatrie eingewiesen. Die
Staatsanwaltschaft ordnet an, daß die Festgenommenen eine Sicherheitsleistung
in Höhe von 1000 Euro zu hinterlegen haben. Main-Rheiner 26.10.02 26. Oktober 02 Neubrandenburg in
Mecklenburg-Vorpommern. In einem Döner-Imbiß belästigen und beschimpfen vier
Neonazis den türkischen Angestellten und einen 30-jährigen Flüchtling, der zu
Gast ist. Dabei werden die Rassisten handgreiflich. Zudem zerstören sie das
Inventar des Kiosks. LOBBI 30. Oktober 02 Brandanschlag auf das
Flüchtlingsheim im baden-württembergischen Kleinaspach in der
Hardtwaldstraße. Durch eine vor das Gebäude geschobene und angesteckte
Mülltonne und eine eingeworfene Scheibe entsteht geringer Sachschaden.
Tatverdächtig sind zwei Frauen und ein Mann, die kurz nach dem Brand einem
Rentner den "Hitlergruß" zeigten. ngo-online.de 31.10.02; taz 1.11.02; FR 1.11.02; BKZ 2.11.02; StZ 2.11.02; 30. Oktober 02 In Rodalben bei Pirmasens in
Rheinland-Pfalz greifen fünf Jugendliche eine kurdische Flüchtlingsfamilie
unter Beschimpfungen ("Scheißausländer") tätlich an. Die Frau
erleidet Verletzungen am Kopf und verliert einen Schneidezahn. Da die Polizei
nicht "von einem zwingend fremdenfeindlichen Hintergrund" der Tat
ausgeht, erteilen sie den Tätern ausschließlich Platzverbote. JWB 13.11.02 30. Oktober 02 JVA Weiterstadt in Hessen. Kurz
nach Mitternacht schneidet sich ein 26 Jahre alter Marokkaner die Pulsadern
auf und setzt seine Zelle in Brand. Zwei Vollzugsbeamte finden den
Bewußtlosen und ziehen ihn aus dem brennenden Raum. Alle drei erleiden eine
Rauchvergiftung. Dies
geschieht, nachdem der Marokkaner am vorherigen Tag wegen "illegaler
Einreise" und wiederholtem unerlaubten Aufenthalt zu einer Haftstrafe
von 13 Monaten und der anschließenden Abschiebung verurteilt worden war. Bei
einer Berufungsverhandlung der fünften Strafkammer am Landgericht Darmstadt
im Juli 2004 wird dieses Urteil auf 22 Monate erweitert. Begründung des
Richters: "Ihr erneuter Suizidversuch war rein appelativ, Sie wollten
Aufmerksamkeit bekommen". DE 3.6.04 Ende Oktober 02 Zentrale Rückführungsstelle
Nordbayern in Fürth. Der Pförtner des Ausreisezentrums ruft die Polizei,
nachdem er gesehen hat, daß einer der Bewohner des Lagers über ein Auto
gelaufen ist. Die Besatzung des eintreffenden Mannschafts- wagens ruft Verstärkung, weil
sie die Bewohner als aggressiv empfinden. Schließlich kommen noch drei
Mannschaftswagen, und jetzt werden sechs Bewohner unter Androhung von
Platzverweisen gezwungen, in das Gebäude zurückzukehren. Bei dem Verschließen
der Drehtür mit Handschellen geschieht es, daß ein Bewohner eingeklemmt wird.
Andere werden mit Schlagstöcken traktiert. Ein Bewohner wird über Nacht mit
auf die Wache genommen. Er wird am Morgen wieder so entlassen, wie er
mitgenommen wurde: in T-Shirt und Hose. Fürther Nachrichen 27.10.02 Ende Oktober 02 Bundesland Thüringen. In einem
Waldstück bei Schwarzburg werden sterbliche Überreste von zwei Personen
gefunden. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen und rechtsmedizinischen
Untersuchungen ergeben, daß es sich um zwei Männer aus dem osteuropäischen
Raum handelt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Asylbewerber oder
Spätaussiedler gewesen sind. Die
Sonderkommission "Goldfasan" der Kriminalinspektion Saalfeld stellt
weiter fest, daß sie zwischen Juli 2000 und November 2001 gestorben sind. Das
Alter des älteren wird auf 38 bis 44 Jahre, das des jüngeren Mannes auf 21
bis 26 Jahre eingegrenzt. Im
Juni wird Haftbefehl gegen zwei männliche Personen erlassen, die in Verdacht
stehen, die beiden Osteuropäer getötet zu haben. Die
Identität der Toten ist auch im Januar 2004 noch nicht geklärt. TA 2.5.03; Ostthüringer Ztg 2.5.03; Polizei Saalfeld 2.5.03; Polizei Saalfeld 25.6.03; Polizei Saalfeld 21.1.04 Oktober 02 Nach zwölfjährigem
Deutschland-Aufenthalt wird Frau K. mit ihren fünf Kindern in die Türkei
abgeschoben. Obwohl sie die Gefahr einer Zwangsheirat der älteren Tochter und
die zu erwartende wirtschaftliche Not den Behörden vorgetragen hat, war die
Duldung nicht mehr verlängert worden. Als geschiedene Frau lebt Frau K. nach
der Abschiebung in einem kurdischen Dorf in bitterer Armut,
gesellschaftlicher Verachtung, Isolierung und ist täglichen Bedrohungen und
Anfeindungen ausgesetzt. Ein sogenannter Ehrenmord an einer Verwandten im
Frühjahr 2004 führt ihr und ihren Töchtern die allgegenwärtige Gefahr vor
Augen, selbst Opfer einer solchen Tat zu werden. Was
vor der Abschiebung bereits befürchtet worden war, ist inzwischen
eingetreten: Die älteste Tochter wird im Alter von 16 Jahren von der Familie
ihrer Tante gegen ihren Willen mit ihrem Cousin verheiratet. Sie berichtet
von brutalen Vergewaltigungen in fast jeder Nacht. Bei zu großer Auflehnung
gegen die familiäre Gewalt drohte Frau K.'s Schwiegervater ihr mit dem Tod und der Zwangsverheiratung
ihrer 15-jährigen Tochter. taz 31.1.05; kl-medien.de/ina Anfang November
02 Berlin. Als die
fünfköpfige Roma-Familie von der Polizei aus dem Schlaf geholt wird, um die
Abschiebung durchzusetzen, läuft der achtjährige Sohn aus Angst davon. Dessen
ungehindert wird die Familie nach Serbien abgeschoben. Eine vierjährige Tochter
und ein zweijähriger Sohn sind in Deutschland geboren. Auch ein Asylantrag,
der vom Anwalt der Familie kurz vor dem Abflug eingereicht wird, als die
Familie noch im Bundesgrenzschutz-Gewahrsam sitzt, wird vom BGS ignoriert. In den folgenden Tagen
fahndet die Polizei vor der Schule des achtjährigen Jungen, der inzwischen
bei seiner schwer erkrankten Großmutter Unterschlupf gefunden hat. taz 15.11.02 2. November 02 Friedrichstadt in
Schleswig-Holstein. Die Kurdin Mediye Yardimci, die zusammen mit ihrem Mann
und fünf Kindern seit April in der evangelisch-lutherischen Gemeinde im
Kirchenasyl lebt, wird vor dem Gemeindehaus von Beamten des
Landeskriminalamtes verhaftet. Auch ihr sechsjähriger Sohn wird mitgenommen. Bei
der Festnahme kollabiert die asthmakranke Frau und wird auf die
Intensivstation des Husumer Krankenhauses gebracht. Mediye
Yardimci war nach Verfolgung, Folterungen und Vergewaltigung in der Türkei
1994 in die BRD geflohen. Sie leidet seither unter schweren psychischen
Problemen. Der Asylantrag war abgelehnt worden, weil Frau Yardimci aufgrund
ihres Traumas bei der Anhörung gar nicht darüber reden konnte. Erst als
UnterstützerInnen einige Termine bei einem Psychotherapeuten organisierten,
konnte Mediye Yardimci über ihre grausamen Erlebnisse reden. Ein
Asylfolgeantrag wurde dann vom Bundesamt positiv entschieden, jedoch legte
jetzt der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten Widerspruch ein. Am
16. März 2005, zwei Jahre nach dem Friedrichstädter Kirchenasyl, setzt ein
Richter des Verwaltungsgerichts Hannover einen Schlußpunkt unter das
langjährige Verfahrensmartyrium der Familie, indem er Abschiebehindernisse
feststellt und die Abschiebung untersagt. FRat SH 4.11.02; taz 5.11.02; FR 5.11.02; Kreis Nordfriesland 5.11.02 und 11.11.02; SH Ztgsverlag 7.11.02; FRat
NieSa Heft 95/96 Juli 2003; Der Schlepper Nr. 29 Winter 2004; FRat SH 16.3.05; Der Schlepper Nr. 31 Frühjahr 2005 4. November 02 Zentrale Rückführungsstelle
Nordbayern in Fürth. Zwölf Männer aus der ehemaligen Gemeinschaft
unabhängiger Staaten (GUS) befinden sich im Flur der ersten Etage, lärmen und
krakeelen. Der Pförtner holt die Polizei, die für Ruhe sorgen soll. Ein dabei
eingesetzter Polizeihund beißt einen 23-jährigen Russen in die Brust.
Ansonsten setzen die Beamten Pfefferspray ein, "um die Lage zu
beruhigen". Der
verletzte Russe kommt ins Krankenhaus, wo er ambulant behandelt werden kann.
Zwei Personen werden mit zur Wache genommen. sternshortnews.de 5.11.02; Polizeibericht Mittelfranken 2034; FüN 7.11.02; NN 7.11.02 5. November 02 Morgens um 4 Uhr wird die
Kosovoalbanerin Sikrie Dervisholli von der Polizei aus dem Bett geholt, nach
Freiburg gebracht und in Lahr ins Flugzeug nach Prishtina gesetzt. Sikrie
Dervisholli ist schwerkrank – sie leidet unter amyothropher Lateralsklerose,
einer Nervenerkrankung, die zu schwersten Lähmungen und ohne adäquate
Behandlung zu einem fürchterlichen Tod führt. Sämtliche
Eingaben und Atteste von Seiten der Ärzte und ihres Anwalts konnten die
Abschiebung der abgelehnten Asylbewerberin nicht verhindern. Im
Kosovo hat Sikrie Dervisholli niemanden, in Deutschland hätte sie gerne ihre
nur noch kurze Lebenszeit bei ihrer Schwester verbracht. Ihr
Neurologe zu der Ignoranz der Behörden: "Wie kann man einen Menschen so
verrecken lassen." Schwarzwälder Bote 6.11.02 6. November 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Nach einer heftigen verbalen Auseinandersetzung zwischen
einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde und dem Gefangenen Soure M. bittet
diese Bewachungsbeamte um Unterstützung. Die Beamten werfen Herrn M.
bäuchlings auf den Boden und fixieren seine Hände mit Handschellen auf dem
Rücken. Nach
dieser Mißhandlung weisen seine Handgelenke starke Schürfwunden auf, und er
klagt über Schmerzen im Rücken und in der Schulterregion. Ende
November erfolgt seine Abschiebung nach Guinea. Jesuiten-Flüchtlingsdienst; ADB November 02; ADB 16.12.02 15. November 02 In der Flüchtlingsunterkunft im
hessischen Lautertal, Ortsteil Gadernheim, brennt das Erdgeschoß völlig aus,
und auch die darüberliegenden Wohnungen werden durch den Brand unbenutzbar.
Die drei Flüchtlingsfamilien, die in diesem ehemaligen Gasthof
"Deutsches Haus" wohnen, können sich unversehrt retten. Die
Brandursache ist zunächst unbekannt. DE 17.11.02 15. November 02 Syke im Landkreis Diepholz in Niedersachsen.
Ein 34 Jahre alter serbischer Flüchtling, der Rom Lata Aradinovic, übergießt
sich vor dem Rathaus morgens um 8.20 Uhr mit Benzin, geht dann ins
Treppenhaus und zündet sich an. Dann läuft er brennend durchs Foyer wieder
ins Freie. Mitarbeiterinnen des Bürgerbüros gelingt es, die Flammen zu
löschen und Erste Hilfe zu leisten. Der gerufene Sanitätsdienst bringt den
Schwerverletzten ins Zentralkrankenhaus Links der Weser. Von dort wird er mit
einem Hubschrauber in die Universitätsklinik Hannover geflogen, wo er am
nächsten Tag seinen Verletzungen erliegt. Lata
Aradinovic lebte mit seiner Frau Ljalje Redzepovic und seinen Kindern seit
1995 in Syke. Sein Asylantrag war abgelehnt worden, und seine Familie war
seit langem ausreisepflichtig. Zwei
Tage vor seiner Selbsttötung hatte er in einer spektakulären Aktion auf die
unzumutbaren Zustände in der städtischen Unterkunft für Asylbewerber, dem
ehemaligen Gasthaus "Deutsche Eiche", aufmerksam gemacht. Er
transportierte schimmelige und feuchte Schränke, Betten, Matratzen und Decken
aus einem Zimmer ins Freie und kündigte an, künftig mit seiner Frau und
seinen fünf Kindern draußen zu schlafen: "Lieber draußen im Regen als in
diesen Zimmern." Noch
nach seinem Tod wird Lata Aradinovic von politisch Verantwortlichen wie dem
Bürgermeister von Syke in der Öffentlichkeit beleidigt und verunglimpft. Die
Tatsache, daß der Familie von dem jugoslawischen Konsulat nie Papiere
ausgestellt wurden, wird Herrn Lata Aradinovic als Identitätsverschleierung
und Mißbrauch des "Gastrechtes" unterstellt. Anfang
November 2004 erscheint die Polizei morgens um 6.30 Uhr vor der
Flüchtlingsunterkunft "Deutsche Eiche" in der Waldstraße. Ohne
Vorankündigung werden Ljalje Redze-povic und ihre fünf Kinder herausgeholt,
in einen Wagen verfrachtet und dann direkt zum Flughafen Düsseldorf gefahren.
Von hier aus geht ihr Flug nach Belgrad. Der
17-jährigen Tochter gelingt die Flucht, als die Polizei in die Wohnung
eindringt. Sie kann sich noch zwei Monate verstecken, dann wird sie entdeckt
und nach Hannover-Langenhagen in Abschiebehaft gebracht. Auch sie wird dann
abgeschoben. Die
Familie lebt nach der Abschiebung im Süden Serbiens. Oft ohne Unterkunft, die
Kinder gehen betteln, Frau Redzepovic findet ab und zu Arbeit. Dann erkrankt
sie ein zweites Mal an Krebs. Nur durch die finanziellen Überweisungen einer
Bremer Unterstützungsgruppe kann die Not ein wenig gelindert werden. Auch für
die dringende Operation von Frau Redzepovic, die im voraus bar gezahlt werden
muß, kann die notwendige Summe in Bremen aufgebracht werden. Die
12-jährige Tochter Slobodanka – in Hamburg geboren und in Norddeutschland
aufgewachsen - wird als Romni
auf offener Straße angespuckt, beleidigt und geschlagen. Ein Jahr später wird
sie von ihrem Stiefvater vergewaltigt und im Alter von 14 Jahren der
Zwangsprostitution ausgesetzt. Mit 15 Jahren wird sie zwangsverheiratet und
ist ihrem gewalttätigen Ehemann ausgeliefert. Im Mai 2012 flüchtet sie mit
ihren beiden Töchtern, der 5-jährigen Valentina und der 3-jährigen Ana Maria,
nach Deutschland und kommt zurück nach Syke. Kurz nach ihrer Ankunft wird ihr
Sohn David geboren. Ihr droht erneut die Abschiebung. Für
den bei der Abschiebung 14 Jahre alten Miroslaw beginnt in Serbien ein
Albtraum. Abgesehen davon, daß er und seine Geschwister nur Deutsch und
Romanes sprechen, also kaum Serbisch, drei von ihnen noch nicht einmal
serbische Papiere haben, erleben sie als Roma hier fast täglich
Diskriminierungen und Ausgrenzung. Im
Januar 2007 wird Miroslav Redzepovic nach einer Polizeikontrolle mit auf die
Wache genommen, weil er seinen Ausweis nicht bei sich hat. "Was ich am
meisten hasse, sind Albaner und Zigeuner" und "Ihr verpestet unser
Land!" schreit ihm ein Polizist ins Gesicht und schlägt auf ihn ein.
Erst Stunden später kommt er wieder frei. Als
er auf den Rat seiner Großmutter hin Anzeige gegen die Beamten erstattet,
holen eben diese Polizisten ihn Zuhause ab, ziehen ihn auf der Wache aus,
fesseln ihn im Keller an eine Heizung und drohen: "Lebend kommst Du hier
nicht mehr raus!" Vor seinen Augen zerreißen sie die Anzeige und
schlagen auf ihn ein, drücken Zigaretten auf seiner Brust aus und mißbrauchen
ihn mit einem Schlagstock. Als er endlich freikommt, ist er durch die Folter
schwer traumatisiert. Im
Oktober 2010 versucht der inzwischen 22-Jährige erneut in die BRD zu
flüchten. Am 8. Todestag seines Vaters wird er in der Hamburger Wohnung
seiner Tante festgenommen und kommt in Abschiebehaft. Hier versucht er
zweimal, sich das Leben zu nehmen. WK 14.11.02;
JWB 15.11.02; WK 16.11.02; WK 19.11.02; WK 27.11.02; FRat NieSa Heft 91/92
Januar 2003; Rahmi Tuncer – Migrationssozialarbeiter; WK
28.2.03; SyK 14.10.04; Gruppe Roma Soli Bremen 9.12.10; gedenkenanmilos.blogsport.de
19.11.11; FRat
NieSa 20.12.12; Kreiszeitung 27.10.12 20. November 02 Murtala Muhammed Airport in
Lagos – Nigeria. Ein Flugzeug mit abgeschobenen Flüchtlingen aus Italien und
Deutschland ist gelandet. Die meisten der aus Deutschland (21 Menschen) und
aus Italien (24 Menschen) Abgeschobenen haben frische Verletzungen an Hand-
und Fußgelenken, die darauf hindeuten, daß sie während des Fluges gefesselt
waren und kurz vor der Landung entfesselt wurden. Auch berichten die
erschöpften Menschen über schwere Mißhandlungen von Seitender deutschen und
italienischen Polizei. Der
Nigeria Imigration Service lehnt die Wiederaufnahme zweier Flüchtlinge ab und
läßt diese nach Deutschland zurückfliegen. Eine Person ist bewußtlos und
somit nicht in der Lage, das Flugzeug zu Fuß zu verlassen, und die zweite
Person hat einen gebrochenen Nackenwirbel. ThisDay 22.11.02; JWB 4.12.02 21. November 02 Die 42–jährige psychisch kranke
Cveta A. , Romni aus Mazedonien, schluckt aus Angst vor der bevorstehenden
Abschiebung eine Überdosis Tabletten des Psychopharmakums Saroten (50-fache
Tagesdosis). Ihre 17-jährige Tochter Remzie, die den Tag auf der
Ausländerbehörde verbrachte, um das Attest über die Reiseunfähigkeit ihrer
Mutter abzugeben, findet sie abends leblos vor. Im
Krankenhaus wird akute Lebensgefahr festgestellt, und Cveta A. ist auch am
nächsten Tag noch nicht ansprechbar. Am
Morgen nach dem Selbsttötungsversuch um 6 Uhr steht die Polizei vor der
Wohnung, um die Familie A. zur Abschiebung abzuholen. Der 15-jährige Selajdin
A. kann die Beamten nur mit Mühe davon überzeugen, daß seine Mutter auf der
Intensiv-Station im Krankenhaus liege und auch seine Schwester dort sei. Mit
dem Hinweis, die Familie habe sich am nächsten Morgen auf der
Ausländerbehörde zu melden und ein Attest vorzulegen, gehen die Beamten
wieder. Herr
und Frau A. und ihre Kinder lebten bis 1992 in Bosnien, weil Herr A. dort
Arbeit hatte. Als ihre Wohnung bombardiert wurde, und Cveta A. durch einen
Deckenbalken am Kopf schwer verletzt wurde, floh sie mit den Kindern zunächst
nach Mazedonien und dann in die BRD. Herr A. kam während des Krieges in
Bosnien um. PDS Flüchtlingsberatungstelle Berlin; Amen a¹as
kate! Gruppe
Berlin 22. November 02 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick.
Der 40 Jahre alte abgelehnte Asylbewerber V. O. aus der Ukraine reißt sich
mit einem Metallgegenstand die Bauchdecke auf. Er kommt ins DRK-Krankenhaus
Köpenick, wo seine Verletzungen umgehend operiert werden. Vor Abschluß der
medizinischen Behandlung gelingt ihm die Flucht. (siehe auch: 12. August 07) Antirassistische Initiative Berlin 24. November 02 Rathenow in Brandenburg. Der
34 Jahre alte Moussa Abdel Nassirou, Asylbewerber aus Togo, ist nach einem
Telefonat in einer Telefonzelle auf dem Wege zu seiner Flüchtlingsunterkunft
im Birkenweg. Um ca. 18.30 Uhr wird er im Bahnhofstunnel von einem
Rechtsradikalen verfolgt und geschlagen. "Neger, geh in dein Land!"
hört er und spürt im gleichen Moment einen Faustschlag gegen die linke Brust.
Moussa
Abdel Nassirou hatte sich Mitte August im Münchener Herz-Zentrum einer
schweren Herz-Operation unterziehen müssen, und als der Faustschlag jetzt
seine Narbe trifft, bekommt er große Angst. Er läuft weiter; der Deutsche
holt ihn ein und stößt ihn auf die Tunneltreppe, die zum Birkenweg führt.
Unter lautem Hilferufen gelingt es dem Togoer, die Treppe hochzulaufen. Er
nimmt sein Handy und droht dem Angreifer, daß er jetzt die Polizei anrufen
werde. Daraufhin flieht dieser zurück in den Tunnel. Moussa
Abdel Nassirou lebt seit 1994 in Rathenow im Flüchtlingsheim. Der Asylantrag
des auch im Exil politisch aktiven Oppositionellen ist abgelehnt worden. Im
Januar 2004 droht dem schwer herzkranken Opfer des rassistischen Angriffs die
Abschiebung. Bericht des Betroffenen; Opferperspektive 25. November 02 Der 21-jährige Teymur A. aus
Aserbaidschan erleidet an der Sortiermaschine einer Druckerei im bayerischen
Fürth lebensgefährliche Verletzungen, als er von einem Maschinenschlitten am
Kopf getroffen wird. Er stirbt wenig später im Krankenhaus. Da
seine Arbeitgeber, die Besitzer der Druckerei, keine Sozialabgaben eingezahlt
haben, versuchen sie zunächst, den Unfall an diesem Ort zu verschleiern. Wichtige
Schutzeinrichtungen waren an der Maschine entfernt worden, um bei bestehendem
Papierstau diesen schneller beseitigen zu können. Die
Polizei ermittelt gegen die Besitzer der Druckerei wegen fahrlässiger Tötung,
Vortäuschens einer Straftat und verschiedener Verstöße gegen arbeits- und
ausländerrechtliche Vorschriften. Polizeibericht Mittelfranken 2176; FrP 26.11.02; NZ 28.11.02; NN 28.11.02 28. November 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Ein 23–jähriger Albaner und ein 47 Jahre alter Gefangener aus
Weißrußland, die zusammen in einer Zelle sitzen, fügen sich mit Teilen einer
Rasierklinge Schnittverletzungen im Bauchbereich zu. Nach
einer ersten medizinischen Versorgung im DRK-Krankenhaus Köpenick erfolgt
ihre Verlegung ins Haftkrankenhaus Moabit. Nach einer Woche
Krankenhausaufenthalt werden sie schließlich wieder in die Abschiebehaft
zurückgebracht – kommen allerdings in verschiedene Zellen. (siehe auch: 11.
Februar 03) Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; Antirassistische Initiative Berlin 28. November 02 Magdeburg in Sachsen-Anhalt. An
einer Haltestelle wird ein 32 Jahre alter Flüchtling aus Ghana von einem
Rassisten beleidigt und angegriffen. Er bekommt einen Faustschlag ins Gesicht
und wird dadurch verletzt. Drei Männer gehen dazwischen und halten den Täter
fest. Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 30. November 02 Zirchow auf der Insel Usedom im
Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Um 16.50 bricht ein Brand im Obergeschoß
des Flüchtlingsheimes aus, den auch die gerufenen Feuerwehren der Umgebung
erst löschen können, als das Obergeschoß und der Dachstuhl zerstört sind. Die
49 Flüchtlinge aus Armenien, Jugoslawien, Sri Lanka und Syrien können sich
retten; ein 14 Jahre alter Junge aus Armenien muß mit einer Rauchvergiftung
ins Krankenhaus gebracht werden. Der Sachschaden wird auf 500.000 Euro
geschätzt. OZ 2.12.02; NK 2.12.02; HA
2.12.02; taz 2.12.03; SD 2.12.02 30. November 02 Drei afrikanische Frauen,
Mitglieder der "Flüchtlingsinitiative Brandenburg", werden in einem
Zug in Prenzlau von Rechtsradikalen rassistisch angepöbelt und mit Bier
überschüttet. Die Frauen sind auf dem Weg zu einer antifaschistischen
Demonstration. Opferperspektive (jW 2.12.02) November 02 Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz.
Die 29 Jahre alte kurdische Asylbewerberin Neziha A. befindet sich seit fast
vier Monaten unnötigerweise in der psychiatrischen Klinik, weil die Stadt
sich nicht in der Lage sieht, ihr eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Neziha
A., der die Abschiebung droht, war nach einem Selbsttötungsversuch im Mai in
die Klinik eingeliefert worden. Nach fünfwöchiger stationärer Behandlung
sollte die Entlassung erfolgen, und die Ärzte attestierten, daß es
"dringend notwendig" sei, sie in einer Wohnung außerhalb eines
Sammellagers für Asylbewerber unterzubringen. Neziha
A. war 1996 in die BRD geflohen, nachdem türkische Beamte ihren Vater
ermordet und sie selbst gefoltert hatten. jW 18.11.02; FR
19.11.02 November 02 Der kurdische Flüchtling Fehmi
D. versucht sich aus Angst vor der drohenden Abschiebung umzubringen. Er
kommt daraufhin für sechs Wochen in stationäre psychiatrische Behandlung nach
Marburg. Zu
dieser Zeit befindet sich auch sein Vater schon seit Monaten in stationärer
psychiatrischer Behandlung, die er nach einem Selbsttötungsversuch beginnen
mußte. (siehe auch: Juli 02) FRat NieSa November 02 Auf die Kleine Anfrage der
GAL-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wird ein Suizidversuch in der JVA
Fuhlsbüttel, in Hamburger Abschiebehaft, bekanntgegeben. Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188 Anfang Dezember 02 Ein ca. 30-jähriger irakischer
Flüchtling wird im thüringischen Altenburg von Rechtsradikalen rassistisch
beschimpft und tätlich angegriffen. Dem Iraker wird dabei der Arm gebrochen. ABAD Thüringen 3. Dezember 02 Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Ein
angolanischer Flüchtling wird um 16.30 Uhr in der B.-Kellermann-Straße von
einem 23 Jahre alten Magdeburger
angepöbelt und beleidigt. Dann befiehlt der Mann seinem Hund, den Afrikaner
anzugreifen, der der Aufforderung allerdings nicht nachkommt. Der Mann
verfolgt den Flüchtenden bis zu seinem Wohnhaus und bedroht ihn noch in der
Eingangstür mit einem Messer. Als
eine halbe Stunde später die Freundin des Afrikaners mit einer Bekannten
eintrifft, werden auch sie von dem Aggressor rassistisch beleidigt und
angespuckt. Obwohl
eine der Frauen bei einer anschließenden "Rangelei"
(Polizei-Bericht) leicht verletzt wird und der Täter polizeibekannt ist,
ermittelt die Kripo lediglich wegen des Verdachts der Beleidigung und
Bedrohung. Polizei Magdeburg 4.12.02; Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 5. Dezember 02 Altenkirchen in Rheinland-Pfalz.
Morgens um 4.00 Uhr wird die achtköpfige kurdische Familie Gülec in ihrer Wohnung
in der Bahnhofstraße durch die Rufe "Polizei" und lautes Gehämmer
an der Tür geweckt. Unmittelbar danach wird die Tür aufgebrochen und
PolizistInnen stürmen hinein. "Alles auf den Boden", wird geschrien
– einige Beamte haben Gewehre dabei. Auch die Türen der Kinderzimmer werden
eingetreten. Einige Kinder sind erstarrt – andere schreien unentwegt.
Telefonate werden verboten oder brutal unterbunden. Frau Hayriya Gülec liegt
wie gelähmt auf dem Fußboden. Auch ihren Töchtern gelingt es nicht, sie anzuziehen,
so daß sie im Schlafanzug und ohne Schuhe mit einem Krankenwagen
abtransportiert wird. Dem
ältesten Sohn Esat wird verboten, sich von seiner Mutter zu verabschieden.
Obwohl er von zwei Beamten bewacht wird und seine Hände auf dem Rücken
gefesselt sind, gelingt es ihm, sich niederzuknien und seiner Mutter einen
Kuß zu geben. Zur
direkten Abschiebung über den Flughafen Frankfurt am Main wird die Familie
getrennt. Während Murat Gülec und die sechs Kinder in eine Linienmaschine
einsteigen müssen, wird Frau Gülec mit einer anderen, kleineren Maschine
ausgeflogen. Am
Flughafen Istanbul erfolgt die unmittelbare Festnahme von Murat Gülec. Obwohl
türkische Behörden behaupten, daß er wieder entlassen wurde, bleibt er
verschwunden. Auch türkische Menschenrechtsorganisationen versuchen, ihn zu
finden. Die
Eheleute sind seit 15 Jahren in der BRD gewesen. Drei der sechs Kinder sind
hier geboren – der Älteste war drei Jahre alt, als sie aus der Türkei
flüchten mußten. Durch die traumatischen Erfahrungen in der Türkei leidet
Frau Gülec unter einem schweren Posttraumatischen Syndrom. Drei unabhängige
Ärzte hatten einen Behandlungszeitraum von 10 Jahren vorgeschlagen. Land in Sicht 22.12.02; Bericht von Özlem Gülec (FAX nach der Abschiebung) 7. Dezember 02 Chemnitz in Sachsen. In der
Nacht schleudern Unbekannte Brandsätze durch zwei geschlossene Fenster im
Erdgeschoß in die Büroräume des von AussiedlerInnen und AsylbewerberInnen
bewohnten "Wohnhotels Kappel" an der Haydnstraße. Zwei der
Brandsätze erlöschen von alleine, ein dritter Molotow-Cocktail, der vor dem
Haus gefunden wird, zündet nicht. Von
den 180 Menschen, die in dem Haus wohnen, wird niemand verletzt. Im
Juni 2003 hat die Sonderkommission Rechtsextremismus des Landeskriminalamtes
Sachsen vier Tatverdächtige im Alter von 17 und 19 Jahren ermittelt. Die
Haftbefehle gegen alle vier werden wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit
schwerer Brandstiftung erlassen. Alle Verdächtigen sind bereits durch diverse
andere Straftaten bekannt. CMP 10.12.02; FP 10.12.03; BeZ 10.12.02; JWB 18.12.02; StA Chemnitz und LKA Sachsen 19.6.03; afp 19.6.03; BeZ 20.6.03; SäZ 20.6.03, FP 20.6.03; taz 20.6.03; 9. Dezember 02 Berlin-Kreuzberg. Morgens um
1.30 Uhr wird der 43 Jahre alte Mohammad Ahmad Shoresch im Böcklerpark tot aufgefunden.
Der Asylbewerber aus dem Irak ist an einer Vielzahl von Stichverletzungen
verblutet. Am 7. Dezember war Mohammad Ahmad Shoresch
aus Augsburg kommend am Fernbahnhof Zoologischer Garten eingetroffen und
hatte die Zeit bis zum nächsten Nachmittag mit einem Freund verbracht. Am
Hermannplatz trennten sie sich, Herr Shoresch wurde seitdem nicht mehr lebend
gesehen. Auch
im Januar 2003 sind weitere Informationen zu Tathergang und Motiven des
Mordes der Polizei nicht bekannt. Polizei Berlin 9.12.02; taz 10.12.02; Polizei Berlin 18.12.02; BM 3.1.03 15. Dezember 02 Pasewalk in
Mecklenburg-Vorpommern. Morgens um ca. 2 Uhr werden in der Diskothek
"Zum alten Schlachthof" drei togoische Flüchtlinge im Alter von 29
bis 31 Jahren von mehreren Deutschen beschimpft und geschlagen. Nachdem die
Security die Angreifergruppe des Saales verwiesen hat, lauert diese den
Flüchtlingen außerhalb der Diskothek auf. Mehr als zehn Männer treten und
schlagen auf die drei Afrikaner ein. Ein
Angegriffener kommt mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus. Bei ihm müssen
neben Prellungen, Blutergüssen und einer stark blutenden Schnittverletzung an
der Hand auch eine ausgekugelte Schulter und ein geschwollenes Knie behandelt
werden. Angriffe
wie diesen nehmen einige Diskotheken-Besitzer zum Anlaß, ausländischen
Menschen den Zutritt ganz zu verwehren. Sie werden z.B. an den Türen von
Tanzlokalen in Pasewalk, Anklam, Bad Doberan und Rostock gezielt abgewiesen. LOBBI; NK 18.12.02; NK
14.10.03; NK 30.10.03 15. und 16. Dezember 02 Im nordrhein-westfälischen
Heilder brennt das Übergangsheim an der Raiffeisenstraße innerhalb weniger
Stunden zweimal. Am
Sonntag um 15.44 Uhr geht die erste Brandmeldung bei der Feuerwehr in
Erkelenz ein. Beim Eintreffen der Löscheinheiten steht das Gebäude komplett
unter Rauch. Ein Mann, der anfangs noch im Obergeschoß schlief, kann sich auf
das Dach retten und wird von dort mit einem Rettungskorb über die Drehleiter
heruntergeholt. Die übrigen 29 hier wohnenden AsylbewerberInnen kommen mit
dem Schrecken davon und werden in der Turnhalle von Tüddern untergebracht. Nachdem
das Feuer gegen 20 Uhr gelöscht ist, entsteht gegen 2 Uhr des nächsten Tages
wieder ein Brand. Als erneut die Feuerwehren eintreffen, befinden sich trotz
Evakuierung wieder zwei Personen im Gebäude, die dann über Leitern gerettet
werden können. AaZ 17.12.02 16. Dezember 02 Mecklenburg-Vorpommern. In
Pasewalk wird ein Flüchtling aus Togo an einer Telefonzelle von drei Neonazis
angepöbelt. Er kann fliehen. LOBBI 17. Dezember 02 Als die Kamerunerin Lefu Rosine
Chanwa morgens um 8 Uhr ihren Asylfolgeantrag in der Ausländerbehörde des
rheinland-pfälzischen Neuenahr-Ahrweiler abgeben will, wird sie von der
Polizei verhaftet. Am selben Abend kommt sie von dort aus ins Maria-Hilf-Hospital.
Durch
die heftigen und nicht enden wollenden Einschüchterungsversuche, zunächst auf
der Ausländerbehörde und dann auf dem Polizeirevier, und auch durch die
existentielle Angst vor der drohenden Abschiebung war sie zusammengebrochen.
Sie sagt, daß sie sowohl auf der Ausländerbehörde und auch bei der Polizei
angegriffen worden sei. Wegen
ihrer politischen Aktivitäten im Kamerun mußte Lefu Rosine Chanwa in die BRD
fliehen. Auch hier beteiligte sie sich an Aktionen, die die Forderung zur
Freilassung der südkamerunischen politischen Gefangenen zum Inhalt haben. So
die Besetzung der Kameruner Botschaft am 1. Oktober 2002 und eine
Demonstration vor der Botschaft in Bonn am 10. Dezember diesen Jahres. In
beiden Fällen wurde von Botschaftsangehörigen intensiv gefilmt. mailingliste freemovement 17.12.02 17. Dezember 02 Im sächsischen Aue wird ein 27
Jahre alter Flüchtling aus Nigeria von vier Männern und zwei Frauen auf
offener Straße angegriffen. Nach dem Überfall ist sein Nasenbein gebrochen,
und er muß sich im Krankenhaus Aue behandeln lassen. (siehe auch: 25. März 03, 9.
November 03 und 14. April 04) AMAL Dresden 18. Dezember 02 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Ein 46 Jahre alter russischer Gefangener schneidet sich am
Halsbereich und an den Handgelenken die Blutgefäße auf. Nach medizinischer
Versorgung im Krankenhaus kommt er zurück in die Haft. Antirassistische Initiative Berlin 19. Dezember 02 Der Sicherheitsdienst des
Flüchtlingsheimes im thüringischen Sonneberg entdeckt morgens um 4.15 Uhr einen
mit Benzin gefüllten roten Plastikkanister, der auf einer eingeschalteten
Herdplatte steht. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits Löcher im Kanister, und
das Benzin hat sich auf dem Herd und auf dem Küchenboden ausgebreitet. Die
Feuerwehr kann eine Explosion verhindern – alle 80 BewohnerInnen bleiben
unversehrt. FW 20.12.02; TA 20.12.02 19. Dezember 02 Kamenz in Sachsen. Ein 36 Jahre
alter kurdischer Flüchtling aus der Türkei wird um 1.15 Uhr auf der Straße
von drei Nazis angegriffen. Mit einem Holzknüppel erhält er einen Schlag in
die Nierengegend und geht zu Boden. Jetzt treten zwei Angreifer mehrere
Minuten lang gegen Kopf und Beine des am Boden Liegenden, während der dritte
Mann seine Füße festhält. Der
Kurde kommt schwer verletzt ins Kamenzer Malteser-Krankenhaus. Neben der
Gefahr einer lebensgefährlichen inneren Blutung werden folgende Verletzungen
festgestellt: Schädel-Hirn-Trauma, stumpfes Bauchtrauma, Thorax-Prellung,
Nieren-Quetschung und eine offene Wunde am rechten Daumen. Das
Ermittlungsverfahren gegen die drei Täter wird wegen angeblicher
Unsicherheiten bei der Identifizierung der Täter eingestellt. Der
vermeintliche Haupttäter schlägt im Januar erneut einen Flüchtling fast tot.
(siehe auch: 3. Januar 03) AMAL Görlitz; StA Bautzen und LKA Sachsen 29.1.03 20. Dezember 02 Bei einem Brand im ersten
Obergeschoß des Flüchtlingsheimes der baden-württembergischen Stadt Sinsheim
ziehen sich drei Flüchtlinge im Alter von 22, 25 und 27 Jahren Verletzungen
zu. Zwei von ihnen brechen sich Knochen, als sie in Panik aus dem Fenster
springen, und der dritte kommt mit Verdacht auf eine Rauchvergiftung ins
Krankenhaus. Die
übrigen 50 BewohnerInnen der Unterkunft kommen mit dem Schrecken davon. HSt 21.12.02 20. Dezember 02 Polizeigewahrsam Bremen – Abschiebehaft.
Dem Asylbewerber H: aus Marokko wird verweigert, Besuch zu bekommen. Als er
sich darüber beschwert, schubst ihn ein Beamter in die Zelle zurück. Dort
tritt er ihm die Beine weg, so daß er hinfällt und sein Kopf auf den Boden
schlägt. Er ist benommen und merkt, wie Beamte ihn in eine Beruhigungszelle
schleifen und dort mit Ketten an einer Matratze fixieren. Nach einer halben
Stunde erscheint ein Beamter und berührt mit einem Schlüssel seinen Fuß, wohl
um zu sehen, daß er bei Bewußtsein ist. Der Beamte bietet ihm Tabletten an,
die Herr H. jedoch nicht einnimmt. Dann wird ihm gesagt, daß er hoch gehen
solle, um seinen Besuch anzurufen. Gruppe grenzenLOS Bremen 23. Dezember 02 Rathenow in Brandenburg. Der
41 Jahre alte togoische Flüchtling Orabi Mamavi ist mit einem anderen
togoischen Flüchtling zu Schneeräumarbeiten in der Berliner Straße 30 vor der
Kreisverwaltung eingesetzt. Ein 24-jähriger Deutscher kommt plötzlich auf sie
zu und pöbelt "Nigger, geh nach Hause!" und
"Scheiß-Neger!" Er schlägt Herrn Mamavi dreimal mit der Faust ins
Gesicht und tritt seinem Kollegen gegen das Knie. Nur
durch einen hinzueilenden Mann von der Kreisverwaltung und einen Passanten,
die sich einmischen, kann Schlimmeres verhindert werden. Die gerufene Polizei
nimmt die Personalien des Täters auf und fordert Orabi Mamavi auf, mit in die
Dienststelle zu kommen, damit er dort Anzeige erstatten könne. Die
Polizisten raten Herrn Mamavi, noch heute zu einem Arzt zu gehen, der seine
Kopf- und Augen-Verletzungen attestieren soll. Orabi Mamavis Suche nach einer
Praxis bleibt erfolglos, weil alle schon wegen des anstehenden
Weihnachtsfestes geschlossen sind. Also geht Herr Mamavi zusammen mit seinem
Freund in die Rettungsstelle. Hier werden ihm mit der Begründung, es handele
sich bei dem Attest um eine Sonderleistung, 18,30 Euro für das Schreiben
abgenommen. Dies
war der zweite rassistisch motivierte Angriff, den Orabi Mamavi in Rathenow
erleiden mußte. (siehe auch: 25. April 97) Ungeachtet
des laufenden Ermittlungsverfahrens plant die Ausländerbehörde Rathenow zum
24. Juli 2003 die Abschiebung des wichtigsten Zeugen im anstehenden Prozeß
gegen den Täter: des Opfers selbst – Orabi Mamavi. Erst durch die
Intervention des Rechtsanwaltes und durch Bekanntwerden des Falles in der
Presse wird die Abschiebung bis nach dem Prozeßtermin auf den 4. September
verschoben. Der
Täter wird zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten und einer Geldstrafe
von 500 Euro verurteilt. Inzwischen
macht der Rechtsanwalt bekannt, daß der Parteiausweis, der Orabi Mamavi als
Mitglied der oppositionellen "Convention Démocratique des Peuples
Africains" (CDPA) identifiziert und den der Togolese bei seiner
Asylanhörung vor neun Jahren beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge als Beweis für seine Verfolgungsgeschichte vorgelegt hatte, von
den deutschen Behörden an die Togoische Botschaft weitergegeben wurde, um die
für die Abschiebung notwendigen Reisedokumente zu bekommen. Orabi
Mamavi, der wegen seiner oppositionellen Arbeit in Togo schon verhaftet und
gefoltert worden war und seine politische Tätigkeit auch nach seiner Flucht
in der BRD fortsetzte, ist durch die rassistischen Angriffe und durch die
ständigen Abschiebungsandrohungen am Ende seiner nervlichen Kraft. Wegen
eines Verfahrensfehlers wird die Abschiebung vom Verwaltungsgericht Potsdam
vorerst gestoppt. Flüchtlingsinitiative Brandenburg; taz 14.5.03; TS 26.6.03; FRat Brandenburg 26.6.03;TS 27.6.03; FR 5.7.03; TS 10.7.03; MAZ 11.7.03; Opferperspektive 18.7.03; taz 22.7.03; TS 23.7.03; taz
24.7.03; MAZ 24.7.03; TS 29.7.03; Opferperspektive 11.8.03; taz 13.8.03; jW 23.8.03; RBB-Brandenburg "Klartext" 26.8.03; FR
27.8.03; TS 4.9.03 26. Dezember 02 Bitterfeld im Bundesland Sachsen-Anhalt.
In den Morgenstunden wird ein 22-jähriger Flüchtling aus Kamerun von vier
Männern angepöbelt, mit der Faust ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer
bedroht. Der
Polizei gelingt es, die Täter kurze Zeit später in einer Regionalbahn festzunehmen. Polizei Dessau 27.12.02; taz 28.12.02; FR 28.12.02; BeZ 28.12.02 31. Dezember 02 In der dritten Etage des
Flüchtlingsheimes im brandenburgischen Prenzlau bricht gegen 19 Uhr in einem
der Zimmer Feuer aus. Trotz schneller Intervention zweier pakistanischer
Heimbewohner, die mit Feuerlöschern arbeiten, breitet sich der Brand weiter
aus. Auch die volle Besatzung der Feuerwehr benötigt noch eine Stunde, um die
Flammen unter Kontrolle zu bringen. Die
beiden Pakistani kommen mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus. Ca.
30 HeimbewohnerInnen, die sich zu dieser Zeit in der dritten und vierten
Etage befinden, werden auf andere Stockwerke des Heimes verteilt. NK 4.1.03 31. Dezember 02 Altenburg in Thüringen. Am
Silvesterabend sitzt ein ca. 30 Jahre alter irakischer Flüchtling auf einer
Bank. Plötzlich wird er von einer Gruppe Rechtsradikaler umringt und
beleidigt, bedroht und tätlich angegriffen. Er wird leicht verletzt. ABAD Thüringen Dezember 02 Ein nigerianischer Flüchtling
wird in der sächsischen Ortschaft Aue durch einen rassistischen Überfall
verletzt. (siehe auch: 24. März 03) AMAL Sachsen In den Jahren 2001 und 2002 Bundesland Bayern. Der 64 Jahre
alte Hausmeister Richard S. des Nürnberger Flüchtlingsheimes in der Schloßstraße
dringt mit seinem Generalschlüssel zweimal in das Zimmer der schlafenden Rena
W. aus Uganda ein, überwältigt und vergewaltigt sie. Dann droht er ihr die
Abschiebung an für den Fall, daß sie nicht bereit sei, über dieses Verbrechen
an ihr zu schweigen. Er unterstreicht dies mit der Äußerung, daß ihr als
Ausländerin sowieso nicht geglaubt werde – denn er sei ja schließlich Deutscher. Als
sich die 41-Jährige an die zuständige Sozialarbeiterin wendet, hört sie genau
dieses Argument. Der Sozialarbeiterin sei so etwas "noch nie zu Ohren
gekommen", und er sei schließlich Deutscher. Da
Rena W. als Asylbewerberin gezwungen ist, in dem Heim zu leben, kann sie
nicht verhindern, daß sie ihrem Vergewaltiger ständig begegnet – sie ist
seinen sexuellen Belästigungen noch oft ausgeliefert. Ähnlich wie ihr geht es
mindestens sieben anderen Frauen im Heim, die sich aufgrund ihrer fehlenden
Rechts- und Sprachkenntnisse und aufgrund der übergroßen Machtposition des
Hausmeisters im Heim nicht in der Lage sehen, sich zu wehren. Erst
fünf Jahre nach den Geschehnissen erstattet Rena W. Anzeige, nachdem sie ihre
Deutschkenntnisse verbessern konnte und in unabhängigen Beratungsstellen über
ihre Rechte aufgeklärt worden ist. Die
Ermittlungen gestalten sich als schwierig, weil das Heim schon länger
aufgelöst ist und viele Frauen, die von der Polizei eine Vorladung bekommen,
sich nicht trauen, dieser nachzukommen. Im
Januar 2009 muß sich der ehemalige Hausmeister vor der 13. Strafkammer des
Landgerichts Nürnberg verantworten. Neben Rena W. gibt es noch eine zweite
Zeugin, die sich bereit erklärt hat, gegen ihn auszusagen. Rena
W. steht in diesem Mißbrauchsprozeß einem männlichen Richter und zwei
männlichen Schöffen gegenüber. Zwar zweifeln diese nicht an dem Verbrechen,
doch es fehlen ihnen detaillierte Beschreibungen des
"Kerngeschehens", so daß entschieden wird, daß die Beweise gegen
den Angeklagten nicht ausreichen. Und weiter: "Es ist besser, einen
Schuldigen laufen zu lassen als einen Unschuldigen einzusperren." Nach
zwei Prozeßtagen wird der Angeklagte am 16. Januar 2009 unter lautem Protest
der anwesenden Öffentlichkeit vom Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs an
widerstandsunfähigen Personen freigesprochen. Die Anwältin der Nebenklägerin
legt Widerspruch ein. Anfang
2010 erhält Rena W. endlich ein Bleiberecht. Hinterland April 2007; Internationales Frauencafé Nürnberg; FRat Bayern 9.1.09; jW 9.1.09; NZ 14.1.09; SZ 14.1.09; Hilpoltsteiner Ztg 14.1.09;
jW 14.1.09; Donaukurier 15.1.09; Der Bote 16.1.09; jW 17.1.09; jW 20.1.09; Altmühlbote 20.1.09; Nachricht der Betroffenen im März 2010 Im Jahre 2002 Es ist bekannt, daß zwei
tschetschenische Flüchtlinge, die nach ihrer Abschiebung aus der BRD am
Flughafen Moskau von MitarbeiterInnen der russischen Menschenrechtsorganisation
Bürgerforum (Grashdariskoje Sodejstwije) erwartet wurden, nicht erschienen
sind. Ihr Aufenthalt konnte bis Anfang 2004 nicht geklärt werden (eine
vermißte Person ist hier unter dem Datum Anfang Juli 02 dokumentiert). Antirassistische Initiative Berlin Im Jahre 2002 Abschiebehaft in der JVA
Mannheim. M. T. aus Eritrea befindet sich nach einer Rückführung aus
Frankreich bereits ca. 10 Wochen in Haft. Die mehrfachen Hinweise auf seine
HIV/HCV-Infektion werden ignoriert. Der Erkrankte muß davon ausgehen, daß er
nach Eritrea gebracht und dort seinem Schicksal überlassen wird. Seine
Abschiebung wird in letzter Minute auf Grund eines Eilantrags gestoppt. Von
der Poliklinik "Assistance Hopitaux Publique de Paris" war die
Anstaltsärztin in Mannheim über die HIV-Infektion informiert worden. Die
"Behandlung" in Mannheim bestand daraufhin in der Aushändigung von
Vitamintabletten; offenbar erfolgte keine weitere Reaktion. Das zuständige
Regierungspräsidium Stuttgart behauptete noch zwei Monate nach dem Schreiben
des Pariser Krankenhauses, nichts von einer HIV-Erkrankung zu wissen. AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim Im Jahre 2002 Abschiebehaft in der JVA
Mannheim. Erst nachdem ein Rechtsanwalt bei seinem Mandanten M. K. aus der
Türkei eine Schwellung am Hals festgestellt und auf eine mögliche
TBC-Erkrankung aufmerksam gemacht hat, wird dieser nach etwa vier Wochen
Abschiebehaft in die TBC-Abteilung der JVA Bayreuth verlegt. Obwohl
sich M. K. dort noch zur "Abklärung und Behandlung" befindet,
stellt der behandelnde Arzt zunächst Haft- und Reisefähigkeit fest. Eine
Woche später ist die Haftbeschwerde beim LG Freiburg erfolgreich, nachdem in
Bayreuth erkannt wurde, daß "eine Operation erforderlich sei". AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim Im Jahre 2002 Auf die Große Anfrage der
PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag wird bekanntgegeben, daß ein
vietnamesischer Abschiebegefangener nach einer Haftzeit von vier Tagen in der
JVA Dresden einen Suizidversuch unternommen hat. Sächsisches Staatsministerium des Innern DS 4/1144 Im Jahre 2002 Auf die Große Anfrage der
PDS-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt wird bekanntgegeben, daß ein moldawischer
Abschiebegefangener nach einer Haftzeit von sechs Monaten in der JVA
Volkstedt einen Suizidversuch unternommen hat. LT Sachsen-Anhalt DS 4/1756 Im Jahre 2002 Gera in Thüringen. In fünf
Grund- und Regelschulen der Stadt kommt es immer wieder zu rassistisch
motivierten Drohungen, Beleidigungen und tätlichen Angriffen auf ausländische
oder ausländisch aussehende Kinder durch deutsche MitschülerInnen. Die
Attacken – besonders gegen Flüchtlingskinder – werden auch außerhalb der
Schulen, z.B. auf dem Heimweg, fortgesetzt. Zwei
Mädchen aus einem Flüchtlingsheim wurden monatelang täglich angepöbelt, ihnen
wurden die Schultaschen weggerissen, darauf herumgetreten oder
weggeschmissen. Sie bekamen oft Prügel angedroht, einige Male wurde ihnen mit
Fäusten ins Gesicht geboxt, oder sie wurden getreten. Schulleitungen
und LehrerInnen negieren und ignorieren diese Probleme und sind überhaupt
nicht bereit, Stellung zu beziehen und den tatsächlich vorhandenen
Aggressionen gegen Flüchtlinge und MigrantInnen pädagogisch entgegenzutreten.
ABAD Thüringen Im Jahre 2002 Nach Auskunft der
Bundesregierung wurden im Jahre 2002 vier Personen an der deutsch-polnischen
Grenze und eine Person an der deutsch-tschechischen Grenze tot aufgefunden.
Diese Menschen starben infolge ihres "unerlaubten" Grenzübergangs.
(drei Todesfälle an der deutsch-polnischen Grenze sind hier dokumentiert) BT Drucksache 15/413, Frage 40 Im Jahre 2002 Polnisch-deutsche Grenze. Anfang
des Jahres versucht ein Vater mit seinem kleinen Sohn die Neiße zu
überqueren. Beide Flüchtlinge fallen ins Wasser und treiben im eiskalten
Wasser ab. Seither gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihnen. FRat Brbg Im Jahre 2002 Der sächsische Staatsminister des
Inneren gibt auf die Kleine Anfrage der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag
nach der Anzahl der Ausländerinnen und Ausländer, die bei dem Versuch,
entlang der sächsischen Grenze in die BRD zu gelangen, verletzt wurden (z.B.
durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Bisse durch Diensthunde), die Zahl neun
an. Sächsisches Staatsministerium des Inneren 4/0106
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