zur Hauptseite Zusammenfassung 2000
Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und 1. Januar 00 Burg bei Magdeburg in Sachsen-Anhalt. In der
Silvesternacht werden mehrere Asylbewerber von elf Jugendlichen angegriffen,
nachdem die Schläger vorher Nazi-Parolen gegrölt haben. FR 3.1.00; JWB
12.1.00 1. Januar 00 Rathenow
in Brandenburg. 40
Minuten nach dem Jahreswechsel ist eine sechsköpfige Gruppe von
pakistanischen Asylbewerbern auf dem Weg in das Flüchtlingsheim Birkenweg. In
der Berliner Straße im Zentrum der Stadt werden sie von 15 kahlköpfigen Deutschen
angepöbelt und angegriffen. Zwei von ihnen werden geschlagen. Einer der
Angegriffenen, der 24-jährige Khalid Mahmoud, wird so heftig am Nacken
getroffen, daß er im Fallen bewußtlos wird. Dann treten acht Männer auf ihn
ein. Danach feuern die Angreifer Feuerwerkskörper von der anderen
Straßenseite auf den am Boden Liegenden ab. Eine Deutsche stellt sich mit
ihren drei Bekannten vor den Verletzten, um ihn vor den Silvesterknallern zu
schützen; sie retten ihm damit das Leben. Alle anderen Anwesenden in der
Berliner Straße greifen nicht ein. Khalid Mahmoud kommt mit dem Verdacht auf
ein Schädel-Hirn-Trauma und immer noch ohne Bewußtsein ins Krankenhaus. Die
deutschen Angreifer fliehen und werden erst zwei Wochen später ermittelt. Erst im Februar
erklärt sich das Sozialamt des Landkreises Havelland bereit, die Kosten für
die Zahnbehandlung des Überfallopfers zu übernehmen. Khalid Mahmoud waren
mehrere Zähne herausgeschlagen worden. Im April 2002
werden die zwei Haupttäter zu Freiheitsstrafen von zweieinhalb Jahren ohne
Bewährung sowie einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Drei
weitere Angeklagte können aufgrund der Verweigerung und der Lügen der
nächtlichen Zeugen nicht wegen der Hetzjagd verurteilt werden. RA 3.1.00; MAZ 3.1.00; FR 3.1.00; BeZ 3.1.00; BM
3.1.00; RA 4.1.00; MAZ 4.1.00; JWB 12.1.00; RA 13.1.00; BeZ 13.1.00; MAZ 13.1.00; FR 2.2.00; BeZ 5.2.00; RA 8.2.00; BeZ 8.2.00; FR 9.2.00; TS 10.2.00; jW 14.2.00;
Opferperspektive 2.4.02 3. Januar 00 Der Kolumbianer Nelson Quinones-Palacios stirbt auf der
Krankenstation der JVA Mannheim. Er hatte bereits am 26. Dezember über heftige Bauchschmerzen geklagt, er hatte
hohes Fieber und Schüttelfrost. Ein Krankenpfleger ließ ihm eine Packung
Kopfschmerztabletten in der Zelle. Nachdem sein Zellengenosse den zweiten
schriftlichen Antrag auf ärztliche Untersuchung gestellt hatte, wurde er am
29. Dezember ärztlich untersucht und kam wieder in die Zelle zurück. Als sich
sein Zustand im Laufe des Tages dramatisch verschlechterte, kam er endlich
auf die Krankenstation. Acht Mitgefangene
von Nelson Quinones-Palacios schreiben am 17. Januar einen detaillierten
Bericht an die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international und an die
Staatsanwaltschaft. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen die verantwortlichen
Ärzte und gegen die Gefängnisleitung. Die Protestierenden bieten sich als
Zeugen an, einige werden unmittelbar abgeschoben. AG für Menschen
in Abschiebehaft Mannheim Oktober 2000 7. Januar 00 Aus Protest gegen seine für den 11. Januar vorgesehene
Abschiebung zündet sich der 31 Jahre alte Kurde Idris Tamur in der JVA
Würzburg selbst an und erleidet dadurch Verbrennungen zweiten Grades am
linken Bein. Er kommt ins Haftkrankenhaus der JVA. Wegen
Hochverrates war Idres Tamur – zusammen mit 27 anderen Kurden – vom Staatssicherheitsgericht
Diyarbakir 1992 zunächst zum Tode – dann, nach Umwandlung des Urteils, zu
lebenslanger Haft verurteilt. Nach seiner
Flucht in die BRD stellte er 1997 einen Asylantrag, der im Februar 1999 vom
Verwaltungsgericht Cottbus abgelehnt worden war. Im Dezember war
Idris Tamur an der österreichisch-deutschen Grenze festgenommen worden und in
Abschiebehaft gekommen. Am 2. Februar
wird die Abschiebung von der 4. Kammer des Verwaltungsgerichtes Cottbus aus
rechtlichen Gründen gestoppt. AZADI 15.1.00;
AZADI 8.2.00 7. Januar 00 Belzig im brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark.
In einem Lebensmittelmarkt wird am Nachmittag ein 28 Jahre alter indischer Asylbewerber
von zwei deutschen Männern angegriffen. Sie schlagen ihn dermaßen, daß er mit
Prellungen und Blutergüssen am Kopf und mit einer Oberlippenverletzung im
Krankenhaus behandelt werden muß. Gegen die Täter werden Haftbefehle
erlassen. TS 9.1.00; BM 9.1.00; RA 10.1.00; FR 10.1.00; BeZ 10.1.00; taz
10.1.00; BeZ 13.1.00 8. Januar 00 Rathenow in Brandenburg. Als der 32 Jahre alte Andy John,
Flüchtling aus dem Tschad, am Sonntagnachmittag eine Gaststätte verläßt, wird
er von fünf deutschen Männern verfolgt, getreten und geschlagen. Er muß seine
Verletzungen im Kopfbereich und an den Beinen im Krankenhaus ambulant
behandeln lassen. Die Täter
entkommen zunächst unerkannt – werden jedoch eine Woche später ermittelt. RA 10.1.00; BeZ
10.1.00; FR 10.1.00; taz 10.1.00; RA 11.1.00; ND 11.1.00; TS 11.1.00; RA 13.1.00; MAZ
13.1.00; BeZ 13.1.00; TS
13.1.00; FR 5.2.00; stern 26/00;
Opferperspektive 11. Januar 00 Der 22 Jahre alte kurdische Flüchtling Yusuf Demir wird
als abgelehnter Asylbewerber nach vierjährigem Deutschland-Aufenthalt in die
Türkei abgeschoben. Herr Demir, der
sich im Wanderkirchenasyl befand, war bereits am 5. Januar auf dem Dortmunder
Hauptbahnhof von BGS-Beamten festgenommen worden, als er sich außerhalb der
schutzgewährenden Kirchengemeinde aufhielt. Sofort kam er in das
Abschiebegefängnis Büren, von wo aus die Abschiebung erfolgte. Direkt nach der
Ankunft in Istanbul wird er durch die Flughafenpolizei festgenommen und an
einen ihm unbekann- ten Ort gebracht. Er wird verhört und immer wieder
geschlagen. Er soll auf vorgelegten Fotos vom Kirchenasyl Personen namentlich
benennen. Mit der Auflage, sich zur Ableistung seines Militärdienstes in der
Kaserne in Mardin zu melden, kommt er nach zwei Tagen frei. Dieser Auflage
kommt er nicht nach. Am 8. Februar
wird er in Izmir von Polizisten der Anti-Terror-Abteilung festgenommen und
weitere zwei Tage lang verhört, beleidigt und geschlagen. Am Tag seiner
Freilassung wird er aus einem Taxi gezerrt und erneut bis zum Abend des
folgenden Tages festgehalten. Beamte einer Motorradeinheit verprügeln ihn
dermaßen, daß er zwei Zähne verliert. Yusuf Demir war
1996 mit seiner Familie in die BRD geflüchtet, um Asyl zu bekommen. AZADI
informationen Nr. 18 Februar/März 2000; jW 11.3.00; IMK-Wocheninformationsdienst
Nr. 55-56, 9./16. März 2000; Antirassistische
Initiative Berlin 14. Januar 00 Der Togoer Y. wird nach Ablehnung seines Asylantrages nach
Ghana abgeschoben. Der Asylantrag, den er in Ghana stellt, wird ebenfalls
abgelehnt, so daß er am 25. Februar nach Togo abgeschoben wird. Der politisch
aktive Oppositionelle war in Togo verfolgt worden und hatte deshalb im Jahre
1992 in die BRD fliehen müssen, um sein Leben zu retten. Er war zunächst im
Jahre 1997 als Asylberechtigter anerkannt worden, wogegen der
Bundesbeauftragte aber geklagt hatte, so daß das Verwaltungsgericht Neustadt
an der Weinstraße ihm letzten Endes den Status wieder entzog, weil es der
Meinung war, daß ihm bei einer Rückkehr nach Togo keine Gefahr drohe. Da der Mann auch
in der BRD mit Publikationen und bei Demonstrationen gegen das Terror-Regime
in Togo öffentlich protestiert hatte, und dies auch der togoischen Seite
bekannt war, wird er mit der Abschiebung direkt in die Hände seiner Verfolger
ausgeliefert. Auf dem Flughafen
in Lomé erfolgt seine sofortige Festnahme. Um seiner Familie die Suche nach
ihm unmöglich zu machen, wird er dann in verschiedenen Kommissariaten und
Gefängnissen gefangen gehalten. Er wird nach seinen exilpolitischen Aktivitäten befragt
und dabei mit Schlägen, Tritten und Elektroschocks gefoltert. Er wird immer
wieder aus Deutschland abgeschobenen Flüchtlingen vorgeführt, die gezwungen
werden, ihn als einen Führer der Exil-Sczene zu identifizieren. Einigen
kennen ihn offensichtlich überhaupt nicht. Nach ca. acht Monaten
Gefangenschaft entkommt er aus einem Krankenhaus. Ihm gelingt ein
zweites Mal die Flucht in die BRD, so daß er zu seiner Frau und seinen beiden
Kindern zurückkehren kann. Aufgrund der deutlichen Zeichen von erlittener
Folter, Spuren von Elektroschocks, Schlägen, einer Schnittwunde und einem
gebrochenem Finger und aufgrund einer schweren psychischen Traumatisierung,
die nachweislich durch die Mißhandlungen entstanden ist, wird ihm jetzt
politisches Asyl gewährt. Barbara Ginsberg
– Rechtsanwältin; Bündnis gegen
Abschiebungen Mannheim; MaM 15.1.00; FR
1.2.00; Evangel.
Kirchenbote 4-2000 18.
Januar 00 Der 39 Jahre alte Christian El Marasi aus Ägypten tötet
sich in der JVA Landshut aus Angst vor seiner bevorstehenden Abschiebung durch
Vergiften. IMEDANA 26.10.00 21.
Januar 00 Abschiebegefängnis
Köpenick in Berlin. Zwei Männer, ein Ukrainer und ein Portugiese, erleiden
während ihres seit mehreren Tagen andauernden Hungerstreikes einen
Kreislaufkollaps. BM 22.1.00 22. Januar 00 Harsefeld in Niedersachsen. Um 22.00 Uhr wird ein
Molotow-Cocktail gegen die Flüchtlingsunterkunft geschleudert. Einem Bewohner
gelingt die schnelle Löschung des Feuers, so daß die 42 BewohnerInnen
unverletzt bleiben. Die Täter entkommen in einem weißen Golf. Fünf
Tatverdächtige werden zwei Tage später von der Polizei gestellt. FR 24.1.00; BeZ
24.1.00; ND 24.1.00; taz 24.1.00; FRat NieSa Heft 69/70
Aug.-Sept. 2000 25. Januar 00 Singen in Baden-Württemberg. Der kurdische Flüchtling Ali Güzel
erhängt sich in der Toilette der Flüchtlingsunterkunft in der
Langenrainstraße 24. Nach Aussagen von Flüchtlingsgruppen zerbrach Ali Güzel
an der menschenverachtenden Behandlung und Unterbringung während seines
Asylver- fahrens. Nach seinem Tod
versuchen seine Frau und seine zwei Kinder wochenlang, eine Umverteilung nach
Freiburg zu Verwandten zu erreichen. Dieses wird immer wieder abgelehnt. Der
13-jährige Sohn kommt daraufhin für drei Wochen in die stationäre
psychiatrische Betreuung. Einer 20 Jahre alten Tochter, die an einem anderen
Ort leben muß, wird der Antrag, zu der Mutter zu fahren, immer wieder
abgelehnt. SAGA 22.2.00 29. Januar 00 Weil im Schönbuch in Baden-Würrtemberg. Der 20 Jahre alte Kurde
Sahin Coban tötet sich aus Angst vor der Abschiebung selbst. Sahin Coban war
als 11-Jähriger mit seinen Eltern und seinen beiden jüngeren Geschwistern in
die BRD geflohen, und die Familie hatte politisches Asyl bekommen. Anfang Dezember
1999 war Sahin Coban auf dem Landratsamt erschienen und hatte den Verzicht
auf die Asylanerkennung vorgetragen. Daraufhin erhielt er eine
Grenzübertrittsbescheinigung. Unmittelbar danach versuchte er – zusammen mit
seinem Vater – diesen Verzicht wieder rückgängig zu machen. Wenige Tage vor
seiner Selbsttötung erschien er bei einer Mitarbeiterin des AK Asyl
Baden-Württemberg mit massiven Abschiebeängsten und hatte um Hilfe gebeten AK Asyl BaWü 4.2.00; Antifaschistische
Nachrichten 4/00; Innenministerium
Ba-Wü 15.2.00 30. Januar 00 Bundesland Baden-Württemberg. Der 27 Jahre alte kurdische
Flüchtling Murat Islek erhängt sich in der Küche seiner Wohnung in Kirchheim
unter Teck. Am Tag zuvor hat er den ablehnenden Bescheid eines Antrags zur
Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß einer Altfallregelung erhalten. Sowohl Murat Islek wie auch seine spätere Frau Sadiye
waren als PKK-Aktivisten in der Türkei verfolgt, festgenommen und mißhandelt
worden. Im Jahre 1990 floh Murat Islek als 18-Jähriger in die BRD – Sasiye war ihm 1993 gefolgt. Auch
hier setzten sie ihr Engagement für die PKK fort. Die Hoffnung auf
ein sicheres Leben in der BRD wurde trotz eigener Wohnung und
Erwerbstätigkeit immer wieder zerstört. Alle Asylanträge, Petitionen, Eingaben und
Klagen für sich, seine Frau und die beiden in Deutschland geborenen Kinder,
Ruken und Firat, waren abgelehnt worden. Erst nach seinem
Tod erhalten seine Witwe und seine beiden Kinder ein Bleiberecht. Özgür politika
2.2.00; AK Asyl BaWü 4.2.00; StA Stuttgart
7.2.00; AZADI
informationen Nr. 18 Februar/März 2000; Innenministerium
Ba-Wü 15.2.00; Antifaschistische
Nachrichten 4/00 30.
Januar 00 Frankfurt am Main. Die Bosnierin Senida P. stürzt sich aus
dem achten Stock eines Wohnhauses in den Tod. Die kriegstraumatisierte Frau
war aufgefordert worden, Deutschland zu verlassen. Bei Nicht-Beachtung der
Ausreiseverfügung war ihr die Abschiebung angedroht worden. Das
Verwaltungsgericht hatte noch am Freitag, dem 28. Januar, einen Eilantrag anerkannt. Der Beschluß
erreichte Senida P. allerdings nicht mehr. Bei einem Besuch ihrer Eltern, die
beide eine Aufenthaltserlaubnis haben, setzt die 26-Jährige ihrem Leben ein
Ende. FR 18.2.00; Hanauer
Helferkreis für Flüchtlinge und Asylbewerber Ende Januar 00 Der armenische Asylbewerber Artur Muradov erhängt sich in
der Psychiatrischen Klinik Mühlhausen in Thüringen. Der ca.
35-Jährige, der aus Aserbaidschan stammte, hatte mit seiner Freundin und
deren zwei Kindern in der Flüchtlingsunterkunft Weilrode gelebt. Bevor die
Familie nach Weilrode kam, lebte sie kurze Zeit in einem Flüchtlingsheim in
Mühlhausen. Auch hier war der Mann schon in psychiatrischer Behandlung. Als er in der
Silvesternacht 1999/2000 versucht hatte, sich mit einem Gürtel zu erhängen,
war er in die Klinik eingewiesen worden. taz 16.5.01;
Antirassistische Initiative Berlin Januar 00 Die Kurdin und abgelehnte Asylbewerberin F. C. wird in die
Türkei abgeschoben, schon auf dem Flughafen festgenommen und in einen
gesonderten Raum geführt. Hier muß sie sich nackt ausziehen: "Man hat mich an den Haaren gepackt und gegen die
Wand geschlagen, dabei habe ich geschrieen. Je mehr ich schrie, desto mehr
Spaß hat es ihnen gemacht. (...) Sie haben mich an den Brustwarzen
festgehalten und gezogen." Die Folterer
fragen sie nach ihrer Organisationszugehörigkeit, nach dem Grund ihrer
Ausreise, nach ihrer Familie und nach ihr völlig unbekannten Personen.
Insgesamt 14 Tage lang wird Frau C. sexuell mißhandelt und gefoltert – dann
kommt sie frei. Eine befreundete Familie in Izmir nimmt sie auf, wo sie kurz
vor dem 1. Mai von Polizeibeamten wieder abgeholt wird. Sie wird auf die
Wache gebracht, wo sie geschlagen und mißhandelt wird. Nach ihrer
Entlassung verschreibt ihr ein Arzt 20 Tage Bettruhe. Als Frau C. auf der
Straße in Ohnmacht fällt, kommt sie in ein Krankenhaus. Aufgrund ihrer
deutlichen Spuren der Gewaltanwendung erstellt ein Arzt im Beisein eines
Beamten ein Attest. Als Frau C. das
Krankenhaus verläßt, fangen sie zwei Polizisten ab, nehmen sie mit zur Wache
und zwingen sie zu unterschreiben, daß sie die Verletzungen durch die Prügel
ihres Vaters erhalten hat, der sie zwingen wollte, einen bestimmten Mann zu
heiraten. Ihr Vater jedoch ist bereits 1990 infolge von Mißhandlungen
gestorben. F. C. gelingt die
erneute Flucht in die BRD, wo ihr im September 2000 "kleines Asyl"
gewährt wird. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. "Kleines
Asyl" hatte die 1996 erstmals nach Deutschland geflohene F. C. bereits
schon einmal im September 1996 bekommen. Der Bundesbeauftragte hatte
allerdings gegen den Bescheid geklagt, so daß F. C. offiziell in die Hände
ihrer Verfolger geschickt werden durfte. Dokumentation vom FRat NieSa und
Pro Asyl, Juni 2001 Anfang Februar 00 Abschiebegefängnis Berlin-Moabit in der Kruppstraße. Die
chinesische Abschiebegefangene Li, die sich seit sieben Tagen im Hungerstreik
befindet und auch die Flüssigkeitsaufnahme zu großen Teilen verweigert,
bricht zusammen, reißt sich die Haare aus und rennt buchstäblich mit dem Kopf
gegen die Wände. Sie kommt daraufhin in die geschlossene psychiatrische
Abteilung des Krankenhauses Moabit, wird von hier aus am nächsten Tag
entlassen und ist damit auch aus der Abschiebehaft heraus. Pfarrerin
Berkenfeld 3. Februar 00 In der Hamburger JVA Glasmoor begeht ein 38 Jahre alter
Abschiebegefangener einen Suizidversuch. Hamburgische
Bürgerschaft DS 20/469 4. Februar 00 Ein anonymer Anrufer im Rathenower Flüchtlingsheim im
Birkenweg kündigt an, daß "er und seine Kumpels" das Heim in der
kommenden Nacht "abfackeln" würden. RA 8.2.00; MAZ 8.2.00 5. Februar
00 Eine große Gruppe Jugendlicher greift im mecklenburgischen
Schönberg das Flüchtlingsheim an. Sie randalieren und werfen die
Fensterscheiben ein. 17 Personen werden vorläufig festgenommen. FR 2.2.00 6. Februar 00 Im brandenburgischen Neuruppin werden ein 15-jähriger
Kurde und ein 13-jähriger Albaner von einem 16-jährigen Deutschen angegriffen
und mit Füßen getreten. Die beiden erleiden Prellungen. RA 8.2.00 8. Februar 00 Um seiner Abschiebung zu entgehen, reist der 37 Jahre alte
togoische Flüchtling Z. "freiwillig" und mit falschen Papieren nach
Togo zurück. Nachdem
Exil-Togoer in Hannover auf der EXPO gegen den Präsidenten Eyadema
demonstriert haben, wird das Haus von Herrn Z. überfallen, und alle
anwesenden Familienmitgliedern werden mißhandelt. Er selbst wird
bei politischen Aktivitäten festgenommen und schwer geschlagen. Danach
gelingt ihm erneut die Flucht in die BRD. Barbara Ginsberg
– Rechtsanwältin 11. Februar 00 Rathenow
in Brandenburg. Ein
26-jähriger pakistanischer Flüchtling wird in einem Hausflur von sechs bis
acht deutschen Rassisten beschimpft und gegen den Körper und ins Gesicht
geschlagen. Drei
Tatverdächtige werden von der Polizei ermittelt; sie bestreiten die
Körperverletzung jedoch. BeZ 18.2.00; TS 19.2.00; MAZ 19.2.00; RA 19.2.00 11. Februar 00 In der Godimstraße im bayerischen Pentling ist die Polizei
vorgefahren, um die Armenierin Tigranoui Aslanian und ihre beiden Kinder zur
Abschiebung abzuholen. Während die Mutter und der elfjährige Sergej in den
Bus einsteigen, läuft die neunjährige Anaid weg, klammert sich an eine
Nachbarin und sagt in bayerisch gefärbtem Deutsch, daß sie nicht mitgehen
werde. Ein Polizist sagt
schließlich: "Los, wir fahren", schließt die Schiebetür, und der
Polizeiwagen fährt los. Die neunjährige
Anaid Aslanian bleibt allein in Bayern zurück; ihre Mutter und ihr Bruder
werden nach siebenjährigem Aufenthalt in der BRD abgeschoben. FR 29.4.00; SD
1.8.03 14.
Februar 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der Nigerianer Hadex A., der sich zusammen mit 13 weiteren
Mitgefangenen seit 16
Tagen im Hungerstreik befindet, wird schwer krank in das Krankenhaus Köpenick
gebracht. Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin; taz 16.2.00 14.
Februar 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. 13 hungerstreikende Gefangene werden in den 5. Stock des
Hauses 2 in Köpenick zusammengelegt und damit von den anderen Gefangenen
isoliert. Zwei Männer befinden sich in so einem dramatischen
Gesundheitszustand, daß sie aus der Abschiebehaft entlassen werden müssen. Antirassistische Initiative
Berlin; I.A.A.D.H.; Libertad! Ortsgruppe Berlin
15.2.00; Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin 15. Februar
00 Albbruck in Baden-Württemberg. Die 20 Jahre alte kurdische
Asylbewerberin Sultan Dogan nimmt sich das Leben. Zahlreiche Versuche von
ihr, zu ihren Eltern nach Lottstetten zu gelangen, wurden vom Landratsamt
Waldshut immer wieder abgelehnt. Dann wurden ihre Eltern abgeschoben. Sultan
Dogan hinterläßt einen Abschiedsbrief. SAGA 2.2.00;
Özgür politika 18.2.00; AZADI
informationen Nr. 18 Februar/März 2000 17. Februar 00 Ein 24 Jahre alter Deutscher wirft einen Brandsatz durch
ein Fenster eines Flüchtlingsheimes in Bochum-Wattenscheid. Das Feuer kann
durch BewohnerInnen gelöscht werden, so daß niemand verletzt wird. Der Täter gibt
später an, daß er von einem Mann und einer Frau aus Rachemotiven heraus zu
der Tat angestiftet worden war. BeZ 27.10.00 22. Februar 00 In der thüringischen Stadt Gotha wird ein Asylbewerber von
acht Neonazis angegriffen und brutal zusammengeschlagen. Die Polizei stellt
bei den Tätern Messer und Schlagwaffen sicher. Konkret 10/00, S. 17 25.
Februar 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Serafim M. wird, nur mit T-Shirt bekleidet, auf den
Gefängnishof geführt und dort eine halbe Stunde warten gelassen. Dann wird er
in einem ungeheizten Polizeiwagen gefesselt zum Zahnarzt gefahren. Auch dort
werden seine Handschellen nicht entfernt, so daß er sich mit auf dem Rücken
gefesselten Händen auf den Behandlungsstuhl legen muß. Er darf dem Zahnarzt
auch den schmerzenden Zahn nicht zeigen, so daß er von sich aus auf die Behandlung
verzichtet. (siehe auch: 28. März 2000) Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin 25. Februar 00 In Großpostwitz nahe dem sächsischen Bautzen kommt ein
Auto von der Fahrbahn ab und prallt gegen einen Baum. In dem zerstörten Wagen
finden Polizisten fünf Männer, vier Frauen und drei kleine Kinder. Diese
afghanischen Flüchtlinge werden direkt nach der Bergung dem Bundesgrenzschutz
übergeben. Der Fahrer, der nach dem Unfall flüchtet, hatte versucht, einer
Kontrolle des Bundesgrenzschutzes zu entkommen, indem er über die
Bundesstraße 96 davongerast war. SäZ 28.2.00 26. Februar 00 Ein Brand im Flüchtlingsheim von Rottstock – Kreis
Potsdam-Mittelmark – kann frühzeitig gelöscht werden, so daß niemand der 56
BewohnerInnen verletzt wird. Es wird wegen des Verdachtes der Brandstiftung
ermittelt. RA 29.2.00 26. Februar 00 Auf der Verbindungsstraße von Waidhaus nach
Georgenberg in Bayern – nahe der deutsch-tschechischen Grenze. Ein irakischer
Flüchtling erleidet einen Schwächeanfall und wird vom BGS festgenommen. BT DS 14/5613 28. Februar 00 Singen in Baden-Württemberg. Das Gelände des
Flüchtlingsheimes wird in den frühen Morgenstunden von Polizeiwagen
abgesperrt und von BeamtInnen umstellt. Dann wird die Unterkunft gestürmt –
die Razzia beginnt. 24 Türen werden eingetreten, die schlafenden Flüchtlinge
unter vorgehaltener Pistole aus den Betten gerissen, durchsucht,
erkennungsdienstlich behandelt. Einige BewohnerInnen müssen sich nackt ausziehen
und auf den Boden legen. Die Zimmer der Menschen werden von oben bis unten
durchsucht, Musikgeräte geöffnet und dabei zerstört. Ein Flüchtling
wird bei der gewaltsamen Öffnung seiner Zimmertür am Kopf verletzt, ein
anderer verletzt sich, als er in Panik von einem Balkon springt. Ein Beamter
schlägt einem Flüchtling seine Bibel aus der Hand und beschimpft ihn
rassistisch. Sechs Menschen
werden festgenommen, 29 Handys, Bargeld, Elektroartikel, Parfümflaschen,
Bekleidungsstücke, Schmuckstücke und Rucksäcke werden beschlagnahmt. An der
Polizeiaktion nehmen über 100 BeamtInnen der Polizei Singen und Konstanz, der
Kriminalpolizei, des Bundesgrenzschutzes und deren Diensthunde teil. Die
ganze Aktion wird von der Polizei auf Video aufgezeichnet. Als sie das Heim
nach fünf Stunden verlassen, bleiben neben den materiellen Zerstörungen
gedemütigte und geschockte Erwachsene und Kinder zurück. Die Polizei räumt
in den folgenden Tagen ein, daß keinerlei Hinweise auf Rauschgift
festgestellt werden konnten – die Festgenommen müssen freigelassen werden,
und übrig bleiben als Beweismittel: eine Gaspistole, ein gestohlenes Fahrrad
und ein paar ungeklärte Handys. Offielle Anfrage
des Runden Tisches Konstanz an die Polizeidirektion 17.5.00 29. Februar 00 Beeskow in Brandenburg. Der Flüchtling Sarif B. aus Sierra
Leone wird am Busbahnhof von zwei Skinheads als "Nigger" beschimpft
und vor ein herannahendes Auto gestoßen. Der Fahrer kann ausweichen, so daß
Sarif B. unverletzt bleibt. Als noch drei weitere Skinheads auftauchen,
flüchtet er in einen Supermarkt. Noch zweimal wird
Sarif B. in der Folgezeit Opfer rassistischer Angriffe. Einmal vor einem
Supermarkt, ein anderes Mal versuchten die Täter ihn aus einem Zug zu werfen.
Als sich die Tür schloß, traten sie ihm in den Rücken. Opferperspektive;
RBB-Brandenburg
"Klartext" 26.8.03 1. März 00 JVA-Glasmoor in Norderstedt bei Hamburg. Ein Bediensteter
schlägt den algerischen Abschiebegefangenen Emene K. vor einer Gruppe von
vier Kollegen schwer zusammen. Er schlägt ihn mit der Faust mehrmals zu
Boden, hebt ihn immer wieder auf und stößt ihn schließlich gegen den
Türpfosten eines Gittertores. Der 30-jährige Emene K. erleidet einen
Jochbeinbruch, einen Zungenriß und mehrere Schürfwunden und Prellungen. Er
kommt zur medizinischen Behandlung ins Krankenhaus. Wenn mißhandelte
Gefangene in Glasmoor in ähnlichen Fällen Anzeige erstattet hatten, dann war
das Verfahren bisher immer daran gescheitert, daß die Opfer noch vor
Eröffnung des Verfahrens abgeschoben wurden. Jetzt gelingt es erstmals, den
Täter vor Gericht zu bringen. Am 29. September
2001 wird der Schließer freigesprochen. Begründung: "...im Zweifel für
den Angeklagten". Glasmoorgruppe; taz 27.4.00; FANTIFA-Norderstedt Okt. 2001 4. März 00 Rathenow in Brandenburg. Ein 25-jähriger Brandenburger
skandiert vor dem Flüchtlingsheim "Ausländer raus!" In einem
Schnellverfahren wird er daraufhin vom Amtsgericht Rathenow schon vier Tage
später wegen Volksverhetzung zu 750 DM Strafe verurteilt. MAZ 9.3.00 4. März 00 Eine unbekannte tote Person wird in der Nähe der
deutsch-tschechischen Grenze in einem Waldstück – Ortslage Olbernhau –
gefunden. BT DS 14/5613 5.
März 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Es ist der 16. Hungerstreik-Tag des Angolaners und
abgelehnten Asylbewerbers Nidjo Lucubami. Morgens um 8.40 Uhr kommen drei
Beamte, um ihn zur Blutentnahme zu bringen. Aufgrund seiner
Kreislaufstörungen kann Herr Lucubami sich nicht schnell genug vom Stuhl
erheben, woraufhin die Beamten auf ihn einschlagen und ihn schließlich
hochreißen und "wie einen Sack" bis in die 5. Etage schleifen. Dort
wird er auf den Boden geworfen, so daß ihm die Luft wegbleibt. Seine
Verletzungen, Schwellung in der Nierengegend und eine Verlet- zung
am rechten Ellenbogen, zeigt er seinen Mitgefangenen und Besuchern. Er
erstattet Anzeige wegen Körperverletzung im Amt. Um 16.30 Uhr
desselben Tages erfolgt die Abschiebung von Nidjo Lucubami mit der Air France
in ärztlicher und BGS-Begleitung. Sein körperlicher Zustand ist so desolat,
daß die Fluggesellschaft ab Paris einen Rollstuhl ordert. Auf dem Flug
versucht Herr Lucubami noch dreimal, sich durch Aufschneiden von Blutgefäßen
umzubringen. Am 28. August
wird Herr Lucubami in Luanda auf offener Straße von angolanischen Polizisten
überfallen und niedergeschossen. (siehe dort) Interview mit Nidjo Lucubami am
5.3.00; Antirassistische Initiative
Berlin; I.A.A.D.H. 6.3.00 5. März 00 Cottbus in Brandenburg. Ein 24 Jahre alter indischer
Flüchtling wird in einem Bahnhofstunnel von sechs deutschen Männern
überfallen und zusammengeschlagen. Auch als der Mann am Boden liegt, lassen
die Angreifer nicht von ihm ab: sie treten ihm in den Bauch, gegen den Rücken
und an den Kopfbereich. Er erleidet einen Kieferbruch und eine
Augenverletzung. Ein Jahr später
werden vier Täter vom Cottbuser Amtsgericht wegen gefährlicher
Körperverletzung zu Jugendstrafen von eineinhalb und zwei Jahren mit
Bewährung verurteilt. Zudem werden alle Täter zu einer Zahlung von 600 DM (!)
Schmerzensgeld verurteilt. BeZ 8.3.00; MAZ 18.3.00; noch härtere
zeiten (Cottbuser Wochenkurier 15.3.00); ND 22.3.01; BeZ
22.3.00 7. März 00 Als der 23 Jahre alte Kurde Ayhan Atmalioglu von der
Bremer Polizei zur Abschiebung abgeholt werden soll, bricht er zusammen, so
daß die Abschiebemaßnahme unterbrochen werden muß. Er wird vorerst ins
Krankenhaus Bremen-Ost transportiert. Ayhan Atmalioglu
hat panische Angst vor einer Rückkehr in die Türkei. Viele seiner Familienangehörigen
sind zu langen Freiheitsstrafen verurteilt worden und wurden gefoltert,
einige wurden getötet. Zwei seiner Cousins sind nach einer Festnahme durch
das türkische Militär spurlos verschwunden; ein Cousin starb an den Folgen
eines Hungerstreiks in einem Istanbuler Gefängnis, eine Cousine ist infolge
der Folter erblindet. Zwei seiner Brüder wurden vor seinen Augen durch
Soldaten mit Handgranaten hingerichtet. Diese Ereignisse haben Ayhan
Atmalioglu schwer traumatisiert. IMRV Bremen
7.3.00 8. März 00 Frankfurt an der Oder – Stadtgebiet. In der Kläranlage
wird eine unbekannte tote Person aus dem Wasser geborgen. Sie ist bei dem
Versuch, die polnisch-deutsche Grenze zu überwinden, offensichtlich
ertrunken. BT DS 14/5613 10.
März 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Moabit in der Kruppstraße. Der abgelehnte Asylbewerber Paulo Bunga
Antonio wird in sehr schlechter körperlicher Verfassung nach Angola
abgeschoben. Durch einen Hungerstreik mit sehr geringer Flüssigkeitsaufnahme
hatte er bis zum Schluß gegen die drohende Abschiebung protestiert. Bereits Ende Februar mußte ein Abschiebeversuch aufgrund
seiner energischen Weigerung abgebrochen werden. Statt zurück in das
Abschiebegefängnis Köpenick war er dann in die Kruppstraße gebracht worden. Jesuiten-Flüchtlingsdienst 10. März 00 Im bayerischen Eslarn an der deutsch-tschechischen Grenze
wird ein Flüchtling aus Sri Lanka mit Unterzuckerung (vermutlich Hunger) vom
BGS aufgegriffen. BT DS 14/5613 13. März 00 Polizei-Razzia im Flüchtlingsheim Zella-Mehlis in
Thüringen. Acht Polizeibusse, acht Polizei-PKWs, drei zivile PKWs rollen
morgens um 6.00 Uhr vor das Heim. 40 bewaffnete Polizisten in Kampfuniform,
Hunde und einige Zivil-Personen beginnen mit der Durchsuchung der einzelnen
Zimmer der Flüchtlinge, nachdem das vierstöckige Gebäude umstellt worden ist. Im Zimmer 207a
wohnt V. A. S. Als er nach dem Sinn des polizeilichen Überfalls fragt, wird
er brutal überwältigt und mit Handschellen gefesselt auf den Flur geführt. Sein
Zimmer wird durchsucht, die Beamten finden 900 DM und konfiszieren diese
umgehend. Ihre Begründung: Die monatliche Unterstützung würde nicht
ausreichen, um eine Geldsumme in solcher Höhe zu besitzen. FRat Thür Info
Nr. 14 14. März 00 Brand in einem Flüchtlingsheim in Mönchengladbach. Das
Feuer wurde um 4.00 Uhr morgens in einem der höheren Geschosse des mittleren
von drei Wohnhäusern entdeckt. 120 BewohnerInnen werden evakuiert, 14 von ihnen müssen
mit dem Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus. BeZ 15.3.00; taz
15.3.00; SaN 15.3.00; AaN
15.3.00 15. März 00 Es ist der vierte Versuch, die kurdische Familie K. in die
Türkei abzuschieben. Herrn K. werden die Hände auf den Rücken und auch die
Füße gefesselt. Weil er trotzdem mit dem Kopf gegen eine Scheibe schlägt,
bekommt er einen Helm auf. Seiner Frau Nazli
K. werden die Hände mit Plastikbändern vorne gefesselt. Auch als sie am
Flughafen auf die Toilette gehen muß, werden ihre Fesseln nicht gelöst, die
Tür muß offen bleiben, eine Beamtin zieht ihr den Rock und die Unterhose
herunter. Der 17-jährige Sohn Ali Murat K. wird in Landau festgenommen – auch
er wird an den Händen gefesselt. (siehe auch: 9. April 99) FRat NieSa 16. März 00 Eine Gruppe von 18 tamilischen Flüchtlingen wird aus
Nordrhein-Westfalen nach Colombo abgeschoben. Mindestens zehn der
Abgeschobenen werden nach der Ankunft mißhandelt und gefoltert. jW 27.9.00 17. März 00 Nach der Durchquerung der Neiße wird eine Person russischer
Nationalität in der Nähe der sächsischen Ortschaft Hagenwerder (GZ 104) an
der Bundesstraße 99 vom BGS aufgegriffen. Sie kommt mit starken
Unterkühlungen ins Görlitzer Krankenhaus. BT DS 14/5613 17. März 00 Nachdem die tschetschenischen Flüchtlinge, Herr und Frau
M. und ihre zwei Kinder, die Neiße bei Forst durchquert haben, werden sie auf
deutscher Seite in der Laubenkolonie "Morgenröte" plötzlich von
einem Scheinwerfer angestrahlt und von Beamten der Landespolizei Brandenburg
zum Halten aufgefordert. Obwohl die Flüchtlinge der Aufforderung umgehend
nachkommen, lassen die Beamten ihren Hund von der Leine, der auf die
13-jährige Tochter zustürmt. Herr M. stellt sich schützend vor seine Tochter,
und so geschieht es, daß der Hund sich in seinem Arm festbeißt und ihn
verletzt. Erst Minuten später wird der Hund von den Beamten zurückgerufen.
Danach zwingen die Polizisten die Familie, sich auszuziehen, sich
niederzuknien und ihre Kleidung auf den nassen und schmutzigen Boden zu
werfen. Im Polizeigewahrsam in Guben erfolgen anschließend noch weitere
Durchsuchungen. Am 20. März wird
der Familie das gesamte Bargeld in Höhe von 1500 DM, wie es heißt
"...zur Sicherung der Rückführungskosten", abgenommen, und Herr M.
muß eine Quittung unterschreiben, deren Inhalt ihm nicht übersetzt wird. Danach erfolgt
die Rückführung der Familie nach Polen. Erst hier erhält Herr M. eine
angemessene medizinische Versorgung seiner Bißverletzung am Arm. ARD
"Monitor" 8.2.01; Sascha Adamek – Journalist; BT DS 14/5613 18. März 00 Belzig im brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark.
Drei deutsche Jugendliche skandieren "Ausländer raus" und greifen
Kosovo-Albaner an. Die Polizei ermittelt gegen die zwei 14-Jährigen und einen
16-Jährigen wegen Volksverhetzung und Körperverletzung. BeZ 20.3.00 20.
März 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der nigerianische Gefangene Odisi Charles P. versucht, sich
durch Erhängen das Leben zu nehmen. Ein chinesischer Mithäftling kann ihn
rechtzeitig abhängen. Anschließend wird er für einige Tage in eine
Isolationszelle gebracht. Am 7. April erfolgt seine Abschiebung. Jesuiten-Flüchtlingsdienst; Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin 21. März 00 Ein Asylbewerber wird im brandenburgischen Prenzlau von jugendlichen
Fahrradfahrern in die Brust geboxt. Pfeffer &
Salz 21. März 00 Der 53 Jahre alte Flüchtling Krishan Singh Bist wird nach
Indien abgeschoben, nachdem er am Vortag morgens um 7.00 Uhr in seiner
Stuttgarter Unterkunft festgenommen worden war. Dies geschieht, obwohl auch
den deutschen Behörden klar ist, daß der schwer Herz- und Zuckerkranke die
lebenswichtigen Medikamente in Indien nicht kostenlos erhalten wird und er
aufgrund seiner schweren Erkrankung kein Geld verdienen kann. Am 29. März erhält
seine Stuttgarter Anwältin einen Brief von ihm: "Ich bin in großen
Schwierigkeiten, bitte helft mir!" Der Caritas gelingt es, Krisahn Singh Bist in den
folgenden sechs Monaten Geld für Insulin zuzuschicken. Danach gibt es keine
Lebenszeichen mehr von ihm. Es war, mutmaßt die Caritas, eine
"Abschiebung mit Todesfolge". SWP/Gmünder
Tagespost 28.4.00; StN 28.4.00; StZ
28.4.00; Maria
Walz-Hildenbrand – Rechtsanwältin 22. März 00 Abschiebegefängnis Berlin-Moabit in der Kruppstraße. Die
19-jährige Anastasia Poljakova aus der Ukraine wird aus der Abschiebehaft
entlassen. Es ist ihr 29. Hungerstreik-Tag. Da sie zunächst auch konsequent
die Flüssigkeitsaufnahme verweigerte, danach maximal ein Glas Wasser zu sich
nahm, war sie mehrmals zusammengebrochen. Anastasia
Poljakova hatte am 24. Februar mit anderen Frauen den Streik aus Protest
gegen ihre Inhaftierung und gegen die drohende Abschiebung begonnen. (siehe auch: 13. April 00, 14. April 00 und
19. April 00) Antirassistische Initiative
Berlin 23.
März 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der ca. 35 Jahre alte marokkanische Gefangene Abdal K. steckt
die Zudecke in seiner Zelle im Haus II in Brand. Obwohl der Brand von
Mitgefangenen gelöscht werden kann, erleidet der Marokkaner
Brandverletzungen. Danach kommt er für 10 Tage in Isolations- und Strafhaft.
Er ist verzweifelt, schlägt seinen Kopf gegen die Eisengitter und äußert
weiter Selbsttötungsabsichten. Eine Decke wird ihm mit der Begründung
verweigert, daß er sich damit wieder selbst gefährden könne. Abdal K. beginnt
einen Hungerstreik, den er auch fortsetzt, nachdem er Anfang April in den
Normaltrakt zurückverlegt wird. Am 18.
April erfolgt seine Entlassung ins Krankenhaus Köpenick. Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin; FRat Berlin 9.5.00; Jesuiten-Flüchtlingsdienst 24. März 00 In einem Waldstück bei Frauenstein (Nassau) nahe der
deutsch-tschechischen Grenze wird eine tote Person aufgefunden. BT DS 14/5613 24. März 00 Abschiebehaft in der JVA Mannheim. K. Ö.
aus der Türkei schneidet sich die Pulsadern auf. Er wird in das
Vollzugskrankenhaus Hohenasperg verlegt und am 30. März in die Abschiebehaft
zurückgebracht. Die Sozialarbeiterin und ein Wachmann halten ihn für akut
suizidgefährdet. Am 31. März wird er auf Grund einer eidesstattlichen
Versicherung seiner Betreuerin wegen akuter Suizidgefahr aus der
Abschiebehaft entlassen und erhält eine Duldung für zunächst drei Monate. K. Ö. hatte in
der Abschiebehaft über Verdauungsprobleme, Gewichtsverlust, Herzklopfen sowie
Hautprobleme geklagt und Suizidabsichten geäußert. Daraufhin hatte er Tee und
Tabletten bekommen. Am 20. März hatte er beim Anstaltsleiter einen Antrag auf
psychiatrische Untersuchung bei einem Arzt seines Vertrauens gestellt. Das
Ergebnis der Untersuchung des Anstaltsarztes lautete, es bestehe keine akute
Suizidgefahr und daher kein Anlaß, einen weiteren Arzt hinzuzuziehen. AG für Menschen in Abschiebehaft
Mannheim 28.
März 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der 39-jährige Mosambikaner Serafim M. wird auf dem Rückweg
vom Besu- cherraum
von einem Wärter so stark mit dem Stiefel gegen die Brust getreten, daß ihm
der Bluterguß, der dadurch entsteht, noch 14 Tage später Schmerzen bereitet.
Er erstattet Anzeige gegen den Wärter und bekommt unmittelbar eine
Gegenanzeige wegen Beleidigung. (siehe
25. Februar 2000) Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin; TS 18.4.00; BeZ 13.5.00 29. März 00 In Mögelin im Landkreis Havelland in Brandenburg greift
ein 16-jähriger Deutscher zwei Flüchtlinge an, als diese versuchen, in einer Telefonzelle
zu telefonieren. Nach der Äußerung "Ihr Scheißausländer, geht nach
Hause, die Telefonzelle gehört nur Deutschen!" reißt der Angreifer dem
22-jährigen Afghanen den Hörer aus der Hand und schlägt ihm diesen auf den
Kopf. Dann versetzt er ihm und seinem 20-jährigen türkischen Begleiter
Faustschläge ins Gesicht und gegen den Oberkörper. Beide werden leicht
verletzt. Der Täter äußert
in der späteren Vernehmung, daß er von den Flüchtlingen als Nazi bezeichnet
worden sei, zudem sei er der Meinung, daß Deutsche mehr Rechte bei der
Nutzung von Telefonzellen hätten. Er hat eine Musikkassette der
rechtsextremistischen Gruppe "Kraftschlag" bei sich. RA 31.3.00; FR 31.3.00; BeZ 31.3.00; Konkret 10/00, S. 18; VS-Bericht Brbg
2000 29. März 00 Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg. Ein 29 Jahre
alter vietnamesischer Asylbewerber wird, als er mit seinem Fahrrad unterwegs
ist, von vier großen Hunden angegriffen und schwer verletzt. Er erleidet
Bißverletzungen am ganzen Körper und ist auch einen Tag nach dem Angriff noch
nicht vernehmungsfähig. Der Hundebesitzer
bekommt die Auflage vom Ordnungsamt, daß er die Hunde nicht mehr in einer
Vierer-Gruppe ausführen darf, sondern nur einzeln und dann angeleint. Eine
Überprüfung der Gefährlichkeit der Hunde wird angeordnet. BeZ 31.3.00 29. März 00 Berlin. Eine schwer traumatisierte Frau aus Jugoslawien
versucht, sich aus dem Fenster zu stürzen, nachdem sie von der
Ausländerbehörde statt einer Verlängerung der Duldung eine
Grenzübertrittsbescheinigung bekam. Die
38 Jahre alte Muslimin und alleinstehende Mutter eines 16-jährigen Kindes war
im Krieg in dem Gebiet der heutigen Srpska durch mehrfache Vergewaltigungen
schwer traumatisiert worden und ist deshalb in Berlin in psychologischer
Betreuung. Die
Atteste, die ihre Kriegstraumata beschreiben, wurden von der Psychologin des Polizeiärztlichen Dienstes Berlin nur bedingt anerkannt.
Die Polizei- Psychologin schrieb in ihrem Kommentar: "Die Behandlung
sollte nicht in Deutschland stattfinden." Eine Flüchtlingsberatungsstelle
in Berlin 30.
März 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Moabit in der Kruppstraße. Der 24 Jahre alte Tunesier Atef B., der
sich im Hungerstreik befindet, schneidet sich im Ärzteraum mit einer
Rasierklinge die Blutgefäße in der rechten Armbeuge auf, um sich umzubringen.
In der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie des Haftkrankenhauses Moabit
wird eine schwere Depression festgestellt, deren medikamentöse Therapie noch
im Krankenhaus beginnt. Als die Polizei den Patienten Ende April abholen will, um ihn wieder in das
Abschiebegefängnis Köpenick zu bringen, wehrt er sich dagegen und fügt sich
in seiner Verzweiflung mit einer Gabel Verletzungen am Bauch
zu. Atef B. wurde als
Angehöriger der oppositionellen islamistischen Partei NHASA politisch
verfolgt; sein Vater ist als Vorsitzender der Partei seit über 10 Jahren
inhaftiert. Atef B. war vor seiner Flucht in Tunesien wochenlang gefoltert
worden. Er hat am ganzen Körper Folterspuren: am Rücken und Bauch tiefe,
vernarbte, parallel verlaufende Striemen vom Auspeitschen und an den
Handgelenken breite Narben von Fesseln und vom Aufhängen an den Händen. Auf
seiner Brust sind Brandmale von ausgedrückten Zigaretten. Sein Asylantrag und
der Asylfolgeantrag wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge abgelehnt. (siehe auch: 31. Mai 2000) Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin; Bündnis 90/Die Grünen 2.6.00; Fluchtpunkt Nr. 3 7/00;
Antirassistische Initiative Berlin 31. März 00 Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg. Ein 38 Jahre
alter Flüchtling aus Sierra Leone wird am späten Abend auf dem Bahnhof in
Luckenwalde von zwei Deutschen angegriffen. Auch ein ihm zu Hilfe kommender
Landsmann kann nicht verhindern, daß er am Kopf verletzt wird. Auch der
Helfer wird von den Angreifern attackiert. Die Täter im Alter von 20 und 38 Jahren werden festgenommen. BM 2.4.00; TS
2.4.00; FR 3.4.00; BeZ
3.4.00; Opferperspektive 31. März 00 Neumünster in Schleswig-Holstein. Das bosnische Ehepaar M.
und die Mutter von Herrn M. erfahren auf der Ausländerbehörde, daß sie in den
nächsten Tagen "freiwillig" nach Bosnien ausreisen sollen. Herr M.
erklärt den Beamten, daß sie nicht ausreisen können, weil seine Frau durch
Lagerhaft und Mißhandlung im Krieg traumatisiert ist und sich seit langem in
ärztlicher Behandlung befindet. Zum Beweis zeigt er den Beamten die
Medikamente seiner Frau. Die Polizei wird
gerufen, und die fünf eintreffenden Polizeibeamten versuchen, Herrn M.
mitzunehmen. Seine Frau klammert sich an ihn und schreit, daß sie sie nicht
trennen sollen. Ein Beamter ergreift den Arm von Frau M. und verdreht ihn auf
den Rücken. Ein anderer Polizist greift nach ihrem Bein und versucht es
wegzuziehen. Als sie immer noch nicht umfällt, wird auch das zweite Bein
weggezogen. Sie schlägt zu Boden und ist augenblicklich bewußtlos. Ihr Bein
ist verletzt. Herr M. wird nach
draußen geführt, dort auf den Boden gestoßen und in Handschellen gelegt. Er
kommt in Untersuchungshaft. Beim Haftprüfungstermin erfährt er vom Richter,
daß seine Frau im Krankenhaus liegt und nach dem schweren Zusammenbruch in
psychiatrischer Behandlung ist. Herr M. kommt
frei, und Frau M. ist fünf Wochen später immer noch in stationärer
Behandlung. Bericht des
Betroffenen in: Der Schlepper
Nr. 11/12 Juni 2000 März 00 Der kurdische Flüchtling Serif Tarhan bringt sich im
Badezimmer seiner Unterkunft in Holland um. Nach der
Ablehnung seines Asylantrages in der BRD, den er 1996 gestellt hatte, war er
nach Holland geflohen und hatte auch hier politisches Asyl erbeten. Als jetzt die
Rückschiebung nach Deutschland anstand, setzte er seinem Leben ein Ende. Özgür politika
15.3.00 2. April 00 Bernau in Brandenburg. Nachts um 1.00 Uhr wird ein
pakistanischer Flüchtling auf dem Fahrrad von vier bis fünf Deutschen als
"Scheiß-Ausländer" und "Kanake" beschimpft und bedroht.
Er läßt sein Fahrrad liegen und rennt zu Fuß weiter. Das Fahrrad wird
zerstört. BORG Bernau 7. April 00 Der 12 Jahre alte Kandan Ravi aus Sri Lanka wird aus dem
Abschiebegefängnis Berlin-Kruppstraße entlassen. Nachdem der Junge am 8. März
an der tschechischen Grenze festgenommen worden war, kam er umgehend in
Dresden in Haft und wurde dann nach Berlin gebracht. Hier dauert seine
Gefangenschaft noch drei Wochen, bis er aufgrund öffentlicher Proteste im
wahrsten Sinne des Wortes vor die Tür gesetzt wird. Er bekommt einen Zettel
in die Hand, daß er sich beim Landeseinwohneramt am Friedrich-Krause-Ufer
melden solle. Dort ist er nicht angekommen und gilt als verschwunden. BeZ 5.4.00; jW
5.4.00; taz 12.4.00; taz 13.4.00 9. April 00 Als der 33 Jahre alte libanesische Flüchtling Khalid S. am
frühen Morgen die Diskothek im brandenburgischen Rathenow verläßt, wird er aus
einer Gruppe von fünf Personen heraus von einem Mann derart ins Gesicht
geschlagen, daß er hinfällt. Er muß seine Verletzungen behandeln lassen. BeZ 10.4.00; RA
11.4.00; ND 11.4.00; jW 11.4.00; BeZ
11.4.00; Opferperspektive 9.
April 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Karen M., 26 Jahre alt, aus Aserbaidschan, der seit 25 Tagen
im Hungerstreik ist, unterbricht diesen wegen einer Blinddarm-Operation für
eine Woche und setzt ihn dann unvermindert fort. Initiative gegen Abschiebehaft
Berlin 11. April 00 Strausberg in Brandenburg. Zwei Flüchtlinge
aus Sierra Leone werden auf dem S-Bahnhof von elf Deutschen beschimpft, mit
"Hitlergruß" verhöhnt und mit Springerstiefeln und einem
abgebrochenen Schrubberstiel traktiert. Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma
können den Angriff stoppen. Gegen zwei der Täter wird Haftbefehl erlassen. MAZ 13.4.00; RA 13.4.00; BeZ 13.4.00; RA 14.4.00; ND 14.4.00; 11. April 00 Ditzingen im Kreis Ludwigsburg in Baden-Württemberg. Um 23.00
Uhr wird der 34-jähriger Flüchtling Sivanathan Pomniah aus Sri Lanka von drei
jugendlichen Skinheads (zwei Jungen und ein Mädchen im Alter zwischen 15 und
17) auf dem Ditzinger Bahnhof zusammengeschlagen und auf ein S-Bahn-Gleis
geworfen. Es ist 23.05 Uhr, als es einem Zeugen gelingt, den Verletzten von
den Gleisen zu zerren. Eine Minute später fährt der Zug ein. Sivanathan
Pomniah kommt ins Krankenhaus, wo seine vielen Prellungen, Platzwunden und
Schürfverletzungen behandelt werden. Die Täter werden
im Oktober wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung zu dreieinhalb
bis vier Jahren Jugendstrafe verurteilt. StN 12.4.02; jW
15.4.00; ND 17.4.00; BeZ 6.10.00; StN
7.10.00; WDR –
Radionachrichten 27.10.00 (16:51) (17:45); FR 28.10.00 13. April 00 Abschiebegefängnis Berlin-Moabit in der
Kruppstraße. Die 33 Jahre alte Ukrainerin Natalja Bazarja
wird nach 50 Tagen Hungerstreik aus der Abschiebehaft entlassen. Die durch
die UnterstützerInnen engagierte Rechtsanwältin hatte festgestellt, daß Frau Bazarja
schon vor langer Zeit aus der Haft hätte entlassen werden sollen, daß sie
aber aufgrund der Nachlässigkeit der Behörde monatelang rechtswidrig in
Gefangenschaft saß. Frau
Bazarja hatte am 23. Februar mit anderen Frauen aus der Ukraine den Streik aus
Protest gegen ihre Inhaftierung und gegen die drohende Abschiebung begonnen. (siehe auch: 22. März 00, 14. April 00 und
19. April 00) Antirassistische Initiative Berlin 14. April 00 An der deutsch-polnischen Grenze, nahe der
brandenburgischen Ortschaft Lebus, wird eine vermutlich ertrunkene Person
ukrainischer Herkunft aus der Oder geborgen. BT DS 14/5613 14. April 00 Jena im Stadtteil Lobeda-Ost in Thüringen.
Als Mokomadi Kalemba aus der Demokratischen Republik Kongo kurz vor Mitternacht
an einer Straßenbahn-Haltestelle vorbeigehen muß, löst sich aus einer Gruppe
von sechs oder sieben Deutschen ein Jugendlicher und geht bedrohlich auf ihn
zu. Kalemba dreht sich um und flieht in Richtung seines Wohnhauses. Als er
versucht, die Haustür aufzuschließen, trifft ihn die Wucht eines
Baseballschlägers in die Seite. Ein eiserner Gegenstand trifft ihn am Kopf
und im Gesicht. Er verspürt Tritte und Schläge, bis er zusammenbricht.
"Kaffer" nennt ihn einer der Angreifer, sonst sagen sie nichts. Die Polizei
bezeichnet den Angriff als "unbedeutenden Zwischenfall", und im
offiziellen Polizeibericht taucht er gar nicht erst auf. Die Presse wird von
Freunden des Opfers informiert. Bereits
vor drei Jahren war Mokomadi Kalemba von drei deutschen Männern aufgelauert
worden. Er war mit einem Messer und einem Revolver bedroht und schließlich
brutal zusammengeschlagen worden. ND 20.4.00; JWB 26.4.00; FR 8.5.00 14. April 00 Berlin. Als die 35 Jahre alte Frau erfährt,
daß ihre Duldung aufgehoben wird, bekommt sie einen Nervenzusammenbruch,
verfällt in Dauerschreien, wirft sich gegen die Zimmerwände und ist nicht
ansprechbar. Dann versucht sie, sich mit einer Überdosis Beruhigungstabletten
das Leben zu nehmen. Die Frau stammt aus der Umgebung von Srebrenica, wurde
während des Krieges dort mehrfach vergewaltigt und war in Berlin deswegen in
psychotherapeutischer Betreuung. Die
Atteste, die ihre Kriegstraumata beschreiben, wurden vom Polizeiärztlichen
Dienst Berlin nicht anerkannt. Allein die Vorladung dort am 8. Februar
war für die Frau schwer belastend und hatte retraumatisierende Wirkung. Sie
selbst, eine gläubige Muslimin, sagte immer wieder, sie werde sich und ihre
vier Kinder töten, wenn sie nach Srebrenica zurück müsse. Eine
Flüchtlingsberatungsstelle in Berlin 14. April 00 Haftkrankenhaus der JVA Berlin Moabit.
Haftprüfungstermin für die 24 Jahre alte Dana Wlasenko, die seit 53 Tagen mit
einem Hungerstreik gegen ihre Abschiebehaft protestiert. Die Verhandlung
findet spätabends im Haftkrankenhaus statt, weil die Gefängnisärzte einen
Transport der sehr geschwächten Patientin in den Berliner Bezirk Köpenick
nicht erlauben. Aufgrund ihres katastrophalen gesundheitlichen Zustands wird
Dana Wlasenko aus der Haft entlassen. UnterstützerInnen fahren sie in ein
öffentliches Krankenhaus, wo sie die folgenden zwei Wochen medizinisch
versorgt wird. Sie
war – zusammen mit der ebenfalls hungerstreikenden Soja Schatz – am 10. April
vom Abschiebegefängnis Moabit ins Haftkrankenhaus der Moabiter Strafanstalt
gebracht worden. Sie hatte in den Tagen vorher eine Verfügung unterschreiben
müssen, in der festgelegt ist, wie die behandelnden Gefängnisärzte zu
verfahren haben, wenn sie ins Koma fallen würde. (siehe auch: 22. März 00, 13. April 00 und
19. April 00) Antirassistische Initiative Berlin Mitte April 00 Die kurdischen Schwestern A. und S. K.
werden nach siebenjährigem Aufenthalt in der BRD aufgrund abgelehnter
Asylanträge in die Türkei abgeschoben. Nachdem sie eine Nacht im Gewahrsam
der Flughafenpolizei Istanbul verbringen mußten, kommen sie frei. Aus Angst
vor Verhaftung halten sie sich dann jedoch bei Verwandten versteckt. Ende
Mai werden sie von der Polizei abgeholt und von einer Anti-Terror-Einheit
drei Tage und zwei Nächte lang unter Schlägen und sexuellen Demütigungen
verhört. A. K. wird bis auf die Unterhose entkleidet und dann von fünf
maskierten Uniformierten immer wieder geschlagen. Ihre
20-jährige Schwester S. K. muß die Angst- und Hilfeschreie mit anhören. Auch
sie, die schwer gehbehindert ist und sich nur an zwei Krücken oder im
Rollstuhl bewegen kann, wird geschlagen und verhört. Nach
den Mißhandlungen werden die Frauen zunächst entlassen und dann wieder
festgenommen und verhört. Nach der Freilassung tauchen sie unter. Nach
der Abschiebung der beiden Frauen wurden ihre Asylfolgeverfahren in der BRD
weiter betrieben. Die vorher für "gefälscht" gehaltenen Papiere der
Frauen wurden in ihrer Echtheit bestätigt, und das Verwaltungsgericht
Hannover erkannte die Schwestern am 11. September 2000 in Abwesenheit
nachträglich als Asylberechtigte an. In
einer bisher einmaligen Aktion erhalten die Schwestern daraufhin von der
Deutschen Botschaft Visa für die BRD und Bescheinigungen über die Befreiung
von der Paßpflicht. Nach der Flucht außer Landes können sie dann offiziell in
die BRD einreisen. Sie landen am 21. Dezember 2000 auf dem Flughafen
Hannover. Ihre
Familie in der Türkei ist nun Repressalien durch Polizei und Behörden
ausgesetzt. FR 21.12.00; taz 22.12.00 Mitte April 00 Abschiebegefängnis Glasmoor in Norderstedt
bei Hamburg. Der tunesische Flüchtling Kamel C. schneidet sich zum zweiten
Mal die Pulsadern auf. "Notdürftig zusammengeflickt" wird er am nächsten
Morgen zum Flughafen gebracht, wo eine Ärztin interveniert, so daß die
Abschiebung abgebrochen wird. Eine Woche später erfolgt dann die Abschiebung
nach Tunesien. (siehe auch Anfang November 99) taz Hamburg 19.6.00 16. April 00 Neustadt (Dosse) in Brandenburg. Der
27-jährige Luc Marcel I., Flüchtling aus Kamerun, ist abends auf dem Weg in
seine Heimunterkunft, als er um 20.30 Uhr in der Schulstraße aus einer Gruppe von fünf Deutschen heraus
beleidigt, bespuckt und mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen wird. Er
kommt verletzt ins Krankenhaus. Erst
nach Bildung einer polizeilichen Ermittlungsgruppe und nach Ausschreibung
einer Belohnung von 3000 DM können drei Wochen später zwei Täter
identifiziert und verhaftet werden. Sie werden im August zu Freiheitsstrafen
von je einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Dem
durch den Überfall traumatisierten Luc Marcel I. droht nach abgelehntem
Asylantrag die Abschiebung. RA 18.4.00; MAZ 18.4.00; jW 18.4.00; BeZ 18.4.00; RA 10.5.00; MAZ 11.5.00; BeZ 11.5.00; ND 12.5.00; MAZ 10.8.00; RA 10.8.00; BeZ 10.8.00; Opferperspektive; FR 5.7.02 19. April 00 Khalid Mahmoud, Flüchtling aus Pakistan, wird im
brandenburgischen Rathenow von einem Deutschen aus einer Telefonzelle gezerrt
und dann ins Gesicht geschlagen. Drei weitere Rassisten kommen hinzu und
schubsen und beleidigen ihn. Erst als eine Passantin droht, übers Handy die
Polizei zu rufen, lassen die Angreifer von ihrem Opfer ab. Es ist dies die
sechste Attacke auf Khalid Mahmoud in diesem Jahr. (siehe auch: 1. Januar 00) BeZ 20.4.00; BeZ
22.4.00; FR 26.4.00; BeZ
27.4.00; Opferperspektive 19. April 00 Haftkrankenhaus der JVA Berlin-Moabit. Nach 61 Tagen
Protesthungern gegen die Abschiebehaft und die drohende Abschiebung wird die
37 Jahre alte Ukrainerin Soja Schatz nachts völlig entkräftet aus der
Abschiebehaft entlassen und in ein öffentliches Krankenhaus gebracht. Sie
war – zusammen mit der ebenfalls hungerstreikenden Dana Wlasenko – am 10.
April vom Abschiebegefängnis Moabit ins Haftkrankenhaus der Moabiter
Strafanstalt gebracht worden. Während
des langen Hungerstreiks hatte sie mehrmals Krämpfe am ganzen Körper und
ohnmachtsähnliche Zustände und wurde in den letzten Tagen nur noch im
Rollstuhl transportiert. In den Tagen vorher hatte Soja Schatz eine Verfügung
unterschreiben müssen, in der festgelegt ist, wie die behandelnden
Gefängnisärzte zu verfahren haben, wenn sie ins Koma fallen würde. Mit ihrer
Entlassung endet einer der längsten Hungerstreiks, der je in Berliner Abschiebegefängnissen
stattgefunden hat. Nachdem sie ihren
Hungerstreik am 19. Februar begonnen hatte, hatten sich ihrem Protest weitere
vier Ukrainerinnen des Abschiebegewahrsams Berlin-Moabit angeschlossen. (siehe auch: 22. März 00, 13. April 00, 14. April 00) Viele
Organisationen und Einzelpersonen hatten sich während des mehr als
achtwöchigen Hungerstreiks für die Freilassung der Frauen eingesetzt – unter
ihnen Christa Wolf, Walter Jens, Ralph Giordano, Eugen Drewermann und vor allem
auch Abgeordnete und MenschenrechtlerInnen aus Landtag und Bundestag. In den
letzten Tagen der Haft und vor allem wegen der seit längerem andauernden
Lebensgefahr hatten täglich Kundgebungen vor der JVA Moabit statt gefunden. Lyudmyla Orlova,
die fünfte der protestierenden Frauen, hat ihre Freilassung durch den
Hungerstreik zu diesem Zeitpunkt nicht erreicht. Nachdem sie vor einer Woche
– psychisch und physisch völlig erschöpft – wieder angefangen hatte, Obstsäfte zu trinken und somit den
Hungerstreik offiziell abgebrochen hatte, ging es ihr körperlich sehr
schlecht. Sie konnte die Anstaltskost nach über 50 Tagen Hungerstreik
überhaupt nicht vertragen. Sie bekam neben Magen-Problemen schwere
Nierenkoliken und mußte mehrmals ins Krankenhaus. Erst Wochen später wird
auch sie aus der Abschiebehaft entlassen, weil es den Behörden nicht gelang,
Ausrei-sepapiere für sie zu besorgen. Sie hatte, wie auch ihre Mitgefangenen,
länger als sechs Monate in Abschiebehaft zubringen müssen. Antirassistische
Initiative Berlin 20. April 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Drei arabische Gefangene – unter ihnen der Libanese Hussein
E. – zünden eine Matratze in ihrer Zelle an in der Absicht, sich durch
den Brand umzubringen. Der Brand wird frühzeitig entdeckt, und keiner der
Gefangenen verletzt sich. Die Männer befinden sich seit Wochen im
Hungerstreik. Hussein E. ist verzweifelt über die gewaltsame Trennung von
seiner Frau und seinen Kindern, die in Hamburg leben. Am 8. Mai, es ist
sein 50. Hungerstreik-Tag, wird er
wegen Haftunfähigkeit aus dem Gefängnis entlassen, seine Mitgefangenen einige
Tage später. Jesuiten-FLüchtlingsdienst 21. April 00 Hamburger Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand in Jork. Ein
17-jähriger Abschiebehäftling aus Guinea errichtet während des Freigangs
seiner Mitgefangenen morgens gegen 8.00 Uhr eine Barrikade vor seiner Zelle
und zündet sie an. Er wird mit schweren Verbrennungen ins Krankenhaus nach
Boberg gebracht. Ermittler gehen davon aus, daß der Jugendliche sich
umbringen wollte, um seiner drohenden Abschiebung zu entgehen. taz Hamburg
22.4.00; morgengrauen Nr. 81 Juli 00 23. April 00 Neugremnitz in Brandenburg. Der 16 Jahre alte Asylbewerber
Rodriguez S. aus Kolumbien wird von deutschen Jugendlichen angegriffen und
gewürgt. Als er mit seinen Begleitern in deren Auto flüchtet, werden auch die
drei Begleiter geschlagen und mit rassistischen Parolen beleidigt. Dem
wegfahrenden Wagen werfen die Angreifer Flaschen hinterher. Opferperspektive
(JWB 3.5.00; BORG Bernau); Konkret 10/00,
S. 18 26. April 00 Fürstenfeldbruck bei München. Ein 27 Jahre alter
Flüchtling soll zwecks Abschiebung festgenommen werden. Der Mann flieht, wird
dann aber von zwei Polizisten eingeholt. Bei der anschließenden Rangelei
"löst sich" ein Schuß aus der Dienstpistole und durchschlägt die
Hand des Flüchtlings. Dieser ergreift die Waffe und schießt seinerseits auf
die Beamten, die jedoch nicht getroffen werden. Dann flieht er
mit der Waffe, wird kurz darauf noch einmal gestellt und ergibt sich. Im
Krankenhaus muß seine verletzte Hand operiert werden. FR 27.4.00; taz
27.4.00 28. April 00 Guben in Brandenburg. Vor der Diskothek
"Bitburger" schlagen 10 Nazis einen pakistanischen Asylbewerber
zusammen. Die Rassisten drohen: "Wir machen es genau wie mit deinem
Freund im letzten Jahr." Die gerufenen Polizeibeamten nehmen nur eine Anzeige einer
Diskothekenbesucherin gegen den Pakistani auf, das Opfer selbst wird mit den
Worten "Hau ab nach Pakistan" weggeschickt. FR 3.5.00; noch
härtere zeiten – cottbus; Opferperspektive
(InfoRadio 2.5.00; LR 3.5.00) 28. April 00 In der Hamburger JVA Glasmoor schneidet
sich der 34 Jahre alte Kamel C. aus Tunesien zum zweiten Mal die Pulsadern auf.
"Notdürftig zusammengeflickt", wird er am nächsten Morgen zum
Flughafen gebracht, wo eine Ärztin interveniert, so daß die Abschiebung
abgebrochen wird. Eine Woche später erfolgt dann die Abschiebung nach
Tunesien. (siehe auch: Anfang November 99) taz Hamburg 19.6.00; Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469 29. April 00 Guben in Brandenburg. In der Diskothek "U-Boot"
werden drei pakistanische Asylbewerber von Unbekannten angegriffen, als für
eine kurze Zeit das Licht ausgeht. Sie werden getreten, geschlagen, gegen
eine Wand und eine Tür gestoßen. Ein Mann wird durch die Schläge im Gesicht
verletzt. Die gerufenen Ordnungsbeamten geben einem der Angegriffenen zu
verstehen, daß er sich ruhig verhalten solle, denn sonst werde er noch einmal
geschlagen. FR 3.5.00; noch
härtere zeiten – cottbus; Opferperspektive
(InfoRadio 2.5.00; LR 3.5.00) 30. April 00 Ein 22 Jahre alter Flüchtling aus dem Kongo wird im
brandenburgischen Lübben abends von zwei Männern mit einem Messer bedroht.
Die Angreifer verlangen eine Büchse Bier. Passanten mischen sich ein und
verhindern dadurch Schlimmeres. MAZ 3.5.00 April 00 Treskow bei Neuruppin in Brandenburg. Der Inhaber und
Betreiber des Flüchtlingsheimes, Karl Wiesemann, schleudert die Sachen der
Bosnierin Myma Hobic über den Flur, schlägt sie und beleidigt alle
HeimbewohnerInnen als "Scheißasylanten". Ähnliches berichtet auch
die Kolumbianerin Luz Stella Pinto: "Wiesemann mag keine Menschen, die
ihm nicht gehorchen." RA 19.4.00 2. Mai 00 Eine tote Person wird in der Nähe von Zittau auf
polnischer Seite der Grenze (Porajow) aus der Neiße geborgen. Todesursache:
vermutlich Ertrinken. BT DS 14/5613 5. Mai 00 Oschersleben in Sachsen-Anhalt. Der 32 Jahre alte Abotsi
Komlan aus Togo will gegen Abend in einer Telefonzelle telefonieren, als er
herausgezerrt und getreten wird. Er versucht zu fliehen, wird von den sechs
Rassisten eingeholt, angeschrien und getreten. Einer der Angreifer schlägt
ihm mit einer Zaunlatte immer wieder auf den Kopf VM 17.5.00;
26/00 5. Mai 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Acht Gefangene sind seit drei Wochen im Hungerstreik. Ein
russischer Mann öffnet sich die Pulsadern und kommt dann ins nahegelegene
Krankenhaus Köpenick. Danach wird er aus der Haft entlassen. FRat Berlin
9.5.00; Hartwig Berger –
Bündnis90 / Die Grünen 28.5.00 6. Mai 00 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens
Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Die 40 Jahre alte Naimah Hadjar erhängt sich
in der Dusche der Transitunterkunft aus Angst vor der Abschiebung. Frau Hadjar war
am 11. September 99 in die BRD geflohen, nachdem sie von algerischer Polizei
mehrfach vergewaltigt und geschlagen worden war. Ihr Mann gilt als
Regimegegner und ist seit 5 Jahren in Algerien verschwunden. Der Asylantrag
wird nach einer Woche als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt.
Naimah Hadjar ist in psychisch sehr schlechter Verfassung; sie hat
stundenlange Weinkrämpfe. Am 26. Februar 2000 wird sie nach einem Nervenzusammenbruch
aus dem Transitbereich heraus in die psychiatrische Abteilung des St.
Markus-Krankenhauses gebracht. Hier erfolgt ihre Bewachung 24 Stunden täglich
durch zwei BGS-Beamten. Im März kommt sie in die JVA Frankfurt-Preungesheim
in Abschiebehaft und schließlich am 4. Mai zurück in den Transitbereich am
Frankfurter Flughafen. Sie hat die sieben Monate Aufenthalt in der BRD
ausschließlich in Gefangenschaft verbringen müssen. Ein Brief, den
der Rechtsanwalt von Frau Hadjar vom 18. Februar an das
Bundesinnenministerium schickte und dieses aufforderte, Frau Hadjar aus
humanitären Gründen einreisen zu lassen, ist auch eine Woche nach ihrem Tod
noch nicht beantwortet worden. In einer
Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums heißt es nach ihrer Selbsttötung:
"Wegen der Paßvernichtung war es nicht möglich, ihre Identität zwecks
zügiger Rückführung festzustellen......Sie hat damit die Ursache für die sich
daraus ergebene Situation selbst geschaffen." FR 9.5.00; BeZ
9.5.00; jW 10.5.00; FR 12.5.00; Pro Asyl 12.5.00;Pro Asyl 16.5.00; FR 29.5.00; ORB – "Tod
im Niemandsland" 25.9.01 7. Mai 00 Neustadt (Dosse) in Brandenburg. Ein 19-jähriger
Flüchtling aus Togo ist auf dem Weg zum Bahnhof, als er um 22.15 in der
Köritzer Straße von einem Mann mit der Faust gegen den Kopf geboxt wird. Der
Angegriffene flieht auf das nahegelegene Bahnhofsgelände und versteckt sich
dort in einer Werkstatt. Ein Bahnarbeiter hilft ihm und ruft die Polizei. Der
Mann kommt zur Beobachtung seines Gesundheitszustandes ins Krankenhaus. MAZ 9.5.00; RA 9.5.00; taz 9.5.00; Konkret 10/00,
S. 18 7. Mai 00 In der Nähe der brandenburgischen Ortschaft Kienitz wird
eine unbekannte, vermutlich ertrunkene Person aus dem Wasser der Oder
geborgen. BT DS 14/5613 7. Mai 00 Zwei afghanische Flüchtlinge, 34 und 40 Jahre alt, werden
in Frankfurt an der Oder im Stadtzentrum brutal verprügelt und mit
Stuhlbeinen niedergeschlagen. Die Angegriffenen müssen sich ihre Verletzungen
im Krankenhaus ambulant behandeln lassen. Gegen die jugendlichen Gewalttäter
werden Haftbefehle beantragt. RA 9.5.00; taz 9.5.00; BeZ 9.5.00 8. Mai 00 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der russische Gefangene Wolodermire S. (Wolodja C.), der
sich im Hungerstreik befindet, wird aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes
aus der Abschiebehaft entlassen. Als er sich – entsprechend der ihm gesetzten
Fristen – am 22. Mai bei der Ausländerbehörde meldet, wird er erneut
festgenommen und kommt wieder ins Abschiebegefängnis Köpenick. Er beginnt
erneut einen Hungerstreik und wird – wieder wegen Haftunfähigkeit – am 14.
Juni entlassen. Initiative gegen
Abschiebehaft Berlin; Jesuiten-Flüchtlingsdienst 9. Mai 00 Von 1997 bis heute haben laut Aussagen von
Kirchenverbänden insgesamt 18 Selbsttötungsversuche von Flüchtlingen im
Transitbereich des Frankfurter Airports infolge der "unerträglichen
psychischen Belastung" durch die "Langzeitinternierung"
stattgefunden. (16 Fälle sind hier dokumentiert) FR 9.5.00 10. Mai 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick.
Der Algerier Salvador A. befindet sich in kritischem Zustand – er
hungert seit 25 Tagen. Durch einen
Granatsplitter ist sein Bein geschwollen und blau verfärbt. Weil eine
medizinische Behandlung im Abschiebegefängnis verweigert wird, versucht er
selbst, sich den Splitter mit einem Plastikmesser aus dem Schienbein zu
entfernen. Farkoni wird am 12. Mai entlassen, indem er vor das Gefängnistor
gesetzt wird. Freunde bringen ihn in ein Berliner Krankenhaus. Nach
vierwöchiger Therapie kann er auch hier entlassen werden. Initiative gegen
Abschiebehaft Berlin; Bündnis90 / Die Grünen 10.5.00; taz 25.5.00 15. Mai 00 Der 29 Jahre alte Togoer S. wird über Ghana nach Togo
abgeschoben. Als Polizisten auf dem Flughafen Lomé Geld von ihm verlangen, er
jedoch keines hat, entwickelt sich eine handgreifliche Auseinandersetzung,
bei der er Zähne verliert. Dann wird er auf dem Flughafengelände inhaftiert.
Ihm wird das Anhörungsprotokoll aus seinem Asylverfahren vorgehalten, das
sich offensichtlich in seinem Gepäck befand. Die nächsten zwei Wochen bleibt
er im Sûreté Nationale inhaftiert. Dann erfolgt seine Freilassung unter der
Auflage, daß er sich für die Regierungspartei einsetzen soll. Er steht unter
Bewachung. Sein Gepäck hat er nie erhalten. Am 19. Dezember
2001 gelingt ihm erneut die Flucht in die BRD, wo seine Frau und seine Kinder
bereits ein festes Aufenthaltsrecht haben. Barbara Ginsberg
– Rechtsanwältin 18. Mai 00 In einem Flüchtlingsheim in Bergkamen in Nordrhein-Westfalen
droht ein Mann aus dem Kosovo, seinen drei Monate alten Sohn vom Balkon des
ersten Stockes zu werfen, wenn die Polizei die Abschiebung seiner Familie
durchführt. Nach stundenlangen Verhandlungen stürmt die Polizei die Wohnung
der Flüchtlinge, und die Familie wird dann in polizeilicher Begleitung über
Düsseldorf in den Kosovo abgeschoben. BeZ 19.5.00 19. Mai 00 Ein togoischer Asylbewerber, der wegen Posttraumatischer Belastungsstörung
im Behandlungszentrum für Folteropfer Refugio in Kiel seit langem in
Behandlung ist, wird zwecks Abschiebung morgens um 7.00 Uhr festgenommen. Vorher war sein
Antrag auf Eilrechtsschutz vom Verwaltungsgericht Schleswig und dem
Oberverwaltungsgericht abgelehnt worden. Seine Anwältin hatte den Antrag auf
Eil-rechtsschutz mit der akuten Suizidgefährdung und mit der absehbaren
massiven Verschlimmerung der Erkrankung des Mannes durch die Abschiebung
begründet. Das Verwaltungsgericht Schleswig meinte, daß es ausreichen würde,
wenn der Mann von BGS-Beamten und einem psychiatrischen Facharzt begleitet
werden würde. Zudem formulierte es folgende Passage: "Ausweislich einer
Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lomé wird im übrigen
ein Facharzt der psychiatrischen Klinik der Stadt Aneho den Antragsteller am
Flugplatz in Empfang nehmen und weiter psychiatrisch begleiten." Tatsächlich gilt
der Mann nach der Abschiebung für seine Familie in Togo, wie für seine
Freunde und Bekannten in Deutschland, zunächst als vermißt. Das
Innenministerium in Kiel teilt auf Nachfragen mit, daß der Mann am Tag nach
der Abschiebung von der togoischen Polizei freigelassen wurde. Erst Wochen nach
der Abschiebung meldet er sich selbst telefonisch bei seinem Rechtsanwalt in
Schleswig-Holstein. Er berichtet, daß er noch auf dem Flughafen von der
togoischen Polizei festgenommen wurde. Er wurde verhört, wobei ihm unter
massiven Drohungen viele Fragen zu seinem Asylverfahren in Deutschland
gestellt wurden. Dann kam er ins Gefängnis. Mit 2000 DM gelang es seiner
Familie, ihn nach zweieinhalb Wochen aus unmenschlichen Haftbedingungen
freizukaufen. Die Polizei folgt ihm nach Hause, und er bekommt Auflagen, sich
polizeilich zu melden. Aus Angst vor
einer weiteren heimlichen Verhaftung taucht er unter, lebt unter schwierigen
Bedingungen, denn seine Familie kann ihn finanziell nicht weiter
unterstützen. Seine Medikamente sind zu Ende, und er selbst hat kein Geld,
sich welche zu kaufen. Der Schlepper
Nr. 11/12 Juni 2000; Der Schlepper
Nr. 13 September 2000 20. Mai 00 Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern. Der 46 Jahre alte
Wahid Seid ist mit dem Fahrrad unterwegs, als sich ihm auf einem Parkplatz
drei junge deutsche Männer in den Weg stellen und ihn zwingen, vom Rad abzusteigen.
Dann schlagen sie mit Fäusten und Kabeln auf ihn ein. Er erleidet Prellungen
und Blutergüsse am Kopf, am Oberkörper und an den Oberschenkeln und eine
Platzwunde an der Unterlippe. Neben den
körperlichen Verletzungen erfährt der von Foltererfahrungen traumatisierte
Iraker durch die Mißhandlung eine "deutliche psychotische
Beeinträchtigung" (Amtsärztin, 22.5.00). Dies ist bereits
der dritte rassistische Überfall, den Wahid Seid in Stralsund erleben muß,
und er stellt erneut einen Umverteilungsantrag, um bei seinem Bruder in
Hannover leben zu können. Er versucht, sich
mit Alkohol und Tabletten zu vergiften und wird deshalb zunächst für zehn
Tage stationär, später ambulant psychiatrisch behandelt. (siehe auch: 24. August 97, 7. März 98 und 3. November 00) Migrationszentrum
Göttingen; FRat NieSa Heft
91/92 Januar 2003 24. Mai 00 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens
Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Nach der Ablehnung seines Asylantrages ist der
18 Jahre alte Flüchtling K. aus Angola nervlich am Ende. Er sitzt im
Aufenthaltsraum und weint und betet. Trotz der verabreichten
Beruhigungsmittel erzählt er von Grausamkeiten, die er in Angola erlebt hat.
Er hat das Gefühl verrückt zu werden. Wegen seiner schweren Depressionen
kommt er drei Tage später in ein Krankenhaus. Zehn Tage später wird er nach
Angola abgeschoben. Camp-Ztg 12.7.01; FSD-Ffm 3.1.02 25. Mai 00 Einen Tag vor seiner geplanten Abschiebung wird ein
kongolesischer Flüchtling aus dem Abschiebegefängnis Büren entlassen. Er
kommt umgehend in eine psychiatrische Klinik. Die Entlassung erfolgte
ausschließlich aufgrund des Engagements von UnterstützerInnen, denn der
ärztliche Dienst des Gefängnisses hatte ihn für "abschiebefähig"
erklärt. Der Flüchtling
ist psychisch schwer krank und war schon vor seiner Festnahme in dem ihm
zugeteilten Landkreis in Thüringen längere Zeit in einer psychiatrischen
Klinik. Seine Erkrankung hatte sich durch die Bedingungen in seiner
Flüchtlingsunterkunft und durch Repressalien der Behörden, die seinem Protest
gegen diese Bedingungen folgten (Zwangsumverteilung, Strafanzeigen), deutlich
verschlimmert. Seine Festnahme war in Köln erfolgt, wo er eine "Rede an
die Staatsoberhäupter der Welt" hielt. FRat Thür Info Nr.
15 28. Mai 00 Als die vierzehn vietnamesischen Asylbewerber in
Eisenhüttenstadt am späten Sonntagabend spazierengehen, werden sie von einer
Gruppe Deutscher angepöbelt, beleidigt und bedroht. Die meisten der Bedrohten
können fliehen, ein 24 Jahre alter Vietnamese wird brutal zusammengeschlagen.
Er kommt mit einem Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus. Sieben Täter im
Alter von 16 bis 23 Jahren können identifiziert werden – sechs von ihnen
werden vorläufig festgenommen. RA 30.5.00; BeZ 30.5.00; MAZ 3.6.00; BeZ 3.6.00; BeZ
7.6.00 30. Mai 00 Prenzlau in der brandenburgischen Uckermark. Ein
30-jähriger iranischer Flüchtling wird von drei jungen Rassisten belästigt,
geschlagen und mit einem Messer bedroht. Er wehrt sich mit einem Fotostativ. Opferperspektive;
MAZ 3.6.00 30. Mai 00 Im bayerischen Reichenau wird ein nigerianischer
Flüchtling mit Bauchschmerzen von BGS-Beamten aufgegriffen. BT DS 14/5613 31. Mai 00 Berlin. Der 24 Jahre alte Atef B., politischer Flüchtling
aus Tunesien, soll abgeschoben werden. Als der Gefangene früh morgens um 8.00
Uhr auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld vom Polizeiwagen zur Gangway der
Aeroflot-Maschine gebracht wird, versucht er sich trotz der an Armen und
Beinen befestigten Stahlfesseln zu wehren. Die begleitenden Polizisten
beschimpfen ihn, schlagen ihm mit Fäusten auf den Kopf und versuchen, ihm mit
einem Tuch den Mund zuzubinden. Atef B. kommt so schwer blutend ins Flugzeug,
daß eine Stewardeß den Flugkapitän informiert und dieser die Mitnahme des
Verletzten verweigert. Atef B. wird
zurück in das Abschiebegefängnis Köpenick gebracht, wo er die nächsten drei
Tage in Einzel- bzw. Strafhaft verbringen muß. Er hat ein blutunterlaufenes
Auge, zerschlagene Lippen, Prellungen an Kopf und Körper, Wunden an den Beinen
durch Fesselung und ist seelisch in einem verzweifelten Zustand von Panik und
Schock. Es war der vierte
Versuch, ihn abzuschieben. Auch die vorherigen Abschiebeversuche verliefen
gewaltsam und unter Mißhandlungen und scheiterten an der Weigerung der
Piloten, den Gefangenen mitzunehmen. Einmal wurde Herr B. auf eine Trage
geschnallt, ein anderes Mal drückten ihm die Beamten einen nassen Lappen auf
den Mund, um seine Schreie zu unterdrücken. Der letzte Abschiebungsversuch
wurde am 26. Mai abgebrochen. Am 28. Juni wird
der Gefangene in die JVA Chemnitz gebracht, eine Strafhaft-Anstalt, in der
die Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten für seine in Berlin lebenden
Angehörigen erheblich erschwert sind. Aus dieser Haftanstalt wird Herr B. am
16. August abgeschoben. Aus Angst vor erneuter Verfolgung und Mißhandlung
hält er sich in Tunesien versteckt. (siehe auch: 30. März 2000) Initiative gegen
Abschiebehaft Berlin; Hartwig Berger –
Bündnis 90/Die Grünen 2.6.00; taz 5.6.00; taz
6.6.00; UNBEQUEM 6/00; Antirassistische
Initiative Berlin 2. Juni 00 Ludwigshafen. Als die Polizeibeamten die Frau aus Togo zur
Abschiebung abholen wollen, springt diese aus dem Fenster und flieht. Sie muß
drei Kinder zurücklassen und taucht unter. Bereits vor einigen Wochen war ihr
Mann abgeschoben wor den – die minderjährigen Kinder kommen in ein Kinderheim. FR 3.6.00 2. Juni 00 Der afrikanische Asylbewerber Sarif B. wird im Regionalzug
zwischen Erkner und Fürstenwalde von einem deutschen Paar beleidigt und
angegriffen. Als Sarif B. in einen anderen Waggon flüchtet, verfolgt ihn der
glatzköpfige Mann, ergreift ihn, schüttelt ihn und wirft ihn zu Boden. Dann
tritt er ihm mehrmals in die Beine. Sarif B. erleidet Prellungen und
Schürfverletzungen und kann sich drei Tage lang nur unter großen Schmerzen
bewegen. Opferperspektive 2. Juni 00 Schenefeld im Kreis Pinneberg – Schleswig-Holstein. Der 40-jährige Kongolese Senge Litumba springt aus dem Fenster
seiner im dritten Stock liegenden Wohnung, als morgens um 4.00 Uhr an seine Tür geklopft wird. Da er nicht als
Asylberechtiger anerkannt wurde und zu seinem Abschiebetermin am 30. Mai
nicht erschienen war, vermutete er, daß er zur Abschiebung abgeholt werden
sollte. Trotz der großen
Höhe des Falles zieht er sich eine relativ leichte Verletzung, einen
Armbruch, zu, der im Hamburger St. Georg Krankenhaus behandelt wird. In den neun
Jahren seines Deutschland-Aufenthaltes konnte Senge Litumba sich sieben Jahre
lang selbst finanzieren. Er hat bis heute nie Sozialhilfe bezogen. Vor eineinhalb
Jahren wurde ihm die Arbeitserlaubnis entzogen, weil er abgeschoben werden
sollte. Nach dem
gefährlichen Selbsttötungsversuch muß Senge Litumba sich jetzt wegen eines
"depressiven Syndroms mit suizidalen Krisen" psychiatrisch
behandeln lassen. Bericht des
Betroffenen; Fluchtpunkt Hamburg; FRat NieSa Heft
73 Dez. 2000 3. Juni 00 Perleberg in Brandenburg. Am frühen Morgen werden ein 15-jähriger chinesischer Flüchtling und
ein 16-jähriger Aussiedler von drei Rechtsradikalen angegriffen. Die Täter
brüllen: "Ausländer raus, wir sind Deutsche und rechtsradikal!"
Dann schlagen sie die Jugendlichen ins Gesicht, reißen sie zu Boden und
treten auf sie ein. Die beiden Angegriffenen werden verletzt. Die Täter werden
nach Feststellung ihrer Personalien wieder auf freien Fuß gesetzt – später
dann in Haft genommen. MAZ 5.6.00; BeZ
5.6.00; taz 5.6.00; Konkret 10/00,
S. 18 4. Juni 00 Flüchtlingsunterkunft in der Azbill-Kaserne in Rüsselsheim
– es ist 2.30 Uhr morgens. Ein 39-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan läuft
brennend wie eine "lebende Fackel" über den Hof. Nachdem es
MitbewohnerInnen gelungen ist, die Flammen mit Wolldecken zu ersticken, kommt
der Mann schwer verletzt ins Krankenhaus. Dort erliegt er seinen Brandwunden. Nach Ermittlungen
der Polizei hat sich der Flüchtling selbst angezündet und verbrannt. Das
Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte den Asylantrag des schwer
kriegstraumatisierten und behinderten Mannes vor kurzem abgelehnt. Dadurch
hatte er jegliche Hoffnung verloren, seine Frau und seine vier Kinder legal
in die BRD zu holen. Mainspitze
5.6.00; VDAS 7. Juni 00 Sinzing in Rheinland-Pfalz. Als die Polizisten am Morgen
den kurdischen Flüchtling Ibrahim Altas in seiner Unterkunft zur Abschiebung abholen
wollen, und dieser die Tür nicht sofort öffnet, dringen sie gewaltsam ein.
Ibrahim Altas springt daraufhin aus dem Fenster und fällt zwei Stockwerke in
die Tiefe. Aufgrund seines geringen Körpergewichtes überlebt er den
10-Meter-Fall, kommt allerdings mit schwersten Verletzungen ins
Maria-Stern-Krankenhaus nach Remagen. Seine Trümmerbrüche an beiden
Fersenbeinen und der Bruch des Ellenbogengelenkes erfordern eine lange und
intensive stationäre Behandlung, in deren Verlauf zudem ein Zeh amputiert werden
muß. "Ich wollte
lieber sterben als in die Türkei zurück", äußerte sich Ibrahim Altas
später. Nachdem sein Vater von türkischen Soldaten ermordet worden war, und
auch er selbst verfolgt wurde, war er in die BRD geflohen. AZADI
informationen Nr. 19 April-Juni 2000; Rhein Ztg
Koblenz 27.6.00; Kreisstadt Echo
Juni 2000; Ökumenische
Flüchtlingshilfe Bad Neuenahr 9. Juni 00 Im Freibad der brandenburgischen Stadt Cottbus werden ein
13-jähriger und ein 14-jähriger Asylbewerber von fünf Deutschen beschimpft
und geschlagen. Als die beiden zusammen mit anderen kosovo-albanischen
Kindern und zwei Betreuerinnen das Bad verlassen wollen, werden sie erneut
ange- griffen. Der Bademeister
war trotz mehrmaliger Bitten nicht bereit, die Polizei zu rufen oder den Opfern
zu helfen. Opferperspektive
(LR 14.6.00) 21. Juni 00 Im Hamburger
Containerhafen wird ein "blinder Passagier" aus einem Container
geholt, der die 20-Tage-Fahrt bei Temperaturen um 3 Grad nur überlebte, weil
er einen Neopren-Anzug anhatte. "Morgenmagazin"
21.6.00 22. Juni 00 Im sächsischen Borna wird ein im Rollstuhl sitzender
afghanischer Flüchtling an einer Kreuzung mit Absicht angefahren. Dann steigt
der Beifahrer aus und schlägt den 31-Jährigen. Dieser wird schwer verletzt. Zeit 6.7.00 23. Juni 00 Prenzlau in Brandenburg. Zwei Asylbewerber, ein Pakistani
und ein Iraker, werden nach einem Einkauf vor einem Supermarkt von sieben
Rassisten beschimpft und aus etwa fünf Metern Entfernung mit einer
Schreckschußpistole beschossen. Der 20-jährige Täter droht: "Ich mach´
dich tot". Den Angegriffenen gelingt die Flucht in ihr Wohnheim. TS 25.6.00; MAZ
26.6.00; BeZ 26.6.00 27. Juni 00 Ein 15 Jahre alter Flüchtling aus dem Irak wird im
mecklenburgischen Friedland Opfer eines brutalen Angriffes mehrerer
Jugendlicher. Er wird beleidigt, geschlagen und mißhandelt. Einer der Täter
drückt ihm eine glühende Zigarette in den Nacken. FR 4.7.00; BeZ
28.7.00 28. Juni 00 Der 31 Jahre alte Nigerianer John Paul wird von Frankfurt
am Main um 12.00 Uhr mit der Maschine KLM-587 nach Lagos abgeschoben, nachdem
er zwei Tage vorher nach dreimonatiger Abschiebehaft aus der JVA Untermaßfeld
abgeholt worden war. Nach der Abschiebung gilt er zunächst als verschwunden. Erst viel später
stellt sich heraus, daß er von den ihn begleitenden BGS-Beamten am Flughafen
Lagos direkt an die nigerianische Flughafen-Polizei übergeben wurde und in
Gefängnishaft kam. Im Oktober wird er aus der Haft entlassen und hält sich
seither versteckt. Auch zum
Zeitpunkt seiner Abschiebung wurde John Paul in Nigeria noch steckbrieflich
gesucht, was den deutschen Behörden bekannt war. John Paul war vor seiner
Flucht in Nigeria aktives Mitglied und einer der Sprecher der katholischen
Gemeinschaft Nigerian Pentecostal Movement (N.P.M.) gewesen. Am 15. Juli 1996
war in Kaduna eine Gebetsveranstaltung der Gemeinschaft von muslimischen
Gruppen überfallen worden. Dabei waren viele Menschen verletzt und getötet
und Häuser niedergebrannt worden. Auch die Eltern, zwei Brüder und die
jüngere Schwester von John Paul kamen dabei um. Er selbst wurde zur Fahndung
ausgeschrieben, was er durch Steckbriefe und TV-Meldungen erfuhr. Mit Hilfe von
Freunden und falschen Papieren gelang es ihm, im Januar 1997 das Land zu
verlassen und in die BRD einzureisen. Obwohl er im
Januar 1999 seine deutsche Freundin Tamara geheiratet hatte, war er am 18.
März 2000 aus der gemeinsamen Wohnung heraus verhaftet und in Abschiebehaft
genommen worden. Am 13. Juni 2000
wurde zum ersten Mal versucht, ihn über Frankfurt am Main abzuschieben. Trotz
seiner starken Fesselung an Händen und Füßen hatte er sich gewehrt und wurde
schließlich in die JVA Untermaßfeld zurückgebracht. Obwohl er selbst verletzt
wurde, erstatteten die Beamten gegen ihn eine Strafanzeige wegen
Körperverletzung. Tamara Paul, die
auch nach der Abschiebung ihres Mannes weiter nach seinem Verbleib forschte,
und deren Ehe behördlicherseits als "Scheinehe" bezeichnet worden
war, erhält vom Bundesgrenzschutz die Mitteilung, daß sie die Kosten der
Abschiebung in Höhe von 23.000 DM tragen müsse. (siehe auch: Im Jahre 1997) Berichte von
John und Tamara Paul; Karawane –
Bremen; FW 8.8.00 Juni 00 In panischer Angst vor der Abschiebung flieht ein 26 Jahre
alter Mann aus Ecuador aus einem Hamburger Krankenhaus und entzieht sich
damit der lebensrettenden Behandlung seiner offenen Tuberkulose-Erkrankung. BeZ 1.7.00 Juni 00 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens
Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Die 35 Jahre alte Iranerin Frau M. ist
psychisch schwer angeschlagen, leidet zunehmend unter Unruhezuständen,
Schlaf- und Eßstörungen. Als sie erfährt, daß ihr die Einreise in die BRD
nicht gestattet wird, äußert sie mehrfach Selbsttötungsabsichten, so daß sie
mit Medikamenten beruhigt wird. Im Zusammenhang mit der Zurückweisung einer
Frau aus Afghanistan bricht Frau M. zusammen, kommt in die Flughafenklinik und erhält erneut
Psychopharmaka. Zwei Tage später fällt Frau M. nachts gegen 4.00 Uhr
bewußtlos vom Stuhl. Nach Aufenthalten in der Flughafenklinik und der
Psychiatrie wird ihr und ihren beiden sieben und zehn Jahre alten Kindern die
Einreise in die BRD gestattet. FSD-Ffm Nov.
2000 Juni 00 Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt
am Main, Gebäude C 182. Der algerische 32 Jahre alte Flüchtling Herr A. hat
einen Nervenzusammenbruch, tritt mehrere Mülleimer um und verletzt sich dabei
am Fuß. Er sitzt seit 206 Tagen im Transitbereich des Flughafens. An seinem
230. Tag wird er nach Algier zurückgewiesen. FSD-Ffm Juni 00 Im ersten Halbjahr 2000 haben in den beiden Berliner
Abschiebehaftgefängnissen (Moabit-Kruppstraße und Köpenick-Grünauer Straße)
228 "Nahrungsaufnahmeverweigerungen" (Hungerstreiks) stattgefunden.
Kleine Anfrage
der PDS-Fraktion in Berlin Nr. 923 – 18.7.00 Sommer 00 Der Antrag auf "Umverteilung", den der irakische
Flüchtling Wahied Saied gestellt hat, um in der Nähe zweier seiner Brüder und
eines Vetters leben zu können, wird vom Landkreis Hannover abgelehnt. Der durch
Verfolgung und Folter schwer traumatisierte Mann ist auch an seinem ihm
zugewiesenen Wohnort Stralsund bereits viermal von Skinheads angegriffen und
mißhandelt worden. Die ersten drei Überfälle geschahen in unmittelbarer Nähe
seiner Unterkunft auf dem Dänholm. Wahied Saied erlitt eine Platzwunde auf
der Lippe, Thoraxprellung und Blutergüsse am Oberkörper, Hautabschürfungen
und einen handflächengroßen Bluterguß am Bein. Beim vierten Angriff schlugen
ihm die Täter einen Zahn aus. Nach einem
Selbsttötungsversuch und einem daran anschließenden zehntägigen
Krankenhausaufenthalt diagnostizieren die Ärzte und Therapeuten schwere
Depressionen, Schlaflosigkeit, Panikattacken, Angstträume und
Posttraumatische Belastungsstörungen. Aufgrund seiner "latenten
Suizidalität" bekommt Wahied Saied Medikamente und wird entlassen. Die Ärzte
empfehlen dringend einen Umzug in die Nähe seiner Familie nach Niedersachsen,
um seine seelische Gesundung zu erreichen. Obwohl seine Familie sich bereit
erklärt, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, hat Wahied Saied auch im
Dezember 2001 noch nicht die Erlaubnis umzuziehen. Als er – ohne
Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde – doch nach Göttingen fährt, weist
ihn ein Arzt umgehend zur stationären Behandlung in das Göttinger
Landeskrankenhaus ein. jW 19.12.01; ND
28.12.01 2. Juli 00 Volksfest in Malchow in Mecklenburg-Vorpommern. Etwa 40 randalierende Deutsche brüllen rassistische Parolen und
greifen Menschen an. Es werden insgesamt fünf Personen verletzt; zwei von
ihnen sind Asylbewerber aus dem Irak, einer ist Flüchtling aus der Türkei. BeZ 3.7.00; jW 4.7.00; FR 4.7.00; BeZ 5.7.00; Zeit
6.7.00 3. Juli 00 Im bayerischen Furth im Wald wird eine
rumänische Person nach "unerlaubtem" Grenzübertritt aus Tschechien
auf der Flucht vor der Festnahme von einem Diensthund gebissen und verletzt. BT DS 14/5613 7. Juli 00 Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern. Ein 40 Jahre
alter Flüchtling aus Nigeria wird am Nachmittag in einem Stadtbus von fünf Deutschen
beschimpft und beleidigt und dann mit einer 60 cm langen Eisenkette
traktiert. Der Busfahrer kann den Angriff stoppen, doch als der Nigerianer
den Bus verlassen kann, trifft ihn eine Flasche am Kopf. Er erleidet
Prellungen und Platzwunden am Hinterkopf. Einer der Täter wird festgenommen. ARD – Tagesschau
9.7.00; OZ 10.7.00; FR 10.7.00; Ber.
Ztg 10.7.00; JWB 19.7.00 8. Juli 00 JVA Büren – Abschiebegefängnis. Vier Gefangene singen folgendes
Protestlied, weil ihnen ohne weitere Erklärung die Küchenbenutzung verweigert
wird: "We
want to be free from the prison of Büren, we want
to be free from the prison of Büren, so
wicked Germans let us go free, for we are
not criminals, neither are we animals, so why
threat us bad like this." Dann stürmen 15 Beamte die Zellen mit den Worten, das
Konzert sei zu Ende, sie seien hier in Deutschland. Zwei Gefangene werden aus
der Zelle gebracht, und als die Beamten zurückkommen, um einen weiteren
mitzunehmen, weigert sich dieser und hält sich fest. Er wird
geschlagen, und als er brüllt "Germans don't kill me", drücken sie
ihm solange den Hals zu, bis er vor lauter Luftnot losläßt. Dann kommt der
Kameruner für einen Tag in den "besonders gesicherten Haftraum"
(BGH) der Anstalt, anschließend für sieben Tage in eine Isolationszelle. Hilfe für
Menschen in Abschiebehaft Büren 22.8.00 10. Juli 00 Zitat aus dem Schreiben des Landeseinwohneramtes Berlin an
das Amtsgericht Schöneberg: "Für die erneute Abschiebung ist der Einsatz
eines Integralhelms vorgesehen. Der Helm wurde eigens für Hr. E. (Abkürzung
des Namens durch ARI) angefertigt. Die Zustimmung des Auswärtigen Amtes für
die Verwendung des Prototypen wird in den nächsten Tagen erwartet. Die
Maßnahme ist erforderlich geworden, weil der Betroffene nicht in der Lage
ist, seine Situation richtig einzuschätzen." Hintergrund des
Schreibens ist die mehrmalige Weigerung des 38-jährigen H. E., sich nach
Tunesien abschieben zu lassen. In seiner Verzeiflung hatte er selbst bei
einem vorherigen Abschiebeversuch gerufen, daß er an einer ansteckenden
Krankheit leide. Durch das Tragen des Helmes des Herrn H. E. sollte – laut Aussage des Landeseinwohneramtes –
mitreisenden Passagieren die Angst vor einer eventuellen Infektion durch
Herrn H. E. genommen werden. Jesuiten-Flüchtlingsdienst; Gilda Schönberg
– Rechtsanwältin 10. Juli 00 Bei Groß Breesen, nahe dem brandenburgischen Guben, wird
eine unbekannte, vermutlich ertrunkene Person aus der Neiße geborgen. BT DS 14/5613 11. Juli 00 Eine 28 Jahre alte Asylbewerberin aus Kenia wird in
Frankfurt an der Oder in der Nähe ihres Wohnheimes überfallen. Der Täter
würgt sie von hinten. Erst aufgrund ihrer heftigen Gegenwehr und aufgrund der
Tatsache, daß ZeugInnen herbeieilen, läßt er von ihr ab und flieht. BeZ 12.7.00; RA
12.7.00; MAZ 12.7.00; TS 2.8.00 16. Juli 00 Flüchtlingsheim in Ludwigshafen-Oppau in Rheinland-Pfalz.
Eine Familie in der Wohnung Nummer acht im Erdgeschoß hat Gäste geladen, weil
einerseits Geburtstag und andererseits Abschied aus Deutschland gefeiert
wird. Um 1.30 Uhr fliegt ein Molotow-Cocktail durch das Fenster und landet
auf dem Schoß der 11-jährigen Krenare Canbeka. Sie erleidet schwere
Brandverletzungen an beiden Beinen und am Bauch, ihre 12-jährige Schwester Visare, ihr 14 Jahre alter Bruder
Fisnik und die Mutter werden durch die von der zerberstenden Fensterscheibe
herumfliegenden Glassplitter leicht verletzt. Da der Brandsatz nicht
explodiert ist, kann das Feuer relativ schnell gelöscht werden. Die drei
verletzten Kinder und ihre Mutter sind Flüchtlinge aus dem Kosovo. Die 34
übrigen BewohnerInnen kommen mit dem Schrecken davon. Vor dem Haus
werden nach den Löscharbeiten noch zwei weitere Brandflaschen gefunden. Am
20. Juli werden vier Brandstifter im Alter von 14, 15, 16 und 18 Jahren
festgenommen. Sie erhalten wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung
und gefährlicher Körperverletzung Gefängnisstrafen von zweieinhalb und fünf
Jahren. Seit Januar 94
ist dies der dritte Brandanschlag auf das Heim. Nach Aussagen des
Polizeisprechers sind in letzter Zeit mehrmals Steine auf das Haus geworfen
worden. afp 16.7.00;
Schwäbische Ztg 16.7.00; taz 17.7.00; jW 17.7.00; FR
17.7.00; KStA 17.7.00; TS 17.7.00; jW
18.7.00; BeZ 18.7.00; BeZ 19.7.00; BeZ 20.7.00; taz 21.7.00; FR
21.7.00; BeZ 21.7.00; FR 22.7.00; Spiegel 24.7.00; BeZ 28.7.00; taz
23.9.00; BeZ 30.10.00; taz 31.10.00; BeZ 15.11.00; taz 15.11.00; IRR European Race Bulletin Nr. 35 Dec. 00 / Jan. 01;
Rheinpfalz 14.7.01 17. Juli 00 Frankfurt an der Oder. Ein kubanischer Asylbewerber ist in
einer 15-köpfigen Gruppe von Studenten der Europa-Universität Viadrina
unterwegs, als er von zehn jugendlichen Deutschen angepöbelt und beschimpft
wird. Zwei der Rassisten schlagen auch einem Deutschen aus der Gruppe ins
Gesicht. Vier der Täter
werden vorläufig festgenommen – gegen zwei erläßt die Staatsanwaltschaft
einen Haftbefehl. MAZ 18.7.00 19. Juli 00 Bad Elster in Sachsen. Eine vietnamesische Person wird im deutsch-tschechischen
Grenzbereich auf der Flucht vor der Festnahme von einem Zollhund gebissen und
verletzt. BT DS 14/5613 19. Juli 00 Abschiebehaft in der JVA Mannheim. Als der Algerier M.
Khalid seinen Abschiebetermin erfährt, beginnt er zu toben, zertrümmert seine
Zelle und verletzt sich mit einer Fensterglasscherbe an Arm und Bauch. M. Khalid hatte
in den letzten Jahren ohne Papiere gelebt, und als er auch im Hinblick auf
sein im Februar geborenes Kind seine Rechtlosigkeit nicht mehr aushielt, hatte
er versucht, sich durch Selbstverbrennung zu töten. Dadurch kam er in das
psychiatrische Landeskrankenhaus Wiesloch und anschließend direkt in die
Abschiebehaft Mannheim. Am 26. August
erfolgt seine Abschiebung nach Algerien. AG für Menschen
in Abschiebehaft Oktober 2000 19. Juli 00 Baden-Württemberg. Bei einer sogenannten
verdachtsunabhängigen Kontrolle durch BGS-Beamte auf dem Karlsruher
Hauptbahnhof werden einem türkischen Asylbewerber 1800 DM weggenommen. Es handelt sich dabei um sein
Urlaubsgeld, das er kurz vorher ausgezahlt bekommen hatte. Nachdem sein
Arbeitgeber, der Betreiber eines türkischen Imbisses, vergeblich interveniert
hatte, gelang es der deutschen Lebensgefährtin mit massiven Argumenten, daß
dem Eigentümer sein Geld wieder zurückgegeben wurde. Rechtsgrundlage
für die Beschlagnahme ist laut Bundesgrenzschutz der Paragraph 7 des
Asylbewerberleistungsgesetzes, nach dem AsylbewerberInnen verpflichtet sind,
ihr Einkommen auf die Kosten von Verpflegung und Unterkunft in den
staatlichen Sammellagern einzusetzen. Jeder Person steht in Baden-Württemberg
in der Regel nur ein monatliches Taschengeld von 80 DM zu. (siehe auch: Mitte
August 00) FR 16.9.00 24. Juli 00 In Frankfurt (Oder) werden am Abend vier Inder und ein Pakistani
von drei Rassisten angegriffen und mit einem Baseballschläger attackiert und
verletzt. Dann hetzen sie einen Dobermann-Hund auf die Fliehenden. Im April 2001
werden die drei Täter im Alter von 22 bis 27 Jahren wegen gefährlicher
Körperverletzung zu Freiheitsstrafen zwischen 24 und 32 Monaten verurteilt. BeZ 28.7.00;
Konkret 10/00, S. 18; BeZ 25.4.01 25. Juli 00 In einer Potsdamer Straßenbahn werden zwei Jugendliche von
fünf deutschen Männern beschimpft und beleidigt: "Scheiß Neger, was
wollt ihr hier?" An der Haltestelle am Hauptbahnhof wird der 14-jährige
Kenianer aus der Bahn geworfen. Als die Bahn wieder fährt, beginnen die
Rassisten, den 13-jährigen Kongolesen mit Schlägen und Tritten zu traktieren. Nun mischen sich
ca. 15 Passagiere ein und stellen sich schützend um den Jungen, der schon
eine blutende Verletzung am Mund hat. Beim nächsten
Straßenbahnhalt fliehen die Täter. Als der Straßenbahnfahrer sie aufhalten
will, bekommt er einen Schlag ins Gesicht und eine halbvolle Bierdose ins
Kreuz. Zwei der Täter
können von der Polizei gestellt werden. Gegen einen wird Haftbefehl erlassen. RA 27.7.00; MAZ
27.7.00; TS 27.7.00; BeZ
27.7.00; FR 27.7.00; taz 28.7.00; BeZ 29.7.00; TS 31.7.00; RA 31.7.00 27. Juli 00 Frankfurt an der Oder – Plattenbau-Viertel Neuberesinchen.
Eine jugoslawische Familie sucht im Sperrmüll nach Möbeln, als sie von einem
Anwohner angegriffen wird. Der 19-Jährige ruft rassistische Parolen, schlägt
das Kind, tritt der Mutter in den Unterleib und greift auch den Vater an. BeZ 28.7.00;
Opferperspektive (TS 28.7.00) 28. Juli 00 Rübenau an der sächsisch-tschechischen
Grenze. Vier "asiatische Staatsangehörige unbekannter Nationalität"
werden durch Zollbeamte körperlich mißhandelt und verletzt. BT DS 14/5613 29. Juli 00 Eisenach in Thüringen. Als zwei afrikanische Asylbewerber
um 18.30 Uhr in die Bahnhofshalle kommen, werden sie sofort von einer ca.
20-köpfigen Horde von Neonazis umringt und mit "Neger raus" und
"Ausländer raus" angepöbelt. Vier Täter treten, stoßen und
bespucken die Männer. Dann beginnen sie, ihre Opfer durch die Stadt zu
hetzen, schlagen und treten erneut auf sie ein. Den beiden Fliehenden gelingt
es irgendwann, sich zu verstecken, bis die Polizei eintrifft. Kwame Amenyo
aus Togo und sein Begleiter Ahmed Faisal aus Sudan werden leicht verletzt. Gegen drei
Angreifer werden Haftbefehle erlassen. Ihnen wird gefährliche
Körperverletzung, Beleidigung und Volksverhetzung vorgeworfen. Zwei der Täter
werden im September zu mehr als einem Jahr Gefängnis verurteilt. Bei den
beiden anderen Angeklagten wird die einjährige bzw. siebenmonatige Haftstrafe
zur Bewährung ausgesetzt. TS 31.7.00; BeZ
31.7.00; FR 31.7.00; taz 31.7.00; BeZ 1.8.00; FR
1.8.00; FR 4.8.00; taz 4.8.00;
TS 4.8.00; FR 13.9.00; BeZ 21.9.00; ND
21.9.00; TS 21.9.00 29. Juli 00 Suhl in Thüringen. Der palästinensische Flüchtling aus dem
Libanon Ahmad Saleh wird von mehreren Deutschen bedroht und beleidigt. Einer
der Rassisten schlägt auf ihn ein. Ahmad Saleh muß seine Kopfverletzungen im
Krankenhaus ambulant behandeln lassen. (siehe auch: 25. November 00, 7. Januar 01, 10. März 01) Bericht des
Betroffenen 31.3.01; ABAD Thüringen 29. Juli 00 Bayern. Das Münchener Amtsgericht stellt ein Verfahren gegen
zwei Polizisten gegen die Zahlung von insgesamt 5000 DM Schmerzensgeld ein.
Es attestiert den Beamten eine "geringe Schuld", weil sie in einer
"einmaligen Überreaktion" bei einer "verkehrs- und
ausländerrechtlichen Kontrolle" zwei irakische Flüchtlinge, die mit
ihren Rädern unterwegs waren, mißhandelt hatten. MbZ 30.7.00; Fränkischer Tag
30.7.00 30. Juli 00 Jasim Mohamad Ali stirbt im Krankenhaus ‚Barmherzige
Brüder’ in Regensburg an den Folgen seines Selbsttötungsversuches. Drei Tage zuvor
hatte sich der Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber aus dem Irak abends auf
die vielbefahrene Straubinger Straße gelegt und wurde um 21.40 Uhr von einem
Auto überrollt. Er wurde 29 Jahre alt und hinterläßt seine Frau und drei
kleine Kinder im Irak. Jasim Mohamad Ali
war kurdischer Herkunft und lebte im Zentralirak. 1999 sah er sich gezwungen,
sich von seiner Familie auf ungewisse Zeit zu trennen und in die BRD zu
fliehen. Am 5. Januar 2000 beantragte er Asyl, was zwei Monate später vom
Bundesamt abgelehnt wurde. Er erfuhr jedoch erst Anfang Mai davon, da er von
der Erstaufnahmeeinrichtung Zirndorf ins Flüchtlingslager Ettertshausen und
von dort nach nur einer Übernachtung in eine Unterkunft in Regensburg
eingewiesen wurde. Der Bescheid des Bundesamtes erreichte ihn nie. Sein Rechtsanwalt
beantragte die Wiedereinsetzung, legte Klage ein und erbat von Herrn Ali
Unterlagen über seine Herkunft aus zentralirakischem Gebiet, die dieser
beschaffen konnte. Damit hätte ihm Abschiebungsschutz und ein Aufenthaltsrecht
gewährt werden müssen, und auch Nachfluchtgründe waren in seinem Fall geltend
zu machen. Anstatt ihm bis
zur Entscheidung längere Duldungen auszusprechen, erhielt Jasim Mohamad Ali
von der Ausländerbehörde eine Grenzübertrittsbescheinigung, die – wie für
andere Flüchtlinge in Regensburg auch – willkürlich für eine Woche oder auch
nur einige Tage verlängert wurde. Der Behörde war bekannt, daß zu dieser Zeit
ohnehin wegen des UN-Embargos keine Abschiebung durchgeführt wurde. Aus Angst vor
Abschiebung, aus Enttäuschung über die menschenunwürdige Unterbringung und
vor allem aus Verzweiflung wegen der Behandlung durch die Ausländerbehörde
Regensburg hatte Jasim Mohamad Ali den Selbstmord mehrmals angekündigt. Am
Freitag, den 28. Juli 00, versuchte er, sich auf ein Bahngleis nahe der
Unterkunft zu legen. Dies konnten FreundInnen noch verhindern. Wenige Stunden
später legte er sich dann auf die Straubinger Straße. BI Asyl
Regensburg 1.8.00; MbZ 1.8.00; BI Asyl Regensburg 3.8.00; MbZ 3.8.00; BI Asyl Regensburg
4.8.00; NN 16.8.00;
IMEDANA 26.10.00; Herzog/Wälde:
"Sie suchten das Leben" 31. Juli 00 Auf dem Theaterplatz im sächsischen Chemnitz wird eine
irakische Flüchtlingsfamilie von zwei deutschen Jugendlichen mit den Parolen
"Ausländer raus" beleidigt. Dann fahren sie mit ihren Fahrrädern
auf die Familie zu und werfen den Kinderwagen um, wodurch das sieben Monate
alte Kleinkind im Gesicht verletzt wird. Auch seine neunjährige Schwester
wird zu Fall gebracht und dabei verletzt. FR 2.8.00; BeZ 2.8.00 31. Juli 00 Die 32 Jahre alte Togoerin A. wird aus
Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit einem anderen Flüchtling aus Togo
abgeschoben. Auf dem Flughafen Lomé wird sie aufgrund ihres Paßersatzpapieres
umgehend festgenommen und auf die Gendarmerie gebracht. Hier wird ihr
vorgeworfen, daß sie in Deutschland den Namen des Präsidenten Eyadema
beschmutzt hätte. Die Zelle teilt
sie mit neun weiteren abgeschobenen Flüchtlingen. Sie bekommen einmal täglich
Essen und Was- ser. Weil sie täglich ab 5.00 Uhr den Hof fegen muß,
ergibt sich für sie nach ca. zwei Wochen die Gelegenheit zu fliehen. Sie lebt
heute mit festem Aufenthalt in der BRD. Barbara Ginsberg
– Rechtsanwältin Juli 00 Zwei Asylbewerberinnen aus Nigeria und Sierra Leone werden
im Stadtzentrum von Frankfurt an der Oder von Skinheads angegriffen. Aus
Angst vor weiterer Verfolgung erstatten sie keine Anzeige. TS 2.8.00 Juli 00 Frankfurt an der Oder. Als ein kubanischer Flüchtling eine
Gaststätte verläßt, wird er von zehn jungen Männern angepöbelt. Ein deutscher
Student, der ihm zu Hilfe kommt, wird mit Schlägen ins Gesicht abgewehrt. TS 2.8.00 Juli 00 Cottbus in Brandenburg. Jean-Jaques Effson, Asylbewerber
aus Kamerun, wird bei einem rassistischen Angriff von einem Neonazi mit einem
Messer attackiert. Der Messerstich unterhalb des Schlüsselbeines wird von
einer Rippe gebremst. Sein Kommentar
nach fünf Monaten Aufenthalt in Cottbus: "So mies wie dort bin ich
nirgends behandelt worden: Du kommst als Schwarzer in keine Disko, du wirst
auf offener Straße angegriffen." BM 9.7.00 1. August 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Der 14 Jahre alte
Kuldeep S. wird direkt aus der Abschiebehaft heraus nach Italien abgeschoben.
Da er bei seiner Festnahme direkt nach seiner Ankunft in Berlin eine
italienische Aufenthaltsgenehmigung für einen 32-jährigen Mann bei sich
hatte, wurde er formal als 32-Jähriger behandelt und abgeschoben. FRat Berlin
3.8.00; FR 4.8.00 3. August 00 Im rheinischen Kaldenkirchen werden mehrere Asylbewerber
von drei Skinheads mit Eisenstangen und Holzknüppeln verfolgt und bedroht.
Die Polizei nimmt die Neonazis fest. FR 4.8.00; taz
4.8.00; TS 4.8.00; NaziTerror (FR
9.9.00); IRR European Race Bulletin Nr. 35 Dec. 00 / Jan. 01 7. August 00 JVA Büren – Abschiebegefängnis. Der 16-jährige Hassan A.
aus Marokko schneidet sich die Pulsadern auf. Es ist schon das zweite Mal in
diesem Monat. Hassan A. hatte als
12-Jähriger Marokko verlassen und dann einige Jahre in Spanien und Frankreich
gelebt. Als er vor zwei
Wochen als "blinder Passagier" auf einem deutschen
Autobahn-Rastplatz von einem LKW kletterte, wurde er sofort verhaftet und
befindet sich seitdem in Abschiebehaft. Hilfe für
Menschen in Abschiebehaft Büren 9. August 00 Unbekannte werfen im hessischen Ruhlkirchen Pflastersteine
in ein Flüchtlingsheim. Es wird niemand verletzt. BeZ 1.8.00 14. August 00 Der 20 Jahre alte kurdische Flüchtling Hakkan T. wird auf
der Ausländerstelle des hessischen Dillingen festgenommen und noch am
gleichen Tag in die Türkei abgeschoben. Er war vor fünf
Jahren in die BRD geflohen, weil er und seine Familie vor allem nach der
Flucht seines Bruders von Soldaten ständig bedroht wurden. Nach dem Tod
seiner Mutter, die von Soldaten auf dem Feld erschossen wurde, waren sie nach
Antalya übergesiedelt und hatten in einem Zelt im Wald gelebt. Die Behörden
zwangen sie allerdings, in ihr zerstörtes Dorf zurückzukehren, und unter Drohungen
und Schlägen wurden er und sein Vater aufgefordert, Dorfschützer zu werden.
Diese Verfolgungsgeschichte wurde dem 16-jähri-gen nach Deutschland
Geflohenen vom Bundesamt nicht geglaubt. Der Asylantrag wurde abgelehnt. Noch am Flughafen
wird er türkischen Beamten übergeben, die ihn auf eine Wache in Flughafennähe
bringen. Hier kommt er in eine Zelle im Untergeschoß, wo er von zwei
Uniformierten und drei Zivilpersonen als PKK'ler beschimpft wird. Bei dem
Verhör wird deutlich, daß die türkischen Vernehmer über Detailkenntnisse aus
seinem Asylantrag und sonstiger politischer Aktivitäten in der BRD verfügen.
Da Hakkan T. in der BRD tatsächlich wegen des Verstoßes gegen das
Vereinsgesetz verurteilt worden war, erklärt er sich bereit, Namen zu nennen.
Er soll diese Namen auf immer kleinere Stücke Papier aufschreiben. Als Hakkan T.
sich allerdings weigert, an Operationen in Istanbul teilzunehmen und den
Beamten Wohnungen von PKK-Sympathisanten zu zeigen, beginnt die körperliche
Folter. Ihm werden die Augen verbunden, und er wird an gefesselten Armen
aufgehängt. Er wird mit Fausthieben und Gummiknüppeln traktiert und macht
schließlich umfangreiche Aussagen zu ihm bekannten Personen. Am 16.8.2000 wird
er der Staatsanwaltschaft vorgeführt, wo er sein Geständnis widerruft. Unter
heftigen Drohungen wird er freigelassen. Seine
Rechtsanwältin Eren Keskin erfährt nach seiner Freilassung, daß gegen ihn
Anklage gemäß § 169 TStGB erhoben wurde. Man habe in seinem Schuh einen
kleinen Zettel mit Namen von PKK-Kurieren gefunden, steht in der
Anklageschrift. Hakkan T. wendet
sich in seiner Angst an den IHD und läßt hier seine Aussage protokollieren.
Im Herbst 2000 gelingt ihm die erneute Flucht in die BRD. Ein erneuter Antrag
auf Asyl wird am 29. November 2001 positiv entschieden. Am 28. Februar
2002 erhält Hakkan T. eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 1.330 Euro.
Sollte er dieser Aufforderung nicht nachkommen, dann werde ihm keine
Aufenthaltsbefugnis erteilt. Es handelt sich bei der Summe um die Kosten der
Abschiebung, die der Lahn-Dill-Kreis eineinhalb Jahre vorher aufgrund von
Mängeln im Asylverfahren vollzogen hatte. Regierungsoberrat
Strack-Schmalor des Lahn-Dill-Kreises zu der Zahlungsaufforderung an Herrn
T.: "... Dieser Bescheid wäre damit zu begründen, dass
Herr T...... in rechtmäßiger Weise abgeschoben wurde. ... Zudem war Herr
T...... zuvor zur Ausreise aufgefordert worden. Dieser Aufforderung war er
nicht nachgekommen. Vielmehr hat er sich dafür entschieden unterzutauchen, so
dass er polizeilich gesucht und letztendlich nach einer Verhaftung in die
Türkei abzuschieben war. Damit hat er die entstandenen Kosten selbst
verursacht." Die Reaktion auf
die Forderung nach Entschädigung des Herrn T.: " ... Die Abschiebung
selbst wurde durch ihn verursacht, da er nicht den rechtmäßigen Weg der
freiwilligen Ausreise gewählt hat. Insofern eine Verantwortung der
Bundesrepublik Deutschland bzw. des Landes Hessen für die Folterungen der
Türkei zu konstruieren ist nicht nachvollziehbar, so dass Ihre Forderung ohne
jegliche rechtliche, aber auch moralische Grundlage ist." Dokumentation
vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 2001; FRat NieSa
12.3.02; JWB 20.3.02; FRat NieSa
23.4.02; Gießener Anzeiger 28.5.02 15. August 00 Nach einem Gespräch mit einem Sachbearbeiter im
Regensburger Verwaltungsgericht schneidet sich ein 28 Jahre alter irakischer
Flüchtling mit einer Rasierklinge in Bauch und Arme. Ein Notarzt versorgt
ihn, und er wird ins Krankenhaus gebracht. NN 16.8.00 15. August 00 Im sächsischen Neugersdorf nahe der
deutsch-tschechischen Grenze wird eine Person mazedonischer Nationalität auf
der Flucht vor der Festnahme von einem Zollhund gebissen und verletzt. BT DS 14/5613 Mitte August 00 Baden-Württemberg. Bei einer sogenannten
verdachtsunabhängigen Kontrolle auf dem Karlsruher Hauptbahnhof werden dem
iranischen Flüchtling Herrn D. von den 300 DM, die er bei sich hat, 220 DM
von BGS-Beamten abgenommen. Seine Beteuerungen, daß er sich das Geld geliehen
habe, um damit seine Anwältin zu bezahlen, helfen ihm nicht. Das
beschlagnahmte Geld wird an den Kostenträger der Sammelunterkunft, in der er
wohnen muß, überwiesen. (siehe auch: 19. Juli 00) FR 16.9.00 20. August 00 Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber in
Eisenhüttenstadt. Unbekannte werfen in der Nacht eine Nebelkerze durch das
geöffnete Fenster in den Wohnraum der kolumbianischen Familie Bolivar. Es
entsteht Feuer, und der Rauch breitet sich schnell im Heim aus. Vier Erwachsene
und drei Kinder erleiden durch den Rauch Augenreizungen und müssen im
Krankenhaus behandelt werden. Vier Wochen
später können zwei Tatverdächtige ermittelt werden. Ein 14-Jähriger wird
festgenommen – nach seinem 19-jährigen Komplizen wird gesucht. Die Familie
Bolivar wird zunächst in eine Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Schönfeld in
Brandenburg "umverteilt". Am 5. März 2001 wird das Ehepaar Ximene
und Diego Bolivar mit den drei kleinen Kindern Felipe (3), Valeria (6) und
Christian (9) abgeschoben. Am 24. Oktober
2002 stirbt Diego Bolivar, der in Kolumbien als Motorrad-Kurier arbeitet,
infolge eines Verkehrsunfalls, wodurch die Familie in große finanzielle Not
gerät. RA 21.8.00; MAZ
21.8.00; BeZ 21.8.00; TS 21.8.00; MAZ 27.9.00; BeZ
27.9.00; taz 27.9.00; Antirassistische
Initiative Berlin 25.2.01; Interview mit
Ximene Boliviar in: "Flüchtlingsfrauen"
– Video-Film von Mylene Teixeira; Bericht von
Ximene Bolivar 21. August 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Der libysche Gefangene
Murad H. wird am 56. Tag seines Hungerstreiks wegen seines schlechten
gesundheitlichen Zustandes aus der Abschiebehaft entlassen. Jesuiten-Flüchtlingsdienst 21. August 00 Als der nigerianische Abschiebegefangene X. sich gegen die
Abschiebung wehrt, halten ihn vier BGS-Beamten auf dem Flughafen-Gelände am
Hals fest, so daß er nicht schreien kann. Er kommt zurück
in Abschiebehaft. Als er zwei Tage später von Unterstützern besucht wird,
trägt er eine Halskrause und einen Verband an der rechten Hand. Er klagt über
Gliederschmerzen, und Blut fließt aus seiner Nase. Psychosoziales
Zentrum für Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt (Bericht 2000) 23. August 00 Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim im oberfränkischen
Schwarzenbach im Landkreis Hof. Bei dem Feuer, das im Erdgeschoß des
mehrstöckigen Gebäudes ausbrach, erleidet ein Bewohner leichte Verletzungen.
Zur Aufklärung des Anschlags wird eine Belohnung von 10.000 DM ausgesetzt. FR 24.8.00; taz
24.8.00; BeZ 24.8.00; jW 29.8.00; FR 2.12.02; www.redok.de 23. August 00 Der Kurde Akyol wird in die Türkei abgeschoben. Nach seiner
Ankunft gilt er zunächst als verschwunden. Als er sich wieder meldet, hat er
eine Zeit in Gefangenschaft mit Verhören und Folter hinter sich. Seine Schwester
Meral Akyol, Journalistin der kurdischen Zeitung Özgür politika, befindet
sich seit Anfang des Jahres in Abschiebehaft im bayerischen Aichach. AZADI
informationen Nr. 21 September/Oktober 2000 (ND 5.6.00; medico international) 25. August 00 Nachdem die drei Flüchtlinge und der britischer Journalist
Justin Jin wegen rassistischer Pöbeleien zunächst aus einer Diskothek
geflohen sind, scheitert auch ihr zweiter Versuch, als Nichtweiße im
brandenburgischen Rathenow nach Einbruch der Dunkelheit noch etwas trinken zu
gehen. Aus einer Spielothek mit Getränkeausschank werden sie
hinauskomplimentiert. Sie begeben auf den Weg zurück ins Flüchtlingswohnheim.
Plötzlich kommt
ein Deutscher auf den Journalisten zu und brüllt auf ihn ein, während er
einen Stein drohend in der Hand hält. Der Journalist drückt auf den Auslöser
seiner Kamera, woraufhin der fast zwei Meter große Deutsche ihm einen
Fausthieb gegen das Kinn versetzt. Den Angegriffenen gelingt es, die Polizei
zu alarmieren. Während der Täter
weiter herumgrölt, versuchen nun zwei Polizistinnen mit Gewalt, den
Fotoapparat und das Handy des Journalisten zu beschlagnahmen. Ihm werden die
Arme hinter dem Rücken verkreuzt, und er wird ins Polizeiauto gestoßen. Erst
nach stundenlangem Warten werden er und die drei Zeugen aus dem Polizeirevier
entlassen. Gegen den Verein
"Opferperspektive" stellt der Oranienburger Polizeipräsident
Strafantrag wegen "übler Nachrede", weil der Verein den Vorfall in
einer Presseerklärung beschreibt. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die
Polizistinnen wird eingestellt. Auch gegen
Christopher Nsoh, einem der Angegriffenen, wird ein Ermittlungsverfahren
eingeleitet, weil er den Vorfall auf einer Pressekonferenz bekannt gab. Am
24. September wird das Verfahren vom Amtsgericht Rathenow eingestellt. Bemerkenswert ist
die Darstellung einer Polizistin vor
Gericht: "Der deutsche Bürger wollte nicht fotografiert werden,
und wir haben dem Wunsch Nachdruck verliehen. ... Die Gefahr ist von dem
Herrn Jin ausgegangen." Opferperspektive; RA 28.8.00; NAZ
28.8.00; MAZ 30.8.00; taz 30.8.00; RA 5.9.00; MAZ 5.9.00; MAZ 7.9.00; taz 20.2.02; taz 25.2.02 27. August 00 In Borna in Sachsen werden zwei Flüchtlinge aus Libyen von
etwa zehn deutschen Jugendlichen geschlagen und mit Bierflaschen beworfen. Sie
müssen ihre Verletzungen medizinisch behandeln lassen. FR 28.8.00; taz
28.8.00; BeZ 28.8.00 27. August 00 Seifhennersdorf in Sachsen an der deutsch-tschechischen
Grenze. Eine Person aus der Republik Moldau wird auf der Flucht vor der
Festnahme durch Zollbeamte von einem Diensthund gebissen und verletzt. BT DS 14/5613 28.
August 00 Im brandenburgischen Genschmar, nahe der
deutsch-polnischen Grenze, wird ein Leichnam aus der Oder geborgen. Die
Identität wird nicht festgestellt; als Todesursache wird Ertrinken vermutet. BT DS 14/5613 28.
August 00 Der im März aus Berlin abgeschobene Nidjo Lucubami wird in
der angolanischen Hauptstadt Luanda, im Stadtteil Rocha Pinto, von drei
Polizisten angehalten und nach Geld gefragt. Als er deutlich macht, daß er keines
hat, zielt einer der Polizisten mit dem Maschinengewehr auf ihn und gibt – in
Tötungsabsicht – vier Schüsse ab. Ein Schuß durchschlägt seinen Brustkorb in
Herznähe. Er kommt ins Krankenhaus und wird notoperiert. Nach zwei Wochen
wird er entlassen, weil seine Verwandten die hohen Behandlungskosten von 1000
US-Dollar (entspricht 8 Jahresgehältern) nicht aufbringen können. Aufgrund
des Abbruchs der Behandlung verschlechtert sich sein Gesundheitszustand
rapide. Nachdem eine
unabhängige Zeitung über den Mordversuch geschrieben hat, muß Nidjo Lucubami
in Angola untertauchen, weil er von Angehörigen erfahren hat, daß Polizisten
nach ihm gefragt haben. (siehe auch: 5. März 00) Antirassistische
Initiative Berlin; I.A.A.D.H 20.9.00; Folha 8, Luanda
7.10.00 28. August 00 Der kurdische Flüchtling Cengiz Bulut aus Seesen wird in
Abschiebehaft genommen. Dies geschieht, obwohl sich seine Frau Hatun Akgün
seit dem 15. August wegen eines Selbsttötungsversuches mit einer Überdosis
Schlaftabletten im Landeskrankenhaus Göttingen befindet. Und dies geschieht
auch, obwohl Cengiz Bulut unter schweren Depressionen leidet. Der Kommentar des
Landkreises Goslar lautet, es bestehe "der begründete Verdacht, daß B.
sich der Abschiebung entziehen will, ... da bei B. Anhaltspunkte für eine
tatsächliche Erkrankung nicht vorhanden sind. Vielmehr ist davon auszugehen,
daß B. sich durch sein Verhalten, indem er eine Erkrankung vortäuscht, der
Abschiebung zu entziehen versucht." Erst durch die
Intervention des Flüchtlingsrates Niedersachsen erfolgt auf Anordnung des
niedersächsischen Innen- ministeriums eine Untersuchung Buluts durch den
Amtsarzt der JVA Hannover. Dieser stellt u.a. fest: "Bei dem
Untersuchten wurde eine Posttraumatische Belastungsstörung (ICD 10-F 43.1)
diagnostiziert mit wiederholt unausweichlicher Erinnerung und
Wiederinszenierung des traumatischen Ereignisses im Gedächtnis, Tagträumen
und Träumen besonders nach der Inhaftierung ... Der Gefangene ist suicidal
hochgefährdet ... Es wird angeraten, den Gefangenen im Behandlungszentrum für
Folteropfer in Berlin ... vozustellen und begutachten und behandeln zu
lassen." Am 4. September
wird Cengiz Bulut aus der Abschiebehaft entlassen. FRat NieSa
4.9.00; AZADI
informationen Nr. 21 September/Oktober 2000 29. August 00 JVA Büren in Nordrhein-Westfalen. Das Telefongespräch des
libanesischen Abschiebegefangenen A. B. wird durch einen Beamten vorzeitig
abgebrochen. Der Gefangene beschwert sich und erhält zur "Strafe"
ein Telefonierverbot für vier Tage. Als ihm am selben Abend auch ein Umschluß
in eine andere Zelle versagt wird, kommt es zu neuen Diskussionen. Der
Gefangene soll daraufhin zur "Strafe" in eine sogenannte
Schlichtzelle (Isolation) gebracht werden. Er hält sich an einer Tür fest,
wird dann geschlagen und gezerrt. Als er die Tür losläßt, fallen sowohl er
selbst als auch die JVA-Angestellten zu Boden. Er wird erneut geschlagen und
dann gefesselt. Im Keller wird er mit Gewalt ausgezogen, erhält lediglich
Shorts und eine dünne Decke und kommt dann in die Isolationszelle. In seiner
Verzweiflung drückt er auf den Alarmknopf, woraufhin sich allerdings niemand
meldet. Erst durch
Intervention seiner Verlobten und der Flüchtlingsunterstützer wird die
"Strafe" umgewandelt. Er kommt aus der Isolation heraus, darf
allerdings die nächsten acht Tage nicht telefonieren. Der Gefangene hat
Blutergüsse am Arm, an den Handgelenken und unter dem linken Auge; er hat
Schmerzen an den Rippen und im linken Knie. Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren 1.9.00 30. August 00 Waiblingen in Baden-Württemberg. Drei deutsche Rassisten
setzen das Flüchtlingsheim in Brand, indem sie den Verteilerkasten im
Erdgeschoß des Heimes anzünden. Bei der Flucht aus dem brennenden Gebäude
verletzen sich zwei BewohnerInnen; 80 Personen bleiben unverletzt. Im Januar 2001
erhebt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen drei Skinheads Anklage wegen
gemeinschaftlich begangener besonders schwerer Brandstiftung, gefährlicher
Körperverletzung und versuchten Mordes in 54 Fällen. Das Urteil ergeht
im März: sechs Jahre Haft für einen 22-jährigen, fünf Jahre Jugendstrafe für einen 18-jährigen
und fünfeinhalb Jahre Jugendstrafe für einen 19-jährigen Angeklagten. In der
Urteilsbegründung heißt es, daß die Angeklagten das Feuer aus "Hass auf
Ausländer" gelegt haben. taz 31.8.00; FR
19.1.01; taz 19.1.01; BeZ 22.2.01; taz
16.3.01; FR 2.12.02 30. August 00 DRK-Krankenhaus Köpenick in Berlin. In der Nacht zum
frühen Morgen hin verknotet Altankhou Dagwasoundel Bettwäsche, verdreht sie, befestigt
ein Ende an der Heizung und versucht, sich aus dem Fenster abzuseilen, denn
vor der Tür stehen zwei Polizeibeamte, um eine Flucht zu verhindern. Das
Bettzeug reißt, und Altankhou Dagwasoundel stürzt von der 6. Etage in den
Tod. Am Vorabend seines
Todestages war der 28-jährige Mongole aus dem Abschiebegefängnis Köpenick mit
Verdacht auf Magenblutungen eingeliefert worden. Altankhou
Dagwasoundel war aus Belgien in die BRD geflohen, um seiner dort angedrohten
Abschiebung zu entgehen. Hier wurde er ohne Papiere aufgegriffen und befand
sich seit ca. vier Wochen in Abschiebehaft. Antirassistische
Initiative Berlin; Büro für
medizinische Flüchtlingshilfe Berlin August 00 Sachsen-Anhalt. Ein 40 Jahre alter togoischer Flüchtling,
Vater von zwei kleinen Kindern, stürzt sich vom Balkon nachdem er die
Ablehnung seines Asylantrages erhalten hat. Er ist seitdem
querschnittsgelähmt und wird sein Leben lang auf den Rollstuhl angewiesen
sein. Barbara Ginsberg
– Rechtsanwältin; FRat SaAnh Anfang September 00 Wolfenbüttel in Niedersachsen. Drei
Polizeibeamte, einer von ihnen ein stellvertretender Polizeichef, stürmen
angetrunken, außer Dienst und ohne jede rechtliche Grundlage das städtische
Flüchtlingswohnheim. Sie kontrollieren die Ausweise der Besucher und suchen
nach Rauschgift. Einige
Bewohner erleben einen derartigen Überfall schon zum zweiten Mal. Sie waren
am 11. Oktober 1999 in ihrem Heim in Bad Grund überfallen worden. Erst nach
langem behördlichen Hin und Her wurden sie nach Wolfenbüttel umverteilt.
(siehe dort) FRat NieSa Heft
73 Dez. 2000 2. September 00 Nachdem das iranische Ehepaar K. mit seinen vier Kindern
sechs Wochen in der Flüchtlingsunterkunft im Frankfurter Flughafen verbringen
mußte, soll die Abschiebung über den Libanon in den Iran stattfinden. Frau K. ist nach
wochenlanger Behandlung im Krankenhaus in einem "äußerst labilen"
Zustand, und ihr 51 Jahre alter Ehemann hat mehrfach Suizidabsichten
geäußert. Die Familie wird
in Begleitung "vieler" Grenzschützer und eines Arztes zur
startbereiten Maschine der Middle East Airlines gebracht. Herr K. verlangt
nach dem Flugkapitän und versucht ihm, entgegen den Störungsversuchen des
Arztes, deutlich zu machen, daß sie nicht freiwillig mitfliegen werden. Der
Pilot verweigert schließlich die Mitnahme der Familie. Daraufhin reißen
die Beamten des BGS Herrn K.'s Arme nach hinten, drücken den Kopf minutenlang
auf die Brust und zwingen ihn in Bauchlage auf die Sitzbank. Die dadurch
entstandene Atemnot wird noch akuter, als sich eine Polizistin auf seinen
Rücken setzt. Als die Kinder die Schmerzenslaute des Vaters hören, versuchen
sie, die Beamtin von seinem Rücken herunterzuziehen. Der Tochter wird darauf
ins Gesicht geschlagen, und der Sohn wird von zwei Beamten mit
zurückgebogenen Armen in überstreckter Haltung gegen die Rückenlehne
gedrückt. Dabei erleidet auch er "in erheblichem Maße (atembehindernde)
Gewalt gegen den Hals". Der anwesende
Arzt (BGS oder sogenannter Begleitarzt) beobachtet alles, schreitet bei den
Mißhandlungen jedoch nicht ein. Die Familie wird
in den Transitbereich des Flughafens Frankfurt zurückgebracht. Pro Asyl 4.9.00; FR 5.9.00; IRR European Race Bulletin Nr. 35 Dec. 00 / Jan. 01 6. September 00 Um ca. 19.00 Uhr wird der 22 Jahre alte Angolaner A. A.
direkt aus der Abschiebehaft über den Flughafen Düsseldorf mit der Lufthansa
nach Amsterdam transportiert. Er ist an den Händen mit Plastik-Bändern
gefesselt. Als er dort in eine Maschine der Kenia Airways einsteigen soll,
versucht er, sich dagegen zu wehren. Die drei BGS-Beamten, die ihn begleiten,
bitten weitere vier holländische Beamte um Unterstützung. Der Angolaner wird
jetzt von allen sieben Beamten geschlagen und getreten. Als er auf dem Boden
liegt, tritt einer seiner Peiniger mit dem Stiefel auf seinen Kopf und hält
diesen so zu Boden. Die Beamten schlagen und treten weiter auf ihn ein, bis
sie ihn in die Maschine geschafft haben. A. A. war in der
BRD bereits dreimal der Angolanischen Botschaft vorgeführt worden, ohne daß
diese sich in der Lage sah, ihn als Angolaner zu identifizieren. Der Flug geht
vorerst bis Kinshasa. Während der ganzen Zeit bleiben die Handgelenke des
Angolaners gefesselt. Die Haut ist eingeschnürt und entzündet sich. Die
deutschen Beamten übergeben den Angolaner den kongolesischen Behörden am
Flughafen Kinshasa. Da allerdings schnell klar wird, daß A. A. kein Kongolese
ist, verweigert die Behörde die Annahme, so daß A. A. mit derselben Maschine
der Kenia Airways, mit der er gekommen ist, eine Stunde später weiterfliegt. Die Maschine
landet in Nairobi in Kenia. Nach einer Nacht im Gefängnis beginnt am nächsten
Morgen der Rück-flug nach Europa mit der KLM. In Amsterdam erfolgt ein
Umstieg in eine Fokker-Maschine, die A. A. zurück nach Düsseldorf fliegt. Hier kommt der
Angolaner unter der Auflage, er solle sich bei der Ausländerbehörde und beim
Sozialamt melden, frei. Neben den körperlichen Verletzungen, die er durch die
Angriffe der Beamten und durch die stundenlange Fesselung erleiden mußte, ist
A. A. jetzt psychisch schwer angeschlagen. Er hat massive Angstzustände, kann
wochenlang nicht schlafen, hat starke Kopfschmerzen. Er bekommt Todesangst,
wenn er nachts Schritte hört, und plötzliche Taubheit, wenn er angesprochen
wird. Die Abschiebeandrohung
existiert weiterhin. Als ihm am Abend des 14. Oktober ein Freund rät, sich
wegen seiner Traumatisierung in Behandlung zu begeben, antwortet er:
"Ich kann nicht mehr." Er verläßt das Wohnheim in Meinerzhagen.
Dann verliert sich seine Spur. Antirassistische
Initiative Berlin; I.A.A.D.H. 9. September 00 Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Nach
17 Tagen Hungerstreik aus Protest gegen seine Inhaftierung bricht der
Asylbewerber David Alekseenko bewußtlos zusammen. Es erfolgt die Einweisung
ins Klinikum Frankfurt (Oder) – in die geschlossene Psychiatrie. Obwohl für
eine Einweisung in die Psychiatrie eine Indikation und ein Gerichtsbeschluß
innerhalb von 24 Stunden vorgeschrieben sind, wird David Alekseenko erst vier
Tage später, am 13. September, aus dieser Abteilung und somit aus dem
Krankenhaus entlassen, weil er eben kein psychiatrischer Patient ist. Zurück in der
Abschiebehaft setzt er seinen Hungerstreik fort und wird fünf Tage später, am
18. September, vom Gefängnisarzt erneut in die geschlossene Abteilung der
Psychiatrie eingewiesen. Auch jetzt dauert es wieder vier Tage, bis die
Krankenhaus-ÄrztInnen feststellen, daß es sich bei David Alekseenko nicht um
einen psychiatrischen Patienten handelt, sondern um einen nach 30 Tagen
Hungerstreik sehr geschwächten und kranken Menschen. Am 22. September
kommt er – ohne medizinisch behandelt worden zu sein – zurück in die
Abschiebehaft; dieses Mal allerdings in eine Einzelzelle. Am 38.
Hungerstreiktag, dem 25. September, wird er dann endlich in das
Kreiskrankenhaus Beeskow transportiert, wo er den Hungerstreik abbricht,
nachdem ihm gesagt worden ist, daß er frei sei. David Alekseenko
ist im tschetschenischen Grosny geboren, lebte als Straßenkind in Rußland und
hat niemals in seinem Leben Identitätspapiere besessen. Antirassistische
Initiative Berlin; FRat Brbg; ORB-Fernsehen
"Brandenburg aktuell" 7.10.00; BM 10.10.00; BM 5.11.00 9.
September 00 Bergkamen in Nordrhein-Westfalen. Die BewohnerInnen des
Flüchtlingsheimes werden von neun Rassisten bedroht, die am Abend vor dem
Gebäude auftauchen, demonstrativ Schlagwerkzeuge zeigen und Parolen brüllen. FR 12.9.00 10. September 00 Das Jugendheim der Arbeiterwohlfahrt in Merkenbach im Lahn-Dill-Kreis
wird abends um 23.00 Uhr von Neonazis aufgesucht. Sie fordern die
diensthabende Pädagogin des Heimes auf, dunkelhäutige Flüchtlingskinder zu
einer "Abreibung" herauszuschicken. Die Pädagogin kann die
betrunkenen Nazis zur Aufgabe ihres Vorhabens bringen – und benachrichtigt
dann die Polizei. FR 22.9.00 11. September 00 Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Der 22 Jahre alte Yurij Moral, Asylbewerber aus der Republik
Moldau, verletzt sich selbst mit einer Rasierklinge und kommt daraufhin in
das Krankenhaus Eisenhüttenstadt. Da das Krankenzimmer von zwei Uniformierten
bewacht ist, springt Herr Moral aus dem Fenster der ersten Etage, wobei er
sich das Bein verletzt. Trotzdem gelingt es ihm, in den Wald zu fliehen und
sich dort drei Tage lang zu verstecken. Dann wird er erneut eingefangen und
in Abschiebehaft genommen – die erste Woche in Einzelhaft. Antirassistische
Initiative Berlin 13. September 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Grünauer Straße. Der 17
Jahre alte Flüchtling P. aus Sierra Leone wird nach einer Haftzeit von sieben
Monaten aus der Haft entlassen. Der Jugendliche war bei der sierraleonischen
und nigerianischen Botschaft vorgeführt worden, und beide Institutionen
hatten die Ausstellung eines Paßersatzpapieres abgelehnt. Bevor er jetzt auch
noch der ghanaischen Botschaft vorgeführt wird, hatte die Haftrichterin
entschieden, daß auch dies zu keinen neuen Ergebnissen führen würde. Der junge
Afrikaner war – zwei Tage nach seiner Einreise in die BRD – am 31. Januar im
Landeseinwohneramt festgenommen worden, als er sich mit Hilfe eines
geliehenen britischen Passes eine Aufenthaltserlaubnis ausstellen lassen
wollte. Zu diesem Zeitpunkt war er 16 Jahre alt. FRat NieSa Heft
98 Dezember 2003 14. September 00 Wilhelmshaven in Niedersachsen. Die 57-jährige
alleinstehende Frau S. wird mit ihrem 15-jährigen Sohn nach Prishtina
abgeschoben. Diese erste Abschiebung von Kriegsflüchtlingen stößt in der
Stadt auf Unverständnis und führt bei LehrerInnen und MitschülerÍnnen zu
Protesten. Frau S. stammte
ursprünglich aus Serbien-Montenegro und hatte die serbisch-montenegrinische
Staatsangehörigkeit. Sie lebte getrennt von ihrem Mann und war 1993 mit ihrem
damals achtjährigen Sohn und ihrer 19-jährigen Tochter in die Bundesrepublik
geflohen. Sie lebte 5 Jahre mit ihren Kindern im Flüchtlingswohnheim und
danach gemeinsam mit ihrem Sohn in einer Wohnung in der Nähe ihrer
zwischenzeitlich verheirateten Tochter. Frau S. war sehr stark sehbehindert,
sie litt unter Bluthochdruck und war die ganze Zeit herzkrank. Nach einigen
Wochen im Kosovo nimmt sich Frau S. das Leben. Ihr Sohn lebt dann dort bei
Verwandten. Die Tochter befindet sich im Januar 2007 immer noch in
therapeutischer Behandlung – nicht nur wegen der Traumatisierung durch den
Krieg, sondern auch, weil sie die Abschiebung der Mutter und des Bruders und
den Tod der Mutter nicht verkraftet hat. Migrationsberatung
Wilhelmshaven 15. September 00 Stollberg in Sachsen. Am Abend werden drei Flüchtlinge von
einer Gruppe Deutscher durch die Stadt gehetzt. Ein 31 Jahre alter Tunesier
wird durch die Schläge und Tritte der Angreifer so schwer verletzt, daß er
ins Krankenhaus kommt. Ein 24-jähriger Libyer erleidet leichtere Verletzungen,
während ein 19-jähriger Libyer unverletzt flüchten kann. Die Polizei nimmt
einen 17-jährigen Stollberger nach umfangreicher Fahndung fest. BM 17.9.00; LVZ
17.9.00; FP 17.9.00; LR 18.9.00; ND 18.9.00; FR 2.12.02 20.
September 00 In Anklam in Mecklenburg-Vorpommern werden zwei
Flüchtlinge aus Togo von rechten Schlägern verfolgt, beschimpft und
attackiert. Die Täter werden vorläufig festgenommen. taz 21.9.00 21. September 00 Prenzlau im Kreis Uckermark in Brandenburg. Eine 46-jährige
Asylbewerberin aus Afghanistan wartet mit ihren beiden Kindern an der
Bushaltestelle, als zwei deutsche Jugendliche von der anderen Straßenseite
"Ausländer raus!" brüllen. Die elf Jahre
alte Tochter der Frau zeigt den "Stinkefinger" und macht die Geste
der wischenden Hand vor den Augen. Daraufhin nehmen die Deutschen den Kopf
des Mädchens und drücken ihn mehrmals gegen eine Mauer, wodurch das Mädchen
leicht verletzt wird. Sie beschimpfen auch die Mutter, steigen dann in einen
Nahverkehrsbus und fahren davon. Aufgrund von
Zeugenaussagen können die zwei 17-jährigen Täter festgenomen werden. BeZ 22.9.00; TS
22.9.00; BeZ 23.9.00; FR
23.9.00 21. September 00 Auf das Flüchtlingsheim im sächsischen Torgau wird ein
Molotow-Cocktail geworfen. Alle 90 BewohnerInnen bleiben unverletzt. Erst drei Wochen
später ermittelt eine Sonderkommission Rechtsextremismus zwei Täter im Alter
von 20 und 21 Jahren. Sie werden beide – unter Auflagen – wieder auf freien
Fuß entlassen. Im Juli 2002 wird
der Haupttäter zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. BeZ 22.9.00; taz
22.9.00; JWB 27.9.00; LVZ
13.10.00; IRR European Race Bulletin Nr. 35 Dec. 00 / Jan. 01; JWB 7.8.02 23. September 00 Bundesland Baden-Württemberg. Bei einem Brandanschlag in Neuler
bei Ellwangen kommt es am späten Abend in einem von zwei Familien bewohnten
Flüchtlingsheim zu geringem Sachschaden, weil ein Bewohner das Feuer
frühzeitig löschen kann. Unbekannte hatten einen Stofflappen entflammt und
hinter der Hauseingangstür abgelegt. taz 25.9.00; taz
26.9.00 23. September 00 Zwei Molotow-Cocktails werden morgens um 5.00 Uhr gegen
ein im Wuppertaler Stadtteil Barmen gelegenes Wohnheim geschleudert. Einer
der Brandsätze fliegt in die Erdgeschoßwohnung und entzündet eine Matratze.
Zwei Kinder (ein und drei Jahre alt) aus dem Kosovo erleiden einen Schock.
Ihren Eltern gelingt es, die brennende Matratze aus dem Fenster zu werfen. 45
jugoslawische HeimbewohnerInnen entgehen so einer möglichen Katastrophe. Kurz nach der Tat
werden drei Frauen und vier Männer bei einer Feier festgenommen. Alle zählen
zur rechten Szene der Gegend. Die Anklage wird u.a. wegen versuchten Mordes
in 36 Fällen erhoben. Im Februar 2001
werden die vier Männer, Nazis im Alter von 20 bis 23 Jahren, wegen versuchten
Mordes in vier Fällen und besonders schwerer Brandstiftung zu Haftstrafen von
viereinhalb, neun und zweimal zu zehn Jahren verurteilt. taz 25.9.00;
Neue Presse 25.9.00; Mainpost
25.9.00; FR 25.9.00; BeZ 25.9.00; ND
25.9.00; JWB 27.9.00; taz
6.10.00; BeZ 6.10.00;FR 6.10.00; IRR European Race Bulletin Nr. 35 Dec. 00 / Jan. 01; FR 21.2.01; BeZ
22.2.01; taz 22.2.01; JWB 28.2.01 23. September 00 Neusalza-Spremberg in Sachsen. Zwei
rumänische Personen, die im Zusammenhang mit ihrer nicht erlaubten Grenzüberquerung
festgenommen werden sollen, werden durch Bisse eines Zollhundes verletzt. BT DS 14/5613 24.
September 00 Bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim im hessischen
Oberursel entsteht ein geringer Sachschaden, und niemand wird verletzt. WDR – Radionachrichten
24.9.00 (22:51) 25. September 00 Neun Skinheads attackieren mit abgebrochenen Besenstielen
auf einem Autohof im niedersächsischen Northeim zwei Küchenhilfen aus dem
ehemaligen Jugoslawien. Die Polizei glaubt nicht an ausländerfeindliche oder
politische Motive für den Überfall. FRat NieSa Heft 73 Dez. 2000 25.
September 00 Eine Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo verläßt
"freiwillig" die BRD, weil ihr die sächsische Ausländerbehörde mit
Abschiebung gedroht hat. Die Familie hatte
gehofft, daß ihr achtjähriger Junge, der an einer schweren Blutarmut leidet,
hier medizinisch versorgt werden könnte. Die Bitte um Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis wurde jedoch durch das sächsische Innenministerium
abgelehnt. BeZ 26.9.00 26. September 00 Bezirk Tiergarten in Berlin. Morgens um 6.00 Uhr dringen
Polizeibeamte gewaltsam in die Wohnung der tamilischen Familie Jeyanthan ein,
um deren Abschiebung durchzuführen. Als Herr Jeyanthan zum Telefonhörer
greift, um seine Schwester anzurufen, wird ihm dieser durch einen Beamten aus
der Hand geschlagen. Dann wird er so stark gewürgt, daß er tagelang nicht
trinken oder essen kann. Als ihm seine Frau zu Hilfe kommen will, wird sie
gewaltsam weggezerrt, und ihr werden Handschellen angelegt. Das Ehepaar floh
im Juni 93 mit seinem damals einjährigen Sohn Brinthavan nach Berlin. Das
zweite Kind, Janusen, wurde in Berlin geboren. Die Familie, der
im Rahmen der sogenannten Altfallregelung eine Befugnis zustehen würde, wird
über Moskau nach Colombo abgeschoben. Herrn Jeyanthan
wird schon bei der Ankunft die Festnahme angedroht, so daß sich die Familie
fortan in wechselnden Verstecken aufhalten muß. Sagaland eV.
28.9.00; Antirassistische
Initiative Berlin 26. September 00 Abschiebegefängnis Berlin-Moabit in der Kruppstraße. Die 30 Jahre alte Frau K., die seit neun Monaten in
Gefangenschaft ist, trinkt in Selbsttötungsabsicht Flüssigseife. Nach einem
kurzen Aufenthalt im Krankenhaus Moabit kommt sie zurück in die Kruppstraße.
Am 27. September sollten ihr von der nigerianischen Botschaft
Paßersatz-Papiere ausgestellt werden, obwohl Frau K. als Staatsangehörigkeit
Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste) angibt. Die Botschaft ist aufgrund des
Suizidversuches jetzt nicht mehr bereit, die Papiere auszustellen. Aufgrund der
Weigerung der Botschaft wird der Suizidversuch von der Ausländerbehörde als
weiterer Versuch von Frau K. gewertet, ihre eigene Abschiebung zu verhindern.
Das Amtsgericht Schöneberg verlängert daraufhin die Haft um drei Monate. Noch
im Gerichtssaal bricht Frau K. zusammen und wird nach einem kurzen Aufenthalt
im Krankenhaus Friedrichshain sofort ins Abschiebegefängnis Kruppstraße
zurückgebracht. Noch am selben Tag versucht sich Frau K. mit einem Schal an
einem Querstab in der Zelle zu erhängen. Mitgefangene intervenieren, und Frau
K. kommt in die Psychiatrie des Krankenhauses Moabit. Am 28. Dezember
wird Frau K. aus dem Krankenhaus und somit aus der Abschiebehaft entlassen. LEA Berlin
5.10.00; InnSichO 14/13 23.10.00; Lucia Witte, Missionsschwester von Afrika, Seelsorgedienst Abschiebehaft 26. September 00 Zwickau in Sachsen. Abends um 22.45 Uhr fahren elf
Einsatzfahrzeuge mit etwa 50 Polizisten vor dem Flüchtlingsheim auf, um zwei libysche
Familien zur Abschiebung abzuholen. Die Beamten klopfen zwar an, treten im
gleichen Moment allerdings die Wohnungstür bei einer Familie ein. In Panik
verletzt sich der Vater durch mehrere Messerstiche am Oberschenkel, so daß er
stark blutet. Seine Bitte um einen Arzt wird mit der Bemerkung, die Ärzte in
Libyen würden sich schon um ihn kümmern, von den Polizisten ignoriert. Er
wird am Hals gewürgt, seine Hände werden auf dem Rücken gefesselt, im
Fahrzeug werden ihm die Augen verbunden und auch seine Beine gefesselt. Er
wird im Polizeigewahrsam auch mit Stöcken geschlagen. Später werden ihm seine
drei Kinder gebracht. Seine schwangere Frau wurde inzwischen in ein
Krankenhaus eingeliefert. Auch eine zweite
Familie, Eltern mit vier Kindern, wird festgenommen. Persönliche Sachen
dürfen beide Familien nicht einpacken. Von den 450
BewohnerInnen des Heimes versammeln sich ca. 300 Personen auf dem Gelände,
und viele versuchen, mit passivem Widerstand den Abtransport der Familien zu
verhindern. Kinder blockieren mit großen steinernen Mülleimern die Wege auf
dem Gelände. Beim Wegräumen quetscht die Polizei den Fuß eines Mannes so
stark, daß er noch drei Wochen später Beschwerden beim Gehen hat. Ein 15
Jahre alter Jugendlicher und eine 20-jährige Frau werden geschlagen. Erst am Morgen
bzw. am Mittag des nächsten Tages wird die erstgenannte Familie (siehe oben)
ins Heim zurückgebracht – die Abschiebung ist verschoben. Von der zweiten
Familie ist auch Wochen später noch nicht bekannt, ob sie sich noch in
Deutschland aufhält oder nach Libyen abgeschoben wurde. Auch am 3.
Oktober erfolgt aus dem Zwickauer Flüchtlingsheim eine Abschiebung. Das
Aufgebot der Polizei ist noch größer, und die Beamten kommen von vornherein
behelmt und in Kampfanzügen. Antirassistische
Initiative Berlin; Umbruch
Bildarchiv Berlin; Leipziger
Flüchtlingspostille Nov. 2000 Nr. 2 28. September 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Grünauer Straße. Der
20 Jahre alte Oleg Kotow aus Weißrußland wird direkt ins Krankenhaus Köpenick
entlassen. Oleg Kotow befindet sich seit 25 Tagen im Hungerstreik, die
letzten Tage im Durststreik, aus Protest gegen seine Inhaftierung und
drohende Abschiebung. Oleg Kotow war
wegen der Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen in den Jahren 1997
und 1998 in Belarus verhaftet, mißhandelt und zu einer Freiheitsstrafe
verurteilt worden. Sein Asylantrag war abgelehnt worden. Oleg Kotow erlitt
durch die schweren Folterungen der russischen Beamten einen Leberriß, der
medikamentös behandelt wurde und die tägliche Einnahme von Tabletten
vorschreibt. Dieses ist dem Polizeiärztlichen Dienst in der Abschiebehaft
mitgeteilt worden. Eine medizinische Untersuchung des Patienten, geschweige
denn eine Verordnung von Medikamenten hatte das nicht zur Folge. Fluchtpunkt. Nr.
4 Okt. 2000 28. September 00 Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Der 17
Jahre alte Russe Siergiej A. wird am Spätnachmittag ins Krankenhaus Beeskow
eingeliefert und damit aus der Abschiebehaft entlassen. Siergiej A. hatte
seit dem 14. September mit einem Hungerstreik und zwischenzeitlich mit einem
Durststreik gegen seine Inhaftierung protestiert, und es geht ihm
gesundheitlich sehr schlecht. Siergiej A. hatte
bereits ein Jahr lang im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick gesessen. Als diese
lange Haft begann, war er 14 Jahre alt gewesen. Mit den fünf Monaten
Abschiebehaft in Eisenhüttenstadt hatte er insgesamt fast eineinhalb Jahre in
Abschiebehaft verbringen müssen. Antirassistische
Initiative Berlin; FRat Brbg 29. September 00 Frankfurt am Main. Im rechten Fahrwerkschacht einer
Lufthansa-Frachtmaschine wird ein Toter gefunden. Es ist ein 21 Jahre alter Mann aus Pakistan, spärlich
bekleidet, der sich mit einem Transportband in dem Schacht festgebunden
hatte. Er ist erfroren. Die Maschine war
in Madras in Südindien gestartet und nach mehreren Zwischenstops gegen 10.00
Uhr in Frankfurt angekommen. FR 30.9.00; taz 30.9.00 29. September 00 Cottbus in Brandenburg. An einem Bahnhofskiosk wird ein kenianischer
Asylbewerber von einem Deutschen mit den Worten "Neger verpiß dich"
beleidigt und anschließend mit einem Messer bedroht. Von den umstehenden
Passanten greift niemand ein. noch härtere
zeiten Nr. 47 September 00 Der Asylbewerber T. aus Kamerun wird
morgens auf dem Berliner Bahnhof Lichtenberg von Beamten des BGS
kontrolliert. Die Kopie seines Ausweises wird einbehalten, und er wird zur
nächsten Polizeistation gebracht. Dort muß er sich einer Leibesvisitation
unterziehen und wird dann nackt sechs Stunden lang in eine Zelle gesperrt.
Während dieser Zeit wird er dreimal aufgefordert, verschiedene Formulare in
deutscher Sprache zu unterschreiben. Er weigert sich, weil er die Sprache
nicht versteht. Als er seine Kleidung wieder anziehen darf, wird er gefesselt
und dann in eine Dienststelle der Landespolizei Berlin gebracht. Hier muß er
mehrere Leibesvisitationen über sich ergehen lassen und wird wieder nackt in
eine Zelle gesperrt. Nach 30 Minuten Warten werden seine Fingerabdrücke
genommen, und er wird aufgefordert zu gehen. Kurze
Zeit später wird ihm in einem Schreiben der BGS-Inspektion der
"Tatvorwurf" unterbreitet, im Besitz einer gefälschten Monatskarte
zu sein, die bei der Durchsuchung seiner Geldbörse gefunden wurde. Erst
nach Monaten wird das Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung gegen
Herrn T. eingestellt. (siehe auch: Ende November 00) ADB September 00 Geilenkirchen im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen. Als
die erste Familie in die neue Flüchtlingsunterkunft einzieht, wird eines der
Zimmer mit einer Zwille beschossen. Die Familie kommt daraufhin in ein
anderes Heim. Die 100-köpfige
Gemeinde Geilenkirchen hatte sich mit einer Unterschriftenliste gegen die
Unterbringung von insgesamt zwölf Flüchtlingen ausgesprochen. Im Juni wurde
der Dachstuhl angezündet; im August waren die Heizungsrohre so beschädigt
worden, daß der Keller voll Wasser lief. Im November wird
mit scharfer Munition auf die Fenster des immer noch leerstehenden Hauses
geschossen. Dies geschieht einige Tage vor dem erneuten Versuch, Flüchtlinge
hier unterzubringen. Als dann Roma in
dem Haus wohnen, schmeißen jugendliche Dorfbewohner erneut Steine, und
unbekannte Täter zünden ein Auto an, das sich einer der Flüchtlinge geliehen
hat. Nächtliches Klingeln an der Flüchtlingsunterkunft ist eine weitere
Schikane gegen die "Fremden" im Dorf. taz 29.11.00; taz 21.2.01 2. Oktober 00 Morgens um 6.30 Uhr wird ein 29 Jahre alter Russe im
Intercity-Zug Berlin – Hamburg vom Zugpersonal kontrolliert. Der Mann hat
keinen Fahrschein und zeigt stattdesssen seine persönlichen Papiere. Die
Kontrolleure sehen, daß die Aufenthaltsgenehmigung für die BRD abgelaufen
ist. Der Russe bittet die Zugbegleiter inständig, keine Polizei zu
verständigen. Diese lassen ihn alleine, setzen ihre Kontrolle fort und
benachrichtigen den Bundesgrenzschutz in Hamburg. Der 29-Jährige
wagt einen Sprung in die Dunkelheit aus dem mit 100 km/Stunde fahrenden Zug.
Er prallt gegen einen Stahlträger an der Strecke und stirbt an schweren Kopf-
und Brustverletzungen. Erst am Abend des
nächsten Tages wird sein Leichnam von einem Zugführer neben den Gleisen
entdeckt. HA 5.10.00; taz 5.10.00; ND 5.10.00 2. Oktober 00 Nachmittags um 16.30 Uhr im westfälischen Münster. Mit dem
Schrei: "Ich habe keine Zukunft mehr in Deutschland und in der
Türkei", übergießt sich ein 24 Jahre alter Kurde vor dem türkischen
Generalkonsulat und vor den Augen der Wach-Polizisten mit Benzin und setzt
sich in Brand. Einem der Beamten gelingt es, den brennenden Mann zu Boden zu
bringen und die Flammen zu ersticken. Nach notärztlicher Versorgung in einer
Münsteraner Klinik kommt der Verletzte in eine Spezialklinik nach Dortmund. Die Polizei schließt
einen politischen Hintergrund aus. AZADI
informationen Nr. 21 September/Oktober 2000; (WN online
3.10.00); Pressestelle
Polizei Münster 4. Oktober 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Nach einem Telefonat
mit der Tunesischen Botschaft sperrt sich der 17 Jahre alte Gefangene Ahmad
Riad (Ryadh Hassen Ben Sala) in einem Toilettenraum ein und verletzt sich mit
einem Plastik-Naßrasierer durch zehn Schnitte am linken Unterarm und sechs
Schnitte im Bauchbereich. Nachdem
Mitgefangene die Toilettentür geöffnet haben, wird der stark blutende Ahmad
Riad ins Krankenhaus Köpenick gebracht. Als er nach einer Notversorgung ins
Abschiebegefängnis zurückkommt, wird er sofort in eine Einzelzelle gebracht.
Er bekommt einen Trainingsanzug an und muß ohne jegliche Decke oder Bettzeug
und ohne Strümpfe die Nacht verbringen. Am fünften Tag wird ihm eine Decke
gegeben und am sechsten Tag, also am 10. Oktober, kommt er zurück in den
Normaltrakt. Bereits drei Tage
später befindet er sich schon wieder in der Isolations-Haft, weil bei seinen
Sachen eine Rasierklinge gefunden wurde. Aus dieser Isolationszelle heraus
wird er am 18. Oktober morgens um 10.00 Uhr abgeholt und über Moskau nach
Tunis abgeschoben. Initiative gegen
Abschiebehaft Berlin; Jesuiten-Flüchtlingsdienst 6. Oktober 00 Zwei Molotow-Cocktails werden auf das Gelände der
Flüchtlingsunterkunft in Billigheim-Ingenheim in der Südpfalz geschleudert.
Sie verfehlen die Gebäude und brennen auf dem Hof ab. taz 7.10.00 7. Oktober 00 Hamburg Stadtteil Duhlsberg. Als es an der Tür einer im
vierten Stock gelegenen Wohnung in der Schwansenstraße klopft, vermuten zwei
togoische Asylbewerberinnen, daß es die Polizei ist. Sie geraten in Panik und
versuchen, über den Balkon zu fliehen. Dabei stürzen sie in die Tiefe. Beide Frauen
überleben den Sturz und kommen ins St.-Georg-Krankenhaus. Während die
schwangere 26 Jahre alte Aliétou Zato ihre schweren Wirbelsäulen-Verletzungen
(mehrere Wirbelbrüche) auskurieren kann, wird die 35-jährige Ramanou
Muyibatou aufgrund mehrerer Wirbelfrakturen gelähmt bleiben und auf den
Rollstuhl angewiesen sein. Die panische
Angst, die die Frauen zu dem verzweifelten Schritt trieb, war die Tatsache,
daß sie sich aufgrund der für Flüchtlinge bestehenden sogenannten
Residenzpflicht offiziell nicht in Hamburg aufhalten durften, weil sie in
anderen Bundesländern gemeldet sind. Da allerdings ihre Rechtsanwältin und
auch die African Refugees Association (ARA), dessen Vorstand sie angehören,
in Hamburg sind, war es für sie notwendig, sich in der Stadt aufzuhalten. Ebenfalls
aufgrund des Residenzpflicht-Gesetzes wird Ramanou Muyibatou nach Beendigung
der intensiv-medizini-schen Behandlungen Ende Oktober von Hamburg wieder nach
Mecklenburg-Vorpommern gebracht. In der Reha-Klinik Leezen bei Schwerin
bleibt sie über sehr lange Zeit aufgrund fehlender sprachlicher Übersetzung
über ihren tatsächlichen Zustand im Ungewissen. Psychologische Unterstützung
gibt es für sie nicht. Anträge auf "Umverlegung" nach Hamburg in die
Nähe ihres Freundeskreises werden abgelehnt. Obwohl ihre
Rehabilitation noch nicht abgeschlossen ist, wird sie dann in einem Alten-
und Pflegeheim in Lübz untergebracht. Mit einer Wunde, die auf unzureichende
Pflege zurückzuführen ist, wird sie im April 2001 in eine Klinik in Plau
eingewiesen. Hier können die ÄrztInnen wenigstens die Fortsetzung der
Reha-Maßnahmen durchsetzen. Der Asylantrag
von Aliétou Zato wurde – ungeachtet ihrer politischen Aktivitäten und ihrer
drohenden Verfolgung in Togo – im Februar 2001 abgelehnt. Zudem erhielt
Aliétou Zato einen Bußgeldbescheid über 116 DM wegen unerlaubten Verlassens
ihres Landkreises (Residenzpflicht), begangen am 7. Oktober 2000. ARA; Interview
Ramanou Muyibatou in: "Flüchtlingsfrauen"
– Video-Film von Mylene Teixeira 7. Oktober 00 Die tamilischen Flüchtlinge Nagaraju Rajakanthan und
Ponnaiah Gunasingam werden aus der Abschiebehaft in der JVA Moers abgeholt
und nach Sri Lanka abgeschoben. Dort erfolgt bei der Ankunft die sofortige
Festnahme. UnterstützerInnen befürchten Mißhandlungen der beiden abgelehnten
Asylbewerber. Sie hatten
zusammen mit zwei anderen Tamilen gegen ihre Nichtanerkennung als politisch
Verfolgte mit einem 22-tägigen Hungerstreik protestiert. Der Petitionsausschuß
des Nordrhein-Westfälischen Landtages hatte geplant, am 17. Oktober über ihren Fall zu entscheiden. Rhein Ruhr Ztg
27.9.00; jW 27.9.00; FR 4.10.00; FR
9.10.00 10. Oktober 00 Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Der tamilische
Flüchtling Sathakkathulla Hismi wird nach 17-tägigem Hungerstreik in
gesundheitlich elender Verfassung abgeschoben. Als Mitglied oder
Unterstützer der Guerilla-Armee "Liberation Tigers of Tamil Ealan"
(LTTE) verdächtigt, war er in Sri Lanka zweimal schwer gefoltert worden und
hatte deshalb in der BRD um Asyl gebeten. Deutliche Narben belegen seine
Aussagen. Antirassistische
Initiative Berlin 14. Oktober 00 Gegen das Flüchtlingsheim in der Gabelstraße im
nordrhein-westfälischen Oberhausen-Schmachtendorf werden am Abend drei Molotow-Cocktails
geworfen. Eine Polizeistreife kann das Feuer schnell löschen. Von den 184
meist kosovarischen Flüchtlingen wird niemand verletzt. Sechs Wochen
später werden drei Männer und zwei Frauen festgenommen, die die Tat gestehen. WDR – Radionachrichten
14.10.00; FR 16.10.00; BeZ
16.10.00; taz 16.10.00; WDR –
Nachrichten aus dem Ruhrgebiet 30.11.00; WDR –
Nachrichten aus dem Ruhrgebiet 1.12.00; IRR European Race Bulletin Nr. 35 Dec. 00 / Jan. 01; NRZ 16.9.02; NRZ
26.9.02 16. Oktober 00 Im sächsischen Reitzenhain wird eine unbekannte Person bei
der Festnahme durch einen Zollhund gebissen und verletzt. BT DS 14/5613 17. Oktober 00 Landkreis Landkreis Freyung-Grafenau in Bayern. Am frühen Morgen
verüben Unbekannte einen Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim im
niederbayerischen Grainet. Die Brandstifter
transportieren eine mit Zeitungen gefüllte Tonne von einer gegenüberliegenden
Bankfiliale in den Hausflur des Heimes und zünden den Inhalt an. Ein
Hausbewohner beobachtet, wie ein Mann mit Motorradhelm fluchtartig den Ort
verläßt und dann mit einem Motorrad wegfährt. Das Feuer kann schnell gelöscht
werden, und der Sachschaden ist gering. Zwei Tage später wird ein 16-Jähriger identifiziert, der
gesteht, die Papiertonne angezündet und in den Flur gestellt zu haben. WDR –
Radionachrichten 17.10.00; SZ 18.10.00; BeZ
18.10.00; taz 18.10.00; taz 20.10.00; www.redok.de 22. Oktober 00 Arnstadt in Thüringen. Drei afrikanische Flüchtlinge,
Patterson Knewou und George Fopa aus Kamerun und John Adana aus Sierra Leone,
verlassen vorzeitig die Diskothek "Lindeneck", weil sie auf der
Tanzfläche zunehmend bedrohlicher von Deutschen angerempelt und mit
Ellenbogen gestoßen werden. Sie sind in Begleitung von zwei deutschen
Freundinnen. Auf der Straße werden sie um 4.00 Uhr morgens von ca. 15
deutschen Männern verfolgt und mit Ausrufen wie "Nigger!" oder
"Affen raus!" beleidigt und bedroht. Exakt vor dem
Denkmal, das an die im Jahre 1945 gestorbenen und getöteten Menschen aus dem
Konzentrationslager Buchenwald erinnert (Todesmarsch-Denkmal), werden die
Bedrohungen gegen die Flüchtlinge deutlicher: "Was willst Du hier in
Deutschland? Ich hasse Dich Nigger, Affe!" Patterson Kenwou
bittet die Deutschen, ihn und seine BegleiterInnen in Ruhe zu lassen. Die
Rassisten schlagen ihm daraufhin ins Gesicht und auf den Kopf. Der
Angegriffene schlägt zurück, woraufhin die Täter Stöcke und Sportschläger und
in einem Fall ein Klappmesser herausholen und jetzt auf alle drei Schwarzen
einschlagen. "Wir werden Euch alle töten, ihr Nigger!" "Wir
wollen Euch hier nicht!" In seiner
Todesangst zieht einer der Angegriffenen eine Spielzeugpistole, und weil sie
für echt gehalten wird, fliehen die Deutschen in alle Richtungen. John Adana ruft
die Polizei, die mit zehn Beamten anrückt. Im Schutze dieser Beamten kommen
die Angreifer zurück und setzen ihre Beschimpfungen und sogar ihre Schläge
gegen die Afrikaner fort. Als John Adana zurückschlägt, trifft ihn ein
Polizeiknüppel, der unter der Wucht des Schlages zerbricht und seine Hand
verletzt. Auch ein Polizeibeamter bezeichnet die Afrikaner als Tiere, und sie
sollten zurück in ihren Busch nach Afrika gehen. Alle
Erklärungsversuche der Afrikaner und deren deutscher Freundinnen werden von
der Polizei unterbunden. Im Gegenteil, als einer der Angreifer bei George
Fopa eine Leibesvisitation veranstalten will und dieser sich deshalb
hilfesuchend an die Polizei wendet, antwortet ein Beamter klar und deutlich:
"Das ist mir scheißegal, tu, was er dir sagte." Alle drei
Afrikaner werden dann verhaftet und in Handschellen zur Polizeistation
gebracht. Dort treffen sie erneut auf ihre Verfolger, die den Weg zur Wache
zu Fuß zurückgelegt haben. Einer der
Deutschen schüttet John Adana einen frisch gebrühten, heißen Kaffee ins
Gesicht, was bei allen anwesenden Rassisten, Polizeibeamte eingeschlossen,
großes Gejohle und Gelächter auslöst. Die Angreifer
können nach kurzer Zeit die Polizeistation wieder verlassen. Später dann auch
Fopa George und John Adana. Patterson Kenwou wird erneut verhört. Er
berichtet, daß der Beamte seine Dienstpistole in die eine Hand, die
Spielzeugpistole in die andere nimmt und ihn fragt: "Mit welcher Pistole
soll ich auf dich schießen?" Patterson Kenwou
wird erst am nächsten Nachmittag um 15.00 Uhr aus der Haft entlassen. Während
der 10 Stunden auf dem Revier bekommt er weder wärmere Kleidung noch Essen
oder Wasser. Stattdessen wird er weiterhin rassistisch beschimpft und
beleidigt. Einige Tage
später wird ihre Unterkunft von Nazis attakkiert, die versuchen, das Gebäude
in Brand zu stecken. Diese und folgende Angriffe können immer kurzfristig von
UnterstützerInnen der Flüchtlinge beendet werden. Diese Vorfälle
ziehen eine Reihe von Gerichtsverfahren nach sich, bei denen auch die
Flüchtlinge angeklagt werden. Erst im Jahre 2004 werden alle Verfahren
eingestellt ‑ ohne daß jemand verurteilt wird. The VOICE 2.11.00; web.de 14.11.00; Antifaschistisches
Infoblatt Nr. 52 Frühjahr 2001; Karawane –
Hamburg 13, 1.2010 23. Oktober 00 Stuttgart-Hedelfingen in Baden-Württemberg. Gegen 4.00 Uhr
morgens wird die Familie Bruti, die in der Rohrackerstraße lebt, durch wildes
Klingeln geweckt. "Sind Sie Herr Xhelal Bruti?", fragen zwei
Polizisten den 24-Jährigen. Als er dies bejaht, geben sie ihm 15 Minuten
Zeit, seine Sachen zu packen. Durch die Abschiebung in den Kosovo wird er,
der sieben Jahre in der BRD lebte, von seiner Frau Hathje (21), der
siebenjährigen Tochter Laura und der zehn Monaten alten Tochter Fatijana
sowie von seinen Eltern und Brüdern, die auch in Stuttgart leben, getrennt. Xhelal Bruti, der
seit langem in Hedelfingen in einem Dachdeckerbetrieb angestellt war, und
dessen Frau und Kinder in Deutschland eine unbefristete
Aufenthaltsgenehmigung haben, findet im Kosovo das Haus seiner Eltern bis auf
den Boden abgebrannt vor – er lebt praktisch auf der Straße. Im Dezember
stellt Innenminister Thomas Schäuble die Rückkehr des Familienvaters in
Aussicht. Allerdings muß die Familie die Abschiebekosten, die Kosten für den
Rückflug und das Visum bezahlen, so daß eine Summe von rund 2000 DM
aufgebracht werden muß. StZ 4.11.00; CaZ
4.11.00; StZ 21.12.00;
StT 30.12.00; AK Asyl Ba-Wü
Januar/Februar 2001 24. Oktober 00 Der kurdische Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber
Mehmet Kilic wird um 12.20 Uhr mit einer Maschine der rumänischen
Fluggesellschaft TAROM vom Flughafen Düsseldorf in die Türkei abgeschoben. Am Flughafen
Instanbul wird er direkt nach der Ankunft festgenommen und verhört. Nach
Freilassung am nächsten Tag erfolgt eine erneute Festnahme auf offener Straße
durch mehrere Zivilbeamte. Mehmet Kilic werden die Augen verbunden, er wird
ins Polizeipräsidium gefahren und dort in den nächsten sechs Tagen unter
mehrfacher Gewaltanwendung verhört. Mehmet Kilic war
vor sieben Jahren in die BRD geflohen, nachdem sein Vater an den Folgen von
Mißhandlungen durchs Militär gestorben war, nachdem sein Bruder Kemal Kilic
hingerichtet worden war, nachdem er selbst in Lebensgefahr geriet. Sein
Asylantrag wurde abgelehnt, und seit 1998 mußte Mehmet Kilic ohne Papiere
leben. Er beteiligte sich am 22.11.98 an der Besetzung der Gemarker Kirche in
Wuppertal und befand sich seither im Wanderkirchenasyl in
Nordrhein-Westfalen. Am 5. Oktober wurde Mehmet Kilic festgenommen und in die
JVA Büren in Abschiebehaft genommen. Gegen die drohende Abschiebung hatte er
sich zuletzt mit einem siebentägigen Hunger- und Durststreik gewehrt. Erklärung von
Mehmet Kilic am 18.10.00; Flüchtlingsplenum
Aachen u. KMii-Wuppertal 19.10.00; Flüchtlingsplenum
Aachen u. KMii-Wuppertal 22.10.00; KMii-Wuppertal
24.10.00; FR 25.10.00; FR 1.11.00; Flüchtlingsplenum
Aachen u.KMii-Wuppertal 2.11.00; NW 3.11.00 26. Oktober 00 Im niedersächsischen Fallersleben bei Wolfsburg setzen
Nazi-Skinheads neben einem Flüchtlingsheim einen Sperrmüllhaufen in Brand.
Nur durch einen Zufall gerät das Haus, das in Leichtbauweise errichtet wurde,
nicht in Brand. Das Feuer wird in den Morgenstunden von der Feuerwehr
gelöscht. Zwei Jugendliche werden ermittelt, die die Tat gestehen. BeZ
27.10.00; taz 27.10.00 FRat NieSa Heft
73 Dez. 2000 26. Oktober 00 Auf dem Bahnhof von Dahlen, im sächsischen Kreis
Torgau-Oschatz, wird ein iranischer Flüchtling von ca. zwölf deutschen
Jugendlichen angegriffen. Nach anfänglichen Beleidigungen wie "Ausländer-Schwein"
oder "Ausländer raus" wird der 26-Jährige von zwei Tätern
festgehalten und von einem dritten in den Unterleib geboxt. Als der Iraner
flieht, wird er mit Steinen beworfen. FR 28.10.00; ND
4.11.00 29. Oktober 00 Asylunterkunft in der Hamburger Halskestraße. In der Nacht
brennt es im Zimmer 326 und zwei armenische Kinder, der zweijährige Arman A.
und der dreijährige Atak A.., kommen in den Flammen um. Als Brandursache wird
ein technischer Defekt vermutet, der ein Fernsehgerät entzündete. Die Mutter der
beiden Kinder, die 23 Jahre alte Alla A., die eigentlich in einem Heim in
Blankenese wohnt, war in dieser Nacht nur zu Besuch, um auf das Baby einer
Freundin aufzupassen. Zur Zeit des Brandes befand sie sich im
gegenüberliegenden Zimmer 325. Das Wohnheim
Halskestraße ist eine Massenunterkunft für 380 Menschen. Die Zimmer dieses
ehemaligen Hotels haben im Schnitt eine Größe von 10 Quadartmetern, und für
jeweils 75 Personen steht eine Küche zur Verfügung. Zur Zeit leben 366
Menschen hier: sie sind Flüchtlinge aus Afghanistan, Übersiedler aus Rußland
und Roma und Sinti. Die Zimmer von 50
Personen sind nach dem Brand vorübergehend nicht bewohnbar. FRat Hamburg; HA 31.10.00; HA 6.11.00; Hamburgische
Bürgerschaft DS 16/4988; IRR European Race Bulletin Nr. 38 Oct. 01 31. Oktober 00 Abschiebegefängnis Berlin-Moabit in der Kruppstraße. Die
15 Jahre alte A. A. versucht, sich nachts in der Dusche mit ihrem Schal zu
erhängen. Eine Polizistin findet sie bewußtlos auf und veranlaßt den
sofortigen Transport ins Krankenhaus Moabit. Nach einem Tag kommt A. A. auf
eigenen Wunsch zurück in die Abschiebehaft. A. A. kommt aus
Sierra Leone, und sie erzählt, daß ihre Eltern ermordet worden sind. Bei
Besuchen von UnterstützerInnen hat sie eine Puppe im Arm, die sie immerzu
versucht, mit ihrem Körper zu schützen. Antirassistische
Initiative Berlin; Initiative gegen
Abschiebehaft Berlin; taz 2.11.00 31. Oktober 00 Kreis Höxter in Nordrhein-Westfalen. Eine Gruppe von 14-
bis 16-jährigen Deutschen belagert am späten Abend das Flüchtlingsheim in
Willebadessen-Eissen. Es werden Gegenstände gegen das Haus geworfen,
Nazi-Symbole werden auf die Straße geschmiert, und über Lautsprecher müssen
sich die BewohnerInnen Parolen wie "Ausländer raus" anhören. NW 2.11.00; WDR –
Nachrichten aus OWL 2.11.00 31. Oktober 00 In Bremen werden bei einer Wohnungsdurchsuchung Rohrbomben
und hochexplosiver Sprengstoff gefunden, die für einen Anschlag auf
Flüchtlingsheime verwendet werden sollten. Der Mieter der Wohnung und ein
eine Woche später festgenommener Mittäter gehören der "Kameradschaft
Bremen-Nord" an. BeZ 2.11.00; FR
2.11.00; FR 7.11.00; JWB
15.11.00 Oktober 00 Zeljko Bastah aus dem baden-württembergischen Cannstatt
wird durch eine überraschende Abschiebung nach Bosnien von seinen zwei
Kindern getrennt. CaZ 4.11.00; AK Asyl Ba-Wü
Januar/Februar 2001 1. November 00 Tschechisch-deutscher Grenzübergang Reitzenhain in Sachsen
– morgens um 3.50 Uhr. Auf der Flucht vor einer Kontrolle durch den BGS kommt
der VW-Golf von der Fahrbahn ab und stürzt eine 15 Meter tiefe Böschung
hinab. Alle vier Insassen werden aus dem Fahrzeug geschleudert. Während drei
Rumänen schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden, stirbt ein vierter
am Unfallort. Alle Männer hatten ohne Erlaubnis die Grenze überquert. infonetz.buendnis.gegen.rechts@web.de
(ap) 2. November 00 In der Hamburger JVA Hahnöfersand begeht ein 17 Jahre
alter Abschiebegefangener aus Burundi einen Suizidversuch. Hamburgische
Bürgerschaft DS 20/469 3. November 00 Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern. Der irakische
Flüchtling Wahid Seid wird zum vierten Mal (!) von deutschen Rassisten
überfallen und geschlagen. Dabei verliert er einen Vorderzahn. Er stellt
seinen vierten (!) Antrag auf Umverteilung, um bei seinem Bruder in
Niedersachsen leben zu können. Ein halbes Jahr später wird dieser Antrag
insofern positiv entschieden, daß er nach Göttingen umziehen darf.
Sozialhilfe bekommt er dort nicht. Der durch
erlittene Folter und durch die rassistischen Überfälle schwer traumatisierte
46-jährige Wahid Seid muß sich im November 2001 in stationäre Behandlung in
der Psychiatrie Göttingen begeben. Auch im Januar
2005 befindet er sich seit einem Jahr in stationärer Behandlung der
psychiatrischen Abteilung. Sein Bruder versucht, ihm eine Arbeitserlaubnis zu
beschaffen: "Dann können wir ihn vielleicht zurück zum Leben
holen." (siehe auch: 24. August 97, 7. März 98, 20. Mai 00) Migrationszentrum
Göttingen; FRat NieSa Heft
91/92 Januar 2003 3. November 00 Im Krankenhaus der brandenburgischen Stadt Belzig stirbt
um 23.00 Uhr der marokkanische Flüchtling Belaid Baylal an einem
Multiorganversagen. Als Todesursache benennt der Chefarzt Dr. Manfred Heßler die
Folgen der Verletzungen, die Belaid Baylal am 8. Mai 1993 bei einem
rassistischen Überfall erleiden mußte. An diesem
Frühlingsabend des Jahres 1993 befand sich Belaid Baylal mit vier weiteren
Flüchtlingen aus dem Wohnheim in einer Gaststätte in der Brücker Landstraße.
Um 23.00 Uhr betraten zwei Deutsche das Lokal und begannen
sofort mit rassistischen Beschimpfungen, als sie die Flüchtlinge sahen. Drei
der Beleidigten verließen umgehend die Kneipe – Belaid Baylal und ein Freund
blieben. Belaid Baylal
wurde von seinem Stuhl am Tresen heruntergerissen und mit Faustschlägen und
Tritten in den Bauch traktiert. Während einer der Täter ihn von hinten
festhielt, schlug der zweite ihm in den ungeschützten Leib. Belaid Baylal kam
mit einem stumpfen Bauchtrauma ins Krankenhaus. Am 10. Mai mußte der schwer
verletzte Dünndarm operiert werden. Von den vier Wochen, die Belaid Baylal im
Krankenhaus lag, befand er sich 14 Tage auf der Intensiv-Station. Nach der
Entlassung begann das jahrelange Leiden des Geschädigten. Durch die Narben
und Verwachsungen im Leib und durch mehrmals drohende Darmverschlüsse, durch
chronische und akute Schmerzen kam er immer wieder in die Klinik und mußte
über Jahre hinweg ambulant behandelt werden. Am Abend des 28.
Oktober 2000 schleppte sich Belaid Baylal mit akuten Bauchschmerzen ins Büro
des Flüchtlingsheimes im Weitzgrunder Weg. Mit dem Rettungsdienst kam er ins
Krankenhaus, wo erneut ein beginnender Darmverschluß festgestellt wurde. Die
von den Ärzten vorgeschlagene lebensrettende Operation lehnte Belaid Baylal
jetzt ab. Nach siebeneinhalb Jahren Leben mit der Krankheit und den Schmerzen
war er seelisch und körperlich am Ende. Er wollte nicht mehr leben und lehnte
sämtliche lebenserhaltende therapeutische Maßnahmen ab. Er starb im 42.
Lebensjahr. Der Haupttäter
des Überfalls war zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten, der zweite Mann
zu einer Geldbuße von 300 DM und 15 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt
worden. Belaid Baylal war
im Dezember 1991 in die BRD geflohen und hatte politisches Asyl beantragt. Er
war als Mitglied der marokkanischen "Parti du progrès et du
socialisme" (PPS = Partei für Fortschritt und Sozialismus) ins Visier
der Herrschenden geraten. Mehrmals mußte er Haft und Folter erleiden, bis er
sich entschloß, über Algerien nach Libyen zu fliehen. Mit einem Frachtschiff
war er als "blinder Passagier" nach Deutschland gelangt. Ein
Initiativkreis von antifaschistischen Jugendlichen, Belziger Forum und
anderen erreicht nach dreijährigen Bemühungen, daß die
Stadtverordnetenversammlung von Belzig einer Mahnstätte zur Erinnerung an
Belaid Baylal zustimmt. Am dritten
Todestag findet eine offizielle Trauerfeier an dem neuen Gedenkstein statt.
Während auf dem Stein für die Opfer des Nationalsozialismus die Inschrift
steht "Die Toten mahnen", steht auf dem gegenüberliegenden
Gedenkstein für Belaid Baylal neben seinen Lebensdaten: "Die Toten
mahnen immer noch." Dieser
Gedenkstein und auch ein von der Initiative gepflanzter "Baum der
Gleichheit" werden in der Zukunft immer wieder geschändet. Als ca. 100
BürgerInnen am 30. November 10 einen zweiten Baum nachpflanzen, ist er kurze
Zeit später wieder zerstört. ND 4.10.03; FR
8.10.03; MAZ 3.11.03; Belziger Forum
Dez. 2003; MAZ 30.12.10 3. November 00 Bundesland Bayern. In der Kreisstadt Roth wird ein
Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim verübt, das vorübergehend unbewohnt und
zur Wiederbelegung vorgesehen ist. www.redok.de 4. November 00 Auf ein Flüchtlingsheim in Detmold in Nordrhein-Westfalen
wird am Abend ein Brandanschlag verübt. Niemand wird verletzt. ND 6.11.00 4. November 00 Auf ein Flüchtlingsheim im niedersächsischen Osnabrück
wird ein Brandsatz geschleudert, der jedoch nicht zündet. taz 6.11.00 7. November 00 Der 39 Jahre alte Togoer A. wird trotz Ehe und Kindern mit
einer Deutschen mit Paßersatz nach Togo abgeschoben. Es gelingt ihm, einen
Freund in Togo von seiner Rückkehr zu informieren, der ihn vom Flughafen
abholt. A. taucht unter und flieht nach Benin. Hier erfährt er, daß seine
Eltern eine Vorladung für ihn zur Polizei erhalten haben und daß die mit ihm
abgeschobenen togoischen Flüchtlinge alle auf dem Flughafen verhaftet worden
sind. Es gelingt ihm, ein zweites Mal in die BRD zu fliehen. Barbara Ginsberg
– Rechtsanwältin 8. November 00 Der 27 Jahre alte rumänische Asylbewerber Mihai Vladescu
wird in München von der Polizei gestellt. Weil er zum wiederholten Male
unerlaubt den ihm zugewiesenen Landkreis verlassen hat (Residenzpflicht),
bringen ihn die Beamten zum Flughafensozialdienst, wo der Rückflug nach
Berlin, dem Ort seiner Anmeldung, organisiert werden soll. Der Rumäne flieht
über einen Zaun, verletzt sich dabei an Armen und Händen. Dann klettert er
von unten in den Fahr-werkschacht einer Boeing 737-300 der Deutschen BA. Die
Maschine startet um ca. 20.00 Uhr. Als es jedoch dem Flugkapitän in einer
Höhe von 3300 m nicht gelingt, das Fahrwerk einzurasten, beschließt die Crew
umzukehren. Zurück in München entdecken sie den unterkühlten und unter Schock
stehenden Rumänen. Er wird in ein Krankenhaus gebracht. BeZ 10.11.00; FR
10.11.00 9. November 00 Der 15-jährige mongolische Flüchtling Horlu A., dem erst
im Sommer die Flucht in die BRD gelungen war, wird nach zweimonatiger Haft
aus gesundheitlichen Gründen aus dem Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick
entlassen. Er hatte mit einem Hungerstreik gegen die Gefangenschaft
protestiert. Nach kurzer Aufnahme in einem Jugendheim wird er am 18. Dezember in der Ausländerbehörde erneut festgenommen.
Seine Abschiebung ist für den 1. Weihnachtstag geplant. Aufgrund seines
immer noch schlechten Gesundheitszustandes wird die Abschiebung ausgesetzt
und Horlu A. kommt erneut in ein Jugendheim. Bei einem Besuch
in der Berliner Ausländerbehörde wird er am 5. April 2001 im Beisein seiner
Betreuerin ein drittes Mal festgenommen. Am nächsten Tag erfolgt die
Abschiebung. FRat Berlin
21.12.00; taz 22.12.00; FR
23.12.00; FRat Berlin
6.4.01 13. November 00 Bernau in Brandenburg. Vor einem Supermarkt am Busbahnhof
werden Herr O. V. und seine beiden Söhne von einer Gruppe rechter
Jugendlicher beschimpft. Unter ihnen sind Mitschüler der Jungen. Ein
Jugendlicher deutet pantomimisch an, daß er die kolumbianischen Flüchtlinge
erschießen würde – andere zeigen den "Hitlergruß". Vor allem der
16-jährige Sohn wird geschubst und am Kragen gepackt. Die umstehenden
PassantInnen ignorieren lange Zeit den Angriff und rufen auch zunächst nicht
einmal die Polizei. Als diese eintrifft, sind die Rassisten verschwunden. Auch der jüngere
Sohn wurde vor 14 Tagen von einer Gruppe Rechter angepöbelt und verfolgt, bis
sich ein deutsches Paar einschaltete und den Jungen zur Schule begleitete. Bericht der
Betroffenen; ND 15.11.00; BeZ
15.11.00; FR 15.11.00; taz 17.11.00 14. November 00 In Ortsteil Rotkot des bayerischen Dorfes
Zwiesel – Bereich Kellerberg – wird eine Person rumänischer Nationalität bei
der Festnahme durch Bisse eines Diensthundes verletzt. BT DS 14/5613 16. November 00 Der 33 Jahre alte Angolaner Antonio M. wird
"zusammengeschnürt wie ein Paket", mit verhülltem Kopf und nicht
mehr im Stande selbst zu laufen, von zwei Personen in einen City-Hopper
gehievt und über Amsterdam abgeschoben. Antonio M. war
nach fünf Monaten Abschiebehaft im Polizeigewahrsam Bremen geistig verwirrt.
Er sah Personen und hörte Geräusche, die nicht da waren. Er war
orientie-rungslos. Ein unabhängiger Psychiater stellte im September fest, daß
eine stationäre psychiatrische Behandlung dringend erforderlich sei.
Stattdessen wurde der Gefangene vielfach in einer Beruhigungszelle
untergebracht und von den anderen
Gefangenen isoliert. Psychotherapeutische Behandlung bekam er nicht.
Es wurden ihm Beruhigungstabletten verabreicht, die ihm Schwindel,
Benommenheit und Alpträume verursachten und durch die er in bis zu
24-stündige Tiefschlafphasen versetzt wurde. Er glaubte bis
zum Schluß, daß er zum Arzt gebracht werden würde. Er verweigerte die Annahme
von Geld, das ihm ermöglicht hätte, nach der Abschiebung zu Verwandten zu
fahren. taz 29.9.00; taz Bremen 17.11.00;
KMii Rundbrief
13; Gruppe
grenzenLOS Bremen 17. November 00 Luckenwalde in Brandenburg. Aus einer Gruppe von sechs
Deutschen heraus wird ein 17-jähriger Flüchtling aus Sierra Leone nachts
attackiert. Zunächst wird er wegen seiner Hautfarbe beleidigt und dann mit
Schlägen und Tritten angegriffen. Er erleidet eine Schnittwunde am Ohr. FR 18.11.00; TS 19.11.00 17. November 00 Ein 22 Jahre alter Asylbewerber wird in Brandenburg an der
Havel von einem unbekannten Schützen angeschossen. Das Projektil aus einer
Luftdruckwaffe trifft den Afrikaner am linken Arm. MAZ 20.11.00; TS
19.11.00 19. November 00 Der kurdische Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber Nedim
Isik soll in die Türkei abgeschoben werden. Als die Polizei am Abend in seine
Wohnung in Wuppertal-Ronsdorf eindringt und den Mann auffordert mitzukommen,
versucht dieser, sich das Leben zu nehmen. Die Abschiebung wird
abgebrochen, Nedim Isik kommt mit dem Notarztwagen in eine Klinik. WDR –
Nachrichten aus dem Bergischen Land 20.11.00 (10:14) 19. November 00 In Ortsteil Frankenreuth des bayerischen Waidhaus werden
zwei rumänische Personen auf der Flucht vor der Festnahme nach
"unerlaubtem" Grenzübergang durch Bisse eines Zollhundes verletzt. BT DS 14/5613 21. November 00 Ein 26 Jahre alter Flüchtling aus Kamerun wird im Bahnhof
von Strausberg von drei deutschen Jugendlichen beschimpft: "Niggersau,
Kanake", "Deutschland den Deutschen", "Raus aus
Deutschland". Dann schlagen sie auf ihn ein und stoßen ihn zu Boden.
Dort liegend wird er weiter mit Fußtritten attackiert. Die Nazis skandieren
mehrmals "Sieg Heil" und zeigen den "Hitlergruß". Dann
bedrohen sie ihr Opfer mit dem Tod. Der Kameruner erleidet Prellungen am
Kopf, an der linken Schulter und am rechten Knie. Am 26. Februar
2003 wird gegen die drei Täter wegen gemeinschaftlicher gefährlicher
Körperverletzung verhandelt. Antirassistische
Initiative Berlin; Opferperspektive
25.2.03 24. November 00 Berlin-Charlottenburg: psychotherapeutische
Beratungsstelle für politisch Verfolgte – XENION. Der 17 Jahre alte kurdische
Flüchtling Davut Karayilan stürzt sich aus der dritten Etage in den Lichthof und erleidet
lebensgefährliche Verletzungen. Er ist noch ansprechbar und fragt immer wieder,
ob er jetzt abgeschoben werde. Davut Karayilan
war bei einer Fahrkartenkontrolle auf dem U-Bahnhof Klosterstraße angehalten
worden, und als die Polizei wegen seiner abgelaufenen Aufenthaltsgenehmigung
gerufen wurde, war er weggelaufen. Er flüchtete in die therapeutische
Einrichtung XENION, wo er ohnehin einen Behandlungstermin wahrnehmen wollte. Als tatsächlich
Polizisten bei XENION erscheinen, wird ihnen der Einlaß vom Leiter der
Einrichtung, Dietrich F. Koch, unter dem Hinweis auf sein Hausrecht und den
besonderen Charakter der Behandlungsstelle für traumatisierte Flüchtlinge
verwehrt. Kurze Zeit später
erscheinen fünf bis sechs PolizistInnen und hämmern und treten gegen die
Eingangstür. Herr Koch wird zur Seite gedrängt, und die BeamtInnen stürmen
laut schreiend und brüllend und mit gezogenen Waffen in die Räume. Sie finden
Davut Karayilan dort nicht, denn er hat sich in den Innenhof des Hauses
gestürzt. Davut Karayilan
schwebt zwei Wochen lang in Lebensgefahr, bis durch intensivmedizinische
Behandlung sein Gesundheitszustand wieder stabilisiert werden kann. Es dauert Monate,
bis er sich nach Heilung der schweren Bruchverletzungen der Wirbelsäule und
des Beckens wieder auf den eigenen Beinen halten kann. Zur
Vorgehensweise der Polizei sagt ein Sprecher dem "Tagesspiegel"
(Berliner Tageszeitung) gegenüber: "Es han delte sich um einen Straftäter, der sich der
Personalienfeststellung entzog. Da werden alle nötigen polizeilichen
Maßnahmen durchgeführt." Einige Tage nach
dem Unglücksfall wird gegen den Leiter von XENION und eine Sekretärin ein
Verfahren wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und wegen "unterlassener
Hilfeleistung und Widerstand gegen die Staatsgewalt" eingeleitet. Das
Verwaltungsgericht Magdeburg beschäftigt sich erst durch den Unfall und auf
Initiative seiner Anwälte erneut mit dem Asylverfahren von Davut Karayilan.
Es widerruft eine Woche später den Abschiebebeschluß und akzeptiert einen
Asylfolgeantrag, nachdem es zuvor zweimal diesen abgelehnt hatte. Auch das
Bundesamt hat seine ablehnenden Entscheide erneut überprüft. Am 16. September
2003 endet die Verhandlung vor dem Amtsgericht Moabit gegen die Sekretärin
und den Leiter von XENION mit Freisprüchen. Der aus Urfa
stammende Davut Karayilan hatte bereits mit 13 Jahren in der BRD einen
Asylantrag gestellt, weil die Repressalien von Seiten der türkischen Behörden
und des Militärs gegen Angehörige seiner Familie immer unerträglicher wurden.
Nachdem sein Asylantrag abgelehnt worden war, kehrte der Junge in die Türkei
zurück. Im Alter von 15
Jahren wurde er unter dem Vorwurf, PKK-Mitglied zu sein, erneut festgenommen
und unter schwerster Folter zu "Geständnissen" erpreßt. Neben den
ständigen Demütigungen und Beschimpfungen erhielt er Tritte mit Armeestiefeln
und bei verbundenen Augen Schläge mit Fäusten und verschiedenen Instrumenten.
Man zwang ihn, über mehrere Stunden in stehender Position zu verharren, und
er wurde mit stundenlangen Verhören und Schlafentzug gequält. Vor allem
während der Folterungen wurde extrem laute Musik gespielt. Er wurde auf die Fußsohlen
geschlagen, erhielt Elektroschocks und wurde so lange in Wasser getaucht, bis
er zu ersticken drohte. Man hängte ihn mit auf dem Rücken gebundenen Händen
auf, bis er das Bewußtsein verlor. Dann wurde er mit kaltem Wasser bespritzt
und anschließend in eine kalte Zelle geworfen. In einer sehr engen, völlig
abgedunkelten und überhitzten Zelle oder Kiste, in der keinerlei Bewegung
möglich war, litt er unter Todesangst und glaubte ersticken zu müssen.
Mehrere Male wurden Scheinexekutionen durchgeführt, indem man ihm einen
Revolver an die Schläfe hielt und abdrückte. Als er sich einmal weigerte, zu
einem Einsatz gegen seine eigenen Leute mitzugehen, wurde knapp an seinem
Körper vorbeigeschossen. Er wurde in
mehreren Gefängnissen für politische Gefangene festgehalten, bis ihm der
Prozeß gemacht wurde. Vom Staatssicherheitsgerichtshof wurde er 1999 zu einer
Gefängnisstrafe von 11 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Unter
Inanspruchnahme des sogenannten Reuegesetzes und unter der Bedingung, mit dem
türkischen Geheimdienst zusammenzuarbeiten, kam er aus der Haft frei. Er floh
erneut in die BRD und stellte wieder einen Antrag auf Asyl. Die von ihm
vorgelegten Kopien des türkischen Staatssicherheitsgerichtes und andere
offizielle Dokumente und auch Fotos, die die Wunden seiner Folter belegen,
wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als
Fälschungen bezeichnet. Seine offensichtlichen Folterspuren am Körper wurden
ignoriert und der Asylantrag als "offensichtlich unbegründet"
abgelehnt. Der 17-jährige
Davut Karayilan wurde auf Bitten der Ausländerbeauftragten der Stadt
Bitterfeld wegen manifester psychischer Symptome in der Beratungsstelle für
politisch Verfolgte und Folteropfer XENION behandelt. taz 25.11.00; BM
25.11.00; BeZ 25.11.00; TS 25.11.00;
XENION 27.11.00; taz 28.11.00; ZDF
"Kennzeichen D" 6.12.00; ARD "Kontraste" 7.12.00; BeZ 10.12.00; BeZ 6.1.01; taz 8.1.01; taz
16.6.01; XENION 8.10.02;
jW 17.10.02; BeZ 17.9.03; taz 17.9.03 25. November 00 Suhl in Thüringen. Ahmad Saleh, ein 25 Jahre alter
palästinensischer Flüchtling aus dem Libanon, wird von mehreren Deutschen in
einer Diskothek von Zella-Mehliser bedroht und blutig zusammengeschlagen. (siehe auch: 29. Juli 00, 7. Januar 01, 10. März 01) FW 13.3.01;
Bericht des Betroffenen 31.3.01; ABAD Thüringen 25. November 00 In der Hamburger JVA Hahnöfersand begeht ein 17 Jahre
alter Abschiebegefangener aus Sierra Leone einen Suizidversuch. Hamburgische
Bürgerschaft DS 20/469 26. November 00 In der Hamburger JVA Hahnöfersand begeht ein 17 Jahre
alter Abschiebegefangener aus Sierra Leone einen Suizidversuch. Hamburgische
Bürgerschaft DS 20/469 27. November 00 Abschiebehaft in der JVA Mannheim. Zwischen 4.00 und 5.00
Uhr morgens werden mindestens acht afrikanische Gefangene aus den Betten
geholt, und ohne daß sie Gelegenheit bekommen, sich vollständig anzuziehen,
müssen sie raus. Ihnen werden Handschellen angelegt, die so fest sind, daß
sie tief ins Fleisch einschneiden. Busse fahren sie zum Flughafen Stuttgart. Als einer von
ihnen, der Nigerianer James Awomen, laut um Hilfe schreit, kommt ein Arzt und
droht ihm eine "Beruhigungsspritze" an. James Awomen gelingt es
schließlich, den Beamten klar zu machen, daß er in Deutschland eine Tochter hat, und mit Hilfe eines nigerianischen
Botschaftsangehörigen wird seine Abschiebung vorläufig ausgesetzt – er kommt
zurück in die Abschiebehaft nach Mannheim. Einem anderen
Nigerianer gelingt es, seinen Anwalt in Stuttgart zu informieren. Er
berichtet, man habe ihn mit etwa 35 Personen zum Flughafen gebracht. Vor dem
Abflug habe man ihm und anderen zur Abschiebung vorgesehenen Personen eine
Spritze verabreicht, die eine Betäubung zur Folge gehabt und einen Widerstand
unmöglich gemacht habe. Pro Asyl Infoservice
Nr. 43 – 2001 Februar; AG für Menschen
in Abschiebehaft Mannheim 28. November 00 Im brandenburgischen Verlorenwasser im Landkreis
Potsdam-Mittelmark brennt eine Baracke ab, die auf dem Gelände des
Flüchtlingsheimes steht. In der Barakke werden Möbel für das Heim gelagert.
Die Brandursache ist zunächst unklar. MAZ 30.11.00 30. November 00 Durch einen Brand in der Flüchtlingsunterkunft im
nordrhein-westfälischen Hilchenbach werden zwei Menschen verletzt und die
Wohncontainer völlig vernichtet. Die übrigen 51 BewohnerInnen können sich
retten. WDR –
Nachrichten aus Südwestfalen 1.12.00 Ende November 00 Strausberg in Brandenburg. Der Asylbewerber T. aus Kamerun
wird im Bahnhof von fünf Jugendlichen angepöbelt, geschlagen und getreten. (siehe auch: September 00) ADB 1. Dezember 00 Im brandenburgischen Vetschau wird ein 14-jähriger Junge
aus Afghanistan von einem rechten Jugendlichen angegriffen und verletzt. RA 4.12.00 1. Dezember 00 In der Hamburger JVA Glasmoor begeht ein 35 Jahre alter
Abschiebegefangener aus Tunesien einen Suizidversuch. Hamburgische
Bürgerschaft DS 20/469 2. Dezember 00 Lüdge bei Bad Pyrmont in Nordrhein-Westfalen. Vier zum
Teil vermummte Jugendliche greifen am Abend die Wohncontainer einer
Flüchtlingsunterkunft mit Steinen an und rufen rassistische Parolen. In dem
Wohncontainer sind rund 25 Flüchtlinge aus Georgien und Rußland
untergebracht. Sowohl am Vortage
wie auch am 30. November war es zu ähnlichen Angriffen gekommen. WDR –
Nachrichten aus OWL 4.12.00 (7.06 Uhr; 18.24 Uhr); NW 4.12.00; taz
4.12.00 3. Dezember 00 Sachsen-Anhalt. Der 42 Jahre alte Kwuami (Komi) Aziaku
Prempe, Flüchtling aus Togo, erhängt sich auf dem Dachboden seines Wohnhauses
in Salzwedel. Erst zwei Tage später findet ihn ein Freund. Nachdem Komi
Aziakou Prempe zunächst als politisch Verfolgter anerkannt worden war, wurde
dies vor einem Monat zurückgenommen, und er war aufgefordert worden, die BRD
innerhalb von vier Wochen zu verlassen. ARA 15.12.00; IMRV Bremen;
ARA; FRat SaAnh 3. Dezember 00 Auf dem Bahnhof von Singen, nahe der
baden-württembergisch-schweizerischen Grenze, erleidet ein Flüchtling aus dem
ehemaligen Jugoslawien bei der Festnahme Prellungen und Schürfwunden. BT DS 14/5613 8. Dezember 00 Der 17-jährige tamilische Flüchtling Arumugasamy
Subramaniam wird in der Abschiebehaftanstalt Hannover-Langenhagen um 10.00
Uhr morgens tot aufgefunden. Er hat sich an seinen Schnürsenkeln erhängt.
Dies geschah, nachdem er zwei Tage zuvor in der Ausländerbehörde Osnabrück
festgenommen worden war. Nach Aussagen
seiner Freunde und Verwandten hatte er große Angst vor einer Rückkehr nach
Sri Lanka, weil er befürchtete, dort umgehend inhaftiert zu werden. Arumugasamy
Subramaniam war als 12-Jähriger in die BRD geflohen und hatte hier Asyl
beantragt. Der alleinstehende Jugendliche lebte mehr in der Familie seines
Onkels in Arnsberg in Nordrhein-Westfalen als in dem ihm zugewiesenen Heim im
niedersächsischen Melle. Der Onkel, der seit drei Jahren die deutsche
Staatsangehörigkeit besitzt, hatte ein Adoptionsverfahren eingeleitet. Diese
Tatsache wurde von der Ausländerbehörde Osnabrück ignoriert, denn sie
forderte den Jugendlichen auf, eine Erklärung über eine
"freiwillige" Ausreise bis zum 13. November 2000 abzugeben. In
Begleitung eines Freundes, des Fuhrunternehmers H., ging Arumugasamy
Subramaniam am 6. Dezember zur Ausländerbehörde, um das weitere Vorgehen
abzusprechen. Die Beamten ließen die beiden auf dem Gang warten und riefen die
Polizei, um die Festnahme durchführen zu lassen. Auch die Angebote des Herrn
H., dem Jugendlichen die freiwillige Ausreise zu ermöglichen, für die er
persönlich gerade stehen würde, halfen dem weinenden Jungen nicht. Er wurde
festgenommen und am nächsten Tag in das Abschiebegefängnis
Hannover-Langenhagen gebracht. Am 23. Dezember
protestieren 250 Menschen in der hannoverschen Innenstadt, um ihrer Wut und
Trauer über den Tod von Arumugasamy Subramaniam Ausdruck zu geben. Seither findet
jedes Jahr am 8. Dezember eine Demonstration gegen Abschiebungen vor dem
Abschiebegefängnis Hannover-Langenhagen statt. FRat NieSa
12.12.00; IMRV Bremen; jW 14.12.00; FRat NieSa Heft
74 April 2001; FRat NieSa Heft
98 Dezember 2003; Bündnis gegen
Abschiebung Hannover 8. Dezember 00 BGS-Räume im Flughafen Stuttgart. Bei dem vierten
Abschiebeversuch des abgelehnten Asylbewerbers Chima Egbe aus Kamerun will
ein vom Regierungspräsidium Stuttgart bestellter Arzt dem Gefangenen ein
Beruhigungsmittel spritzen. Als Chima Egbe sich dagegen verwahrt, läßt der
Arzt acht Polizisten rufen, die ihn zu Boden stoßen und dort festhalten.
Durch die Injektion, die ihm in den linken Arm verabreicht wird, verliert
Herr Egbe für zehn Stunden das Bewußtsein. In diesem Zustand wird er nach Brüssel
geflogen, wo der Weiterflug allerdings aufgrund eines Streiks nicht
stattfinden kann. Ein Sprecher des
Stuttgarter Regierungspräsidiums begründet die Verabreichung von
Beruhigungsmitteln damit, daß Herr Egbe mit "Selbstbeschädigung
gedroht" hätte. Ein Ermittlungsverfahren gegen den Arzt wird später
eingestellt. Chima Egbe hatte
am 17. Oktober einen Termin zur Vorbereitung seiner Eheschließung auf dem
Standesamt Hard- heim wahrnehmen wollen, als er von auf ihn wartenden
Polizisten verhaftet wurde. Seitdem saß er in Abschiebehaft in der JVA
Mannheim. AG für Menschen
in Abschiebehaft Mannheim; CPT Dez. 00;FR 19.1.01; Pro Asyl
Infoservice Nr. 43 – 2001 Februar; ai Januar 2004 8. Dezember 00 Gotha in Thüringen. In einer Gaststätte in der Innenstadt
werden zwei Flüchtlinge aus Libanon und Algerien von fünf deutschen Männern
zunächst beleidigt und beschimpft. Als sie daraufhin das Lokal verlassen,
folgen ihnen drei der Rassisten und greifen sie auf der Straße tätlich an.
Sie erleiden Prellungen, Riß- und Platzwunden. Ein 18-jähriger
Täter wird vorläufig festgenommen; die beiden anderen "seien der Polizei
bekannt" und bleiben auf freiem Fuß. taz 11.12.00 9. Dezember 00 Mühldorf am Inn in Oberbayern. Zehn deutsche Jugendliche greifen
einen 16-jährigen Jungen aus Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) auf der Straße
an, schlagen ihn zusammen und verletzen ihn schwer. TS 16.12.00;
Bürgerrechte & Polizei/CILIP 68/2001 10. Dezember 00 Der 29 Jahre alte Hussein Daoud, abgelehnter kurdischer
Asylbewerber aus Syrien, wird aus Braunschweig über Düsseldorf abgeschoben.
Bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in Damaskus erfolgt seine Festnahme
durch den Geheimdienst. Ihm wird die Mitgliedschaft in der kurdischen
"Democratic Unity Party" (DUP) vorgeworfen, und er wird in den
folgenden Monaten in verschiedenen Haftanstalten schwer gefoltert. Zudem sitzt er in
Einzelzellen ohne Licht und voller Ungeziefer. Laute Musik soll ihn vom
Schlafen abhalten, und wenn ihm doch die Augen zufallen, bekommt er kaltes
Wasser ins Gesicht. Die stundenlange Verhöre muß er mit auf den Rücken
gefesselten Händen und verbundenen Augen unter Schlägen ertragen: "Ich
wusste nie, aus welcher Richtung die Hiebe kommen", berichtet er später. Der Bruder
Husseins, Kamo Daoud, verteilt Flugblätter und Erklärungen in Damaskus, um
auf das Verschwinden Husseins aufmerksam zu machen. Der syrische Geheimdienst
bemerkt dies, verhaftet Kamo Daoud und verhört ihn unter Schlägen und Elektroschocks.
Als er aus der Haft entlassen wird, flieht auch er außer Landes – er flieht
in die BRD. Im April 2001
veröffentlicht die Menschenrechtsorganisation "Syrian Human Rights
Committee" einen "eiligen Aufruf zur Aufdeckung von Hussein Daouds
Schicksal". Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen, daß
Hussein Daoud am 20. April im Sondergefängnis für politische Gefangene des
Staatssicherheitsdienstes "Fira'a Filastin" an den Folgen der
Folter und der Verweigerung ärztlicher Behandlung gestorben ist. Ein Wärter
habe den Angehörigen mitgeteilt, man werde "die Leiche schon
freigeben". Erst aufgrund
dieser Veröffentlichung und der Proteste syrischer Kurden in der BRD sieht
sich die Deutsche Botschaft in Damaskus gezwungen, dem Fall nachzugehen. Die
Botschaftsangehörigen finden Hussein Daoud auf der Intensiv-Station eines
Krankenhauses. Nach der Besserung seines gesundheitlichen Zustandes kommt er
in das Gefängnis "Sajdnaja" in die Nähe von Damaskus. Die
Haftbedingungen sind hier etwas besser, und Hussein Daoud erholt sich langsam
von den Folterungen. Als seine Eltern ihn im September 2001 erstmals besuchen
dürfen, gelingt es ihm nur kurz und unter großen Schmerzen, auf seinen Füßen
zu stehen. Hussein Daoud war
wegen der Unterstützung der Kurdischen Volksunionspartei in Syrien politisch
verfolgt und mußte deshalb in der BRD Asyl betragen. Dieses wurde ihm
verwehrt. Auch in Deutschland beteiligte er sich an Demonstrationen, auf
denen gegen die Rechtlosigkeit kurdischer Menschen in Syrien protestiert wurde.
Erst nach
eineinhalb Jahren Haft ohne jegliche rechtliche Grundlage wird ihm der Prozeß
genau wegen seines Engagements für die Kurdische Volksunionspartei gemacht.
Am 20. März 2002 wird er wegen Mitgliedschaft in einer verbotenen
Organisation, versuchter Spaltung Syriens und seiner Teilnahme an einer
regimekritischen Demonstration in der BRD gegen die syrischen Machthaber zu
einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. In den letzten
Monaten vor seiner Abschiebung hatte sich Hussein Daoud in dem berüchtigten "Projekt X" befunden. "Projekt
X" ist eine Institution des niedersächsischen Innenministeriums, deren
Ziel es ist, Identitäten von Personen zu klären, um dann die Abschiebung
durchsetzen zu können. Anfang des Jahres
2000 hatte er hier mit einem Hungerstreik auf die menschenunwürdigen
Verhältnisse und auf seine drohende Abschiebung aufmerksam gemacht. Bemerkenswert
sind auch die Reaktionen der deutschen Politik und Behörden zu dem
Geschehenen. Niemand übernimmt die politische Verantwortung für das
veranlaßte Unrecht – im Gegenteil: Unwahrheiten sollen die brutale Realität
vertuschen. Die Äußerung, daß Hussein Daoud erst zwei Monate nach seiner
Abschiebung inhaftiert wurde und es daher "nicht sehr
wahrscheinlich" sei, "dass die Festnahme im direkten Zusammenhang
mit Ereignissen steht, die vor der Abschiebung stattgefunden haben",
dient als Begründung, die kurzfristig ausgesetzten Abschiebungen nach Syrien
wieder aufzunehmen. Als das Auswärtige Amt diese Darstellung später
dementiert und ausdrücklich feststellt, Hussein Daoud sei "nicht erst im
Februar 2001, sondern bereits nach seiner Ankunft in Damaskus im Dezember
2000 festgenommen" worden, ist das Thema Abschiebestop nach Syrien für
die Landesregierung kein Thema mehr. Nach seiner
Entlassung aus syrischer Haft am 28. Dezember 2002 wird Hussein Daoud zum
Kriegsdienst eingezogen, den er am 30. März 2005 beendet. Und weiterhin wird
er vom syrischen Geheimdienst drangsaliert und immer wieder vorgeladen. Trotz
des gegen ihn verhängten Ausreiseverbotes und der behördlichen Observation
gelingt es ihm schließlich im April 2010, aus Syrien zu fliehen. Im Juni 2010
erreicht er die Bundesrepublik, und mit Bescheid vom 30. August 2011 wird er
gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
als Flüchtling anerkannt. Dies geschieht fünfzehneinhalb Jahre nach seinem
ersten Begehren auf Asyl in der Bundesrepublik (18. Januar 1996). IMRV Bremen;
Yekiti; IMRV Bremen 1.5.01; Heidi Lippmann
(MdB) PE 3.5.01; BrZ 4.5.01; FRat NieSa und
Pro Asyl 7.5.01; Kurdisch-Deutsche
Freundschaft Melle 12. 5. 01; FRat NieSa
13.6.01; FR 9.7.01; IMRV Bremen 10.4.02; FRat NieSa Heft
83/84 Januar 2002; BT DS 14/9190; FRat
Niedersachsen 2.9.11; taz 30.12.11 11. Dezember 00 Der 33 Jahre alte äthiopische Flüchtling Gebeyehu E.
erhängt sich in seiner Unterkunft im hessischen Kriftel. Der abgelehnte
Asylbewerber litt seit 1999 unter einer paranoiden Psychose und war deshalb
im Sommer mehrere Monate in stationärer Behandlung gewesen. Die bevorstehende
Schliessung der Flüchtlingsunterkunft und der Wechsel von einem Einzelzimmer
in ein Mehrbettzimmer bereiteten ihm große Ängste. Auch das Attest seines
Psychiaters stimmte das Sozialamt bezüglich der zukünftigen Unterbringung
nicht um. Die Tatsache, daß
er trotz seiner schweren Erkrankung von der Ausländerbehörde keine
Aufenthaltsbefugnis bekam, steigerte seine Angst vor der Abschiebung ins
Unerträgliche. Fünf Monate nach
der Selbsttötung von Gebeyehu E. erstattet ein mit ihm befreundetes Ehepaar
Anzeige gegen Unbekannt. Die Vorwürfe richten sich gegen die Ausländerbehörde
und das Kreissozialamt. Zwei Monate
später ist ihre Anzeige bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft unauffindbar. FR 25.4.01; FR 28.6.01; IRR European Race Bulletin Nr. 38 Oct. 01 12. Dezember 00 Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 33 Jahre alter
Bosnier versucht, sich am Abend in der Toilette selbst zu töten. Er fügt sich
mit einer Rasierklinge an beiden Unterarmen ca. acht Zentimeter lange und ein
Zentimeter tiefe Schnittwunden zu. Nach der
chirurgischen Erstversorgung in einem Krankenhaus kommt er zurück nach
Köpenick und wird hier in einer Einzelzelle isoliert. Drei Tage später
erfolgt seine Verlegung ins Haftkrankenhaus Moabit für die nächsten eineinhalb
Wochen; danach erneute Rückverlegung ins Abschiebegefängnis Köpenick. Obwohl er auch im
Januar 2001 weiterhin als suizidgefährdet eingestuft wird, verfügt das
Berliner Verwaltungsgericht seine Abschiebung mit der Begründung, daß er
sowohl "während des Rückfluges, als auch in seiner Heimat psychiatrisch
betreut werde". Erst am 5. April
erfolgt nach einem Haftprüfungstermin seine Entlassung aus der Abschiebehaft
mit Ablauf der Sechs-Monats-Frist. Er bleibt weiterhin
von Abschiebung bedroht und befindet sich auch im Dezember 2001 noch in einer
psychisch sehr labilen Situation. Jesuiten-Flüchtlingsdienst; ND 27.1.01; BM
27.1.01; taz 27.1.01 12. Dezember 00 Im nordhessischen Schwalmstadt-Treysa wird ein äthiopischer
Flüchtling von drei Männern und zwei Frauen im Alter von 16 bis 21 Jahren
überfallen und verprügelt. TS 14.12.00 13. Dezember 00 Der 27 Jahre alte kurdische Flüchtling Abdulhalim A. wird
nach abgelehntem Asyl aus der BRD in die Türkei abgeschoben. Nach einer
zweitägigen Überprüfung auf dem Flughafen Istanbul wird er freigelassen. Aus Angst vor
Verfolgung in seinem Heimatort läßt er sich zunächst in Izmir nieder. Als
jedoch ein Verwandter stirbt, entschließt er sich doch, zur Beerdigung nach
Kiziltepe zu fahren. Kurz nach der Beerdigung wird das Haus von zwei
Zivilpolizisten durchsucht, die Personalien der Anwesenden werden überprüft,
und Abdulhalim A. wird verhaftet. Ihm werden die
Augen verbunden, er wird brutal geprügelt, er bekommt Schläge auf die
Fußsohlen (Falaka), Elektroschocks und Todesdrohungen. "Als ich erneut die Beschuldigungen bestritt, wurde
ich angeschrien. Sie bedrohten mich damit, meine Frau zu holen und vor meinen
Augen zu vergewaltigen. Man würde mich wie meinen Bruder umbringen." Die Folterungen
enden nach zwei Tagen erst, als Abdulhalim A. sich bereit erklärt, Aussagen
zu unterschreiben und als Spitzel zu arbeiten. Er kommt frei,
wird jedoch von zwei Geheimdienst-Mitarbeitern "betreut". Als er
Mitte März 2001 vom türkischen Geheimdienst den Auftrag erhält, auf eine
Delegation in Kiziltepe zu schießen, taucht er unter und flieht ein zweites
Mal in die BRD. In dem am 21.
November erstellten Gutachten des Behandlungszentrums für Folteropfer,
exilio, in Lindau wird bei Herrn A. eine Posttraumatische Belastungsstörung
diagnostiziert, und er wird "dem Kreis schwerst traumatisierter
Personen" zugeordnet. Auf dem Heimweg
vom Behandlungszentrum gerät Abdulhalim A. in eine polizeiliche Kontrolle und
wird festgenommen. Am folgenden Tag verhängt der zuständige Richter beim
Amtsgericht des baden-württembergischen Ravensburg die Abschiebehaft, obwohl
ihm das Gutachten von exilio bekannt ist. Es sei, so der Amtsrichter, zu
befürchten, daß Herr A. sich einer erneuten Abschiebung durch Abtauchen in
die Illegalität entziehen werde. An der Haftfähigkeit des Kurden bestehe kein
Zweifel. Wenn der Betroffene angebe, "etwas verwirrt zu sein", so
könne dem "durch ärztliche Betreuung innerhalb der Haftanstalt
abgeholfen werden". Die akute Gefährdung
von Abdulhalim A. bestätigt auch der kurdische Flüchtling V. A. Bei ihm im
Haus in Kiziltepe hatte die Beerdigung des Verwandten von Abdulhalim A.
stattgefunden. Er selbst war nach der Flucht von Herrn A. festgenommen und
unter Folter zum Aufenthaltsort des Geflohenen befragt worden. Auch er floh
nach seiner Freilassung in die BRD. Erst Anfang des
Jahres 2002 wird Abdulhalim A. aus der Abschiebehaft entlassen. FRat NieSa und
Pro Asyl 28.11.01; FR 30.11.01; FRat NieSa
Dezember 2001; FRat NieSa Heft
83/84 Januar 2002 15. Dezember 00 Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg. Ein 32 Jahre
alter chinesischer Asylbewerber aus Aue läßt sich aus dem Fenster eines
fahrenden Zuges fallen und stürzt so zu Tode. Sein Leichnam wird 1000 m vom
Bahnhof Thyrow entfernt an der Bahnstrecke Berlin-Jüterbog gefunden. Die
Polizei geht von einer Selbsttötung aus. BeZ 16.12.00 15. Dezember 00 Mecklenburg-Vorpommern. Am Abend wird der nigerianische
Flüchtling Akubuo Chukwudi nach knapp vierwöchigem Hungerstreik aus der
Abschiebehaft und somit aus der JVA Bützow entlassen. Er wird direkt ins
Bützower Krankenhaus gebracht, wo er die nächsten Tage auf der
Intensivstation behandelt wird. Die drohende Abschiebung ist damit zunächst
nur aufgeschoben. Akubuo Chukwudi
wurde einem mitten im Wald liegenden Lager in Mecklenburg-Vorpommern
zugeteilt, das zehn Kilometer vom nächsten Supermarkt entfernt liegt, ohne
Busverbindung, aber mit häufigen rassistischen Angriffen. Er sammelte
Tausende von Unterschriften für die Schließung dieser Unterkunft; kurz darauf
wurde ihm der Abschiebeschutz entzogen. Ein Zusammenhang zwischen seinem
Engagement und den Konsequenzen ist zu vermuten. Der
Menschenrechtler Akubuo Chukwudi wurde in den Räumen des Bremer
Menschenrechtsvereins festgenommen, nachdem die Polizei in die Räume
eingedrungen war und gezielt nach ihm gesucht hatte. (siehe auch: 22. Oktober
04) ND 15.12.00; The VOICE ; Herzog/Wälde:
"Sie suchten das Leben" 15. Dezember 00 Im westfälischen Minden hetzen zwei jugendliche Deutsche
am Abend zwei afrikanische Flüchtlinge durch die Innenstadt, nachdem sie
zuvor einem ins Gesicht geschlagen haben. Ein Afrikaner wird leicht verletzt.
Nach der
Vernehmung der Täter durch die Polizei werden sie wieder auf freien Fuß
gesetzt. Yahoo!Nachrichten
17.12.00; ND 18.12.00; Bürgerrechte
& Polizei/CILIP 68/2001 17. Dezember 00 Wie an jedem dritten Sonntag im Monat findet eine
Protestaktion vor dem Abschiebegefängnis Glasmoor in Norderstedt bei Hamburg
statt. Während der Kundgebung vor dem Zaun beenden die Schließer im Knast die
sogenannte Umschlußzeit frühzeitig; eine Zeit, in der sich die Gefangenen
gegenseitig besuchen können. Gegen diese Maßnahme protestieren die
Gefangenen, und einer von ihnen wird mit Gewalt aus der Zelle geholt und isoliert.
Die zehn
kurdischen Gefangenen, die sich noch in der Zelle befinden, verbarrikadieren
die Tür, um nicht voneinander getrennt zu werden. Sie verbrennen Lappen,
werfen einen Fernseher gegen die Wand, verwüsten die Zelle und drohen, sich
mit Glasscherben umzubringen: "Wir schneiden uns die Pulsadern
auf." Nach vier Stunden
wird die Zelle von Beamten des MEK Hamburg und des SEK Eutin gestürmt, und
die Häftlinge werden festgenommen. Sie kommen alle in Untersuchungshaft. HA 18.12.00; Glasmoorgruppe
28.12.00 17. Dezember 00 Bundesland Nordrhein-Westfalen. In der Innenstadt von
Minden attackieren zwei rechtsextremistische Jugendliche einen 18-jährigen und einen 32 Jahre alten
afrikanischen Flüchtling. Der jüngere Angreifer (15 Jahre alt) ruft
"Sieg Heil" und zeigt den "Hitlergruß". Sein ein Jahr
älterer Begleiter schlägt dem 18-jährigen Afrikaner mit der Faust ins Gesicht. Als
dieser zurückschlägt, hetzen sie die Flüchtlinge durch die Straßen. judentum-online.de
17.12.00; Bürgerrechte
& Polizei/CILIP 68/2001; JWB 3.1.01 31. Dezember 00 Die 30 Jahre alte Frau aus Nigeria, die
sich wegen einer Magen- und Darminfektion im Berliner Krankenhaus Charité
befindet, bekommt Besuch von der Polizei. Die Beamten fragen nach ihrer
Krankenversicherung, und als sie sagt, daß sie keine habe, wird sie
aufgefordert mitzukommen. Sie muß die Beamten zu ihrer Unterkunft führen, muß
ihnen ihren Paß aushändigen und wird dann mit zur Polizeiwache gefahren. Dort
wird sie in eine Zelle gesperrt. Als sie deutlich macht, daß sie krank sei
und nicht in eine Zelle gehöre, sondern zu einem Arzt, wird ihr der linke Arm
auf den Rücken gedreht, bis sie einen Schlag verspürt. Anschließend kann sie
ihren Arm nicht mehr bewegen. Die
Polizisten bringen die Verletzte ins Jüdische Krankenhaus, wo ein Spiralbruch
des linken Oberarmes und meh-rere Blutergüsse an Schienbein und Brustkorb
diagnostiziert werden. Aus
Angst vor erneuter Festnahme und Mißhandlung wartet die Frau die Fortsetzung
der Behandlung nicht ab, sondern verläßt das Krankenhaus und hält sich fortan
versteckt. Antirassistische
Initiative Berlin 31. Dezember 2000 Auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion im Sächsischen
Landtag wird bekanntgegeben, daß sich seit dem 1. August 32 Personen gegen ihre Abschiebung so zur
Wehr gesetzt haben, daß die Abschiebungen abgebrochen wurden. Sächsisches
Staatsministerium des Innern DS 3/4944 Dezember 00 Der 16-jährige palästinensische Flüchtling K. wird im
Berliner Europa-Center von drei Polizisten in Zivil angehalten und
aufgefordert, seine Papiere zu zeigen. Der Jugendliche bittet die Männer,
sich ebenfalls auszuweisen. Daraufhin zerren diese seine Hände auf den Rücken
und schlagen auf ihn ein. Hinzukommende
Polizisten, diesmal in Uniform, legen K. Handschellen an und bringen den Jungen
in einen Poliziwagen. Hier wird ihm mehrmals in den Rücken getreten. Auf der
Polizeiwache wird er in eine Zelle gebracht und auch hier wieder von den drei
Zivil-Polizisten geschlagen, getreten und beschimpft. Er wird gewürgt und
bekommt Tritte in die Nieren. Nach zwei Stunden
in der geschlossenen Zelle wird K. ohne weitere Kommentare von Seiten der
Polizisten entlassen. Zurück im
Flüchtlingsheim fallen den Betreuern die Verletzungen des K. auf, und sie
bringen ihn ins Krankenhaus zur Behandlung. Einige Tage
später bekommt K. eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt,
Körperverletzung und Beleidigung. ADB
Jahresbericht 2001 Dezember 00 In einem "besonderen Verwahrzimmer" des erst
1998 errichteten Abschiebegefängnisses im brandenburgischen Eisenhüttenstadt
entdecken Mitglieder des Anti-Folter-Komitees (CPT) vier im Fußboden
eingelassene Eisenringe, mit denen Gefangene – auf dem Bauch liegend – an den
ausgestreckten Armen und Beinen angebunden werden können. Nach der
Veröffentlichung dieser Tatsache werden die Metallringe "umgehend"
entfernt. CPT Dez. 00 Dezember 00 Pawlodar in Kasachstan. Am 28. Dezember meldet die
Polizei, daß sie 25 Menschen aus Sri Lanka festgenommen hat, nachdem diese
vier Tage lang durch die Wüste gelaufen waren und dabei die
russisch-kasachische Grenze überschritten. Die Menschen trugen einen Toten
auf ihren Schultern, der den Härten auf dem langen Fußmarsch nicht
standhalten konnte und erfroren war. Die Flüchtlinge
waren von Sri Lanka aus zunächst in die Vereinigten Arabischen Emirate
gelangt. Von dort aus wurden sie in einem geschlossenen Transporter nach Omsk
gebracht. Hier wurde ihnen gesagt, daß ihr Zielland Deutschland nur noch
einige Meter entfernt läge. Migration News Sheet Januar 2001 Im Jahre 2000 Kunersdorf bei Freienwalde in Brandenburg. Nach einer
Auseinandersetzung mit der Ausländerbehörde und dem Sozialamt, weil er an
diesem Tage keine Sozialhilfe ausbezahlt bekommen sollte, übergießt sich ein
kurdischer Flüchtling mit Benzin und zündet sich an. Es ist der zweite
Selbstverbrennungsversuch des abgelehnten Asylbewerbers, der in der Türkei
verfolgt und gefoltert wurde und einige Jahre in türkischen Gefängnissen
sitzen mußte. (siehe auch: Mai 99) Antirassistische
Initiative Berlin Im Jahre 2000 Im Saarländischen Landtag wird auf die Anfrage von
SPD-Abgeordneten angegeben, daß in der JVA Ottweiler ein 21-jähriger
Abschiebegefangener aus Algerien durch den Betrieb eines selbstgebastelten
Tauchsieders einen tödlichen Stromschlag erlitt. LT DS Saarland
12/1190 (12/1157) Im Jahre 2000 Auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion im Sächsischen
Landtag wird bekanntgegeben, daß ein litauischer Abschiebegefangener nach
einer Haftzeit von 4 Monaten und 11 Tagen in der JVA Chemnitz verstorben ist. Sächsisches Staatsministerium
des Innern DS 3/6347; Sächsisches
Staatsministerium des Innern DS 4/1144 Im Jahre 2000 Auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion im Sächsischen
Landtag wird bekanntgegeben, daß ein ukrainischer Abschiebegefangener nach
einer Haftzeit von 41 Tagen in der JVA Leipzig verstorben ist. Sächsisches
Staatsministerium des Innern DS 3/6347; Sächsisches
Staatsministerium des Innern DS 4/1144 Im Jahre 2000 Auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion im Sächsischen
Landtag wird bekanntgegeben, daß ein algerischer Abschiebegefangener nach
einer Haftzeit von 22 Tagen in der JVA Bautzen einen Suizidversuch
unternommen hat. Sächsisches
Staatsministerium des Innern DS 4/1144 |