Was ist der NSU-Komplex?
Er ist größer als drei Nazis, die mordend durch die Republik zogen. Man addiere ihre versteckten und gedeckten Mittäter_innen und Unterstützer_innen aus der rechten Szene und aus dem Verfassungsschutz, rassistisch ermittelnde Polizeibehörden, hetzende Medien, Politiker_innen und einen Justizapparat, die eine lückenlose Aufklärung verhindern. Und selbst ihre Summe ist nur ein Teil der Antwort, denn die rassistische Spaltung geht mitten durch die Gesellschaft. Rassismus ist ein System, an dem alle partizipieren - deswegen nennen wir es strukturellen Rassismus. Die Morde an neun Migranten und die Bombenanschläge des NSU sind aufgrund dieser gesellschaftlichen Struktur erst ermöglicht worden.
Der NSU ist kein Einzelphänomen, er ist Teil einer Geschichte des Rassismus in Deutschland. Sie besitzt eine Kontinuität in den zahllosen Opfern rassistischer Gewalt der letzten Jahre und Jahrzehnte. Die Geschichte geht auch heute weiter mit brennenden Flüchtlingsunterkünften, mit täglichen Angriffen und Ausgrenzungen von eingesessenen Migrant_innen, Refugees, Schwarzen und Rom_nija.
Doch wer erzählt diese Geschichte? Die Opfer sind keine Statisten, sie sind die Hauptzeug_innen des Geschehens. Sie sind die Protagonist_innen einer Geschichte der Einwanderung, die sich erfolgreich in Deutschland behauptet hat, und die Akteur_innen der Kämpfe um Zugang zu Bildung, Wohnraum, kultureller Teilhabe, Würde und ökonomischem Wohlstand. Ihre Geschichte gilt es zu hören und zu verstehen.
Entstanden aus Initiativen und Einzelpersonen, die mit den Betroffenen der NSU-Mord- und Anschlagserie solidarisch verbunden sind, entstand die Idee eines Tribunals als Ort der gesellschaftlichen Anklage. Dieses Tribunal wird vom 17.-21. Mai 2017 in Köln stattfinden. Wir laden alle ein, die sich der Anklage gegen Rassismus anschließen möchten, ihre Geschichte mit uns zu teilen, eine Gegenerzählung zu entwerfen und uns noch stärker zu vernetzen. Unser Ziel ist es, die rassistische Spaltung dieser Gesellschaft zu überwinden und gemeinsam für ein gutes Leben einzustehen. Sei ein Teil dieser Klage.
Über uns
Das Tribunal ist hervorgegangen und wird getragen von dem bundesweiten Aktionsbündnis "NSU-Komplex auflösen" sowie von einer Vielzahl von Personen, die sich aus unterschiedlichen Motiven gegen Rassismus engagieren wollen. Eine hervorgehobene Stellung haben die Betroffenen des NSU-Terrors, deren Standpunkte ein besonderes Gewicht haben. Mitmachen können alle, die sich mit unseren Zielen identifizieren. Alle Menschen, Gruppen, Vereine, Institutionen, die das Tribunal unterstützen wollen, sind herzlich eingeladen, mit uns Kontakt aufzunehmen und sich zu beteiligen.
Ein Tribunal in dieser Größenordnung erfordert zahlreiche Ressourcen und eine breite Unterstützung. Das Tribunal-Plenum hat daher Gespräche begonnen mit vielen Akteur_innen aus künstlerischen Bereichen, dem Bereich der Rassismusforschung und der antirassistischen Arbeit, der migrantischen Selbstorganisierung, sowie mit Multiplikator_innen aus dem Feld der Menschenrechte, mit demokratischen Gruppen, verschiedenen Kulturinstitutionen, potentiellen Geldgeber_innen und anderen zivilgesellschaftlichen Kräften, die politisch die Idee eines Tribunals unterstützen und verteidigen wollen. Wenn wir dich/euch noch nicht angesprochen haben, liegt es schlichtweg daran, dass wir es noch nicht geschafft haben. Sprich du /sprecht ihr uns gerne an.