Anfang November jährt sich zum dritten Mal die Selbstenttarnung des Terrornetzwerkes "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), das 13 Jahre lang ungehindert von staatlichen Institutionen mindestens zehn Morde begehen konnte und durch Bombenanschläge zahlreiche Menschen verletzte. Im Zuge der Aufdeckungen wurde deutlich, dass während der Ermittlungen ein rassistisches Motiv und Neonazis als Täter konsequent ausgeblendet wurden und stattdessen die Opfer und ihre Angehörigen durch die staatlichen Institutionen auf rassistischer Weise einer Kriminalisierung ausgesetzt waren. Die Taten waren möglich, obwohl mehrere "Sicherheitsbehörden" im direkten Umfeld bezahlte Spitzel hatten, da der NSU keineswegs eine isolierte Zelle aus drei Personen, sondern ein mit der militanten Neonaziszene in Thüringen und Sachsen eng verwobenes Netzwerk war. Der dritte Jahrestag ist für uns Anlass, auf einen Neonazi aufmerksam zu machen, der aus demselben Thüringer Dunstkreis entstammt, damals in den selben Kreisen aktiv war und bis heute in der Szene – mittlerweile in Berlin – wichtige Funktionen übernimmt: Hendrik Möbus.
In Berlin-Plänterwald betreibt der verurteilte Mörder Möbus zusammen mit seinem Kameraden Christian Schöndorfer einen Neonaziversand mit dem Namen "Merchant of Death", in dem diverse Tonträger aus dem Bereich des sogenannten "National Socialist Black Metal" (NSBM) vertrieben werden. Der NSBM ist eine neonazistische Variante des Black Metal, mit dem Neonazis versuchen in dieser Musikszene ihre rassistischen, antisemitischen und NS-verherrlichenden Inhalte zu verbreiten. Wie antifaschistische Recherchen vor kurzem aufgedeckt haben, ist Möbus allerdings nicht nur ein rechter Versandhändler mit mehrjähriger Hafterfahrung (wegen der Ermordung eines Mitschülers 1993 und diversen rechten Straftaten) sondern auch Kopf eines rechten Netzwerkes mit besten Verbindungen zur militanten Berliner Neonaziszene und der NPD, für die er auch Propagandamaterial herstellte. Zudem verfügt Möbus über diverse Auslandskontakte und tritt europaweit als Veranstalter von Neonazikonzerten in Erscheinung.
Nach seiner ersten Haftstrafe wegen Mordes 1998 gründete Möbus einen Neonaziverein, der eng mit dem "Thüringischen Heimatschutz" (THS) kooperierte, in dem Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe aktiv waren. Nachdem Möbus mehrere rechte Straftaten beging und wieder eine Festnahme drohte, floh er in die USA. Dort tauchte er bei dem lokalen Neonaziführer William Pierce unter, dem Autor des in rechten Kreisen populären Romans "Die Turner Tagebücher". Dieses rassistische Pamphlet gilt als Blaupause für den NSU, da dort detailliert das Leben und terroristische Wirken einer Neonazizelle im Untergrund beschrieben wird und es deutliche Parallelen zum NSU offenbart. Mindestens zwei Angeklagte im Münchener NSU-Prozess – Ralf Wohlleben und Andre Eminger – besaßen deutsche Ausgaben dieses Romans.
Möbus wurde schließlich 2000 aufgespürt und in den USA verhaftet. Die rechte Szene versuchte ihn zu unterstützen: In Untergrundzeitschriften aus dem unmittelbaren NSU-Umfeld erschienen Spendenaufrufe für Möbus, der Chef des "Thüringer Heimatschutz" und V-Mann Tino Brandt flog sogar extra in die USA. Erst 2007 kam Möbus wieder auf freien Fuß und zog nach Berlin. Hier baute er sein Netzwerk aus und sein Geschäft zusammen mit Christian Schöndorfer auf. Schöndorfer stammt auch aus der rechten Szene Thüringens und war zusammen mit Möbus in Haft. Auch er hat Verbindungen zum NSU: Er ist mit Stefan Apel, dem Cousin von Beate Zschäpe befreundet, der als Teil der Clique bis zum Untertauchen der Terroristen in der rechten Szene verkehrte und noch heute Sympathien für rechte Parolen hat.
Aus diesem Grund wollen wir am Freitag, einen Tag vor der Demonstration "NSU-Terror: Staat und Nazis Hand in Hand – Rassismus in der Gesellschaft bekämpfen!" in Berlin gegen den rechten Versandhandel von Möbus und Schöndorfer vor dessen Sitz in Berlin-Plänterwald demonstrieren. Hier wird die Propaganda gelagert und verschickt, von hier koordiniert Möbus sein Netzwerk und von hier organisiert er seine europaweiten Konzerte.
Gegen Rassismus und Neonazismus – Gegen Nazipropaganda im Black Metal – Im Gedenken an die Opfer des NSU!
Plakate und Flyer zum selberausdrucken und verteilen:http://abso.blogsport.de/images/Flyer.pdf --
http://abso.blogsport.de/images/Plakat.pdf
Hintergrundinfos: Das Netzwerk der Berliner Black-Metal-Nazis
Aktualisierung (Stand: 27.10.2014): Antifa-Kundgebung am Freitag vor Berliner Neonazi-Versand geplant. Nazis mobilisieren zu Gegenkundgebung.
Am kommenden Freitag ist eine Antifa-Kundgebung gegen den Naziversand von Hendrik Möbus ("Satansmörder von Sondershausen") und Christian Schöndorfer in Berlin-Plänterwald geplant. Beide sind führende Köpfe eines Berliner Netzwerks von Black-Metal Nazis (sog. NSBM – National Socialist Black-Metal). Eine Broschüre hat diese Zusammenhänge vor einigen Wochen aufgedeckt.
Seitdem kam es zu verschiedenen Aktionen gegen Protagonisten dieses Kreises. Hintergrund der Kundgebung am Freitag ist der anstehende Jahrestag der NSU-Selbstenttarnung. Im Aufruf heißt es: "Der dritte Jahrestag ist für uns Anlass, auf einen Neonazi aufmerksam zu machen, der aus demselben Thüringer Dunstkreis entstammt, damals in den selben Kreisen aktiv war und bis heute in der Szene – mittlerweile in Berlin – wichtige Funktionen übernimmt: Hendrik Möbus." Auch im örtlichen Bezirksparlament kam das Thema in der letzten Sitzung auf die Tagesordnung. Der eng mit Möbus und Schöndorfer befreundete NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke schäumte vor Wut und brabbelte etwas von "linksextremen Straftaten".
Auf den zunehmenden Druck von antifaschistischer Seite reagieren Möbus und Schöndorfer bisher relativ hilflos. Am Dienstag präsentierte Schöndorfer ein "NSBM gegen Antifa"-Shirt das demnächst im "Merchant of Death"-Versand, gegen den sich die Antifa-Kundgebung richtet, vertrieben werden soll.
Seit Mittwoch existiert nun eine von Christian Schöndorfer erstellte Facebook-Seite, die zu einer Kundgebung gegen die Antifa-Aktion am Freitag mobilisiert. Unter dem Namen "Gegen linksextreme Gewalt in Plänterwald" wird in einem wirren Aufruf beklagt: "Die so genannte 'Antifa' - in diesem Fall, das Antifaschistische Bündnis Süd-Ost Berlin (ABSO) - will darüber bestimmen, wer in Plänterwald wohnen und arbeiten darf" und wolle den "Machtanspruch der 'Antifa' auch in dieser Nachbarschaft geltend" machen. Unterstützt wird die Seite von Hendrik Möbus, der Berliner RNF-Vorsitzenden Maria Fank, dem NSBM-Nazi Dennis Weber und der rassistischen 'Bürgerinitiative Treptow-Köpenick', mit der Nazis wie in anderen Bezirken versuchen anonym gegen Asylunterkünfte zu hetzen.
Ob Möbus und Schöndorfer selbst zugegen sein werden, wird sich zeigen, da die beiden zusammen am Tag darauf ein Konzert ("Hot Shower Fest pt. 3 1/3") in Trezzano sul Naviglio bei Mailand mit mehreren NSBM-Bands mitorganisieren. Schon zuvor veranstalteten die beiden mit italienischen Hammerskins und dem Sänger der NS Black-Metal Band "Frangar" in der Region Konzerte.
Die Reaktion auf die Antifa-Kundgebung beweist einmal mehr die enge Verwobenheit von Möbus und Schöndorfer mit der militanten Berliner Neonaziszene, die sie schon zuvor logistisch unterstützt haben und von der sie sich jetzt scheinbar Unterstützung erhoffen. Es zeigt aber auch, wie richtig eine Kundgebung gegen den Versand an diesem Ort ist, wo sie jahrelang ungestört ihre menschenverachtende Nazipropaganda vertreiben konnten.
Die Nazis mobilisieren zu 17 Uhr nach Plänterwald zur Kreuzung Köpenicker Landstraße/Dammweg. Unweit davon findet ebenfalls um 17 Uhr die Antifa-Kundgebung vor Möbus Versandhandel statt (Köpenicker Landstraße zwischen Dammweg und Eichbuschallee). Da unklar ist, ob und wie die Nazis da positioniert werden, kommt zahlreich und am besten in Gruppen.
Und am Tag darauf zur Demo "NSU-Terror: Staat und Nazis Hand in Hand – Rassismus in der Gesellschaft bekämpfen!" um 13.30 Uhr an U-Bahnhof Gesundbrunnen/Hanne-Sobek-Platz in Berlin-Wedding