zur Hauptseite                                                              Zusammenfassung  1997

Kürzel-Erklärung

Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und
ihre tödlichen Folgen 
1997

 

Anfang 1997

 

An der Autobahn 72, nahe der sächsischen Stadt Zwickau, werden 54 irakische Flüchtlinge von der Polizei aus einem LKW herausgeholt. Sie sind leicht bekleidet und ausgehungert, denn sie sind seit einer Woche zwischen Kisten versteckt unterwegs.

FR 20.6.00

 

2. Januar 97

 

Samuel Emuengi, Flüchtling aus Zaire, wird nach Kinshasa abgeschoben. Er meldet sich unmittelbar bei seiner in Deutschland gebliebenen Ehefrau und seinen Kindern und berichtet, daß er unbehelligt angekommen ist.

     Einige Tage später wird er – nach Auskunft seiner Nachbarn – in seiner Wohnung von der Polizei gesucht.

     Er flieht nach Angola, wo er im Rahmen einer Volkszählung als Ausländer ohne Papiere festgenommen wird. Er befindet sich auch im Februar 98 noch in angolanischer Gefangenschaft.

Aktion Abschieestop

 

3. Januar 97

 

Der Bundesgrenzschutz teilt mit, daß zur Zeit "nur" 15 Flüchtlinge pro Tag an der deutsch-polnischen Grenze aufgegriffen werden. Diese Menschen versuchen, die noch nicht zugefrorenen Grenzflüsse Oder und Neiße zu durchqueren.

BeZ 4.1.97

 

6. Januar 97

 

Sechs Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren werden von der Berliner Polizei im Bezirk Neukölln gestellt und festgenommen. Die Flüchtlinge aus dem Libanon sind über die polnisch-deutsche Grenze gekommen. Ihre Kleidung und Schuhe sind noch naß und durch die niedrigen Außentemperaturen haben sie Unterkühlungen erlitten. Zwei Jugendliche werden mit Erfrierungen ins Krankenhaus eingeliefert.

taz 8.1.97; BeZ 8.1.97; TS 8.1.97

 

7. Januar 97

 

Vier hannoversche Kirchengemeinden nehmen 15 Flüchtlinge aus Nigeria ins Kirchenasyl, weil ihnen – zur Vorbereitung der Abschiebungen – Zwangsvorführungen bei der nigerianischen Botschaft bevorstehen. Ihre Namen sind bereits mehrfach in nigerianischen Zeitungen veröffentlicht worden.

     Einer der Flüchtlinge konnte den monatelangen Nervenkrieg nicht mehr ertragen und versuchte vor kurzem, sich umzubringen.

taz 8.1.97

 

7. Januar 97

 

Der 39-jährige bosnische Asylbewerber Salko L., der von der Abschiebung bedroht ist, versucht in seiner Verzweiflung ein Flugzeug der Austrian Airlines auf dem Weg von Berlin nach Wien zu entführen, um für sich einen sicheren Aufenthalt in der BRD zu erpressen. Nach der von ihm erzwungenen Rückkehr nach Berlin und Landung in Berlin-Tegel wird er überwältigt und verhaftet.

     Salko L., der seit 1994 in Rostock lebte, leidet seit Jahren an einer Psychose. Diese Erkrankung verschlimmerte sich durch den Krieg in Bosnien und durch den Kriegstod seines Bruders.

     Im Juli wird er wegen Geiselnahme zu sieben Jahren Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt.

     Am 29. Dezember erhängt er sich mit seinem Hosengürtel am Fensterkreuz seiner Zelle der psychologisch-neurologischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Tegel. Eine Justizsprecherin sagt aus, daß Salko L. "nicht akut selbstmordgefährdet" war und ihm deshalb der Gürtel nicht abgenommen worden sei.

taz 8.1.97; FR 26.7.97;

BeZ 30.12.97; BeZ 31.12.97

 

8. Januar 97

 

Der Flüchtling José Kouadio aus dem afrikanischen Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) nimmt vier Rasierklingen in den Mund und droht, sie hinunterzuschlucken, wenn er – wie geplant – an diesem Tag abgeschoben werden sollte. Er erreicht eine Aufschiebung von sieben Tagen. Ohne Vorankündigung – in einer "Nacht- und Nebelaktion" – wird er am 15. Januar direkt aus der Abschiebehaft Gotha in Thüringen abgeholt und ausgeflogen.

Pro Asyl 16.1.1997; taz 17.1.97; jW 17.1.97

 

9. Januar 97

 

Eine syrische Familie – eine 46-jährige Mutter mit ihren vier Kindern im Alter von 10, 12, 15 und 20 Jahren – wird auf der Autobahn A9 (Nürnberg – Berlin) südwestlich von Berlin von der Polizei aufgegriffen. Zwei Personen werden mit schweren Unterkühlungen ins Krankenhaus gebracht. Die Flüchtlinge waren von ihren Fluchthelfern ausgesetzt worden.

BeZ 10.1.97 und 11.1.97; taz 11.1.97

 

9. Januar 97

 

Als in Bremen die Schiffsluken des maltesischen Frachters "Nick" geöffnet werden, entdecken die Arbeiter einen

17-jährigen Flüchtling aus Ruanda. Er wird mit Erfrierungen und Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert.

taz 10.1.97

 

10. Januar 97

 

Die drei Geschwister Vllaznin (3 Monate), Hidajet (3 Jahre) und Egzona Kastrati (4 Jahre) sterben bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim in Monheim bei Leverkusen.

     Die aus 17 Wohncontainern bestehende Wohnanlage brennt vollständig nieder. Drei Personen werden leicht verletzt, die restlichen 39 BewohnerInnen – darunter 24 Kinder – bleiben körperlich unversehrt.

     Den Eltern der toten Kinder, Ibrahim und Nazmije Kastrati, wird die Rückreise in ihre Heimat-Gemeinde Vushtrri von den serbischen Behörden verweigert, so daß sie an der Beerdigung ihrer drei Kinder am 19. Januar nicht teilnehmen können.

BeZ 11.1.97; taz 11.1.97;

UNITEDT (Monitor, CARF)

 

10. Januar 97

 

Ein abgelehnter Asylbewerber wird aus Edewecht von Hannover mit der Fluggesellschaft Sabena über Brüssel Cotonou nach Abidjan abgeschoben. In der Ivorischen Botschaft in Bonn waren ihm Paßersatzpapiere ausgestellt worden, nachdem er mit den Worten "Den kennen wir doch!" bedacht worden war.

     Mitglieder der Menschenrechtsliga der Elfenbeinküste (Ligue Ivoirienne des Droits de l'Homme – LIDHO) und der Front Populair Ivoirien (FPI) erwarten ihn am Flughafen, doch er taucht nicht auf. Es stellt sich heraus, daß er in einer der Arrestzellen des Flughafens verschwunden ist.

     Erst am 27. Februar gelingt es ihm, sich mit einer Summe von umgerechnet 5900 DM freizukaufen. Er hat große Angst vor weiterer Verfolgung und taucht unter.

Aktion Abschiebestop

 

11. Januar 97

 

Ein Fluchthilfe-Fahrzeug verunglückt in Rosenthal. Drei Flüchtlinge aus dem Irak werden verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

16. Januar 97

 

Auf dem Bahnhof von Riesa in Sachsen überfallen drei betrunkene Deutsche einen 20-jährigen Flüchtling aus Guinea, schlagen ihn zusammen und treten noch auf ihn ein, als er schon am Boden liegt. Er kommt mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus.

FR 19.1.97

 

18. Januar 97

 

Der 20-jährige Kosovo-Albaner Rafet Vehbi Beka, der als Asylsuchender drei Jahre in der BRD lebte, wird in den Kosovo abgeschoben.

     Nach der Festnahme durch die serbische Polizei auf dem Flughafen Prishtina wird er umgehend nach Deutschland zurückgeschickt.

Kosovo-Kosovo, S. 80

 

19. Januar 97

 

Der zairische Flüchtling Kundima Dom Kiala wird aus dem baden-württembergischen Benningen abgeholt und über den Flughafen Stuttgart nach Kinshasa abgeschoben. Eine Vertrauensperson des Präsidenten seiner Exilorganisation erwartet ihn am Flughafen. Er verläßt allerdings nicht mit den anderen Passagieren das Gelände.

     Nachforschungen seiner Familie, der Exilorganisation, seines Rechtsanwaltes und des Arbeitskreises Asyl ergeben, daß er zwar auf der Passagierliste stand, wohl aber den Flughafen nicht als freier Mann verlassen hat. Eine Anfrage an das Auswärtige Amt bleibt unbeantwortet.

Aktion Abschiebestop

 

22. Januar 97

 

Der vor wenigen Tagen aus der BRD abgeschobene Kosovo-Albaner Miftar Kackiu aus der Gemeinde Skenderaj wird auf dem dortigen Polizeiposten verhört und bedroht. Unter dem Vorwand der Waffensuche wird am 30. Januar sein Haus durchsucht.

Kosovo-Kosovo, S. 80

 

25. Januar 97

 

Da seine Duldung nach abgelehntem Asylgesuch abgelaufen ist, versucht Maliq Malaj, "freiwillig" in den Kosovo zurückzukehren.

     Auf dem Flughafen Prishtina wird er zusammen mit drei weiteren Kosovo-Albanern über ihren Aufenthalt in der BRD verhört, und sie werden ultimativ vor drei "Alternativen" gestellt: Rückreise in die BRD oder Weiterreise in die Türkei oder Gefängnis.Sie entscheiden sich alle für die Rückreise in die BRD.

Kosovo-Kosovo, S. 81

 

29. Januar 97

 

Zwölf Flüchtlinge, die durchnäßt, durchgefroren und ziellos durch das Dorf Mahlow – südlich von Berlin – laufen, werden von der Polizei festgenommen. Die Männer zwischen 20 und 35 Jahren stammen aus Sri Lanka, aus dem Irak und aus Afghanistan.

BeZ 30.1.97; TS 31.1.97

 

29. Januar 97

 

Zwei Asylbewerber aus den GUS-Staaten werden von einer Gruppe rechter Jugendlicher bedroht. Es wird aus der Gruppe heraus mit einem Luftgewehr gezielt auf sie geschossen.

NK, 31.1.97

 

30. Januar 97

 

Zwei große Flüchtlingsgruppen werden südöstlich von Berlin in Zeuthen und in Miersdorf am Straßenrand aufgegriffen. Die 35 Personen – unter ihnen viele Kinder – stammen aus Afghanistan und Sri Lanka. Sie erbitten Asyl.

TS 31.1.97

 

31. Januar 97

 

Ein 34-jähriger Flüchtling aus Zaire wird in Perleberg im Landkreis Prignitz von 10 Personen angegriffen. Zunächst zerren ihn zwei Angreifer – eine 16-jährige Schülerin und ein 17-jähriger Lehrling – von seinem Fahrrad und schlagen mit Stöcken auf ihn ein.

     Als der Mann flieht, verfolgen ihn die anderen. Unter Ausrufen wie "Deutschland den Deutschen!" und "Kanaken raus" wird er tätlich angegriffen und mehrmals verletzt. Zwei zunächst festgenommene Angreifer – beide 15 Jahre alt – werden wieder freigelassen. Eine Sprecherin erklärt gegenüber der Presse: ein politischer Hintergrund des Überfalls sei "derzeit nicht erkennbar".

TS 2.2.97; BeZ 3.2.97; jW 3.2.97;

taz 3.2.97; BK 3.2.97; MOZ 3.2.97;

BeZ 4.2.97; TS 4.2.97;

Bericht der Ausländerbeauftragten Bärbel Schmidt

 

31. Januar 97

 

Fredersdorf bei Strausberg in Märkisch-Oderland. Der

42-jährige Vietnamese Toan Phan Van wird von zwei deutschen Männern beschimpft und mit Fäusten ins Gesicht geschlagen. Einer der Angreifer, der 1,90 Meter große und etwa 100 Kilo schwere Olaf S., hebt den Verletzten hoch und wirft ihn mit großer Wucht und Kraft kopfüber auf den Betonboden des Bahnhofsvorplatzes. Dabei werden Toan Phan Van mehrere Halswirbel gebrochen. Erst am 5. Februar erwacht er aus dem Koma und muß weiter künstlich beatmet werden. Er ist querschnittgelähmt.

     Am 30. April stirbt Toan Phan Van an den Folgen seiner schweren Verletzungen. Toan Phan Van, der nach seinem abgelehnten Asylverfahren auf seine Rückreise nach Vietnam wartete, hinterläßt seine Frau und seine Kinder im Alter von 10, 14 und 16 Jahren.

     Die Anklage gegen die Täter lautet: "Mord im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit und gefährliche Körperverletzung". Olaf S. wird zu neuneinhalb Jahren

Haft, der zweite Täter Uwe Z. zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

TS 2.2.97, 4.2.97; BeZ 3.2.97, 5.2.97, 8.2.97;

MOZ 3.2.97; BeZ 3.5.97, 6.5.97;

Pressemitteilung der Ausländerbeauftragten des

Landes Brandenburg 5.5.97 – Info 6/97;

taz 19.8.97; taz 24.10.97; BeZ 24.10.97; TS 24.10.97

 

Januar 97

 

Die kurdische Familie Y. wird nach abgelehnten Asylanträgen in die Türkei abgeschoben. Noch auf dem Flughafen in Istanbul werden die Eheleute, die 19-jährige Tochter und der 16 Jahre alte Sohn festgenommen und während der Verhöre schwer gefoltert. Nach zwei Tagen Tortur kommen sie vorläufig frei, werden allerdings auch in ihrem Dorf, das in der Nähe von Gaziantep liegt, von Dorfschützern, Polizei und Militär weiter bedroht und schikaniert. Ihr Haus wird völlig zerstört.

     Nach der Teilnahme an einer Newroz-Demonstration werden M. Y. und seine Tochter H. festgenommen, verhört und so schwer gefoltert, daß beide seither traumatisiert sind.

     Im Jahre 2001 gelingt es der Familie, ein zweites Mal in die BRD zu fliehen. Ihre Asylanträge werden im Mai 2004 vom Verwaltungsgericht Neustadt/Pfalz als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Auch das Bundesamt für Flüchtlinge in Trier lehnt – unbeeindruckt von ausführlichen Gutachten des Zentrums für Folteropfer Ulm, Außenstelle Karlsruhe – die im Dezember 2004 gestellten Asylfolgeanträge von Vater und Tochter ab.

(siehe auch: 27. März 03 und 19. Mai 05)

Bündnis gegen Abschiebungen

 

3. Februar 97

 

Ein 19-jähriger Algerier wird mit schwersten Stichverletzungen im Hauptbahnhof von Leipzig aufgefunden.

FR 4.2.97; jW 4.2.97

 

4. Februar 97

 

Neutraubling bei Regensburg in Bayern. Fünf Tage vor einer drohenden Abschiebung seiner Familie nach Ostslawonien erhängt sich der 36-jährige Kroate Ivan Zamecznik nachts gegen 5 Uhr im Treppenhaus einer Firma, für die er fast fünf Jahre arbeitete.

     Der Ausreisetermin für Familie Zamecznik war immer wieder festgesetzt und dann doch verschoben worden, bis der letzte Termin, der 9. Februar 97, für die sogenannte "freiwillige Ausreise" feststand. FreundInnen der Familie glauben, daß Ivan Zamecznik, der wahnsinnige Angst vor der Abschiebung gehabt habe, "mit der Verzweiflungstat seine Familie vor der Abschiebung retten wollte."

     Das Ausländeramt der Stadt Regensburg verlängert daraufhin die Aufenthaltserlaubnis für seine Witwe und seine drei Kinder – im Alter zwischen vier und neun Jahren – um fünf Wochen. Sie mußten zurück nach Ostslawonien, das zu diesem Zeitpunkt immer noch als Krisengebiet galt und wo bereits zurückgekehrte Bürgerkriegsflüchtlinge unter erneuter Verfolgung litten.

Mittelbayerische Ztg Regensburg 5.2.97;

taz 11.2.97; Berl. Ztg 11.2.97; FR 11.2.97;

UNITED (ARD, ZDF-Videotext);IMEDANA 26.10.00;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

 

7. Februar 97

 

Fünf Berliner überfallen und verletzen einen 18-jährigen Flüchtling aus dem Libanon im Regionalzug bei Falkensee. Die Täter rauben ihrem Opfer Bargeld und eine Jacke.

SFB – B1 8.2.97; jW 10.2.97;

ALB (dpa; adn); BeZ 28.3.98

 

8. Februar 97

 

Bei der Verfolgung eines 23-jährigen rumänischen Einbrechers in Fürstenwalde im Landkreis Oder-Spree wird dieser durch einen Kopfschuß getötet. Der Schuß hatte sich aus der Pistole eines Polizisten "gelöst", der die Waffe zur Eigensicherung gezogen hatte.

BeZ 10.2.97; BeZ 11.2.97; FR 30.6.99

 

10. Februar 97

 

Bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim bei Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern werden zwei der 127 BewohnerInnen verletzt. Ein 25-jähriger Algerier wird unter dem Verdacht der Brandstiftung festgenommen.

taz 11.2.97

 

11. Februar 97

 

Basri Zeneli aus der Gemeinde Ferizaj im Kosovo wird von den Beamten am Flughafen Belgrad mißhandelt.

Kosovo-Kosovo, S. 81

 

13. Februar 97

 

Der Kosovo-Albaner Shaban Bajrami aus Podujeva wird – nachdem sein Asylantrag abgelehnt wurde – aus der BRD abgeschoben.

     Direkt am Flughafen Belgrad wird er von serbischen Beamten festgenommen und in ein Gefängnis in Vranje in Südserbien gebracht.

     Die Gründe für die Inhaftierung werden seiner Familie nicht mitgeteilt. Auch am 23. Februar ist Shaban Bajrami unverändert in Haft.

Kosovo-Kosovo, S. 81

 

15. Februar 97

 

Eine tote männliche Person wird von Beamten des Bundesgrenzschutzes am Neiße-Ufer in Höhe des nördlichen Ortseinganges von Ostriz gefunden. Es handelt sich um einen zwischen 25 und 40 Jahre alten schwarzhaarigen, südländischen Mann. Der Todeszeitpunkt liegt nach Angaben der Polizeidirektion Görlitz etwa acht Wochen zurück. Aus der Position des Toten wird geschlossen, daß der Mann aus Erschöpfung liegengeblieben und erfroren war.

SäZ 17.2.97;BT-Drucksache 14/1850

 

15. Februar 97

 

In Neuruppin im Kreis Oranienburg nähern sich drei Fahrzeuge drei algerischen Flüchtlingen, die zu Fuß auf einer Straße unterwegs sind. 12 bis 15 Skinheads springen aus den Fahrzeugen und greifen die Flüchtlinge an. Sie schlagen mit einem Baseballschläger und anderem auf die Algerier ein. Einem Flüchtling wird ein Arm gebrochen, die anderen erleiden Prellungen und Blutergüsse.

BeZ 18.2.97; ALB (dpa; adn)

 

20. Februar 97

 

Der 23-jährige Asim Demaku, der sich in der BRD um Asyl bemüht hatte, wird in seiner Heimatgemeinde Gllogovc im Kosovo durch die örtliche Polizei verhört und zu seinem Aufenthalt in Deutschland befragt.

Kosovo-Kosovo, S. 82

 

22. Februar 97

 

Auf zwei afrikanische Flüchtlinge wird in Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Schreckschußpistole geschossen, als sie nachts an einer Bushaltestelle warten. Die mutmaßlichen Schützen werden festgenommen.

taz 24.2.97; ND 24.2.97; NK 24.2.97;

ARD "panorama", 7.8.97; ALB (ND)

 

24. Februar 97

 

Der togoische Flüchtling T. K. wird zusammen mit drei anderen abgelehnten Asylbewerbern vom Flughafen München nach Lomé abgeschoben. Auf dem Flughafen werden alle vier verhaftet. Noch bevor er in ein Gefängnis transportiert werden soll, kann er sich bei zwei Polizisten, die der gleichen Volksgruppe wie er angehören, mit 300 DM freikaufen. Die anderen Flüchtlinge bleiben inhaftiert.

     T. K. gelingt zunächst die Flucht nach Benin und dann wieder in die BRD. Hier kommt er sofort in Abschiebehaft, und sein Asylantrag wird abgelehnt.

     Am 2. Dezember 97 wird er erneut nach Togo abgeschoben. Trotz intensiver Bemühungen von Seiten der deutschen UnterstützerInnen weigert sich die Deutsche Botschaft, sich um ihn zu kümmern. Seine Familie kann ihn dann mit einem größeren Geldbetrag nach seiner Verhaftung auf dem Flughafen von Lomé freikaufen.

Aktion Abschiebestop

 

25. Februar 97

 

Ejup Dobra aus der Gemeinde Skenderaj wird mit 13 weiteren Kosovo-AlbanerInnen aus der BRD abgeschoben. Er berichtet, daß ein Mann aus der Gruppe der Abgeschobenen auf dem Flughafen in Belgrad von den serbischen Grenzbeamten und durch Polizei körperlich mißhandelt wird.

     Ihm selbst wird mitgeteilt, daß er eine sechsmonatige Gefängnisstrafe verbüßen müsse. Die Gründe dafür werden ihm nicht genannt.

Kosovo-Kosovo, S. 82

 

26. Februar 97

 

Der aus der Türkei stammende Kurde Abdulhalim S. wird mit dem Flug Nr. JP 1615 von Frankfurt über Ljubljana nach Istanbul abgeschoben. Die Maschine landet um 2.15 Uhr in Istanbul. Bei einer Zwischenlandung in Ljubljana hatte er sich noch einmal telefonisch bei seiner Frau und seinen vier kleinen Kindern gemeldet. Danach verliert sich zunächst seine Spur.

     Bereits vor seiner Abschiebung hatte Abdulhalim S. beteuert, daß gegen ihn in der Türkei ein Haftbefehl vorliege.

     Herr S. gilt lange als "verschwunden". Tatsächlich befindet er sich bis zum 28. Juni 97 durchgehend in Haft– zunächst zwei Tage lang auf dem Flughafen, danach in der Anti-Terror-Abteilung und in einem Gefängnis, dann in Mardin. In dieser Zeit wird er zwei Wochen lang gefoltert.

     Nach seiner Freilassung hält er sich zunächst versteckt, bis ihm im September 97 die erneute Flucht in die BRD gelingt.

     Hier wird sein Asylfolgeantrag zunächst als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Erst mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel wird er rechtskräftig nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98;

morgengrauen April/Mai 98;

Dokumentation vom FRat NieSa, Juli 2002

 

28. Februar 97

 

Am bayerisch-österreichischen Grenzübergang Suben werden in einem verplombten LKW 41 albanische Flüchtlinge aus dem Kosovo entdeckt.

taz 1.3.97

 

Februar 97

 

Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Ludwigshafen-Oppau in Rheinland-Pfalz. Ein 34-jähriger Mann entzündet den vor dem Haus gelagerten Sperrmüll. Die HeimbewohnerInnen bleiben unverletzt.

     Der Täter kommt wegen mehrerer Brandstiftungen in Haft.

BeZ 18.7.00

 

2. März 97

 

Zwei irakische Flüchtlinge werden in Halberstadt von sechs Deutschen im Alter von 17 bis 23 Jahren überfallen und mißhandelt.

Uckermärkische Rundschau 7.2.97

 

6. März 97

 

In Blankenburg im Ostharz werden zwei irakische Flüchtlinge von sechs Skinheads überfallen und mißhandelt.

taz 7.3.97

 

6. März 97

 

Rrustem Daut Kastrati und seine Ehefrau aus Peja im Kosovo werden mehrmals von der örtlichen Polizei zu ihrem Aufenthalt in der BRD verhört.

Kosovo-Kosovo, S. 83

 

8. März 97

 

Nahe der deutsch-schweizerischen Grenze bei Weil am Rhein ("grünen Grenze") versuchen zwei Flüchtlinge aus Moldawien vor den Zoll-Beamten zu flüchten. Mindestens einer von ihnen erleidet durch einen Zollhund eine Bißverletzung.

BT-Drucksache 14/1850

 

8. März 97

 

In einem LKW aus Kroatien entdeckt die bayerische Grenzpolizei 18 kurdische Flüchtlinge. Die Männer und Jungen im Alter von 12 bis 38 Jahren waren in einem einen Meter breiten Verschlag untergebracht.

BM 9.3.97

 

8. März 97

 

Ein marokkanischer Flüchtling wird in einer Gaststätte in Frankfurt an der Oder von zwei oder drei Jugendlichen (17 und 18 Jahre alt) verprügelt.

ALB (dpa; adn; MOZ);

Konkret 10/00, S. 16

 

11. März 97

 

Der 21-jährige Kosovo-Albaner Ragip Adem Malaj wird – nachdem sein Asylgesuch in der BRD abgelehnt wurde – abgeschoben. Schon auf dem Flughafen in Belgrad wird er von Beamten körperlich mißhandelt.

     Am 23. März sucht ihn die Polizei in seinem Heimatort Rezalla und hinterläßt eine Vorladung zu einem sogenannten Informationsgespräch, zu dem er sich einzufinden habe.

Kosovo-Kosovo, S. 83

 

Mitte März 97

 

Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Delitzsch in Sachsen-Anhalt.

PDS im Bundestag-www (jW 10.4.97)

 

18. März 97

 

Zwei algerische Flüchtlinge werden in Freital bei Dresden von sieben deutschen Jugendlichen angegriffen, geschlagen und mit einem Messer bedroht. Einer der Angegriffenen wehrt sich mit einer Schere und verletzt dabei einen Angreifer.

BeZ 19.3.97; jW 21.3.97

 

21. März 97

 

Nachdem die Asylanträge abgelehnt worden sind, wird das Ehepaar Cveta und Enver Bardhi, Flüchtlinge aus dem Kosovo, aus der BRD abgeschoben.

     Schon auf dem Belgrader Flughafen werden beide von der serbischen Polizei bedroht, dürfen dann aber weiterreisen.

     Auf dem Flughafen Prishtina wird Herr Bardhi dann verhaftet und in das Gefängnis Dubrava in Istog gebracht. Dort soll er – nach Aussagen seiner Familie – eine 20-monatige Strafe absitzen, zu der ihn das Gemeindegericht verurteilte. Gründe für die Haft sind nicht bekannt.

Kosovo-Kosovo, S. 83

 

22. März 97

 

An einer Bushaltestelle in der Grabbeallee in Berlin-Niederschönhausen werden drei jugendliche Flüchtlinge (13 und 16 Jahre alt) aus Bosnien-Herzegowina von fünfzehn Skinheads überfallen, geschlagen und getreten.

BeZ 23.3.97 und 24.3.97; FR 24.3.97

 

23. März 97

 

Drei Flüchtlinge aus Mühldorf am Inn versuchen, "freiwillig" in den Kosovo zurückzukehren. Auf dem Flughafen in Prishtina werden sie von den dortigen Polizisten zusammengeschlagen, ihres Geldes beraubt und dann gezwungen, mit dem nächsten Flugzeug nach Stuttgart zurückzufliegen.

Kosovo-Kosovo, S. 83

 

23. März 97

 

Berlin-Charlottenburg – morgens um 4 Uhr. Der 32-jährige N. Bouzidi ist auf dem Weg zur Bushaltestelle, als plötzlich ein Polizeiwagen vor ihm auf dem Bürgersteig zum Stehen kommt. Die fünf Beamten, die aussteigen, fordern ihn auf, zwecks Gegenüberstellung sofort mitzukommen; er sei des Diebstahls verdächtig. Ein Beamter verdreht ihm den Arm.

     Als während der Gegenüberstellung sofort klar ist, daß N. Bouzidi nicht der Dieb ist, soll er gehen. Bouzidi verlangt eine Entschuldigung von den Beamten. Es entwickelt sich ein Wortwechsel, der damit endet, daß der Flüchtling mit auf den Rücken verdrehtem Arm auf dem Boden liegt und fünf bis acht Beamte auf ihn eintreten.

     Bouzidi erleidet einen Bruch des rechten Ellenbogens, Blutergüsse am linken Arm, Schwellungen, Schürfungen und Stauchungen am Kopf mit den Folgen von Schlafstörungen, Angstzuständen, Schwindelgefühlen.

     Er erstattet Anzeige gegen die Polizei, die eingestellt wird. Die Anzeige, die die Polizei gegen ihn erstellt ("Widerstand und Beleidigung"), wird allerdings weiter verfolgt. Gegen die Zahlung der Summe von 300 DM von dem Betroffenen an einen gemeinnützigen Verein wird das Gerichtsverfahren abgeschlossen.

Antirassistische Initiative Berlin; taz 27.3.97

 

23. März 97

 

Der abgelehnte Asylbewerber Lufton Ali Dizdari wird nach Belgrad abgeschoben. Er muß sich bei der örtlichen Behörde in Peja zu einem der berüchtigten sogenannten Informationsgespräche melden. Dort wird er zu Einzelheiten aus seinem Asylantrag, den er in der BRD gestellt hatte, verhört und bis zur Ohnmacht zusammengeschlagen.

     Herrn Dizdari gelingt erneut die Flucht in die BRD, wo er erneut einen Asylantrag stellt.

FRat Bayern, Infodienst, Nr. 54/55, S. 95

 

23. März 97

 

Die örtliche Feuerwehr der brandenburgischen Ortschaft Aurith birgt einen männlichen Toten von einem Buhnenkopf in der Oder.

UK 24.3.97

 

24. März 97

 

Obwohl er bereit war, freiwillig auszureisen, wird ein togoischer Flüchtling abgeschoben. Nur mit Hilfe eines deutschen Freundes vor Ort und seiner Familie kommt er nach der Festnahme am Flughafen Lomé wieder frei.

Aktion Abschiebestop

 

25. März 97

 

In Rudolstadt in Thüringen wird ein 17-jähriger Flüchtling aus Bangladesch von drei Deutschen überfallen und mißhandelt. Ein 19-jähriger Lehrling bedroht ihn mit dem Messer, während ihn ein 17-jähriger Azubi mit Faustschlägen ins Gesicht traktiert und an den Haaren zieht. Eine weitere Täterin raubt seine Geldbörse mit 50 DM. Neun zuschauende Menschen applaudieren den Mißhandlern.

jW 26.3.97; taz 26.3.97; BeZ 26.3.97

 

28. März 97

 

Mit den Rufen "Deutschland den Deutschen" wird in Brandenburg ein 37 Jahre alter Flüchtling aus Kroatien von acht Unbekannten mit Steinen beworfen und mit Fäusten und Tritten mißhandelt. Er muß sich im Krankenhaus behandeln lassen.

FR 1.4.97; MOZ 1.4.97; taz 1.4.97

 

1. April 97

 

Bei einem Brand in einer Neusser Containersiedlung, in der Flüchtlinge untergebracht sind, kommen die 40 BewohnerInnen mit dem Schrecken davon. Ein Drittel der Wohnanlage wird zerstört. Das Feuer soll von einer Herdplatte ausgegangen sein.

taz 2.4.97; jW 3.4.97

 

1. April 97

 

Auf dem Hauptbahnhof von Erfurt greifen nachts drei Männer – im Alter zwischen 19 und 27 Jahren – einen 32-jährigen Flüchtling aus Togo an. Sie schlagen ihn und treten auf ihn ein. Der Flüchtling erleidet Verletzungen an Kopf und Brust. Die Täter werden vorübergehend festgenommen.

FR 2.4.97; Konkret 10/00, S. 16

 

1. April 97

 

Der Leichnam einer unbekannten Person wird an der deutsch-polnischen Grenze in der Nähe des sächsischen Ortes Köbeln bei Bad Muskau aus der Neiße geborgen. Todesursache: wahrscheinlich Ertrinken.

BT-Drucksache 14/1850

 

2. April 97

 

Der 27-jährige Vehbi Nuhiuaus, Flüchtling aus dem Kosovo, wird zusammen mit 61 anderen abgelehnten Asylbewerbern von Stuttgart aus abgeschoben. Bei der Ankunft in Prishtina wird er von serbischer Polizei brutal geschlagen. Zusammen mit acht anderen Kosovo-Albanern, die ebenfalls geschlagen wurden, wird er bis 22 Uhr abends festgehalten. Dann können sie alle weiterreisen.

EKD, S. 34 (KIC/1112; KMDLNJ/348; Bota Sot 9.4.97; DWW)

 

2. April 97

 

Zu der oben erwähnten Gruppe von abgeschobenen Flüchtlingen gehört der 37 Jahre alte Bedri Ramaj aus Terdec (Gemeinde Gllogovc). Schon auf dem Flughafen in Prishtina bekommt er eine Vorladung zum Polizeiposten in Gllogovc. Während der Verhöre dort zu seinen politischen Aktivitäten und zu seiner politischen Einstellung wird er immer wieder geschlagen.

     Der Aufforderung, am nächsten Tag wieder auf dem Polizeiposten zu erscheinen, kommt er nicht nach, sondern versteckt sich und sucht eine neue Gelegenheit zur Flucht in die BRD. Denn hier leben seine Frau und seine fünf Kinder, die bei seiner Abschiebung zurückgeblieben waren.

EKD, S. 34 (KMDLNJ/352; DWW)

 

2. April 97

 

Zu der oben erwähnten Gruppe von abgeschobenen Flüchtlingen gehört auch Herr Kadrush Browina. Er berichtet seinen Familienangehörigen in der BRD telefonisch, daß er verhört und geschlagen würde. Aufgrund der dadurch erlittenen Verletzungen im Gesicht ist er kaum zu verstehen.

     Er wurde freigelassen – am nächsten Tag allerdings wieder verhört, geschlagen und mißhandelt. Wegen Nierenblutungen muß er sich in ärztliche Behandlung begeben.

EKD, S. 35 (DWW)

 

7. April 97

 

Berlin. Zwei Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien werden mit polizeilicher Gewalt aus dem Heim für kriegstraumatisierte Frauen abgeholt und in das Abschiebegefängnis Köpenick gebracht.

taz 10.4.97

 

9. April 97

 

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main bestätigt die Entscheidung des Hochtaunus-Kreises, in der die Kostenübernahme für die Lebertransplantation, die für den 28-jährigen kurdischen Flüchtling Turan Yildiz lebensrettend wäre, abgelehnt wurde. Pro Asyl bezeichnet das als eine "Art Todesurteil".

     Die Landesärztekammer dazu: "Besondere Bedeutung muß dem vorliegenden Fall beigemessen werden, da hier erstmalig ein Verwaltungsgericht entscheidet, daß – angeblich aufgrund der Gesetzeslage – ein Patient dem Tod überlassen werden darf, obwohl medizinische Aussicht auf eine lebenserhaltende Maßnahme besteht. Weiter fällt in der Urteilsbegründung auf, daß das Gericht in Frage stellt, ob die von namhaften Spezialisten für zwingend erforderlich gehaltene Lebertransplantation von dem nur türkisch sprechenden Patienten seelisch zu verarbeiten ist."

Pro Asyl 8.5.97; BeZ 9.5.97;

jW 10.5.97; ND 13.5.97;

Taunus Ztg 16.5.97;

Pressestelle der Landesärztekammer Hessen 4.6.97

 

10. April 97

 

Der 16-jährige alleinstehende kurdische Flüchtling Yusuf K. wird in die Türkei abgeschoben. Yusuf K. war 1995 in die BRD geflüchtet, weil er als PKK-Sympathisant in der Türkei mehrmals verhaftet und gefoltert worden war.

     In Abschiebehaft hatte er sich die Pulsadern aufgeschnitten. Laut Polizei jedoch nicht "ernsthaft" genug.

ND 11.4.97; taz 11.4.97

 

15. April 97

 

An der Ortsverbindungsstraße des deutsch-tschechischen Grenzortes Deutschneudorf werden ein irakischer Flüchtling und drei Personen aus dem Senegal aufgegriffen. Sie haben schwere Erfrierungen und Unterkühlungen. Ein Senegalese stirbt an seinen Verletzungen im Krankenhaus.

BT-Drucksache 14/1850

 

Mitte April 97

 

S-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain. Der abgelehnte Asylbewerber Ngoc Que Hoang, der sich entsprechend der sogenannten Residenzpflicht nur im Landkreis Guben aufhalten dürfte, gerät in eine Polizeirazzia. Er wird von einem Diensthund angegriffen, der von den Beamten erst zurückgerufen wird, als der Hund viermal zugebissen hat. Auf der Fahrt zur Polizeidienststelle wird der verletzte Vietnamese beschimpft und gestoßen. Auf der Polizeistation beschimpfen ihn die Beamten weiter und drücken ihm die Kehle zu. Erst als andere Beamte hinzukommen, entspannt sich die Situation für Ngoc Que Hoang. Erst eine Stunde später kommt ein Arzt.

ND 22.4.97; taz 6.5.97

 

16. April 97

 

Die 18-jährige Jeanette Kamara aus Sierra Leone soll abgeschoben werden. Als die Polizeibeamten ihr auf dem Wege vom Abschiebegefängnis Grünau zum Flughafen Schönefeld Handschellen anlegen wollen, beginnt sie, sich zu wehren. "Sie stießen mich zu Boden, schlugen mich in den Nacken und vor die Brust. Sie rissen so heftig an meinen Handgelenken, daß ich fragte: 'Wollen Sie meine Handgelenke brechen?' Darauf sagten die Beamten: 'Ja'."

     Jeanette wird zunächst nach Grünau zurückgebracht, dann aber nach Cottbus überführt, wo sie in Polizeigewahrsam in Einzelhaft untergebracht wird. Ihrem Verlobten und auch engen FreundInnen und UnterstützerInnen werden Besuche verweigert.

     Am 1. Mai wird Jeanette über den Flughafen Tegel in Berlin abgeschoben.

BeZ 24.4.97; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin;

FRat Berlin;

Antirassistische Initiative Berlin

 

19. April 97

 

Die Flüchtlinge aus dem Kosovo Shaban Azemi, Adem Ninaj, Safet Duraj und Bujar Molliqi werden aus der BRD abgeschoben. Am Flughafen Prishtina werden sie von der serbischen Polizei festgenommen, am nächsten Tag nach Belgrad geflogen. Auf dem Flughafen in Belgrad bleiben sie weiterhin in Haft.

EKD, S. 36 (SFH)

 

20. April 97

 

Der 20-jährige Flüchtling Valit Morina wird zusammen mit 20 anderen albanischen Asylbewerbern von Frankfurt nach Belgrad ausgeflogen. Auf dem dortigen Flughafen werden sie von serbischen Beamten mißhandelt, und es wird ihnen allen befohlen, sich sofort nach ihrer Ankunft zu Hause bei der serbischen Polizei zu melden.

EKD, S. 36 (KMDLNJ)

 

20. April 97

 

In Ludwigshafen brennt die Unterkunft für Flüchtlinge. Gegenüber der Anlage werden Hakenkreuze und faschistische Parolen an die Wand gesprüht.

Autonome Antifa Heidelberg 22.4.97

PDS im Bundestag-www (jW 22.4.97)

 

25. April 97

 

In einer Flüchtlingsunterkunft in Leipzig bricht in der ersten Etage ein Feuer aus. Es wird niemand verletzt.

jW 26.8.97

 

25. April 97

 

Rathenow in Brandenburg. Vier togoische Flüchtlinge besuchen die Diskothek "Lemuria", als einer von ihnen von einem deutschen Rassisten zunächst provozierend angestarrt und dann ins Gesicht gespuckt wird. Als ein zweiter Togoer von einem Kumpanen des Angreifers geschubst wird, werden die Afrikaner von der Security des Lokals verwiesen.

     Am Eingang wird die kleine Gruppe der Asylbewerber von ca. 20 Rechtsradikalen umringt. Sie stoßen einen der Flüchtlinge vom Fahrrad und schlagen einen anderen, der wegen einer Gehbehinderung nicht schnell genug fliehen kann. Einem Angestellten der Diskothek gelingt es, ihn in Sicherheit zu bringen.

     Die drei geflohenen Afrikaner werden von ihren Verfolgern eingeholt und geschlagen. Einer kommt mit einer Prellung im Brustbereich, ein zweiter mit einem "blauen Auge" davon. Sie hetzen weiter. Mit Hilfe zweier türkischer Mitbewohner aus dem Heim gelingt ihnen schließlich die Flucht.

     Als drei von ihnen am nächsten Morgen um 7 Uhr auf dem Weg zur Diskothek sind, um ihre zurückgelassenen Fahrräder zu holen, schneidet ihnen ein mit vier Männern besetzter VW-Golf den Weg ab. Die Afrikaner merken, daß die Deutschen zum Angrff ansetzen und kehren fluchtartig ins Heim zurück.

     Einer der Betroffenen ist Orabi Mamavi, der im Dezember 2002 bei einem weiteren Angriff durch einen Deutschen verletzt wird. (siehe 23. Dezember 02)

Opferperspektive;

TS 23.7.03; taz 24.7.03

 

26. April 97

 

Der Flüchtling Xhevdet Hakaj aus dem Dorf Oroberde, Gemeinde Istog, im Kosovo wird aus der BRD abgeschoben. Am Flughafen Prishtina wird er drei Tage von serbischer Polizei in Untersuchungshaft genommen und dann über Belgrad in die BRD zurückgeschickt.

EKD, S. 36 (Rilindja 2.5.97)

 

26. April 97

 

Im sächsischen Bad Muskau wird der Leichnam eines unbekannten Menschen aus der Neiße geborgen. Todesursache: vermutlich Ertrinken.

BT-Drucksache 14/1850

 

27. April 97

 

Um die Zwangsabschiebung zu umgehen, kehrt der abgelehnte Asylbewerber Mehmet Sait Özmen auf der Ladefläche eines TIR-LKW versteckt in die Türkei zurück.

     Am 6.5.97 gerät er in Istanbul im Stadtteil Findikzade / Aksaray in eine Polizeikontrolle. Er wird festgenommen und in der Hauptstelle der Abteilung Terrorismusbekämpfung im Stadtteil Aksaray mit verbundenen Augen in eine Zelle gesperrt. Während der Verhöre wird er mit Gummiknüppeln und Fäusten geschlagen und mit Fußtritten traktiert. Unter Bedrohung seines Lebens verpflichtet er sich im August, für die Polizei als Spitzel zu arbeiten. Für diese Zwecke darf er z.T. unter Bewachung zeitweise die Haft verlassen.

     Es gelingt ihm, eine erneute Flucht vorzubereiten, und er besteigt um 6.30 Uhr des 20.11.97 mit einem falschen Paß und in Begleitung eines Fluchthelfers das Flugzeug nach Hannover. Er stellt in der BRD einen neuen Antrag auf Asyl.

Özgür Politika 20.10.97; Ülkede Gündem Jahr 1, Ausgabe 107;

Cumhuriyet 7.11.97; ai – Hamburg 20.1.98

 

30. April 97

 

26 kurdische Armenier dringen auf das Gelände der US-Botschaft in Bonn vor, um gegen ihre drohenden Abschiebungen zu protestieren. Einige Erwachsene übergießen sich zu Beginn ihres Protestes mit Benzin. Die fünf Männer, sechs Frauen und 15 Kinder harren mehrere Stunden im Garten aus, bevor sie sich bereit erklären, in ihre Unterkunft nach Paderborn zurückzukehren. Ihnen droht ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung und Hausfriedensbruch.

FR 2.5.97; taz 2.5.97; NW 1.8.03

 

2. Mai 97

 

Im sächsischen Berthelsdorf – nahe der deutsch-polnischen Grenze – verunglückt ein Fluchthilfe-Fahrzeug. Vier vietnamesische Flüchtlinge werden verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

4. Mai 97

 

Auf dem Bahnhof in Erfurt werden nachts zwei Afrikaner aus Burkina Faso von drei Männern mit Fäusten und Bierflaschen geschlagen. Ein Afrikaner muß im Krankenhaus behandelt werden.

ND 6.5.97; FR 6.5.97

 

6. Mai 97

 

Ein 23-jähriger Algerier wird – aus Hamburg kommend – über Berlin-Tempelhof mit dem Flug Nr. OII 4515 um 9.55 Uhr vorerst nach Prag als Zwischenstation abgeschoben. Das geschieht in folgender Art und Weise:

     "Die untere Hälfte des Kopfes (von der Nase abwärts) war mit braunem Paketklebeband umwickelt. Die beiden Hände ebenfalls einzeln komplett bis über die Handgelenke zugebunden. Auf dem Rücken nochmals zusammengeschnürt und mit einem weißen Stock (ca. 50 cm lang) geknebelt.

     Die Beine hatte man ebenso von den Knien bis zu den Knöcheln auf die gleiche Art 'verbunden'. Der Mann wurde wie ein Mehlsack geschultert und im Flughafengebäude in Prag auf einer Sitzgruppe abgelegt."

     Drei vorherige Abschiebungsversuche des Algeriers mußten abgebrochen werden, weil er sich gegen die Abschiebungen gewehrt hatte. Einmal hatte er sich mit einer Glasscherbe selbst verletzt. Er werde sich lieber umbringen, als sich aus Deutschland herausbringen zu lassen, hatte er noch am Tag seines Abtransportes aus Hamburg erklärt.

Anonymisierter Augenzeuginnenbericht an Pro Asyl, 22.5.97;

TS 14.6.97

 

7. Mai 97

 

JVA Bremen-Oslebshausen – Abschiebehaft. Der algerische Gefangene K. wird früh morgens von einem Beamte geweckt, weil der Wagen zum Polizeiarzt wartet. Wegen seiner starken Kopf- und Magenschmerzen hatte der Algerier am Vortag um einen Besuch beim Arzt gebeten. Ihm wird jetzt keine Zeit zum Waschen oder Kaffee trinken gegeben – statt dessen beschimpft und beleidigt der Beamte ihn. Er packt ihn an der Jacke, schleudert ihn hin und her, stößt ihn gegen die Wand und fragt "Gehst Du oder gehst Du nicht?" Dann schlägt der Beamte K. so heftig in den Magen, daß dieser umfällt.

     Der algerische Abschiebegefangene S. hört die Schmerzensschreie aus der Nebenzelle. Auch er hatte wegen eines Magengeschwürs um einen Arztbesuch gebeten. Er fragt den Beamten, warum K. so geschlagen wurde und bekommt als Antwort, er solle sagen, was er in seiner Tasche habe. Wahrheitsgemäß sagt er, daß er ein Messer in der Tasche habe (tatsächlich ein geschlossenes Klappmesser), bekommt dann Angst und läuft weg. Er wird von mehreren Beamten überwältigt und der o.g. Beamte bringt ihn zurück in die Zelle und schleudert ihn frontal gegen die Tür und gegen das Bett.

S. wird an der Hand verletzt.

     Medikamente oder eine medizinische Untersuchungen bekommen die Gefangenen nicht.

     Am 9. Mai erstattet eine Juristin der Gruppe grenzenLOS Anzeige. Am 10. Juni wird Herr K. abgeschoben, ohne je zu der Mißhandlung gehört worden zu sein. Am 3. August erstattet die Frau C. G. Anzeige gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt wegen Strafvereitelung im Amt. Dieses Verfahren wird am 24. Oktober eingestellt.

Gruppe grenzenLOS Bremen

 

8. Mai 97

 

Im sächsischen Zinnwald, nahe der deutsch-tschechischen Grenze, versucht ein "unerlaubt" eingereister Rumäne, einer Festnahme durch den BGS durch Flucht zu entgehen. Er wird durch den Biß eines Diensthundes daran gehindert.

BT-Drucksache 14/1850

 

8. Mai 97

 

Im sächsischen Johanngeorgenstadt, unmittelbar an der deutsch-tschechischen Grenze, wird ein rumänischer Grenzgänger von einem Zollhund gebissen und so an einer Flucht vor den Zoll-Beamten gehindert.

BT-Drucksache 14/1850

 

8. Mai 97

 

Am sogenannten Herrentag werden in Schwerin drei Jugoslawen, ein Albaner und eine Deutsche von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen und verletzt.

ND 10.5.97

 

8. Mai 97

 

Eine Frau aus Bosnien-Herzegowina wird in der Melanchthonstraße in Berlin-Tiergarten niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Die Täter, ein deutscher und ein nicht-deutscher Mann, sind flüchtig.

TS 9.5.97

 

10. Mai 97

 

Fürstenwalde im Landkreis Oder-Spree. Zwei Täter versuchen mit Molotow-Cocktails, das "Heim für alleinreisende ausländische Jugendliche" in Brand zu stecken. Die Brandsätze prallen an Schutznetzen ab, und der Brand kann schnell gelöscht werden. In dem Heim leben 50 Jungen und Mädchen aus 16 verschiedenen Herkunftsländern.

BeZ 12.5.97; ND 12.5.97; FR 16.5.97

 

16. Mai 97

 

St. Egidien – Kreis Chemnitzer Land in Sachsen. Eine Gruppe von 10 bis 15 Jugendlichen, bewaffnet mit Knüppeln und Messern, greift einen 22-jährigen irakischen Flüchtling an und verletzt ihn schwer.

FP 20.5.97

 

22. Mai 97

 

Eine Wasserleiche unbekannter Identität wird in der Nähe von Frankfurt aus der Oder geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

23. Mai 97

 

Im bayerischen Waldsassen, nahe der deutsch-tschechischen Grenze, erleidet ein rumänischer Flüchtling bei der Flucht vor und der Festnahme durch BGS-Beamte Schürfwunden am Rumpf und an den Extremitäten.

BT-Drucksache 14/1850

 

25. Mai 97

 

Als die Lübecker Feuerwehr nachts um 1 Uhr zur katholischen St. Vicelin-Kirche gerufen wird, steht das Gebäude schon in hellen Flammen. An einer Seitenwand finden die Feuerwehrleute fünf Hakenkreuze, deren weiße Farbe noch nicht getrocknet ist. Zwischen den Hakenkreuzen steht – ebenfalls in weißer Farbe – der Name Günter Harig.

     Die evangelischen Nachbargemeinden St. Marien und St. Petri, der auch der Pastor Günter Harig angehört, haben seit ca. zwei Wochen ein algerisches Flüchtlingsehepaar mit ihren vier Kindern untergebracht und ihnen Kirchenasyl gewährt.

taz 26.5.97; taz 27.5.97; taz 28.5.97

 

27. Mai 97

 

Porta Westfalica – Landkreis Minden-Lübbecke. Als der Beamte des Ausländeramtes die Modalitäten der für den heutigen Tag geplanten Abschiebung erklärt, rammt sich der betroffene Flüchtling ein Messer in den Unterbauch. Der

35-jährige Mann aus Armenien überlebt schwerverletzt. Die Abschiebungen seiner Frau, seiner Tochter und seiner Mutter werden vorerst ausgesetzt. Die Familie ist yezidischen Glaubens und hatte aufgrund der Bedrohung und Verfolgung durch die christliche Mehrheit in Armenien 1993 in der BRD um Asyl gebeten.

BeZ 28.5.97; taz 3.6.97

 

27. Mai 97

 

Die aus der BRD abgeschobenen Kosovo-Flüchtlinge Fatmir Ali Dragidella und seine Ehefrau Rrushe aus Gremnil, Gemeinde Klina, werden ins Staatssicherheitszentrum Peja vorgeladen und zu ihrem Aufenthalt in der BRD verhört. Sie werden beleidigt, und Herr Dragidella wird mißhandelt.

EKD, s. 36 (KMDLNJ/356 bei SFH)

 

Ende Mai 97

 

Zwei pakistanische Flüchtlinge werden auf dem Dorffest im sächsischen Sitzenroda im Landkreis Torgau-Oschatz von acht Tätern beschimpft und angegriffen. Einem Pakistani gelingt die Flucht, der andere wird mit Fäusten und Fußtritten schwer mißhandelt. Die Täter im Alter von 16 bis 21 Jahren geben als Motiv "Ausländerfeindlichkeit" an.

FP 18.6.97; taz 18.6.97

 

Mai 97

 

Flughafen Düsseldorf. Ein Mann, der abgeschoben werden soll und in einem Container eingesperrt ist, trommelt gegen Fenster und Tür. Daraufhin wird er von einem BGS-Beamten mit einem Gummiknüppel derart in den Unterleib geschlagen, daß er zu Boden fällt und stöhnend liegenbleibt. Die BGS-Beamten stellen sich um ihn herum und lachen.

ai-London, Sept. 98

 

Mai 97

 

Ein 33 Jahre alter Abschiebegefangener aus Rußland tötet sich in der JVA Halle.

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

2. Juni 97

 

Sieben Erwachsene und vier Kinder aus Afghanistan durchqueren die Neiße. In der Mitte des Flusses rutscht einem Mann sein eineinhalbjähriges Kind aus dem Arm.

     Die Flüchtlinge werden vom BGS zwischen Bad Muskau und Krauschwitz festgenommen.

     Das vermißte Mädchen wird am 17. Juni ertrunken aus der Neiße geborgen.

taz 4.6.97; taz 21.6.97; FR 21.6.97;

Die Welt 14.1.98; BT-Drucksache 14/1850

 

2. Juni 97

 

Der 24-jährige Flüchtling Fehim Hoxha aus dem Kosovo wird über Stuttgart nach Belgrad abgeschoben. Schon bei der Ankunft im Belgrader Flughafen wird er über sieben Stunden verhört, mit Gummiknüppeln geschlagen, mißhandelt und mit Schußwaffen bedroht. Dann lassen sie ihn frei.

     Kurz nach seiner Ankunft in seinem Dorf wird er von der örtlichen Polizei verhaftet und an einen unbekannten Ort gebracht.

EKD, S. 37 (Bericht an das DWW)

 

2. Juni 97

 

Feuer in einem Flüchtlingsheim in Essen im Stadtteil Werden. Sieben Menschen verletzen sich, als sie auf der Flucht vor dem Feuer aus dem Fenster springen, fünf erleiden Rauchvergiftungen – darunter ein 30-jähriger Mann aus dem Libanon. Er war mehrfach ins Haus zurückgelaufen, um Menschen zu retten und zu warnen. Er erleidet so schwere Rauchvergiftungen, daß er in Lebensgefahr gerät. 70 BewohnerInnen bleiben unverletzt und werden evakuiert.

     "Aus noch ungeklärter Ursache" waren morgens gegen 3.50 Uhr im Treppenhaus auf der ersten Etage Textilien und Sperrmüll in Brand geraten – so die Polizei. Als die Feuerwehr eintraf, hatten sich die Flammen im gesamten Treppenhaus ausgebreitet.

jW 3.6.97; BeZ 3.6.97

 

4. Juni 97

 

Der 26-jährige Kurde Bektas Heval stirbt bei einem Brand des Flüchtlingsheimes "Fallenbrunnen" in Friedrichshafen am Bodensee. 53 BewohnerInnen werden verletzt, fünf erleiden schwere Verletzungen. Da die Fenster im Erdgeschoß des Gebäudes vergittert sind und der Brand im Eingangsbereich wütet, müssen sich die allermeisten der 370 BewohnerInnen aus höheren Etagen retten. Sie benutzen Bettlaken zum Abseilen und Matratzen oder sogar Sofas, um den Sprung aus sieben Metern Höhe "sicherer" zu machen. Kinder werden aus den Fenstern geworfen.

     Über einhundert Plastikboxen (die sogenannten Freßpakete für die Flüchtlinge), die im Eingangsbereich des Gebäudes gelagert wurden, waren in Brand geraten. Während die Polizei keine Brandstiftung bestätigen kann, berichten die Flüchtlinge von zwei Bombendrohungen im Mai, weshalb die Unterkunft auch schon geräumt werden mußte. Sie fragen sich, warum in der Brandnacht die beiden öffentlichen Telefone im Haus zerstört wurden – und sie sprechen von drei Brandherden, die sich an verschiedenen Türen befanden.

     An der Trauer-Demonstration am Samstag, dem 7. Juni, nehmen über 1000 Menschen teil. Die Polizei begleitet den Zug mit massiver offener Präsenz und verhaftet einen Kurden, der ein Bild von Bektas Heval mit einem PKK-Symbol trägt.

     Am 7. Juni teilt die Polizei mit, daß der Brand des Flüchtlingsheimes durch Brandstiftung entstanden ist und daß sich "keine Hinweise auf eine fremdenfeindliche Tat ergeben hätten".

Independent 5.6.97; BeZ 5.6.97;

BeZ 6.6.97; querblick; BeZ 8.6.97

 

5. Juni 97

 

Bei einem Zimmerbrand in einer Flüchtlingsunterkunft im rheinischen Ratingen werden zwei Männer verletzt. 29 BewohnerInnen können sich in Sicherheit bringen. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

SD 6.6.97

 

9. Juni 97

 

Der 27 Jahre alte Ägypter F. F. erhängt sich in der JVA Augsburg mit seinem Hosengürtel.

Bayerischer Landtag Drucksache 14/3299;

IMEDANA 26.10.00

 

9. Juni 97

 

Ein 20-jähriger Flüchtling aus Palästina wird in Perleberg im Kreis Prignitz von vier Personen tätlich angegriffen, geschlagen und getreten und dadurch verletzt. Die Polizei nimmt zwei Tatverdächtige im Alter von 16 und 21 Jahren fest.

BeZ 10.6.97;

ND 11.6.97; ND 14.6.97; ALB (adn)

 

9. Juni 97

 

Der Flüchtling Gani Avdiu aus Kqiq e Madh, Gemeinde Mitrovica, im Kosovo wird aus Düsseldorf nach Prishtina abgeschoben. Als er sich, entsprechend den ihm gemachten Auflagen, bei den Sicherheitsbehörden in Mitrovica meldet, wird er verhört. Ihm werden Militärdienstverweigerung und politische Betätigung vorgeworfen. Durch die Schläge während des Verhörs verliert er einen Zahn. Mit einem Gummiknüppel wird ihm solange auf die Handrücken geschlagen, daß er in den nächsten Tagen seine Hände wegen der starken Schwellungen nicht benutzen kann. Unter der Auflage, sich wieder zu melden, wird er freigelassen.

     Als er dem Befehl nachkommt, sich am 14. Juli bei der Behörde zu melden, wird er für drei Tage festgesetzt und wieder mit Fäusten und Gummiknüppeln mißhandelt. Nach seiner Freilassung flieht er in die BRD.

EKD, S. 38 (SFH)

 

9. Juni 97

 

Der 22-jährige abgelehnte türkische Asylbewerber Ahmet T., Mitglied der türkischen kommunistischen Partei MLKP, wird zwecks Abschiebung von Gießen nach Frankfurt gebracht. Ahmet T. berichtet, daß er von Beamten des BGS im Flughafen Frankfurt am Main in seiner Zelle an Händen und Füßen mit Plastikbändern gefesselt, mit zahlreichen Schlägen in den Bauch, auf den Rücken und auf sein Geschlechtsteil traktiert und getreten worden sei. Er wird gewürgt und verhöhnt.

     Die Abschiebung findet an diesem Tag nicht statt, weil sich der Pilot der Maschine nach Istanbul weigert, Ahmet T. mitzunehmen.

     Daraufhin werden die Mißhandlungen fortgesetzt, so daß Ahmet T. nach Entfernung der Fesseln nicht mehr alleine gehen kann.

     Der BGS erstattet Anzeige gegen Ahmet T. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

     Am 27. Juni wird Ahmet T. über Moskau ins türkische Antalya abgeschoben. (siehe dort)

FR 26.6.97; UNBEQUEM 9/97; Die Woche Sept. 97;

CPT Mai 98; IPPNW 1.6.99;

 

10. Juni 97

 

Der kurdische Flüchtling Osman Akgün wird von München in die Türkei abgeschoben. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den Münchener BGS, ihm belastendes Material in den Koffer gelegt zu haben. Auch während des Fluges bittet er die ihn begleitenden Beamten vergeblich, ihm einen Schlüsselanhänger mit den Initialen einer der PKK nahestehenden Fernsehstation und ein Telefonbüchlein auszuhändigen, da er sonst um sein Leben fürchten muß.

     Nach der Ankunft in der Türkei wird er sofort verhaftet, zwei Tage lang unter Stockschlägen auf Rücken und Fußsohlen verhört. Nach seiner Freilassung lebt er illegal in einer türkischen Großstadt.

FR 12.9.97;

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98

 

10. Juni 97

 

Aus der Neiße bei Guben an der deutsch-polnischen Grenze wird eine ertrunkene Person afghanischer Herkunft geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

10. Juni 97

 

140 Flüchtlinge aus dem Kosovo werden über den Stuttgarter Flughafen abgeschoben, nachdem ihre Asylanträge abgelehnt worden waren. Auf dem Flughafen Belgrad wird Nijazi Z. Berisha von der serbischen Polizei mißhandelt und um 160 DM beraubt. Auch sein Paß wird ihm weggenommen.

Kosovo Communication W. 24, 12.6.97

 

11. Juni 97

 

61 Kosovo-AlbanerInnen werden aus Stuttgart nach Prishtina abgeschoben.

     Unter ihnen befindet sich der 26-jährige Isuf Hasani aus Strofc in der Gemeinde Vushtrri. Als er am 29. April das Aufgebot im Rathaus der Gemeinde Seelbach bestellen wollte, verhaftete ihn die Polizei, und er kam in Abschiebehaft nach Rottenburg.

     Noch am Abend nach seiner Abschiebung meldet er sich telefonisch bei einem Cousin in der BRD und berichtet, daß er in Prishtina fünf Stunden lang von serbischer Polizei verhört worden sei. Unter der Auflage, sich bei der örtlichen Polizei in seinem Dorf zu melden, wird er freigelassen.

     Wenige Tage später meldet er sich noch einmal telefonisch bei seinem Cousin und sagt, daß er zu seiner Tante gehen wolle. Dort ist er allerdings nicht angekommen.

EKD, S. 37 (Deutsche Freunde von Isuf Hasani

per E-Mail vom 13. Juni 1997 an SFH)

 

12. Juni 97

 

Ein 23-jähriger Flüchtling aus Angola wird in Berlin-Lichtenberg auf dem S-Bahnhof Nöldnerplatz von neun Männern angegriffen, geschlagen und beraubt. Die Täter sind zwischen 17 und 27 Jahre alt.

BeZ 14.6.97; taz 14.6.97;

FR 14.6.97, ND 14.6.97

 

14. Juni 97

 

Der 45-jährige kurdische Flüchtling Aligül Sahindal (Aligül Pahindal) und seine 17-jährige Tochter Layla werden von der deutschen Polizei mit Gewalt aus dem Kirchenasyl der altkatholischen Gemeinde im saarländischen Heusweiler geholt und dann – beide in Handschellen – nach Istanbul abgeschoben. Layla Sahindal berichtet, daß sie während ihrer Abschiebung aus Deutschland von BGS-Beamten mißhandelt wurde. In Istanbul werden beide nachts um 2 Uhr der türkischen Polizei überstellt und sofort verhaftet.

     Die Tochter wird nach fünftägigem Verhör in Polizeihaft freigelassen und darf zu Verwandten fahren.

     Der Vater wird 21 Tage lang in einem Kellerverlies gefangen gehalten, in dem sich nur ein Eimer und eine Matratze befinden. Weil er sich weigert, als Spitzel für die Geheimpolizei zu arbeiten, wird er beleidigt, bedroht, an den Haaren gezogen und ist permanenten Schlägen ausgesetzt. Er befindet sich in Dunkelhaft.

     Am 10.7. wird er aufgrund eines anonymen Hinweises an einen Verwandten in "hilflosem, verängstigtem Zustand" in einer Istanbuler psychiatrischen Institution aufgefunden. Erst nach der Bezahlung der "Behandlungskosten" von umgerechnet 3000 DM darf der Mann die Klinik verlassen.

     Im September flieht Aligül Sahindal erneut in die Bundesrepublik. Als er in der Lebacher Ausländerbehörde einen Asylfolgeantrag stellen will, erfolgt seine Festnahme, und er kommt ins Saarbrücker Gefängnis in Abschiebehaft.

epd Nordrhein/Mittelrhein-Saar 15.7.97;

FR 28.7.97; IHD-Istanbul August 97; FR 13.11.97;

Özgür Politika 24. 6. 98; Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98

 

14. Juni 97

 

In Warnemünde wird ein 33-jähriger Flüchtling aus Togo von 10 Personen überfallen und geschlagen. Die Täter treten noch mit Springerstiefeln auf den Mann ein, als dieser schon am Boden liegt. Er kommt mit Verdacht auf Knochenbrüche ins Krankenhaus.

BeZ 16.6.97; taz 16.6.97; ND 16.6.97;

Press Agency Ozurluk 17.6.97

 

14. Juni 97

 

Ein 40-jähriger algerischer Flüchtling wird in Leipzig tot aufgefunden. Der Mann ist durch äußere Gewalteinwirkung mit einem stumpfen Gegenstand umgebracht worden.

FP 18.6.97

 

14. Juni 97

 

Ein 35-jähriger Flüchtling aus Angola, der am frühen Morgen in Fürstenwalde als Zeitungsausträger der Märkischen Oderzeitung unterwegs ist, wird von zwei Männern zunächst angepöbelt, dann mit Schlägen ins Gesicht und in die Nieren traktiert. Als der Mann zusammenbricht und am Boden liegt, treten und schlagen sie weiter auf ihn ein.

MOZ 16.6.97; BeZ 16.6.97;

BM 16.6.97; ALB (ddp; adn)

 

14. Juni 97

 

In Görzke bei Potsdam werden drei Asylbewerber nach einem Diskobesuch von 15 Jugendlichen verfolgt und dann mit Stöcken, Messern und Flaschen angegriffen. Ein Inder, der brutal zusammengeschlagen wird, wehrt sich mit dem Messer und verletzt einen der Angreifer.

FR 18.6.97; BM 18.6.97; taz 18.6.97

 

17. Juni 97

 

Ein toter Mensch afghanischer Herkunft wird an der deutsch-polnischen Grenze im sächsischen Bad Muskau ertrunken aus der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

17. Juni 97

 

Halberstadt in Sachsen-Anhalt. Zwei äthiopische Flüchtlinge werden zunächst aus einem Auto heraus von zwei Männern beschimpft. Dann attackieren die Männer einen der Flüchtlinge mit einem Baseballschläger und verletzen ihn.

ND 19.6.97

 

19. Juni 97

 

Im sächsischen Neugersdorf direkt an der deutsch-tschechischen Grenze wird ein rumänischer Mann bei seinem Fluchtversuch vor den BGS-Beamten von einem Diensthund durch Biß verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

20. Juni 97

 

Ein Leichnam unbekannter Identität wird an der deutsch-polnischen Grenze im sächsischen Ort Hirschfelde aus der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

21. Juni 97

 

Zwei Brandflaschen werden auf Fenster des Flüchtlingsheimes in Recklinghausen geworfen. Der Brandanschlag mißlingt, weil sich kein Feuer entwickelt.

Flugblatt antifa (x) c/o Schacht 8 in Marl;

PDS im Bundestag-www (AntifaZ Juli/August 97)

 

24. Juni 97

 

Der 28-jährige Asylbewerber Z. aus Äthiopien kann sich bei einer Polizeikontrolle in der Joachimsthaler Straße in Berlin-Charlottenburg nicht ausweisen, weil er seine Papiere nicht bei sich hat. Er wird um 18 Uhr zur Polizeiwache Kurfürstenstraße gebracht, dort in eine Zelle gesperrt und später – nachdem er geklingelt hatte – mit Handschellen ans Bettgestell gefesselt. Er ist Epileptiker, und die für ihn wichtigen Medikamente werden ihm verweigert. Um 2 Uhr nachts wird er ohne Begründung für die Festnahme freigelassen.

     Er wird zu 500 DM Geldstrafe verurteilt, weil er sich bei der Festnahme gewehrt haben soll. Er selbst erstattet keine Anzeige.

Antirassistische Initiative Berlin

 

26. Juni 97

 

Flüchtlingsheim Barsbüttel im Landkreis Stormarn in Schleswig-Holstein. Morgens um 5 Uhr kommt eine Sozialarbeiterin mit ca. 5 Polizisten in das Zimmer eines algerischen Ehepaares und deren zwei kleinen Kindern. Die Abschiebung ist für die Familie völlig überraschend, und Souad X., die Mutter der Kinder, bricht mit einem Kreislauf-Kollaps zusammen.

     Ein gerufener Arzt aus Barsbüttel injiziert der Frau ein Medikament und erklärt sie dann für "reisefähig". Ohne ihren bescheidenen Besitz aus fünf Jahren Deutschland-Aufenthalt einpacken zu dürfen, wird die Frau im Nachthemd und Morgenmantel ins Polzeiauto gezwungen. Um 8 Uhr sind sie am Flughafen Hamburg und werden dann in Begleitung von drei Zivil-Beamten über Basel und Genf nach Algerien geflogen. Dort erfolgt ihre direkte Übergabe an die algerische Polizei.

Bericht der Betroffenen in:

Der Schlepper Nr. 5 Dezember 1998

 

26. Juni 97

 

Fünf Skinheads überfallen in Dielheim bei Wiesloch in Baden-Württemberg drei jugoslawische Kriegsflüchtlinge. Mit Sturmhauben und Kapuzen maskiert und mit Gaspistole, Baseballschläger und Totschläger bewaffnet fallen sie über ihre Opfer her. Ein Jugoslawe wird schwer verletzt, den beiden anderen gelingt die Flucht.

RNZ 28.6.97 und 8.8.97

 

27. Juni 97

 

Rzeszów in Polen – nahe der ukrainischen Grenze. Ein zu einem Personentransporter umgebauter Lastkraftwagen prallt um 5.33 Uhr gegen einen Brückenpfeiler und überschlägt sich.

     Der 20-jährige Chinese Liu Zen G. und ein weiterer Mensch unbekannter Identität (möglicherweise eine Chinesin) erliegen ihren schweren Verletzungen. Auch der polnische Fahrer des Wagens schwebt in Lebensgefahr. Weitere 16 Personen ziehen sich durch die Metallkonstruktionen der Holzbänke Verletzungen zu. Sie werden in den Krankenhäusern in Rzeszów und Debica medizinisch versorgt.

     Der Wagen war 14 Stunden vorher in Jelenia Góra mit 17 Flüchtlingen und vier Polizisten zu einer Non-Stop-Fahrt in Richtung Ukraine abgefahren. Die Menschen aus China, Indien, Bangladesch, Rußland, der Ukraine, Georgien und Moldawien hatte der Bundesgrenzschutz den polnischen Behörden ausgeliefert. Die polnische Grenzpolizei wollte bei der schnellen Rückschiebeaktion offensichtlich die 48-Stunden-Frist einhalten, innerhalb der Festgenommene in Haft bleiben können, ohne der Staatsanwaltschaft vorgeführt werden zu müssen.

FFM; Rzeczpospolita 28.6.97;

Gazeta Wyborcza 28.6.97, 30.6.97;

Zycie Warszawy 28.6.97, 1.7.97;

FR 2.7.97; jW 3.7.97; ND 3.7.97

 

27. Juni 97

 

Der 22-jährige abgelehnte türkische Asylbewerber Ahmet T., Mitglied der türkischen kommunistischen Partei MLKP, wird bei einem zweiten Abschiebeversuch sechs Stunden lang in Bauchlage mit rücklings zusammengebundenen Hand- und Fußgelenken gequält.

     Dann wird er über Moskau in die Türkei abgeschoben.

(siehe auch: 9. Juni 97)

IPPNW 1.6.99

 

27. Juni 97

 

Ein Molotow-Cocktail wird nachts durch ein offenes Fenster eines Flüchtlingsheimes im Dresdener Stadtteil Striesen geworfen. Das Feuer, das im Flur ausbricht, kann von den BewohnerInnen gelöscht werden. Von den hundert Menschen, die im Heim schlafen, wird niemand verletzt.

     Bereits im März und Mai 1996 war das Heim Ziel von Angriffen gewesen. Im März diesen Jahres hatten Unbekannte zwei Schüsse auf das Haus abgegeben und eine Rauchbombe durch ein geschlossenes Fenster geworfen.

LKA-Sachsen 30.6.97;

SZ 1.7.97; FR 1.7.97; BeZ 1.7.97;

taz 1.7.97: FP 1.7.97

 

Sommer 97

 

Der 21 Jahre alte Kurde Erdal C. wird aus Rheinland-Pfalz in die Türkei abgeschoben und dort unmittelbar nach seiner Ankunft festgenommen und gefoltert.

     Nach seiner Freilassung taucht er unter, arbeitet weiter im Widerstand gegen das türkische Regime und flieht schließlich aus Angst vor erneuter Verhaftung zum zweiten Mal in die BRD.

     Am 9. Oktober 98 wird er ein zweites Mal in die Türkei abgeschoben. Seine Asylanträge waren alle abgelehnt worden, weil ihm seine Mitgliedschaft in der jezidischen Gemeinde nicht geglaubt wurde. Die jezidische Glaubensgemeinschaft ist in der Türkei Repressalien ausgesetzt, und einige Flüchtlinge hatten deshalb in Rheinland-Pfalz Asyl erhalten.

Infodienst Nr. 28 Dezember 1998

 

1. Juli 97

 

In der Stadt Königs Wusterhausen bei Berlin wird ein

21-jähriger Flüchtling aus Kenia von fünf oder sechs Jugendlichen beschimpft, mit Füßen getreten und ins Gesicht geschlagen, als er auf dem Bahnhof auf seinen Zug wartet.

BeZ 2.7.97, BZ 2.7.97;

BeZ 3.7.97; ND 3.7.97; FR 3.7.97;

ALB (dpa; adn; rtr; ap; TS)

 

4. Juli 97

 

Rheinland-Pfalz. Als die Polizei den Anhalter um 13 Uhr an der Autobahnauffahrt Longuich bei Schweich kontrollieren will, flieht dieser über die befahrene Autobahn. Einen "Signalschuß" ignoriert er, läuft von der Schweicher Hangbrücke zur tiefer gelegenen Landstraße und springt in Höhe eines Sägewerkes in die Mosel. Er ertrinkt. Der Tote ist ein 26-jähriger Flüchtling aus Togo.

Trierer Volksfreund, Region Trier, 5.7.97

 

7. Juli 97

 

Es wird bekannt, daß ein falscher Arzt drei Monate lang im Auftrag des BGS auf dem Frankfurter Flughafen Abschiebegefangene auf ihre Reisetauglichkeit untersucht hat und ihnen in mindestens 27 Fällen vor der Abschiebung Valium verabreicht hat. Gegen den 30-jährigen Jura-Studenten und gegen den Leiter des Frankfurter Grenzschutzamtes wird ermittelt.

Bürgerrechte & Polizei/CILIP 57/1997; ND 9.7.97

 

9. Juli 97

 

Nach dem vierten Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Hardheim im Neckar-Odenwald-Kreis werden zwei albanische Flüchtlinge als Tatverdächtige festgenommen. Einer von ihnen wohnt in dem Heim, und der zweite lebte bis vor kurzem dort. Dazu der Polizeisprecher: "Wir wissen nicht, ob die beiden Verdächtigen es alleine waren und ob sie es überhaupt waren."

RNZ 10.7.97

 

9. Juli 97

 

Waßmannsdorf in Brandenburg. Vier Bauarbeiter – zwischen 30 und 39 Jahren alt – pöbeln an einer Bushaltestelle drei Flüchtlinge an, werfen mit Steinen und Bierdosen nach ihnen und brüllen rassistische Parolen. Einer der Angegriffenen wehrt sich und schlägt einem Täter ins Gesicht. Daraufhin dringen die Bauarbeiter in das nahegelegene Flüchtlingsheim ein, bedrohen mit Zaunlatten die BewohnerInnen und den Wachschutz – und greifen sie tätlich an.

TS 11.7.97; ND 11.7.97;

BeZ 11.7.97; MAZ 11.7.97

 

10. Juli 97

 

Bei Guben in Brandenburg wird Halina Halim tot aus der Neiße geborgen. Sie ist 44 Jahre alt und stammt aus Afghanistan. Im Kleid der Toten werden zwei Gebetsbücher (Koran) und eingenähter Schmuck gefunden. Die Frau war auf dem Weg zu ihrem Sohn, der als Asylbewerber in Chemnitz lebt.

     Von ihrer 10-jährigen Tochter, die sie begleitete, fehlt jede Spur. Es wird vermutet, daß auch sie die Durchquerung des Grenzflusses nicht überlebt hat.

UK 12.7.97; BeZ 12.9.97; MOZ 12.9.97;

Umweltbibliothek Frankfurt (Oder), 23.9.97;

BT-Drucksache 14/1850

 

10. Juli 97

 

Im Ostseebad Kühlungsborn in Mecklenburg-Vorpommern überfallen drei Männer einen 22-jährigen armenischen Flüchtling und verletzen ihn.

FR 12.7.97

 

11. Juli 97

 

Der 26-jährige Kurde Zülfü Demirkan wird vor seiner geplanten Abschiebung von acht BeamtInnen des BGS am Frankfurter Flughafen schwer mißhandelt. Nachdem ihm seine Hände mit Handschellen auf dem Rücken fixiert worden sind, wird er mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, dann auf den Kopf, die Brust und in die Nieren geschlagen. Ein Schuh wird ihm dabei in den Mund gesteckt.

     Er hat Schmerzen am ganzen Körper. In der JVA Offenbach wird eine Knochen-Absplitterung am Bein festgestellt. Der Anwalt des Flüchtlings erstattet Anzeige gegen den BGS.

     Der BGS wiederum erstattet Anzeige gegen den Flüchtling wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

     Am 21. August wird er über den Flughafen Frankfurt in die Türkei abgeschoben, dort verhaftet und gefoltert.

(siehe dort)

taz 25.7.97; BeZ 25.7.97; UNBEQUEM 9/97;

CPT Mai 98; Özgür Politika 24.6.98;

Pro Asyl "Tag des Flüchtlings 1998", S. 47;

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98;

 

11. Juli 97

 

Der Leichnam einer nicht identifizierten Person wird im sächsischen Zentendorf aus der Neiße geborgen. Todesursache: vermutlich Ertrinken.

BT-Drucksache 14/1850

 

12. Juli 97

 

Ein 26 Jahre alter Flüchtling aus Pakistan wird im sächsischen Freiberg von vier Unbekannten angegriffen. Die Täter, die laut Polizei einen "kurzen Haarschnitt" haben, treten den Pakistaner mit Füßen, schlagen mit einem Baseballschläger auf ihn ein und beschießen ihn mit einer Schreckschußpistole aus kurzer Entfernung. Der Mann kommt schwerverletzt ins Krankenhaus.

     Am 24. Juli werden tatverdächtige Jugendliche festgenommen, die rassistische Motive für ihre Verbrechen angeben (sie gaben auch Überfälle auf zwei dänische Fernfahrer und auf einen jordanischen Studenten zu). Die Täter werden nach ihren Aussagen bei der Polizei wieder freigelassen.

BeZ 14.7.97 und 26.7.97; FP 14.7.97; FP 26.7.97;

taz 14.7.97; LVZ 14.7.97; FR 14.7.97 und 26.7.97;

LKA-Sachsen 25.7.97

 

18. Juli 97

 

Im Jugendclub ABC in der Hirschgartenstraße in Berlin-

Köpenick werden bosnische Jugendliche von Skinheads umstellt und bedroht. Ein 16-jähriger Bosnier verteidigt sich mit dem Messer und verletzt zwei der Angreifer. Als er mit einem Freund fliehen will, werden sie eingeholt und zusammengeschlagen.

TS 20.7.97; BeZ 21.7.97

 

21. Juli 97

 

Bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim in der Essener Innenstadt werden 21 Menschen verletzt. Ein Säugling, vier Kinder und 15 Erwachsene kommen mit Rauch- und Augenverletzungen in verschiedene Krankenhäuser. Eine Frau verletzt sich beim Sprung aus dem Fenster schwer.

39 Menschen können über Drehleitern gerettet werden.

     Das Haus wird von 150 Menschen, überwiegend von AfrikanerInnen, bewohnt.

     Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung, da im Erdgeschoß mehrere Brandherde ausgemacht werden konnten.

ARD "Morgenmagazin" 21.7.97;

BeZ 22.7.97; taz 22.7.97

 

21. Juli 97

 

Der togoische Flüchtling R. D. wird aus Osterode über Hannover und Amsterdam nach Lomé abgeschoben. Obwohl er der Sohn eines international bekannten togoischen Oppositionspolitikers ist und auch selbst als Schauspieler in einem Theaterstück in Deutschland gegen das Eyadema-Regime aufgetreten war, wurde ihm kein Asyl in der BRD zugestanden.

     Seit der Abschiebung hat er sich nie wieder bei seiner Familie oder bei Freunden und UnterstützerInnen gemeldet. Er ist verschwunden.

Aktion Abschiebestop

 

23. Juli 97

 

Der 40-jährige Ahmet Alptekin und seine Ehefrau Selime werden zusammen mit fünf ihrer sechs Kinder in die Türkei abgeschoben. Schon am Flughafen werden sie von türkischen Beamten festgesetzt. Während die Kinder am Abend frei kommen, wird Herr Alptekin an einen ihm unbekannten Ort gebracht. Mit verbundenen Augen wird er unter Schlägen zu seinen vermeintlichen Unterstützungen der PKK verhört.

     Am nächsten Abend ist auch das Ehepaar aus der Haft entlassen – wahrscheinlich aufgrund des Bestechungsgeldes eines Freundes, der die Familie am Flughafen abholen wollte.

Die Familie begibt sich in ihr größtenteils zerstörtes Dorf Sivrice (kurdisch: Dalin) im Kreis Midyat der Provinz Mardin.

     Eine Woche später wird Herr Alptekin von "Dorfschützern" und Angehörigen eines Spezialteams festgenommen. Die Verhöre finden an verschiedenen Orten und mit verbunden Augen statt. Er wird schwer gefoltert. Er wird an ein Kreuz gebunden und solange traktiert, bis er in Ohnmacht fällt. Beim Erwachen bemerkt er, daß er teilweise entkleidet ist, und er spürt ein "Brennen im ganzen Körper".

     Erst nachdem seine Familie 7000 DM bezahlt hat, wird Herr Alptekin nach 11 Tagen Haft frei gelassen.

     Er traut sich nicht mehr nach Hause. Er geht nach Istanbul. Zwischen Oktober und Dezember 97 gelingt der ganzen Familie erneut die Flucht in die BRD. Am 21.7.98 werden alle Familienmitglieder durch das Verwaltungsgericht Minden als Asylberechtigte anerkannt.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98;

ai 3.2.99

 

26. Juli 97

 

Der 27-jährige rumänische Asylbewerber Mihai Sandu entzieht sich seiner Abschiebung durch Flucht aus der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge (ZASt) in Oldenburg, dem Kloster Blankenburg. Er springt in den nahegelegenen Fluß Hunte und kommt ums Leben.

     Schon am Vortag war er der Festnahme durch einen Sprung aus dem zweiten Stock des Wohnheimes – aus einer Höhe von 5,30 m – entkommen. Als Mihai Sandu am nächsten Tag in der Kantine der ZASt essen will, wird er von einem Wachmann des privaten Sicherheitsdienstes erkannt und erneut festgenommen. Mihai Sandu kann sich befreien, flieht aus dem Gebäude und überwindet den Zaun, der das Gelände der ZASt begrenzt. Auch außerhalb des ZASt- Geländes wird er von dem Wachmann weiter verfolgt, und als dieser ihn festhält, kann sich Mihai Sandu noch einmal befreien und läuft bis zum Fluß. In Panik springt er hinein und ertrinkt.

     Der Fluß hatte wenig Strömung, und Mihai Sandu galt als guter Schwimmer. Erst Tage später, am Mittwoch, dem

30. Juni, wird seine Leiche aus dem Wasser geborgen.

     Die Initiative für Offene Grenzen berichtet, daß nach Bekanntwerden des Todes von Mihai Sandu mehrere Personen aus der ZASt im Rahmen einer Polizeirazzia mit Fotos gesucht worden sind und ohne die übliche vorherige Ankündigung über Düsseldorf am selben Tag abgeschoben wurden. Unter ihnen befanden sich Augenzeugen der Verfolgungsjagd, die von den Verantwortlichen bestritten wird.

NWZ 31.7.97; FR 5.8.97; NWZ 6.8.97;

taz 7.8.97; NWZ 7.8.97;

taz 12.8.97; NWZ 14.8.97; NWZ 15.8.97;

Initiative für Offene Grenzen – Oldenburg;

taz 12.9.97; jW 7.11.97; Off limits Nr. 20 Nov./Dez. 1997

 

27. Juli 97

 

In Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern werden zwei armenische Flüchtlinge (16 und 18 Jahre alt) auf einem Volksfest provoziert und dann von 20 bis 30 Jugendlichen per Auto durch die Stadt verfolgt. Dann werden sie geschlagen und mit Steinen beworfen. Fünf Täter können ermittelt werden.

     Gegen die Opfer ist von einem der Täter Anzeige wegen Körperverletzung erstattet worden.

NK 26.7.97; jW 26.7.97; ND 26.7.97;

SVZ 28.7.97; FR 28.7.97

 

27. Juli 97

 

Der Kosovo-Albaner Muhamet Krasniqi wird aus der BRD abgeschoben. Am 4. September wird er bei einem der berüchtigten "Informationsgespräche" schwer mißhandelt. Er erleidet ernsthafte Verletzungen.

EKD, S. 38 (SFH)

 

30. Juli 97

 

Der Kurde Ibrahim A., der vier Jahre lang in Mannheim lebte, wird mit Gewalt in die Türkei abgeschoben. Obwohl er nachweislich mit einer Lufthansa-Maschine in die Türki gebracht worden ist, behaupten die Behörden, daß er nie angekommen sei. Auch drei Monate nach der Abschiebung fehlt jedes Lebenszeichen von ihm.

Antifaschistische Nachrichten 16.10.97

 

31. Juli 97

 

Berlin-Zehlendorf. Zwei junge Männer aus Kasachstan werden nachts auf dem Vorplatz des Bahnhofes Nikolassee von sechs Skinheads mit Messern und Knüppeln angegriffen und beraubt. Ein ausländerfeindlicher Hintergrund ist nach Ermittlungen der Polizei "nicht erkennbar".

TS 4.8.97; jW 4.8.97

 

31. Juli 97

 

Sachsen. An der Bundesstraße 174 im Großraum Reitzenhain wird ein rumänischer Flüchtling bei seiner Festnahme durch Bisse eines Zollhundes verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

31. Juli 97

 

Der sächsische Innenminister Klaus Hardraht macht vor Journalisten den Vorschlag, entlang der sächsischen Grenze elektrische Grenzzäune zu errichten, um damit die "organisierte Kriminalität" besser bekämpfen zu können. Gemeint sind Flüchtlinge, die versuchen, in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen.

jW 2.8.97

 

Juli 97

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Eine ca. 35 Jahre alte Rumänin dreht sich aus einer weißen Bluse eine Schlinge und versucht, sich damit an der Eisenstange des Duschvorhanges zu erhängen. Ihr Stöhnen hört eine Mitgefangene, die sie dann noch rechtzeitig losbinden kann.

     Die Frau hat fünf minderjährige Kinder in Rumänien, die bei den Großeltern leben. Sie saß seit 14 Tagen in Abschiebehaft und wird eine Woche nach dem Selbsttötungsversuch tatsächlich abgeschoben.

Lucia Witte, Missionsschwester von Afrika,

Seelsorgedienst Abschiebehaft

 

Anfang August 97

 

Eine Gruppe von 12 jungen Deutschen (zwischen 16 und 23 Jahre alt) greift das Flüchtlingsheim im sächsischen Frohburg mit Flaschen an und skandiert rassistische Parolen.

TS 5.9.97

 

6. August 97

 

Zwei libanesische Asylbewerber werden in Frankfurt (Oder) von einer siebenköpfigen Gruppe Jung-Nazis angegriffen. Einem Libanesen gelingt die Flucht, der andere – ein 22-jähriger Mann – wird mit dem Messer bedroht, mit einer Schreckschußpistole in Richtung des Kopfes beschossen. Er wird so schwer geschlagen und getreten, daß er mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden muß. Auch 50 DM, die er bei sich hat, nehmen ihm die Angreifer ab.

     Tage später meldet sich ein Zeuge. Aufgrund seiner Aussage werden sechs Personen im Alter zwischen 17 und 24 Jahren festgenommen.

BeZ 7.8.97; BeZ 8.8.97; MOZ 8.8.97;

ND 8.8.97; FR 8.8.97; TS 8.8.97

BeZ 16.8.97; MOZ 16.8.97;

 

7. August 97

 

Unbekannte überfallen in Perleberg in Brandenburg einen Flüchtling aus Algerien und verletzen ihn so schwer, daß er ins Krankenhaus muß.

ALB (BILD)

 

9. August 97

 

Ein toter Mensch unbekannter Identität wird an der deutsch-polnischen Grenze bei Ratzdorf aus der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

10. August 97

 

Fürstenwalde in Brandenburg. Als zwei liberianische Flüchtlinge (29 und 36 Jahre alt) nachts per Fahrrad durch das Stadtzentrum fahren, werden sie von etwa 15 Jugendlichen angehalten, von ihren Fahrrädern gezerrt, zusammengeschlagen, mit Füßen getreten und ihrer Fahrräder beraubt.

     Die beiden Afrikaner müssen ihre Verletzungen im Gesicht und am Rücken im Krankenhaus behandeln lassen.

BeZ 12.8.97; ND 13.8.97;

 taz 13.8.97; BM 13.8.97

 

16. August 97

 

Der kurdische Flüchtling Ali Polat wird aus der BRD nach Istanbul abgeschoben und ist seither spurlos verschwunden.

Özgür Politika 24. 6. 98

 

17. August 97

 

Nordrhein-Westfalen. Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Würselen bei Aachen.

PDS im Bundestag-www (FR 18.8.97)

 

18. August 97

 

Linkenheim in Baden. Die Abschiebung des 41-jährigen kurdischen Flüchtlings Mehmet Osoy geschieht überfallartig. Sechs Polizisten holen den Kurden morgens um 4 Uhr aus dem Schlaf und verbieten ihm, sich von seiner Familie zu verabschieden oder seine Habe einzupacken. Der anwesende Gemeindepfarrer, der dieses für den Flüchtling einfordert, wird kurzerhand in Handschellen gelegt und weggeführt.

     Nach der Landung um 15.30 Uhr in Istanbul wird Mehmet Osoy noch auf dem Flughafen Yesilköy verhaftet und erleidet durch Angehörige der Flughafenpolizei eine Tortur von Verhör und Schlägen, in deren Verlauf sein Trommelfell platzt. Unter der Bedingung, daß er keine Anzeige gegen seine Folterer erstattet, wird er abends um 23.30 Uhr freigelassen.

taz 23.8.97; IHD-Istanbul August 97;

Özgür Politika 24. 6. 98

 

18. August 97

 

Zwei Flüchtlinge aus Algerien versuchen, sich in der JVA Mannheim in Abschiebehaft durch Schnitte mit Rasierklingen das Leben zu nehmen.

FR 13.12.97

 

20. August 97

 

Die kurdischen Eheleute Ahmed und Ayse Karakus werden zusammen mit ihren fünf Kindern im Alter von sieben bis siebzehn Jahren von Stuttgart nach Izmir abgeschoben und dort gleich verhaftet. Sie alle werden der Anti-Terror-Abteilung überstellt.

     Während Ayse K. und die Kinder nach ihrer Vernehmung nach zwei Tagen freigelassen werden, bleibt Ahmed K. in Haft und wird in das Gefängnis Nazali – 120 km von Izmir entfernt – gebracht. Der Vorwurf gegen ihn, "Unterstützung der PKK", stützt sich u.a. auch auf die Tatsache, daß die die Familie begleitenden BGS-Beamten den türkischen Kollegen einen Koffer aus dem Besitz der Familie übergeben hatten, in dem sich PKK-Materialien und eine Kopie ihres Asylantrages befanden. Frau K. hatte während der Abschiebung mehrmals versucht, diesen Koffer wegzuwerfen, die BGS-Beamten gaben ihn jedoch "bis Izmir nicht aus der Hand".

     Die Abschiebeaktion selbst verlief äußerst brutal. Eintreten der Tür morgens um 5 Uhr – ohne Vorankündigung; 15 Polizeibeamte; Verbot, einen Arzt zu holen, für eine in Ohnmacht gefallene Frau; Fesselung aller Beteiligten. Auch die Kinder werden gefesselt und mit Klebeband über den Mund ruhiggestellt. Die Brutalität begründet der Einsatzleiter Baumeister folgendermaßen: Weil Ahmed K. eine versuchte Abschiebung seiner Familie vor drei Jahren durch die Androhung einer öffentlichen Selbstverbrennung verhindert habe, habe jetzt eine besondere Situation bestanden.

     Der Sprecher der "Abschiebegruppe" der Rastatter Polizei zu den Vorhaltungen der Betroffenen: "Wie tief sind wir schon gesunken, daß das Wort eines türkischen Staatsbürgers mehr wert ist als das eines Polizisten?"

     Am 6. November wird Ahmed K. nach Artikel 5 Anti-Terrorgesetz, Nr. 3713 vom Staatssicherheitsgericht in Izmir zu einer Haftstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Er kommt in Maras in Haft.

     Als Ahmed Karakus schließlich entlassen wird, zeichnen ihn schwere – in der Haft erlittene – Schäden. Es gelingt ihm wieder in die BRD zu fliehen.

     Das Regierungspräsidium Karlsruhe schickt dem vor sieben Jahren aus Deutschland in die Hände der Folterer Abgeschobenen am 15. Juni 2005 einen Bescheid über die Abschiebekosten in Höhe von 4393,16 Euro. Davon entfallen allein 4039,93 Euro Kosten auf die Begleitung durch zwei BGS-Beamte.

FR 27.8.97; FR 12.9.97;

BeZ 7.11.97; Pro Asyl 7.11.97;

taz 8.11.97; FR 8.11.97; jW 12.11.97; FR 18.11.97;

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98;

Dokumentation vom FRat NieSa, Januar 1999;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 1999;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000;

jW 2.7.05; ND 2.7.05

 

20. August 97

 

Die Flüchtlinge Shaqir Ballaj und seine Ehefrau Hate Ballaj aus dem Kosovo werden aus der BRD abgeschoben.

     Einen Tag später werden sie verhaftet und zu ihrem Aufenthalt in der BRD verhört. Herr Ballaj wird während des Verhörs mit Knüppeln geschlagen und erleidet schwere Blutergüsse vor allem am Rücken.

EKD, S. 38 (SFH)

 

21. August 97

 

Ein Flüchtling aus Mazedonien wird in Leipzig von einer Gruppe Deutscher rassistisch beschimpft und dann tätlich angegriffen. Ihm wird mehrmals mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen. Er muß seine Verletzungen im Krankenhaus behandeln lassen.

FP 22.8.97

 

21. August 97

 

Der togoische Flüchtling A. T. wird morgens um fünf Uhr aus dem Flüchtlingsheim in Bamberg abgeholt und nach Togo abgeschoben. Seine Familie, die von seinem Neffen über seine Rückkehr informiert wird, erwartet ihn am Flughafen. Das Flughafengelände verläßt er allerdings nicht an diesem Tag, und seine Angehörigen erfahren später, daß er festgenommen ist.

Aktion Abschiebestop

 

22. August 97

 

Bei Ratzdorf wird eine tote Frau aus der Neiße geborgen. Da die Tote mindestens zwei Wochen im Wasser lag, konnte sie bisher nicht identifiziert werden.

MOZ 26.8.97; BT-Drucksache 14/1850

 

22. August 97

 

Der togoische Flüchtling Foufana Zakari wird von der Ausländerbehörde des Landkreises Mainz-Bingen nach Togo abgeschoben, obwohl in einem Eilverfahren die Abschiebung gerichtlich ausgesetzt ist. Foufana Zakari gelingt es, von Togo nach Ghana zu fliehen, wo er sich versteckt halten muß.

     Im Juni 1999 gewährt das Oberverwaltungsgericht Koblenz Herrn Zakari in Abwesenheit Schutz nach § 51 Ausländergesetz.

     Obwohl er jetzt wieder in die BRD einreisen könnte, wird ihm zunächst ein Visum mit der Option verweigert, er solle vorher die Kosten für die – rechtswidrige – Abschiebung der Kreisverwaltung erstatten. Nur durch massives Einwirken von Seiten des Landesinnenministeriums, des Auswärtigen Amtes und des UNHCR kann erreicht werden, daß Herr Zakari offiziell einreist.

Pro Asyl 28.6.00

 

23. August 97

 

Linthe im Landkreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg. Ein 30-jähriger Tunesier wird mittags um 13 Uhr auf dem Parkplatz eines Lebensmittelmarktes von drei Männern angegriffen und zu Boden geworfen. Nachdem er wieder aufgestanden ist, wird er von einem der Angreifer gewürgt. Die Täter fliehen mit einem PKW und hinterlassen ihr Opfer schwer verletzt.

BeZ 30.8.97¸ Konkret 10/00, S. 16

 

24. August 97

 

Mecklenburg-Vorpommern. Während einer Bahnfahrt zwischen Rostock und Stralsund werden der 43 Jahre alte Wahid Seid und ein Freund von rechtsradikalen Jugendlichen rassistisch beleidigt und geschlagen. Wahid Seid ist Flüchtling aus dem Irak und hat aufgrund der dort erlittenen Verfolgung und Folter ohnehin große Ängste. Er erstattet Anzeige bei der Polizei.

(siehe auch: 7. März 98, 20. Mai 00, 3. November 00)

Migrationszentrum Göttingen;

FRat NieSa Heft 91/92 Januar 2003

 

25. August 97

 

Im bayerischen Ort Lohma in der Mark Pleystein unweit der deutsch-tschechischen Grenze wird ein rumänischer Flüchtling durch einen Diensthund des BGS am rechten Unterarm und am rechten Schenkel durch Bisse verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

27. August 97

 

Zülfü Demirkan wird um 13.30 Uhr vom Flughafen Frankfurt am Main in die Türkei abgeschoben. Er ist Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Über sein Schicksal kann nichts in Erfahrung gebracht werden. (siehe auch: 11. Juli 97)

IHD-Istanbul August 97;

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98

 

31. August 97

 

Der 29-jährige Kwame Osei aus Ghana läßt sich von einem Zug in der Nähe des Bahnhofs von Eberstadt überrollen und stirbt vor Ort.

     Kwame Osei war mehrfach abgelehnter Asylbewerber und hatte zwangsläufig einer "freiwilligen" Rückkehr zugestimmt. Der Abflugtermin mußte verschoben werden, weil Kwame Osei krank wurde und ins Krankenhaus kam, um operiert zu werden.

     Dort wurde ihm gesagt, daß er für eine Operation in Deutschland nicht krank genug sei, er solle sich doch in Ghana operieren lassen. Eine Operation in Ghana hielt er für unmöglich: "In Ghana bin ich tot", hatte er seinem Arbeitgeber gegenüber geäußert.

Recherche Regina Hagen, AG Antirassismus Darmstadt;

DE 3.9.97

 

Ende August 97

 

Ein Flüchtling aus Georgien versucht, sich in der JVA Mannheim in Abschiebehaft das Leben zu nehmen, indem er seine Pulsadern durchtrennt. (siehe auch: 15. September 97)

FR 13.12.97

 

4. September 97

 

Sieben indische Asylbewerber werden am Abend in Pirna in Sachsen von deutschen Jugendlichen überfallen, rassistisch beschimpft, beleidigt und mit Ledergürteln verprügelt. Ein Inder wird leicht verletzt. Fünf Täter, im Alter von 13 bis 18 Jahren, können festgenommen werden.

TS 6.9.97; FR 6.9.97 ;

taz 6.9.97

 

7. September 97

 

Eine männliche Wasserleiche wird aus der Neiße in der Gemeinde Deschka-Zentendorf in Sachsen geborgen. Es wird vermutet, daß es sich um einen Flüchtling handelt, der versuchte, die polnisch-deutsche Grenze zu überwinden und dabei ertrank.

     Erst sechs Jahre später gelingt es der Görlitzer Kripo, die Identität des Menschen zu klären, weil ein Bekannter des Vaters des Toten im März 2001 eine Vermißtenanzeige in Bonn erstattet. Durch einen DNA-Abgleich mit dem Vater des Toten kann festgestellt werden, daß es sich um den 18-jährigen Shukri Bakir aus Syrien handelt.

SäZ 9.9.97; SäZ 12.4.03

 

8. September 97

Berliner Bezirk Pankow. Um 23.45 Uhr beobachtet ein 37 Jahre alter Bewohner des Flüchtlingswohnheims Buchholzer Straße 34/35, wie zwei Männer zwei Molotow-Cocktails gegen das Haus schleudern. Die Flaschen prallen ab und verbrennen auf dem Rasen. Die Täter entkommen unerkannt.

     In dem Heim leben ca. 350 Flüchtlinge – sie kommen größtenteils aus dem ehemaligen Jugoslawien.

BeZ 10.9.97;

taz 10.9.97; TS 10.9.97

 

9. September 97

 

Am Morgen wird der 24 Jahre alte Afrim Magastena erhängt im Duschraum des Flüchtlingsheimes in Prenzlau gefunden. Der Kriegsdienstverweigerer aus dem Kosovo hatte vergeblich drei Anträge gestellt, in denen er darum bat, in der Nähe seiner Verwandten leben zu dürfen. Seinem Cousin sagte er einige Tage vor seiner Selbsttötung: "Ich kann dieses Leben nicht mehr ertragen, ich werde mich umbringen."

Ausländerberatungsstelle des Diakonischen Werkes, 15.9.97;

UK 16.9.97; ORB "Klartext", 21.10.97

 

10. September 97

 

Bajram Saitovic, Rom aus Jugoslawien, wird von Neuhausen ob Eck in Baden-Württemberg abgeschoben. Sofort nach seiner Ankunft in Belgrad wird er verhaftet und für mehrere Wochen im Gefängnis festgehalten.

EKD, S. 38 (SFH)

 

10. September 97

 

Freiburg in Südbaden. Einen Tag nach ihrer Anhörung versucht Frau N. aus Sri Lanka, sich das Leben zu nehmen. Sie steht schon länger unter Beruhigungsmitteln, weil sie mit ihren Erinnerungen an Sri Lanka und an die Flucht und auch mit ihrer Wohnsituation in der Kaserne in der Wiesentalstraße nicht leben kann.

     Der Pförtnerdienst weigert sich, einen Krankenwagen zu rufen, so daß die Mitbewohnerinnen ein Taxi rufen müssen, um die bereits in Lebensgefahr schwebende Frau N. zum ärztlichen Notdienst zu bringen. Der veranlaßt eine sofortige Einweisung in die Universitätsklinik, in der Frau N. gerettet werden kann.

SAGA 1.10.97

 

11. September 97

 

Der vorher aus der BRD abgeschobene Kosovo-Albaner Tahir Krasniqi wird bei einem der "Informationsgespräche" brutal mißhandelt.

     Das gleiche geschieht ihm noch einmal am 17. September.

EKD, S. 38 (SFH)

 

12. September 97

 

In Bahren bei Forst an der deutsch-polnischen Grenze wird der Leichnam einer ertrunkenen Person afghanischer Herkunft aus der Neiße geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

12. September 97

 

Der 31 Jahre alte Asylbewerber Duran Y. aus der Kurdenprovinz Maras wird abgeschoben, obwohl der Asylnachfolgeantrag noch nicht entschieden ist. Bereits 1993 war der Flüchtling nach abgelehntem Asylantrag abgeschoben worden.

     Nach seiner Ankunft in der Türkei wird er für vier Tage festgenommen und gefoltert. Dann kommt er vorläufig frei.

     Zweieinhalb Jahre nach der Abschiebung aus der BRD hält sich Duran Y. immer noch versteckt, weil er erneute Festnahme und Folter fürchtet.

     Im Frühjahr 2001 gelingt ihm erneut die Flucht in die BRD, wo ihm mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.7.2001 das "kleine Asyl" zugestanden wird.

FR 6.5.98

 

12. September 97

 

Die Flucht eines Ukrainers vor der Festnahme durch BGS-Beamte nach seinem "unerlaubten" Grenzübergang wird in Frankfurt (Oder) von einem beißenden Diensthund verhindert.

BT-Drucksache 14/1850

 

13. September 97

 

Der 17-jährige Flüchtling Visar Bajra aus dem Kosovo wird unmittelbar nach seiner Abschiebung aus der BRD auf dem Flughafen Prishtina verhaftet.

     Am 24. September ist er immer noch verschwunden.

Kosovo-Communication 39/97 nach einer Meldung

der albanischen Tageszeitung "Koha Ditore";

EKD, S. 38 (SFH)

 

15. September 97

 

Aus Angst vor seiner Abschiebung versucht ein Flüchtling aus Georgien in der JVA Mannheim, sich das Leben zu nehmen. Zunächst schneidet er sich die Pulsadern auf, dann versucht er, sich zu erhängen.

     Dies ist sein zweiter Versuch innerhalb von 14 Tagen.

(siehe auch: Ende August 97)

taz 19.9.97; FR 13.12.97

 

16. September 97

 

Als der 29-jährige Flüchtling Besim Makici aus dem Kosovo seine Aufenthaltsgenehmigung beim Ausländeramt in Dillingen a.d. Donau verlängern lassen will, wird er verhaftet. Ohne die Möglichkeit zu bekommen, persönliche Habe aus der Wohnung zu holen, wird er über den Flughafen Stuttgart abgeschoben.

     Am 18. September erfolgt seine Verhaftung in Belgrad, und er kommt zur Verbüßung einer 10-monatigen Haftstrafe ins Gefängnis Smerovnic im Kreis Vushtrri.

     Auch im Februar 98 dauert die absolute Besuchssperre für ihn noch an.

EKD, S. 38 (SFH);

Wolfgang Plarre 19.3.98

 

19. September 97

 

Um 6.20 Uhr in der Früh dringen Polizeibeamte gewaltsam in das Kirchenasyl der evangelischen Gemeinde in Uchte im Landkreis Nienburg in Niedersachsen ein. Das kurdische Ehepaar Habip und Hazar Demir, das seit 9 Jahren in Deutschland lebt, soll abgeschoben werden.

     Herr Demir flieht in Panik auf das Dach des Hauses und droht sich herunterzustürzen. Es wird ein Sprungtuch aufgespannt, und die Feuerwehr versucht, Herrn Demir mit dem Feuerwehrschlauch herunterzuspritzen. Schließlich wird er mit einem Rettungskorb vom Dach geholt und dann zusammen mit seiner Frau über Frankfurt in die Türkei abgeschoben. Auch ihre sechs Kinder, von denen einige in der BRD geboren sind, werden an diesem Tag abgeschoben.

     In Istanbul wird das Ehepaar sofort verhaftet. Herr Demir wird in eine andere Polizeidienststelle gebracht, dort an den Füßen aufgehängt, auf die Fußsohlen geschlagen und verhört. Nach zwei Tagen kann das Ehepaar gegen eine größere Geldsumme freigekauft werden.

     Familie Demir ist in der Türkei akut bedroht. Drei Verwandte haben im türkisch-kurdischen Krieg das Leben verloren. Ein Bruder ist vor kurzem zu 36 Jahren Haft verurteilt worden.

taz 20.9.97; TSP 20.9.97; jW 2.10.97;

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98

 

20. September 97

 

Ein marokkanischer Flüchtling wird im brandenburgischen Fürstenwalde morgens um 3 Uhr von sechs deutschen Männern zusammengeschlagen. Ihm werden drei Schneidezähne herausgeschlagen, und er muß sich im Krankenhaus behandeln lassen.

MOZ 14.8.97; Konkret 10/00, S. 16

 

21. September 97

 

Zwei Asylbewerber werden im vogtländischen Reichenbach in Sachsen von zwei deutschen Männern angegriffen. Die Täter schlagen mit Flaschen auf ihre Opfer ein, wodurch diese schwer verletzt werden.

BeZ 22.9.97; Konkret 10/00, S. 16

 

22. September 97

 

Die kurdischen Flüchtlinge Haydar Alkas (Alkaf) und Gülsah (Gülfah) und Gamze Alkas (Alkaf) werden in Schwerin von Polizisten während der Abschiebung beleidigt und geschlagen.

     Auf dem Atatürk-Flughafen in Istanbul erfolgt ihre Festnahme durch türkische Beamte. Sie werden alle geschlagen und mit dem Tode bedroht.

Özgür Politika 24. 6. 98;

IHD-Istanbul in: AK Asyl Ba-Wü Oktober-Dezember 1998

 

25. September 97

 

Im brandenburgischen Spremberg überfallen vier Jugendliche zwei Flüchtlinge mit einem Messer, schlagen auf sie ein und geben Schüsse aus einer Schreckschußpistole ab.

BeZ 28.3.98

 

30. September 97

 

Der Flüchtling Shaib Seqiri aus dem Kosovo wird nach Belgrad abgeschoben. Hier wird er festgehalten und zu seinem Aufenthalt in der BRD und zu seinen politischen Aktivitäten verhört.

     Am 27. Oktober wird er in der Polizeistation Mitrovica erneut verhört, beschimpft, geschlagen und getreten. Er flieht erneut über Albanien in die BRD zu seiner Frau und seinen fünf Kindern.

EKD, S. 43 (DWW)

 

30. September 97

 

Der 31 Jahre alte Flüchtling Ahmad B. wird in der JVA Bützow abgeholt, denn er soll nach Somalia abgeschoben werden. Auf dem Weg zum Hamburger Flughafen verunglückt der Polizeiwagen, und Ahmad B. kommt schwer verletzt in ein Hamburger Krankenhaus. Seine Knochenbrüche an Hand und Bein werden hier vier Wochen lang behandelt. Noch zweimal muß er am Bein operiert werden.

     Seit September 2000 sitzt Ahmad B. wieder in der JVA Bützow in Abschiebehaft.

Antirassistische Initiative Berlin

 

September 97

 

Ein Flüchtling aus Algerien versucht, sich in der JVA Mannheim in Abschiebehaft das Leben zu nehmen. Am 18.8. hatte er es bereits schon einmal versucht.

FR 13.12.97

 

September 97

 

Der abgelehnte Asylbewerber Jideofor D. soll über den Düsseldorfer Flughafen abgeschoben werden. Als er sich wehrt, wird er von Beamten derart geschlagen, bis er halb bewußtlos mit kraftlosen Gelenken und schmerzender Hüfte am Boden liegt.

     Anschließend wird er in die Vollzugsanstalt Rottenburg in Baden-Württemberg eingeliefert.

ai-London, Sept. 98

 

September 97

 

Der kurdische Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber Mustafa E. wird aus der BRD ausgewiesen.

     Am 15. Februar 99 wird er um 14.30 Uhr in Konya in der Paßabteilung festgenommen und der Anti-Terror-Abteilung überstellt und so schwer gefoltert, daß er das "Geständnis" unterschreibt, in der BRD für die PKK gearbeitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft in Adana erhebt daraufhin am 25.2.99 Anklage wegen Unterstützung der PKK.

     Die Festnahme in Konya war aufgrund eines anonymen Schreibens vom 14.10.96 erfolgt, in dem sich eine Spendenquittung über 1000 DM der ERNK und sein Asylfolgeantrag befanden. Daraufhin war Mustafa E. polizeilich gesucht worden.

     Am 15.4.99 wird Herr E. vor dem Staatssicherheitsgericht Adana – vermutlich aufgrund diplomatischer Interventionen durch das deutsche Generalkonsulat – freigesprochen.

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 1999;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000

 

September 97

 

Der togoische Flüchtling Koffi Koudoagbo soll mit der Ghana Airways vom Flughafen Düsseldorf abgeschoben werden. Er weigert sich, die Rolltreppe hinaufzugehen. Er wird von BGS-Beamten getreten und mit Knüppeln geschlagen.

     Als er am Boden liegt, mit blutender Nase und schreiend, kommt ein Angestellter der Fluggesellschaft und teilt mit, daß dieser Flüchtling nicht mitgenommen wird. Daraufhin wird ihm noch einmal gegen das Schienbein und in die Brust getreten, und er kommt dann ins Gefängnis Rottenburg.

     Koffi Koudoagbo war als Mitglied der demokratischen Oppositionsbewegung "Comité d'Action pour le Renouveau" (CAR) in Togo politisch verfolgt und ist nach seiner Rückkehr mit dem Tode bedroht.

     Ende Oktober bis Anfang November protestiert Koffi Koudoagbo zusammen mit anderen Gefangenen in Rottenburg mit einem Hungerstreik gegen die Inhaftierung und gegen die drohende Abschiebung. Noch während des Hungerstreiks erfolgt der für ihn in diesem Jahr vierte (!) Abschiebeversuch.

     Dem von amnesty international London und vom Bündnis gegen Abschiebehaft jetzt unterstützten Koffi Koudoagbo wird erlaubt, mit dem Piloten der Maschine zu reden. Dieser verweigert daraufhin die Mitnahme.

     Am 30. Januar 98 wird Koffi Koudoagbo endlich aus der Abschiebehaft entlassen und bekommt eine befristete Duldung, so daß er sein Asylverfahren wieder aufnehmen kann.

ai-London, Sept. 98;

Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft

 

Herbst 97

 

Berlin. Der 25 Jahre alte angolanische Flüchtling Antonio Patricio-Ngonga versucht sich der Abschiebung zu entziehen, indem er aus dem Fenster des 3. Stocks der ZAA (Zentrale Aufnahmeeinrichtung des Landes Berlin für Asylbewerber) in der Streitstraße springt.

     Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt wird er mit seinem 9-jährigen Sohn abgeschoben und damit von seiner Lebensgefährtin und zwei weiteren gemeinsamen Kindern getrennt.

     Sein kleiner Sohn stirbt in Angola an Malaria und Antonia P.-Ngonga flüchtet im Januar 1999 erneut in die BRD zu seiner Familie. Als er nach Rücksprache seines Anwaltes mit der Ausländerbehörde dort aufforderungsgemäß vorspricht, wird er festgenommen und in Abschiebehaft genommen.

(siehe auch: 31. Mai 99)

Antirassistische Initiative Berlin

 

1. Oktober 97

 

Brandstiftung in einem Flüchtlingsheim in Essen. Von den 50 BewohnerInnen wird niemand verletzt.

taz 2.10.97

 

1. Oktober 97

 

Flughafen Frankfurt am Main. Ein 25-jähriger Flüchtling aus dem Iran stürzt sich aus Angst vor der Abschiebung aus einem Fenster und erleidet innere Verletzungen. "Wenn er aus dem Krankenhaus entlassen wird", so der BGS-Sprecher K. Ludwig, "wird er in den Iran zurückgewiesen".

JWB 26.10.97

 

8. Oktober 97

 

Unbekannte haben einen Brand in der zentralen sächsischen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Chemnitz gelegt. Die ca. 400 BewohnerInnen müssen evakuiert werden.

BeZ 9.10.97

 

16. Oktober 97

 

Nach seiner "unerlaubten" Einreise wird ein vietnamesischer Flüchtling im sächsischen Sebnitz, direkt an der deutsch-tschechischen Grenze, bei der Festnahme von einem Zollhund durch Bisse verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

16. Oktober 97

 

Nachdem eine kurdische Flüchtlingsfamilie schon vor einiger Zeit durch eine dramatische Flucht aus dem Flüchtlingsheim im thürigischen Stadtroda ihrer Abschiebung entkommen konnte, reist sie heute "freiwillig" aus. Vom Flughafen Berlin-Tegel startet die Maschine in Richtung Adana in die Türkei. In ihrer Begleitung befinden sich drei Mitglieder der "Jungen Gemeinde Stadtmitte Jena" um der Familie bei ihrer Ankunft einen gewissen Schutz zu geben.

     Auf dem Flughafen Adana wird die Familie von der Flughafenpolizei schon erwartet. Ihnen allen werden ihre deutschen Ersatzpapiere abgenommen und dann werden sowohl der Vater als auch die Mutter mit den zum Teil sehr kleinen Kindern abgeführt.

     Gegen 14 Uhr des nächsten Tages meldet sich die Mutter mit den Kindern bei den deutschen FreundInnen. Sie sind von den Verhören, die die ganze Nacht andauerten völlig erschöpft.

     Der Vater kommt ins Gefängnis und hat am 31. Oktober eine Gerichtsverhandlung. Er wird am 19. November gegen eine Zahlung von 2000 DM "Strafe" vorläufig freigelassen. Der nächste Prozeßtag ist für den 4. Februar 1998 angesetzt.

Junge Gemeinde Stadtmitte Jena in:

FRat Thür Info Nr. 1/98

 

18. Oktober 97

 

Würzburg. Ein 31-jähriger Asylbewerber aus Zaire zeigt einem Polizisten bei einer Personenkontrolle seine Bankkarte und bietet an, seinen Ausweis aus der 20 m entfernten Wohnung zu holen. Der Beamte schlägt ihn zu Boden und wartet dann – auf seinem Opfer sitzend – auf seine Kollegen. Auch die behandeln den aus Mund und Nase blutenden, zitternden und weinenden Zairer so brutal, daß sich zahlreiche Passanten einmischen, und mindestens fünf ZeugInnen erstatten gegen die Polizisten Anzeige.

     Gegen den Zairer, der sich während des ganzen Vorfalls passiv verhielt, wird ein Verfahren wegen "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" eingeleitet.

     Die Staatsanwaltschaft überprüft außerdem den Straftatbestand "versuchte Gefangenenbefreiung" und "Beamtenbeleidigung" gegen einige ZeugInnen.

FR 22.10.97;

SZ 30.10.97; UNBEQUEM 12/97

 

18. Oktober 97

 

In Trassenheide auf der Ostsee-Insel Usedom wird ein Flüchtlingsheim mit zwei Molotow-Cocktails in Brand gesteckt. HeimbewohnerInnen können die Flammen auf dem Dach und an einer Wand löschen. Von den etwa 40 BewohnerInnen aus Armenien, Bosnien und aus dem ehemaligen Jugoslawien kommt niemand zu Schaden.

     Zwei 18-jährige Brandstifter werden festgenommen.

ARD "Morgenmagazin" 19.10.97;

BeZ 20.10.97; TS 20.10.97; NK 20.10.97;

MeMo 20.10.97; OZ 20.10.97;

FR 21.10.97; SVZ 7.4.98

 

18. Oktober 97

 

Im Klärwerk in Frankfurt an der Oder wird eine tote Person aus dem Wasser geborgen. Sie ist vermutlich ertrunken.

BT-Drucksache 14/1850

 

18. Oktober 97

 

An einem Waldrand in der Nähe des sächsischen Kurortes Kipsdorf unweit der deutsch-tschechischen Grenze wird eine tote Person unbekannter Identität aufgefunden. Todesursache: Unterkühlung.

BT-Drucksache 14/1850

 

20. Oktober 97

 

Gefangene im dritten Stock des Abschiebegefängnisses Grünau in Berlin zünden Schaumstoffmatratzen an und setzen so ihre Sammelzelle in Brand. Zehn Männer aus der brennenden Zelle, sechs Gefangene aus der Nachbarzelle und fünf Polizisten werden verletzt.

taz 21.10.97; FR 21.10.97; TS 21.10.97

 

20. Oktober 97

 

Markdorf in Baden-Württemberg. Bei einer Razzia im Flüchtlingsheim werden zwei junge Kurden von fünf Polizisten in Zivil brutal zusammengeschlagen und getreten (Tritt mit Stiefel ins Gesicht, Platz- und Schürfwunden). Hinterher stellt sich heraus, daß die Beamten sich in der Tür geirrt hatten.

Deutsch-kurdisches Kultur- und Menschenrechtskomitee

Konstanz e.V., AK Asyl Konstanz,

AK Asyl Lindau und Einzelpersonen

 

21. Oktober 97

 

Ein 18-jähriger Mann aus dem früheren Jugoslawien wird im sächsischen Eilenburg von zwei deutschen Männern mit dem Messer bedroht und zusammengeschlagen, nachdem er die Frage, ob er Ausländer sei, bejaht hatte.

FP 23.10.97

 

22. Oktober 97

 

Auf der Verbindungsstraße von Waidhaus nach Georgenberg in Bayern, die an der deutsch-tschechischen Grenze entlang führt, wird ein afghanischer Flüchtling festgenommen. Er befindet sich in einem schweren Erschöpfungszustand.

BT-Drucksache 14/1850

 

24. Oktober 97

 

Aus Angst vor der drohenden Abschiebung versucht sich der 30-jährige kurdische Flüchtling Ali Olcay auf dem Düsseldorfer Flughafen selbst zu verbrennen.

     Ali Olcay war einen Tag vorher in Düsseldorf gelandet und hatte politisches Asyl beantragt. Im Flughafenverfahren wurde sofort entschieden, daß sein Antrag "offensichtlich unbegründet" sei, und ihm wurde die sofortige Rückführung angekündigt.

FR 25.10.97; JWB 4.11.97

 

24. Oktober 97

 

Cemil Kücükkarga, kurdischer Flüchtling aus dem türkischen Teil Kurdistans, wird nach Istanbul abgeschoben. Nach unmittelbarer Festnahme noch auf dem Flughafen wird er einige Tage lang in Polizeihaft verhört und mißhandelt. Nach seiner Freilassung taucht er unter – aus Angst vor erneuter Festnahme und Folter.

     Der 19-jährige Cemil Kücükkarga war am Tage vor seiner Abschiebung im Rahmen einer Polizei-Razzia am Lübecker Bahnhof festgenommen worden.

     Ab 13. September hatte er sich in der Lübecker

St.-Jürgen-Gemeinde im Kirchenasyl befunden.

Der Schlepper Nr. 1 Dezember 1997

 

25. Oktober 97

 

In einer Straßenbahn in Leipzig werden ein 26-jähriger afghanischer Flüchtling und seine Leipziger Begleiterin aus einer Gruppe Deutscher heraus angepöbelt und mit Faustschlägen traktiert.

FP 28.10.97

 

27. Oktober 97

 

Der 28-jährige wohnungslose Asylbewerber Ajay Kumar Saha wird tot in der Königstraße in Berlin-Zehlendorf aufgefunden. Sein Leichnam ist unbekleidet und befindet sich verschnürt in einer großen Sporttasche. Er wurde offensichtlich Opfer eines Gewaltverbrechens.

BeZ 28.10.97

 

 

27. Oktober 97

 

Der Leichnam einer nicht zu identifizierenden Person wird in Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze aus der Neiße geborgen. Todesursache: vermutlich Ertrinken.

BT-Drucksache 14/1850

 

30. Oktober 97

 

Der 30-jährige Rumäne Daniel Grecu wird an der Grenze vom Bundesgrenzschutz aufgegriffen und inhaftiert. Wie er später in einem Brief mitteilt, traktierten ihn die Beamten im

24 Stunden dauernden Arrest mit "Polizeiknüppeln" und Elektroschocks.

     Daniel Grecu hatte im März 97 einen Asylantrag gestellt, um in der BRD seine schwere Herz-Kreislauf-Erkankung behandeln zu lassen. Da nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur die Behandlung akuter Erkrankungen finanziert wird – andererseits für Asylbewerber Arbeitsverbot besteht, wurden die Chancen für die lebenswichtige Operation immer geringer.

     Nachdem sein Schwager Mihai Sandu am 26.7.97 (siehe dort) ertrunken war, versuchte er, schockiert und verängstigt, unterzutauchen.

     Die Festnahme am 30.10. wegen "illegalem Aufenthalt" durch den BSG geschah auf der Rückreise von Daniel Grecu nach Rumänien.

jW 27.2.98

 

31. Oktober 97

 

Der 30-jährige kurdische Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber Halil Ibrahim Cicek (Ciftci) wird von Hamburg in die Türkei abgeschoben und am Flughafen Istanbul direkt der Abteilung zur Bekämpfung des Terrorismus überstellt.

     Die Stellungnahme von amnesty international vom

24. September, in der die akute Bedrohung des Flüchtlings nach einer eventuellen Rückkehr in die Türkei beschrieben wird, hatte das Verwaltungsgericht Dresden als "wenig überzeugend" abgetan.

     Am 2. November wird Herr Cicek zum Staatssicherheitsgericht Istanbul gebracht – und dann vorläufig auf freien Fuß gesetzt.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98;

IHD-Istanbul in: AK Asyl Ba-Wü Oktober-Dezember 1998

 

31. Oktober 97

 

München – Flüchtlingsheim an der Tischlerstraße. Nachts um 2 Uhr wird Alina Boukari von einer Verwaltungsangestellten und zwei Polizisten geweckt und aufgefordert, sich und ihre kleinen Kinder Samira (2 Jahre alt) und Farihda (4 Jahre alt) reisefertig zu machen und die Koffer zu packen. Herr Boukari muß – nur mit einer Unterhose bekleidet – von einem Polizisten bewacht im Gang warten.

     Die schwangere Frau Boukari wird am selben Tag mit den Kindern nach Togo abgeschoben. Am Flughafen der Hauptstadt Lomé wird sie verhaftet; die Kinder kommen angeblich zu den Großeltern.

     Bemerkenswert ist, daß ihre sämtlichen Asylunterlagen den togoischen Behörden – offensichtlich von deutschen Beamten – ausgehändigt worden sind.

     Durch die Intervention ihres Schwiegervaters und des Pfarrers der deutschen Seemannsmission wird sie am nächsten Tag freigelassen.

Pressemitteilung 13.11.97

von H.v.Einsiedel, MdB und G. Goetz, PDS;

Aktion Abschiebestop

 

Oktober 97

 

Der 27 Jahre alte kurdische Flüchtling Mehmet Zeki Altin wird in die Türkei abgeschoben, direkt nach der Ankunft auf dem Flughafen in Istanbul festgenommen und dann bis Anfang Dezember in türkischen Gefängnissen gefoltert.

     M. Z. Altin, Mitglied des türkischen Menschenrechtsvereins Mersin, war schon 1993 in die BRD geflohen. 1994 verurteilte ihn ein türkisches Gericht wegen Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK in Abwesenheit zu zwölf Jahren Haft.

     Im Januar 98 gelingt ihm erneut die Flucht in die BRD. Wegen falscher Papiere wird er sofort in Abschiebehaft genommen. Im April droht erneut die Abschiebung.

FR 14.5.98

 

Oktober 97

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Während des am

18. Oktober begonnenen Hungerstreiks von sieben tamilischen Flüchtlingen fällt eine der vier Frauen, die 32 Jahre alte Gnanaprakasam Tharusithi, in die Bewußtlosigkeit. Sie muß in ein Krankenhaus gebracht werden.

Frankfurter Info 23/1997

 

Oktober / November 97

 

Der Flüchtling Rashid Franca aus dem Kosovo wird aus Freiburg abgeschoben. Zuhause in Glogovc hat er die Auflage, sich bei der Polizei zu melden. Während der Verhöre, die sich um seinen Aufenthalt in der BRD drehen und um seinen Sohn, wird er schwer mißhandelt. Aufgrund der Verletzungen kann er einen Monat sein Bett nicht verlassen.

EKD, S. 39

 

3. November 97

 

Der 16-jährige kurdische Flüchtling A. wird von sechs Polizisten in einem Reinickendorfer Wohnheim festgenommen, in Handschellen abgeführt und am Nachmittag in die Türkei abgeschoben. Von ihm, der lediglich 50 DM Bargeld mitnehmen durfte, fehlt seither jede Spur.

taz 6.11.97

 

3. November 97

 

Berlin-Schöneberg – Wohnheim Meininger Straße. Der 16-jährige kurdische Flüchtling H. wird morgens um 6 Uhr von der Polizei geweckt und ohne jegliches Gepäck in Polizeigewahrsam genommen.

     Am nächsten Tag wird er nach Istanbul abgeschoben, dort verhört und ohne Geld frei gelassen.

taz 6.11.97

 

7. November 97

 

Bremen. Der 24-jährige Akim (laut Papieren: Muhammed) aus Togo erliegt seinen schweren Verletzungen. Akim lebte seit Jahren ohne Aufenthaltspapiere in der BRD.

     Als am 16. Oktober die Polizei in seinem Wohnhaus Hemmstraße 102 in Findorf nach einem Verdächtigen suchte und dabei Akims Wohnungstür öffnete, sprang dieser aus dem Fenster der im dritten Stock gelegenen Wohnung. Es gibt einen Zeugen, der berichtet, daß dem schwerverletzten Mann Handschellen angelegt wurden, bevor er ins Krankenhaus kam.

Internationaler Menschenrechtsverein Bremen e.V.;

taz 10.11.97

 

7. November 97

 

Der 31 Jahre alte Asylbewerber aus China, Ai Mingh V., wird in Frankfurt (Oder) von drei deutschen Männern beleidigt, geschlagen und durch die Stadt gehetzt. Ai Mingh V. erleidet eine Jochbeinschwellung.

     Gegen die glatzköpfigen Täter, die in Springerstiefeln und Bomberjacken auftraten, ergeht Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung.

ALB; MOZ 8.11.97;

BeZ 19.11.97; taz 19.11.97; BeZ 27.11.97

 

8. November 97

 

Gegen 6 Uhr morgens stürmen Polizisten in das Flüchtlingsheim Neubrandenburg-Trollenhagen. Als sie gegen die Zimmertür einer armenischen Familie schlagen, springt der Familienvater aus dem Fenster des im zweiten Stock gelegenen Zimmers.

     Seine Frau und seine drei Kinder werden in aller Eile abtransportiert. In einer Zweigstelle des zentralen Gevener Aufnahmelagers bei Boizenburg werden sie von Angehörigen der Armenischen Botschaft verhört.

jW 12.11.97

 

9. November 97

 

Essen-Borbeck. Als die 18-jährige Frau aus dem ehemaligen Jugoslawien morgens um 5.30 Uhr mit ihrer Freundin an der Haltestelle Marktstraße wartet, wird sie von einem 25-jährigen Deutschen beschimpft, beleidigt, gegen einen Blumenkübel gestoßen und mehrfach geschlagen.

     Von den ca. 50 ZeugInnen des Überfalls, die sich vor der gegenüberliegenden Diskothek aufhalten, stellt sich niemand als offizieller Zeuge oder Zeugin zur Verfügung.

Unabhängige AntiFa Aktiv Essen 14.11.97

 

11. November 97

 

Der abgelehnte Asylbewerber Dan Freddie Jideofor aus Nigeria wird bei einer versuchten Abschiebung von BGS-Beamten derart zusammengeschlagen, daß er im Reutlinger Krankenhaus operiert werden muß.

     Am 7. Januar 98 gelingt den Deutschen Behörden die Abschiebung des Flüchtlings mit der Fluggesellschaft Aeroflot.

Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft, 10.1.98

 

12. November 97

 

Der algerische Flüchtling Hacene Lahoum wird nach Algerien abgeschoben. Nach fünfjährigem BRD-Aufenthalt war er bereits im Februar dieses Jahres nach Algerien abgeschoben worden, wurde dort sofort verhaftet und saß drei Wochen im Gefängnis. Auch nach seiner Entlassung wurde er von algerischen Sicherheitskräften häufig aufgesucht, weil sein Bruder als Sympathisant der verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS; Front Islamique du Salut) galt.

     Im August gelang ihm erneut die Flucht in die BRD. Auch diesmal wurde sein Asylantrag abgelehnt.

jW 13.11.97

 

14. November 97

 

Konstanz in Baden-Württemberg. Als die Polizei den Kurden Yusuf K. morgens um 7 Uhr aus dem Flüchtlingsheim Leipziger Straße zur Abschiebung abholen will, klettert Yusuf K. aus dem Dachfenster und versucht, indem er sich noch am Fensterrahmen festhält, mit den Füßen Halt zu bekommen. Er schreit laut um Hilfe. In dieser gefährlichen Situation wird er von einem Polizisten mehrmals ins Gesicht und auf Arme und Beine geschlagen. Er wird überwältigt und kommt gefesselt und verletzt ins Krankenhaus.

     Yusuf K. ist außer sich vor Angst und Schrecken, und nach vorläufiger Versorgung seiner Verletzungen veranlassen die Ärzte eine Überweisung ins Zentrum für Psychiatrie.

SK 15.11.97;

Deutsch-kurdisches Kultur- und Menschenrechtskomitee

Konstanz e.V.; AK Asyl Konstanz;

AK Asyl Lindau und Einzelpersonen

 

14. November 97

 

Der 18-jährige Alimang S., Flüchtling aus Sierra Leone, wird abends im Hamburger Schanzenviertel von zwei Zivilfahndern der Wache Lerchenstraße angehalten und unter dem Vorwand, mit seinen Papieren sei "etwas" nicht in Ordnung, ins Polizeifahrzeug genötigt. Statt vor der Wache hält der Wagen auf einem stillgelegten Schlachthofgelände an der Lagerstraße hinter dem Bahnhof Sternschanze. Hier erscheinen drei weitere Beamte.

     Alimang S. wird hier von den beiden Zivilfahndern geschlagen und getreten, während die anderen Beamten zuschauen. Als er vor Schmerzen und Angst schreit, stopft einer der Täter ihm seinen Handschuh in den Mund, und als Alimang S. am Boden liegt, stellt einer der Peiniger seinen Fuß auf sein Gesicht.

     Mit Prellungen und Verletzungen vor allem im Gesicht wird der Geschädigte zurückgelassen. Es gelingt ihm, sich an die Straße zu schleppen und ein Taxi anzuhalten. Der Fahrer bringt ihn zum nächsten Polizeirevier – es ist die Wache Lerchenstraße, wo er erneut auf seine Peiniger trifft. Als sie ihn erkennen, beschuldigen sie ihn des Drogenhandels.

     Alimang S. erstattet Anzeige gegen die Polizeibeamten. Die Täter werden wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung im Juni 1999 zu 14 bzw. 15 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt.

taz 15.1.99; taz 26.2.99;

taz 19.5.99; taz 28.5.99; taz 11.6.99

 

14. November 97

 

Der kurdische Flüchtling Ibrahim Avci wird von Hannover in die Türkei abgeschoben und dort sofort für den Militärdienst zwangsrekrutiert.

Özgür Politika 24. 6. 98

 

14. November 97

 

Stuttgart in Baden-Württemberg. Der 31 Jahre alte Christopher L., Flüchtling aus Ghana, wird morgens um 2.30 Uhr in der Calwer Straße von einem kräftig gebauten, großen Mann gewürgt. Dann tauchen weitere Männer auf und schlagen auf ihn ein. Erst danach geben sie sich als Zivilpolizisten zu erkennen. Christopher L. werden Handschellen angelegt, und er wird zu Boden geworfen. Ein Beamter tritt mehrmals kräftig auf sein rechtes Bein.

     Eine von den Zivilbeamten angeforderte Polizeistreife ruft einen Krankenwagen, und Christopher L. kommt ins Karl-Olga-Hospital. Noch in der Nacht muß er sich wegen eines komplizierten Bruches am Fußgelenk einer Operation unterziehen.

     Mit der Begründung, Herr L. könne sich den Bruch des Fußes auch auf der Flucht zugezogen haben, werden die Ermittlungen gegen die gewalttätigen Polizisten eingestellt, obwohl eine große Hautabschürfung an L.'s Bein die Fremdeinwirkung belegt.

StN 19.11.97; StZ 9.4.98;

StN 12.6.98

 

17. November 97

 

Der algerische Flüchtling Aziz, der seit dem 4. Juli in der JVA Leipzig in Abschiebehaft sitzt, soll über Berlin-Schönefeld abgeschoben werden. Bei der Abschiebung wird er von BGS-Beamten derart in den Würgegriff genommen, daß er die Besinnung verliert. Als er zu sich kommt, liegt er – an Händen und Füßen gefesselt – in einem Auto. Dann kommt er wieder in eine Zelle. Aus Angst vor der Abschiebung fügt er sich mit einer Rasierklinge Verletzungen am Bauch zu. Er wird medi-zinisch versorgt und bekommt zwei Beruhigungsspritzen. Bis zum Abend bleibt er gefesselt in der Zelle. Es kommen zwei Beamten, von denen einer ihm mit der Faust gegen den Kopf schlägt und mit den Füßen gegen das Brustbein tritt. Dann gehen sie. Aziz bleibt weiter gefesselt und weinend auf einer Bank sitzen.

     Er wird später in die JVA Offenbach verlegt. Bei einem zweiten Abschiebeversuch am 8. Dezember über den Flughafen Frankfurt gelingt ihm die Flucht. Im Dezember 98 wird er in Leipzig verhaftet und kommt wieder in Abschiebehaft in die JVA Offenbach.

Info-Mappe "Abschiebehaft in Sachsen" S. 21;

FRat Leipzig – Abschiebehaftgruppe

 

18. November 97

 

Nach Mitteilung der Zeitung Bujku Newspaper werden fünf abgelehnte Asylbewerber aus dem Kosovo nach der Abschiebung durch BRD-Behörden auf dem Flughafen in Prishtina durch die serbische Polizei in Haft genommen. Erst am 22. November werden sie freigelassen.

     Wahrscheinlich haben alle versucht, zurück in die BRD zu fliegen. Nur einem von ihnen, Jakup Bajqinca, gelang es noch, seine Familie zu benachrichtigen.

Kosovo Communication W. 49, 8.12.97

 

20. November 97

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Der ghanaische Flüchtling Collins G. wird in den frühen Morgenstunden von Angestellten der ZABH, von Angestellten der Wachschutzfirma B.O.S.S. und von Polizeibeamten im Schlaf überwältigt.

     Bei dem Versuch, ihn abzuschieben, wird G. am Arm schwer verletzt. Er zieht sich eine tiefe Schnittwunde am Unterarm zu, aus der er viel Blut verliert. Er wird zeitweise bewußtlos, ehe er eine Stunde später – lediglich mit Boxershorts bekleidet – ins Krankenhaus gebracht wird.

     Im Laufe einer anschließenden Revolte wird das Inventar der Abschiebeeinrichtung zum Teil zerstört. Nach vier Stunden ergeben sich die restlichen 48 Abschiebegefangenen der Polizei. Sie müssen dann zwischen 8 und 9 Uhr morgens im Freien bei eisiger Kälte mit auf den Rücken gefesselten Händen auf dem Erdboden liegen.

     Nachdem die zehn "Anstifter" in Polizeigewahrsam gebracht worden sind, müssen die restlichen Gefangenen weitere vier Stunden gefesselt in einer Turnhalle auf dem Fußboden ausharren.

     Gegen G. und noch vier weitere Abschiebehäftlinge, die nach Cottbus in Untersuchungshaft gebracht werden, werden Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung eingeleitet.

     Am 28. März 98 scheitert die Abschiebung von Collins G. aufgrund der massiven Proteste von UnterstützerInnen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld – und letztendlich auch

aufgrund der Weigerung des Piloten der bulgarischen Fluggesellschaft, Collins G. mitzunehmen. Am 15. April 98 schließlich wird Collins G. abgeschoben – heimlich.

FFM; BeZ 21.11.97; TS 21.11.97;

FR 21.11.97; taz 21.11.97;

ND 22.11.97; taz 22.11.97; taz 17.3.98

 

21. November 97

 

Der 19 Jahre alte kurdische Flüchtling Sever Öztürk wird nach abgelehntem Asylantrag und nach dreijährigem Aufenthalt in der BRD in die Türkei abgeschoben.

     Dort wird er aufgrund seiner politischen Aktivitäten für die HADEP mehrmals festgenommen und gefoltert. Ihm wird der Kiefer gebrochen, er wird stundenlang an den Füßen aufgehängt, er erleidet Scheinerschießungen, und es wird auch scharf hinter ihm hergeschossen. Er willigt unter der Folter ein, für die Polizei zu arbeiten.

     Im Juni 2003 gelingt ihm die erneute Flucht in die BRD. Bei einer Personenkontrolle in Hannover erfolgt schon zwei Wochen später, am 30. Juni, die Festnahme und der Beginn der Abschiebehaft in der JVA Langenhagen.

     Mitte Juli beginnt er einen Hungerstreik, den er nach 43 Tagen abbricht. Obwohl der Amtsarzt des Abschiebegefängnisses in drei Attesten festgestellt hat, daß dem Flüchtling bei einer Durchführung der Abschiebung wegen Suizidalität Lebensgefahr droht, weigert sich das niedersächsische Innenministerium im August 2003, ihn aus der Haft zu entlassen.

     Vor einiger Zeit hatte der Gefangene die ihm zugeteilten Psychopharmaka heimlich gesammelt, um sie in Selbsttötungsabsicht in größerer Dosierung zu schlucken. Dieser Tablettenvorrat war vom Bewachungspersonal entdeckt worden.

     Nicht einmal seinem Anwalt gelingt es, sein Verfolgungsschicksal zu rekonstruieren. Sever Öztürk ist abwesend, in sich gekehrt, total verstört, und er wiederholt immer wieder: "Ich bin gefoltert worden" und "Ich möchte nicht mehr".

     Aufgrund einer Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie vom 18. September, die mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Hannover eingereicht wird, wird er aus der Abschiebehaft entlassen, weil der Verdacht auf das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung jetzt ernst genommen wird.

Dündar Kelloglu – Rechtsanwalt;

FRat NieSa 15.8.03

 

22. November 97

 

Der 28-jährige Martin Agyare, Flüchtling aus Ghana, wird in einem Regionalzug von Berlin-Wannsee nach Belzig von fünf jugendlichen Deutschen beschimpft, bespuckt und ins Gesicht geschlagen. Als ein Angreifer erneut – diesmal mit der Hertha-BSC-Fahne – auf ihn zugeht, schießt Martin A. ihm mit einer Gaspistole ins Gesicht und flieht zur Schaffnerin, die sich mit ihm im Dienstabteil einschließt und die Polizei ruft.

     Bereits vor drei Jahren – am 17. September 94 – war Martin A. von Deutschen schwer mißhandelt worden (siehe dort).

     Im Juli 98 wird einer der Täter zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, die anderen gehen straffrei aus. Erst durch weitergehende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gelingt es, ZeugInnen zu hören, die Ausrufe der Täter wie "Tötet ihn!" und "Hängt ihn auf!" gehört haben.

taz 25.11.97; BeZ 25.11.97;

BeZ 26.11.97; taz 26.11.97;

BeZ 26.2.98; taz 26.2.98;

BeZ 2.7.98; BeZ 8.12.98

 

26. November 97

 

Im Stadtbereich der Grenzstadt Frankfurt wird der Leichnam einer ertrunkenen Person aus der Oder geborgen.

BT-Drucksache 14/1850

 

26. November 97

 

Zwei Frauen und ein Mann aus Bosnien werden in einem Supermarkt in der Stadt Brandenburg von zwei deutschen Männern beschimpft und beim Verlassen des Marktes mit Steinen und einer Bierdose beworfen.

ALB (adn, TS)

 

29. November 97

 

Um der drohenden Abschiebung zu entgehen, reist der Flüchtling Abdurrahman Kilic "freiwillig" in die Türkei zurück. Schon bei seiner Ankunft in Istanbul wird er eineinhalb Tage auf der Wache festgehalten, kommt dann frei.

     Am 6. Dezember wird er auf dem Busbahnhof in Diyarbakir festgenommen und dann bis zum 14. Dezember auf der Polizeiwache in Bingöl schwer gefoltert. Er schildert seinem Anwalt, daß er bei den Verhören nackt ausgezogen wurde und mit Stromstößen, unter anderem auch an den Genitalien, gequält wurde. Er wurde geschlagen, beleidigt und beschimpft. Ihm wurde angedroht, daß seine Angehörigen, insbesondere seine Ehefrau gefoltert würden, wenn er nicht mindestens sechs PKK-Aktivisten in Bingöl oder in der Bundesrepublik nennen würde. Herr Kilic wird so schwer verletzt, daß er bei der Vorführung vor dem Staatsanwalt nicht mehr stehen kann.

     Am 31.12.97 erhebt das Staatssicherheitsgericht Diyarbakir die Anklage wegen "Hilfeleistung und Unterstützung der illegalen Terrororganisation PKK" und "Mitgliedschaft in der Organisation". Die Anklage stützt sich dabei neben dem Foltergeständnis auf abgehörte Telefongespräche und auf die Aussage eines Denunzianten.

     Das Verfahren gegen Herrn Kilic ist im Mai 2000 noch anhängig, und er befindet sich in Elazig in Haft.

EKD, S. 30 (FRat NieSa);Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, Sept. 98;

Dokumentation vom FRat NieSa, Januar 1999; ai 3.2.99;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Juni 1999;

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000

 

Ende November 97

 

Ein Flüchtling aus dem Sudan versucht, sich in der JVA Mannheim in Abschiebehaft zu erhängen. Verletzt kommt er ins Gefängniskrankenhaus Hohenasperg.

AG für Menschen in Abschiebehaft 25.11.97;

FR 13.12.97

 

1. Dezember 97

 

An der Bundesstraße 14 in der Nähe des bayerischen Ortes Spielhof – unweit der deutsch-tschechischen Grenze – wird ein rumänischer Flüchtling aufgegriffen. Er hat Erfrierungen an beiden Füßen.

BT-Drucksache 14/1850

 

2. Dezember 97

 

Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Schönwalde in Brandenburg. Zwei Menschen werden schwer verletzt, elf erleiden leichtere Verletzungen.

BeZ 5.12.97

 

3. Dezember 97

 

In Weil am Rhein an der deutsch-schweizerischen Grenze wird ein syrischer Flüchtling bei der Kontrolle durch Zoll-Beamte von deren Diensthund durch Bisse verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

3. Dezember 97

 

Ein 29-jähriger Flüchtling aus Togo wird nachts am Bahnhof in Belzig im Landkreis Potsdam-Mittelmark von drei deutschen Männern rassistisch beschimpft und von einem Täter ins Gesicht geschlagen. Als er sich wehrt, erstatten die Täter Anzeige gegen ihn.

BeZ 3.12.97; MOZ 4.12.97; ALB (TS)

 

3. Dezember 97

 

Der Versuch, den suizidgefährdeten, völlig abgemagerten und leicht verwirrten Flüchtling Nestor Koffigou nach Togo abzuschieben, scheitert auch beim zweiten Versuch. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt.

     Beim dritten Versuch gelingt die Abschiebung, zumal Nestor Koffigou im Flugzeug von vier Beamten begleitet wird. Im Januar 1998 meldet er sich telefonisch bei deutschen Freunden und erzählt, daß es ihm gelungen ist, außerhalb von Togo auf freien Fuß zu kommen.

JWB 11.12.97; FRat Thür Info Nr. 1/98

 

3. Dezember 97

 

Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Duisburg.

PDS im Bundestag-www (jW 5.1.297)

 

5. Dezember 97

 

Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern. Bei einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen jugendlichen Flüchtlingen aus Afrika und jungen Deutschen wird mindestens ein Jugendlicher verletzt. Die Polizei ermittelt wegen Landfriedensbruchs.

taz 8.12.97

 

9. Dezember 97

 

Bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim in Hagen in Westfalen werden von den 20 BewohnerInnen 10 Personen zum Teil schwer verletzt.

taz 12.12.97

 

10. Dezember 97

 

Ein 57 Jahre alter kurdischer Flüchtling wird in Potsdam beim Bassinplatz von drei Jugendlichen geschlagen und beraubt. Er kommt ins Krankenhaus und ist am nächsten Tag noch nicht ansprechbar. Die Täter sind flüchtig.

BeZ 11.12.97; ND 12.12.97; ALB (adn)

 

12. Dezember 97

 

Landesgemeinschaftsunterkunft Tambach-Dietharz in Thüringen. Als die Polizisten einen algerischen Flüchtling zur Abschiebung abholen wollen, fügt dieser sich mit einem Messer Schnittverletzungen zu und springt dann aus dem zweiten Stockwerk des Gebäudes.

     Er kommt verletzt ins Haftkrankenhaus Naumburg und anschließend in Abschiebehaft.

FRat Thür Info Nr. 1/98

 

12. Dezember 97

 

Der kurdische Flüchtling Hüseyin Genc wird nach abgelehntem Asylantrag nach Istanbul abgeschoben. Dort wird er unmittelbar von der Flughafenpolizei festgenommen und im Laufe der nächsten 48 Stunden verhört und massiv geschlagen. Ihm werden PKK-Aktivitäten in Deutschland vorgehalten.

     Da sein Herkunftsort Nusaybin zerstört ist, geht Hüseyin Genc nach seiner Freilassung nach Girmeli bei Nusaybin zu seiner Mutter. Bereits nach kurzer Zeit wird er von Staatsbeamten aufgefordert, als Dorfschützer zu arbeiten.

     Am 29. Dezember 97 nimmt ihn das Militär fest. Über sechs Stunden lang wird er bedroht und geschlagen, weil er sich immer noch weigert, als Dorfschützer und Spitzel zu arbeiten.

     Zwei Wochen später wird Hüseyin Genc erneut auf die Wache gebracht und diesmal schwer gefoltert. Aus Angst um sein Leben flieht er erneut in die BRD, wo er ein Jahr später, am 8. Dezember 98, als Asylberechtigter anerkannt wird.

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000

 

13. Dezember 97

 

Im brandenburgischen Forst an der deutsch-polnischen Grenze wird eine ertrunkene Person aus der Neiße geborgen. Sie kann nicht identifiziert werden.

BT-Drucksache 14/1850

 

13. Dezember 97

 

Das Flüchtlingsheim in Greifswald-Ladebow wird in dieser Nacht zweimal überfallen. Kurz vor und dann nach Mitternacht dringen acht bis zehn Jugendliche mit Axt, Stöcken und Baseballschlägern bewaffnet in das Heim ein und skandieren Naziparolen. Vier Täter können festgenommen werden.

     In dem Heim sind 16 Flüchtlinge aus Vietnam und dem ehemaligen Jugoslawien untergebracht.

taz 15.12.97; FR 15.12.97;

OZ 15.12.97; TS 16.12.97

 

Mitte Dezember 97

 

Ein algerisches Ehepaar mit Kind soll abgeschoben werden. Die Polizeibeamten kommen morgens um 4.30 Uhr in die Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Welzheim. Nachdem auf das Klopfen niemand öffnet, wird die Tür durch die Polizei eingetreten, wodurch im ganzen Heim Schrecken und Panik entstehen.

     Am Frankfurter Flughafen stellen die Beamten fest, daß sie fälschlicherweise das Kind einer anderen Familie mitgenommen haben.

EKD, S. 43 (DWW)

 

17. Dezember 97

 

Der 70-jährige Flüchtling aus dem Kosovo, Herr Muhamet Islami Gjeli (Gjelaj), soll aus dem niederbayerischen Kelheim über München nach Prishtina abgeschoben werden. Tatsächlich landet der herzkranke Mann allerdings auf dem serbischen Militärflughafen Nis, wo er nach seiner Ankunft stundenlang verhört und mißhandelt wird.

(siehe auch: 28. Februar 98)

BeZ 13.3.98; FR 14.3.98;

FRat Bayern, Michael Stenger, 22.3.98

 

18. Dezember 97

 

Im bayerischen Bettmannsäge bei Zwiesel an der deutsch-tschechischen Grenze wird ein Rumäne nach seinem "unerlaubten" Grenzübergang von einem Diensthund des BGS in den rechten Fuß gebissen.

BT-Drucksache 14/1850

 

23. Dezember 97

 

In Weil am Rhein an der deutsch-schweizerischen Grenze wird ein albanischer Flüchtling bei seiner Festnahme von einem Zollhund gebissen und verletzt.

BT-Drucksache 14/1850

 

26. Dezember 97

 

Chemnitz in Sachsen. Der 27 Jahre alte iranische Asylbewerber N.N. will Verwandte in Westdeutschland besuchen. Auf dem Bahnhof erhält er nach eigenen Angaben einen Schlag auf den Hinterkopf und verliert das Bewußtsein.

     Zweieinhalb Monate später erwacht er aus dem Koma. Wegen schwerer Verbrennungen sind ihm in der Zwischenzeit beide Beine und der rechte Arm amputiert worden.

     Ihm wird berichtet, daß er auf den Gleisen des Bahnhofs gefunden worden war und daß die Verbrennungen wahrscheinlich durch Stromstöße entstanden sind.

BDB 12.1.99

 

29. Dezember 97

 

Der 39-jährige bosnische Asylbewerber Salko L. erhängt sich mit seinem Hosengürtel am Fensterkreuz seiner Zelle der psychologisch-neurologischen Abteilung des Justizverwahranstalt Tegel. Eine Justizsprecherin sagt aus, daß Salko L. "nicht akut selbstmordgefährdet" war und ihm deshalb der Gürtel nicht abgenommen worden sei.

     Er war zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden, nachdem er im Januar versucht hatte, mit einer Flugzeugentführung seine Abschiebung nach Bosnien zu verhindern. (siehe auch: 7. Januar 97)

taz 8.1.97;

BeZ 30.12.97; BeZ 31.12.97

 

30. Dezember 97

 

Abschiebegefängnis Rottenburg in Baden-Württemberg. Joseph Gyimah protestiert seit 14 Tagen zusammen mit anderen Gefangenen mit einem Hungerstreik gegen die Inhaftierung und die drohende Abschiebung. Trotzdem soll der

31-jährige ghanaische Flüchtling heute abgeschoben werden. Aufgrund seiner Gegenwehr wird er von BGS-Beamten am Düsseldorfer Flughafen brutal mißhandelt. Danach wird ihm eine "Ruhigspritzung" angedroht.

     Wegen der Benutzung der Fotokopie des Passes und des Sozialversicherungsausweises eines Bekannten kam der abgelehnte Asylbewerber für 14 Monate in Strafhaft in Stammheim. Im September 1997 wurde er in das Abschiebegefängnis Rottenburg verlegt.

     Joseph Gyimah muß in Ghana mit der Todesstrafe rechnen. (siehe auch: 22. April 98)

Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft;

Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft 10.1.98;

Tübinger Bündnis gegen Abschiebehaft 30.4.98

 

Ende Dezember 97

 

Ein Flüchtling aus dem Kosovo wird aus der BRD zwangsweise abgeschoben. Schon bei der Rückkehr wird er von serbischen Beamten schwerstens mißhandelt. Wegen seiner vorherigen politischen Arbeit im Kosovo ist sein Leben in Gefahr. Auch vier Monate nach seiner Abschiebung wird er gesucht, verfolgt, lebt in der Anonymität, wechselt ständig seinen Aufenthaltsort.

ZDF "Frontal", 28.4.98

 

Dezember 97

 

Hamburger Hafen. Der 20 Jahre alte Flüchtling Florence Boquart (phonetisch) aus Ruanda wird auf einem Kakaofrachter unterdecks bewußtlos gefunden. Er war bei sommerlichen Temperaturen in Westafrika auf das Schiff geschlichen, war dann allerdings durch die zunehmende Kälte ins Koma gefallen. Erst im Hamburger Krankenhaus kommt er wieder zu sich. Seine Erfrierungen dritten und vierten Grades können zum Teil nur operativ behandelt werden. Während vierer Operationen werden Amputationen an seinen Beinen durchgeführt.

ZDF-reportage "Zwischen Traum und Alptraum 8.5.98

 

 

 

 

Im Jahre 1997

 

Bundesland Thüringen. Der nigerianische Flüchtling John Paul wird in diesem Jahr dreimal von Nazis beleidigt und angegriffen. Seine Anträge auf Umverteilung in ein anderes Flüchtlingsheim werden von der Ausländerbehörde immer wieder abgelehnt.  (siehe auch: 28. Juni 00)

 Bericht des Betroffenen;

Karawane – Bremen

 

 

Im Jahre 1997

 

Um seiner Abschiebung zuvorzukommen, reist der algerische Flüchtling B. K. nach abgelehntem Asylantrag über Frankfurt und Lyon nach Oran, in der Hoffnung, so einem Verhör zu entgehen. Bereits bei der Paßkontrolle in Oran wird er festgenommen und kommt für drei Tage und Nächte in Haft. Zu Essen bekommt er in dieser Zeit nicht – nur Wasser. Ab dem vierten Tag beginnen Verhöre, die sich um seinen Asylantrag in der BRD und um seine politische Betätigung drehen. Er muß Bedrohungen, Schläge und Mißhandlungen über sich ergehen lassen. Nach 10-tägiger Tortur wird B. K. in das Gefängnis Mers El Kebir verlegt. In einer Zelle mit bis zu 15 Menschen und unter unerträglichen hygienischen Zuständen geht die Qual weiter. Immer wieder werden Gefangene abgeholt, die nie wieder zurückkommen und allen ist klar, daß sie getötet wurden. Täglich hören sie die Schreie der mißhandelten Mitgefangenen.

     Auch Frau K. ist mit den vier Kindern inzwischen "freiwillig" nach Algerien zurückgekehrt. Sie erfährt, daß ihr Mann bei seiner Familie "nie angekommen" ist.

     Nach langem Suchen und der Zahlung von Bestechungsgeldern bekommt Frau K. die Information, daß ihr Mann sich seit fünf Monaten im Gefängnis befindet. Nach sieben Monaten Haft wird er entlassen – allerdings unter der Auflage, Spitzeldienste für die Behörden zu leisten. Gleichzeitig wird noch ein Prozeß gegen ihn angestrengt.

     Um einer erneuten Verhaftung zu entgehen, flieht er ein zweites Mal in die BRD und stellt einen Asylfolgeantrag.

     Er ist physisch und psychisch gebrochen. Er begibt sich zur Behandlung in ein Zentrum für Folteropfer.

Pax Christi – Rheinbreitbach 15.9.97; inamo Nr. 14/15 – 1998

 

 

Im Jahre 1997

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Nach 6 Monaten Gefangenschaft in der Unterkunft schneidet sich Frau H. L. aus Äthiopien unter der Dusche die Pulsadern auf. Sie erleidet einen hohen Blutverlust und wird nach medizinischer Versorgung in die Psychiatrie verlegt.

FRat Frankfurt – Asylnachrichten März/April 97, S. 22

 

 

Im Jahre 1997

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Aus Angst vor der Zurückschickung schneidet sich der Flüchtling J. P. aus Pakistan die Pulsadern auf. Vier Tage später droht er, sich wieder die Pulsadern zu öffnen, und setzt diese Absicht am Abend in die Tat um. Drei Tage später erleidet er einen Nervenzusammenbruch, randaliert im Speiseraum, schlägt Fensterscheiben ein und wird schließlich in die Psychiatrie eingeliefert. Am nächsten Tag wird er einem Richter vorgeführt und zwei Tage später ins BGS-Landesvollzugskrankenhaus (Psychiatrie) eingeliefert.

     Nach weiteren vier Tagen erfolgt die Zurückschiebung nach Pakistan.

FRat Frankfurt – Asylnachrichten März/April 97, S. 22

 

 

Im Zeitraum zwischen 1994 bis 1997

 

Als ein türkischer Militärdienst-Verweigerer von seiner Ausreisepflicht erfährt, unternimmt er einen Selbsttötungsversuch. Er läßt sich von einem Zug überrollen und kommt schwer verletzt in ein Krankenhaus; anschließend sofort in das Abschiebegefängnis in Büren. Zwei Monate später erfolgt seine Abschiebung in die Türkei.

Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren