zur Hauptseite                                                        Zusammenfassung  1993 - 1995

Kürzel-Erklärung

Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und
ihre tödlichen Folgen 
1995

 

4. Januar 95

 

Bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim in Zell im Wiesental in Südbaden kommen zwei Mädchen im Alter von zwei und vier Jahren ums Leben. Ihre Mutter und eine Schwester erleiden Brandverletzungen. Die Opfer stammen aus dem Kosovo.

taz 5.1.95; Konkret 4/95, S. 25

 

6. Januar 95

 

Die Hamburger Justizbehörden gestehen der Tageszeitung taz gegenüber ein, daß die Gefangenen des Abschiebegefängnisses Glasmoor in Norderstedt auch jetzt im Winter den Hofgang nur in Sandalen machen dürfen.

Glasmoorgruppe

 

6. Januar 95

 

Wegen eines Anschlags auf ein Asylbewerberheim in Zwickau wird ein 20-jähriger Mann zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt.

taz 7.1.95

 

8. Januar 95

 

In Mellendorf bei Hannover brennt ein Wohncontainer für Flüchtlinge völlig aus. Eine 27-jährige Serbin aus Belgrad und drei ihrer Kinder kommen in den Flammen ums Leben. Brandstiftung.

taz 8.1.95; BeZ 9.1.95; taz 9.1.95;

Konkret 4/95, S. 25; UNITED (Guardian)

 

18. Januar 95

 

Der 30 Jahre alte Dozent der Ingenieurwissenschaften Professor Davinder Pal Singh Bhullar wird mit einer Lufthansa-Maschine nach Indien abgeschoben. Am Indira Ghandi International Airport in Neu Delhi erfolgt seine Übergabe durch Lufthansa-Personal an die indische Einwanderungsbehörde. Hier wird er sofort festgenommen und kommt in Untersuchungshaft.

    Herrn Bhullar wird die Beteiligung an einem 1993 in Neu Delhi verübten Bombenattentat vorgeworfen. Unter Folter entsteht ein "Geständnis", das er später widerruft.

    Am 24. August 2001 wird Davinder Pal Singh Bhullar allein aufgrund des erzwungenen "Geständnisses" zum Tode verurteilt. Am 22. März 2002 hat die Revision beim Supreme Court of India keinen Erfolg. Der Vorsitzende Richter plädiert allerdings mit Minderheitenvotum auf Freispruch, da er Prof. Singh Bhullars "Geständnis" als nicht ausreichend untermauert sieht.

    Im Rahmen eines Berufungsverfahrens sprechen sich am 17. Dezember 2002 erneut zwei von drei Richtern für die Todesstrafe aus. Die Entscheidung über ein Gnadengesuch vom 16. Januar 2003 hat der indische Präsident Abdul Kalam auch im Januar 2004 noch nicht gefällt. Bei negativer Entscheidung ist damit zu rechnen, daß die Hinrichtung unmittelbar nach dem Urteil erfolgt.

    Davinder Pal Singh Bhullar war vor seiner Flucht aus Indien als Führungsmitglied der Khalistan-Liberation-Force und der Sikh Student Federation politisch aktiv. Ab 1983 war er mehrere Male von der Polizei festgenommen und zum Teil wochenlang mißhandelt worden. Im April 1992 erfuhr er, daß sein Vater von der Polizei umgebracht worden war. Später wurden sein Cousin und sein Onkel festgenommen, um den Aufenthalt von Bhullar herauszubekomen. Als Herr Bhullar 1994 erfuhr, daß auch sein Onkel umgebracht worden war, beschloß er, nach Kanada zu fliehen.

    Im Frankfurter Flughafen fielen seine gefälschten Papiere auf, und er wurde – diesmal von deutscher Polizei – festgenommen. Er beantragte Asyl, das trotz intensiver Bemühungen seines Anwaltes abgelehnt wurde.

    Am 6. Oktober 1997, knapp zwei Jahre nach der Abschiebung, stellte das Frankfurter Verwaltungsgericht rechtskräftig fest, daß die Abschiebung von Davinder Pal Singh Bhullar nicht hätte stattfinden dürfen, weil drohende Folter und Todesstrafe eindeutig Abschiebehindernisse darstellen.

    Das im Jahre 2003 gestellte Gnadengesuch wird im Mai 2011 vom Staatspräsidenten Mukherjee abgelehnt.

    Der Versuch der Anwälte, eine "unzulässige Verzögerung" des Verfahrens aufgrund der 8-jährigen Dauer bis zur Entscheidung des Gnadengesuches beim Obersten Gerichtshof geltend zu machen und zu erwirken, daß die Todesstrafe in eine Haftstrafe umgewandelt wird, scheitert wegen der "Schwere des Verbrechens", so das Gericht am 12. April 13.

    Im Mai 2013 setzen sich der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck und der Bundesaußenminister Guido Westerwelle bei ihren indischen Politiker-Kollegen für eine Umwandlung der Todesstrafe in eine Haftstrafe ein.

    Davinder Pal Singh Bhullar befindet sich seit 18 Jahren in indischer Haft. Er hat mehrmals versucht, sich das Leben zu nehmen, leidet an schweren Depressionen und Symptomen einer Psychose und befindet sich zur Zeit in einer psychiatrischen Einrichtung.

    Im Oktober 2013 ist für Davinder Pal Singh Bhullar noch kein Hinrichtungstermin festgesetzt, doch ihm droht nach wie vor unmittelbar die Hinrichtung.

    Auf der Grundlage einer Grundsatzentscheidung des indischen Verfassungsgerichts im Januar 2014 geben die Richter des höchsten Gerichts ein neues ärztliches Gutachten in Auftrag, in dem geprüft werden soll, ob Davinder Pal Singh Bhullar an einer psychischen Krankheit leidet – denn auch psychisch Kranke dürfen nicht gehängt werden. Damit ist seine Hinrichtung zunächst gestoppt.

    Im Februar 2014 teilt die Regierung in Neu Delhi dem Obersten Gerichtshof mit, daß Davinder Pal Singh Bhullar aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht hingerichtet werde.

Gerd Nogossek – Rechtsanwalt;

Natalie Westerbarkey – Volljuristin;

ai Juli 2002: FR 13.7.02;

ai Schweiz 15.7.11;

taz 10.5.13; ai Schweiz 23.8.13;

ai Schweiz 4.10.13;

Focus 31.1.14; ntv 27.2.14

 

20. Januar 95

 

Der 26 Jahre alte Amar Tahir (Mahmoud Tahir) aus Algerien erhängt sich nach 9 Monaten Abschiebehaft in der JVA Wittlich in Rheinland-Pfalz. Die Selbsttötung geschieht zwei Tage nach einer Zwangsvorführung beim algerischen Generalkonsulat in Ingelheim.

FR 28.1.95; jW 1.2.95; Pro Asyl*;

 UNITED (Was geht ab?; morgengrauen);

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

21. Januar 95

 

In der Ortschaft Rehefelde nahe der tschechisch-deutschen Grenze wird um 6.15 Uhr der Tod des türkischen Flüchtlings Kazim K. festgestellt. Er ist der Erschöpfung und der Unterkühlung erlegen. Dies teilen die Beamten des Grenzschutzamtes Pirna dem Onkel des Verstorbenen mit.

Infobrief Asyl 1/95

 

3. Februar 95

 

In Folge einer Polizeiaktion in einem Münchener Containerlager stirbt Sammy N.

    Augenzeugen berichten, der 26-jährige Flüchtling aus Liberia sei, als er sich seiner Festnahme widersetzte, solange geschlagen worden, bis er blutüberströmt und reglos am Boden lag. Die Polizei gibt an, Sammy N. sei an einer toxischen Substanz gestorben, die er in einem kondom-ähnlichen Behältnis geschluckt habe. Blutige Verletzungen leugnet die Polizei, während die Augenzeugen berichten, die erheblichen Blutspuren seien von uniformierten Beamten weggewischt worden.

KlaroFix, März 95;

UNITED (Was geht ab?)

 

9. Februar 95

 

Yohannes Alemu aus Äthiopien, 27 Jahre alt, stürzt sich von der Nibelungenbrücke in Regensburg in die eisige Donau. Er ertrinkt. 28 Tage später wird sein Leichnam 16 Kilometer stromabwärts gefunden.

    Der Journalist Yohannes Alemu trat im Alter von 23 Jahren der AAPO (All Amhara Peoples Organisation) bei. Diese Organisation vertritt die Interessen der Amharen – neben den Oromo eine der größten Volksgruppen – und setzt sich für die Einigung des Landes und das friedliche Zusammenleben aller Gruppen in Äthiopien ein. Wegen seiner regierungskritischen Arbeit bei der AAPO und Treffen mit ausländischen Diplomaten wurde Yohannes Alemu am 15. Februar 93 in Addis Abeba verhaftet und drei Tage lang geknebelt, geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert.

    Aufgrund seiner Kontakte konnte er von der Deutschen Botschaft ein Touristenvisum erhalten und am 16. Juli 93 in die BRD einreisen. Gleichzeitig wurden in Äthiopien sein ehemaliger Vermieter bedroht und sein Bruder verhaftet.

    Yohannes Alemu beantragte am 30. Juli 93 politisches Asyl, hatte am 11. August die erste Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und erhielt am 24. November einen negativen Bescheid mit der Begründung, wer ein Touristenvisum erhalten habe, könne so verfolgt nicht sein. Dagegen klagte sein Rechtsanwalt am 17. Dezember 93 und wies auf die herausragende Stellung hin, die sein Mandant als Pressesprecher im äthiopischen Finanzministerium bekleidet hatte. Acht Monate später folgten zwei mündliche Verhandlungen am Verwaltungsgericht Regensburg, wofür Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde. Dies konnte als Indiz für einen voraussichtlichen Erfolg gewertet werden.

    Mit Urteil vom 13. Dezember 94 wurde sein Asylantrag jedoch erneut abgelehnt. Yohannes Alemu konnte aus finanziellen Gründen nicht alle für das Asylverfahren relevanten Dokumente offiziell übersetzen lassen; manche wichtigen Unterlagen erhielt er auch zu spät. Außerdem konnte er keine Namen aus AAPO-Zusammenhängen nennen, ohne Freunde in Gefahr zu bringen. Ferner hatte der amtliche Dolmetscher bei der ersten Anhörung einige Aussagen durch seine Art der Übersetzung widersprüchlich erscheinen lassen, und der Richter wurde von ZeugInnen der Gerichtsverhandlung als sehr tendenziös geschildert.

    Am 23. Dezember 94 wurde ein Antrag auf Zulassung der Berufung am Verwaltungsgerichtshof gestellt. Yohannes Alemu erhielt am 9. Februar 95 die Mitteilung der endgültigen Ablehnung; gleichzeitig wurde seine Aufenthaltsgestattung nicht verlängert und die Abschiebung angedroht.

    "Wenn ich zurück muß, bin ich tot", hatte Journalist Yohannes Alemu vor seinem Tod zu Freunden gesagt. "Jetzt, als Toter, bekommst du Asyl. Auf einem bayerischen Friedhof", lautet die bittere Anklage bei seinem Begräbnis.

SZ 16.3.95; Pro Asyl*; taz 27.7.95;

FRat NieSa Rundbrief 30, Okt. 95

UNITED (morgengrauen; Antifa. Nachr.; ESG);

IMEDANA 26.10.00;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

10. Februar 95

 

Ein unbenannter Flüchtling aus Gambia wird im Zug von Hamburg nach Bremen erstochen aufgefunden.

UNITED (CARF; IRR; Searchlight)

 

10. Februar 95

 

Der nach Syrien abgeschobene christliche Flüchtling Ashrem Hanna ist unmittelbar nach seiner Ankunft in Damaskus vom Geheimdienst abgeführt und verschleppt worden.

taz 11.2.95

 

11. Februar 95

 

Seit Monaten ist bekannt, daß aus der BRD nach Algerien abgeschobene Flüchtlinge schon auf dem Flughafen in Algier verhaftet werden. Viele tauchen nie wieder auf. Die dortigen Behörden behaupten oft, der Flüchtling sei nie in Algerien angekommen.

    Beispiel: Ende November 94 kündigt sich Moussa Touibregueba aus der Abschiebehaft Uelzen bei seiner Mutter in Algerien an. Moussa wird dann über Frankfurt/Main nach Algier abgeschoben. Die algerischen Behörden wissen von nichts, obwohl Moussa vor seiner Abschiebung beim algerischen Konsulat in Niedersachsen zwangsverhört worden war.

ai; taz 7.2.95

 

15. Februar 95

 

Der abgelehnte Asylbewerber Antoine Emmanuel wird in seiner Unterkunft in Tauberbischofsheim abgeholt und über den Flughafen Stuttgart nach Zaire abgeschoben. Für ihn und fünf weitere Abgeschobene erfolgt auf dem Flughafen die sofortige Verhaftung durch Soldaten.

    Er kommt in das Gefängnis Luzumu, das sich in der Stadt Kaza-Ngulu befindet. Hier wird er geschlagen, gefoltert und muß wochenlang in kaltem Wasser stehen.

    Am 22. August gelingt ihm die Flucht aus dem Gefängnis, und acht Tage später erreicht er Angola. Seine körperliche und psychische Verfassung ist sehr schlecht.

Aktion Abschiebestop

 

17. Februar 95

 

Der kurdische Flüchtling "Rodi" (Name geändert) wird zum zweiten Mal abgeschoben, obwohl er mit einer deutschen Frau verheiratet ist. In Istanbul wird er verhaftet, geschlagen und während der Verhöre mit Elektroschocks und Bastonade (Stockschlägen auf die Fußsohlen) gefoltert. Vermutlich aufgrund der Anwesenheit seiner deutschen Ehefrau wird er wieder freigelassen. Nach seiner Rückkehr in die BRD wird sein Asylantrag positiv entschieden.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98

 

17. Februar 95

 

Bremen. Der 17-jährige kurdische Flüchtling Halim B. soll abgeschoben werden. Noch in Abschiebehaft in der Ostertorwache schneidet er sich mit einem Flaschenhals die Pulsadern auf. Er kommt vorerst ins Krankenhaus.

    Auch nach dem Selbsttötungsversuch besteht die Ausländerbehörde auf der sofortigen Abschiebung in der nächsten Woche.

    Erst durch weitere rechtliche Schritte bis hin zu einer Verfassungsbeschwerde und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit konnte erreicht werden, daß Halim B. eine mehrjährige psychiatrische Behandlung zugebilligt wird.

taz 18.2.95; taz 20.7.95;

Hans-Eberhard Schultz – Rechtsanwalt

 

21. Februar 95

 

Ein vier Monate (!) altes afghanisches Kind, das in München geboren wurde und dessen Mutter einen Asylantrag gestellt hatte, bekommt Post vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge.

    Darin heißt es, daß der Asylantrag abgelehnt ist und daß keine Abschiebehindernisse nach § 53 AuslG vorlägen. Der Kläger (also das Kind) wird aufgefordert, die BRD innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Andernfalls müsse eine Abschiebung nach Afghanistan oder in ein anderes Land veranlaßt werden.

    Das Verwaltungsgericht München erkennt ein Abschiebehindernis an. Der inzwischen zwei Jahre alte Junge bekommt eine Duldung für drei Monate mit der Möglichkeit der Verlängerung und der Bemerkung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet".

SZ 17.9.97

 

26. Februar 95

 

Der 36-jährige Ingenieur Abijou Tilaye, der nach 5-monatiger Abschiebehaft nach Äthiopien abgeschoben werden soll, erhängt sich in der JVA in Würzburg mit einem Kleidungsstück. Fünf Tage zuvor war er, in Handschellen gefesselt, zusammen mit seiner ebenfalls seit fast einem halben Jahr in Abschiebehaft befindlichen Ehefrau in der äthiopischen Vertretung in Bonn zwangsvorgeführt worden.

    Abijou Tilaye wurde in Äthiopien als Mitglied der AAPO (Organisation aller Amharen) am 13. Dezember 93 verhaftet und bis zum 28. Januar 94 ohne Haftbefehl und Gerichtsverhandlung in einer Polizeistation in Keftenia festgehalten. Er wurde geschlagen, ausgepeitscht und durch Schlafentzug mißhandelt. Als seine Frau seinen Aufenthaltsort erfuhr, informierte sie amnesty international, nach deren Intervention Abijou Tilaye mit Auflagen entlassen, aber beschattet wurde.

    Bei seinem ersten Versuch, ein Visum für Deutschland zu beantragen, wurde er erneut festgenommen und erst nach Zahlung einer Kaution und einer Bürgschaft seines Schwagers freigelassen. Am 8. April 94 konnte Herr Tilaye mit einem Visum unter Umgehung der Flughafenkontrolle (er hatte dort gearbeitet) in die BRD einreisen und einen Asylantrag stellen. Seine Frau folgte zwei Tage später. Die beiden Kinder wurden bei Verwandten untergebracht.

    Es folgte der bekannte Ablauf von Anhörung, Ablehnung, Klage und Ablehnung, bei deren Zustellung die Eheleute unglücklicherweise nicht angetroffen wurden. Da sie sich bei der Ausländerbehörde nicht abgemeldet hatten, nahm diese an, sie seien ‚untergetaucht’, und ordnete die Festnahme an. Als das Ehepaar von einem Besuch bei Verwandten am 19. September 94 zum Flüchtlingslager zurückkehrte, wurde es von der Polizei verhaftet und auf Beschluß des Amtsgerichts Würzburg in Abschiebehaft genommen. Nach drei Monaten wurde für beide die Haftverlängerung bestätigt.

    Es folgte die Zwangsvorführung in der äthiopischen Botschaft. Dort verweigerte Abijou Tilaye die Unterschrift, weil er fest damit rechnete, bei der Rückkehr sofort beseitigt zu werden; seine Frau unterschrieb die Rückreisedokumente. Die Bilanz seines Lebens, kurz vor dem Suizid einem Betreuer gegenüber geäußert, lautete: "Mein größter Fehler war es, nach Deutschland zu gehen und dort Asyl zu beantragen."

    Der Abschiebetermin seiner Ehefrau wurde zunächst verschoben, damit sie ihren Mann beerdigen könne. Sie musste jedoch in eine Klinik für Psychiatrie gebracht werden, da sie nach dem Tod ihres Mannes und fünf Monaten Abschiebehaft suizidgefährdet war. Jahrelang mußte sie amtsärztliche Untersuchungen wegen Reiseunfähigkeit ertragen, um zumindest eine Verlängerung der Duldung zu erreichen. Seit Mai 1998 besitzt sie eine Aufenthaltsbefugnis für die BRD. Bis heute hat sie den Suizid ihres Mannes jedoch nicht verarbeiten können.

UNITED (SZ; Antifa. Nachr.; ESG);

taz 3.3.95; ND 3.3.95;

taz 11.3.95; SZ 16.3.95; FR 5.4.95;

taz 27.7.95; Pro Asyl*;

Bayerischer Landtag Drucksache 14/3299;

IMEDANA 26.10.00;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

28. Februar 95

 

In einer Flüchtlingsunterkunft im hessischen Usingen stürzt sich ein 35 Jahre alter Afghane in Suizidabsicht aus einem Fenster im dritten Stock. Er zieht sich zahlreiche Knochenbrüche zu.

Konkret 6/95, S. 25

 

Anfang März 95

 

Das Ehepaar Komlan M. A. und Akou B. M. kehrt – nach abgelehntem Asyl in Deutschland – heimlich über die "grüne Grenze" nach Togo zurück.

    Am 5. April wird Komlan M. A. auf einer Baustelle verhaftet und erlebt schwere Schläge auf dem Polizeirevier. Dann kommt er ins Gefängnis, wo er zur Zwangsarbeit eingeteilt wird. Am 29. Dezember gelingt ihm mit Hilfe eines Wachsoldaten die Flucht.

    Am nächsten Tag wird seine Frau Akou B. M. verhaftet. Sie hatte schon eine Totgeburt, als sie von der Inhaftierung ihres Mannes erfuhr. Nun wird ihr gezielt auf den Unterleib geschlagen. Anschließend kommt sie in eine Dunkelzelle.

    Auf Veranlassung ihrer Schwester verhilft ihr am nächsten Tag ein Soldat zur Flucht.

    Sie flieht nach Cotonou und trifft am 4. Februar 96 wieder in der BRD ein, wo sie zunächst medizinisch behandelt werden muß. Drei Wochen später gelingt auch ihrem Mann die Wiedereinreise nach Deutschland.

Aktion Abschebestop

 

3. März 95

 

Der togoische Flüchtling A. Z., Mitglied der Union des Forces du Changement (UFC) in Togo, wird über Düsseldorf mit seinem eigenen Paß abgeschoben. Am Tag zuvor war ihm mitgeteilt worden, daß seine Abschiebung geplant sei, und er war umgehend festgenommen worden.

    Bei einem Zwischenstop in Accra (Ghana) gelingt ihm die Flucht vom Flughafengelände. Da er während der Abschiebung von BGS-Beamten am Kopf schwer verletzt wurde, muß er sich zunächst medizinisch behandeln lassen.

Aktion Abschiebestop

 

11. März 95

 

Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in der Kasseler Innenstadt. Der Brand wird entdeckt und gelöscht, bevor größerer Schaden entstehen kann.

Konkret 6/95, S. 26

 

12. März 95

 

Der 22 Jahre alte Flüchtling El Kadaoui aus Marokko stirbt im Krankenhaus an den Folgen eines Selbsttötungsversuches, den er zwei Wochen zuvor in der Abschiebehaft im Jugendgefängnis Wiesbaden beging.

jW 14.3.95*; taz 14.3.95;

 FR 2.3.95; Konkret 6/95, S. 25

 

14. März 95

 

In einem Flüchtlingsheim in Teltow – südlich von Berlin – entsteht ein so großer Brand, daß 40 Personen zeitweise evakuiert werden müssen. Eine Frau erleidet eine Rauchvergiftung. Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen.

jW 15.3.95

 

17. März 95

 

Ein 34-jähriger Flüchtling aus Algerien steckt seine Zelle in der Justizvollzugsanstalt Mannheim in Brand und versucht sich anschließend zu erhängen. Ihm stand die Abschiebung direkt bevor.

taz 18.3.95

 

21. März 95

 

JVA Büren – Abschiebegefängnis in Nordrhein-Westfalen. In einer mit drei Personen belegten Sechs-Bett-Zelle im 2. Obergeschoß brennt es um 21.30 Uhr lichterloh. Zwei

 

Libanesen und ein Iraner, die Bewohner der Zelle, ein Algerier aus der Nachbarzelle und ein Justizmitarbeiter werden schwer verletzt und kommen ins Krankenhaus.

Der Patriot 22.3.95; taz 22.3.95;

Der Patriot 23.3.95;

Der Patriot 27.3.95

 

27. März 95

 

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage brennt eine leerstehende Unterkunft für Asylbewerber in Darmstadt in Hessen ab.

Konkret 6/95, S. 25

 

29. März 95

 

Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Castrop-Rauxel in Nordrhein-Westfalen. BewohnerInnen finden eine mit Benzin gefüllte und entzündete Getränkedose unter einem vor dem Haus geparkten Wagen. Sie können einen Brand verhindern.

Konkret 6/95, S. 25

 

31. März 95

 

Eine abgelehnte Asylbewerberin wird mit ihren beiden Kindern in die Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) abgeschoben. Nach kurzer Befragung kann sie den Flughafen verlassen, wird aber in der Folgezeit immer wieder von der Polizei aufgesucht und zu Verhören mitgenommen. Die Befrager sind an dem Aufbau von Exil-Organisationen in der BRD interessiert. Weil die Frau keine ausreichenden Informationen mitteilt, wird sie inhaftiert. Nach Auskunft ihrer Familie ist es auch im Februar 98 noch nicht gelungen, ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen.

Aktion Abschiebestop

 

Ende März 95

 

Von Jahresbeginn bis heute legten Gefangene im Abschiebegefängnis Büren in ihren Zellen insgesamt dreimal Feuer, um gegen die Haft zu protestieren.

(incl. 21. März 95)

Off limits Nr. 9 Mai/Juni 1995

 

März 95

 

Im Zeitraum vom Dezember 94 bis zum März 95 haben drei Rumäninnen versucht, sich in der Abschiebehaft im sächsischen Stollberg umzubringen. Zwei Frauen wurden nach ihren Selbsttötungsversuchen abgeschoben.

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

8. April 95

 

In der Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis in Hamburg erhängt sich Gibrel Kassimoi (Gibriel C.; Djibril Ouro-Djobo Tchabangna) mit einer Wolldecke. Er sollte am nächsten Tag nach Togo abgeschoben werden. Er wurde 27 Jahre alt.

    Nachdem sein Asylantrag 1993 abgelehnt worden war, lebte Herr K. ohne Papiere in Hamburg, bis er gefangengenommen und nach 3-monatiger Abschiebehaft in Offenburg abgeschoben wurde. In Togo kam er sechs Monate lang ins Gefängnis.

    Nach einer erneuten Flucht in die BRD wurde er am 6. April von der Polizei verhaftet und in Abschiebehaft genommen.

Pro Asyl*;

Staatliche Pressestelle Hamburg 9.4.95;

taz 10.4.95; taz 11.4.95;

Freitag 28.4.95;

Off limits Nr. 9 Mai/Juni 1995;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

12. April 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Der seit dem 4. März im Transitbereich lebende libanesische Flüchtling A. S. H. verletzt sich die Pulsadern und wiederholt dieses am 30. April noch einmal. Nach einigen Aufenthalten in der Psychiatrie wird ihm nach 161 Tagen im Flughafen am 11. August die Einreise in die BRD gestattet.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

16. April 95

 

Abschiebegefängnis JVA Büren in Nordrhein-Westfalen.

42 vorwiegend nordafrikanische Gefangene revoltieren gegen die Haft und die Haftdauer. Sie legen Feuer in einer Zelle und werfen brennende Matratzen aus dem Fenster. Sie fordern Gespräche mit einem Vertreter des Justizministeriums und mit JournalistInnen. Einige von ihnen befinden sich seit über einem Jahr in Abschiebehaft.

    Nach sieben Stunden werden die Männer von der Polizei überwältigt.

taz 18.4.95

 

17. April 95

 

Der 23-jährige Kurde Ahmed Polap erliegt seinen schweren Verletzungen. Er war am 8. April um 18.17 Uhr vor den einfahrenden S-Bahn-Zug der Linie S 5 am S-Bahnhof Berg-am-Laim in München gesprungen. Auch die sofortige Notbremsung des Zugführers konnte nicht verhindern, daß der Zug Ahmed Polap überrollte und ihm beide Beine abtrennte.

    Da in seiner Tasche eine Ausweisungsverfügung der Landeshauptstadt München gefunden wurde, sehen die Ermittler in diesem Schreiben das Motiv für die Selbsttötung.

SZ 10.4.95; Pro Asyl*; UNITED (ESG) SZ 9./10.9.95;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

 

17. April 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Der libanesische Flüchtling H. M. H. versucht, sich mit Hosenträgern zu strangulieren.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

29. April 95

 

Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Hauzenberg bei Passau. In der Unterkunft wohnen derzeit 75 Menschen. Der Haftbefehl gegen den geständigen Täter, einen 18-jährigen Schreinerhelfer, lautet auf 51-fachen Mordversuch.

BeZ 16.5.95; Konkret 7/95, S. 26

 

30. April 95

 

Bei Aurith an der deutsch-polnischen Grenze wird eine Wasserleiche gefunden. Es handelt es sich "dem Augenschein nach um einen Südeuropäer", so ein BGS-Sprecher.

FFM, März 96

 

April 95

 

JVA Volkstedt bei Eisleben in Sachsen-Anhalt. Ein Äthiopier und ein Ägypter versuchen sich durch die Einnahme von Reinigungsmitteln umzubringen, um der drohenden Abschiebung zu entgehen.

 

 

3. Mai 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Der pakistanische Flüchtling K. J. schneidet sich aus Angst vor der Zurückweisung in sein Herkunftsland an einem Arm die Pulsader auf. Am Morgen des 7. Mai droht er, sich etwas anzutun und öffnet sich abends die Pulsader des noch unverletzten Armes. Am 10. Mai erleidet er erneut einen Zusammenbruch. Vier Tage später randaliert er im Speiseraum und wird schließlich in die Psychiatrie gebracht. Er wird am 19. Mai unter Bewachung von zwei BGS-Beamten nach Pakistan zurückgewiesen.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

4. Mai 95

 

JVA Kassel-Wehlheiden. Nachdem er mehrmals in der sogenannten B-Zelle eingesperrt wurde, versucht ein 29 Jahre alter Marokkaner, sich in seiner Zelle an einem Bettlaken zu

erhängen. Schwer verletzt kommt er ins Krankenhaus, wo er einige Tage später seinen Verletzungen erliegt.

'Elwe'-Reader Mai/Juni 1996

 

5. Mai 95

 

Otopeni – Flughafen Bukarest. Es wird bekannt, daß hier in einem "irregulären" Abschiebegefängnis auch aus der BRD abgeschobene Flüchtlinge gefangen sind. Zwei Kurden aus dem Irak, die demnächst abgeschoben werden sollen, schreiben in einem Kassiber: "Wir alle wissen, wenn wir im Irak in Polizeihände geraten, dann werden sie uns sofort aufhängen oder erschießen."

FR 5.5.95

 

9. Mai 95

 

Bei Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze wird eine Wasserleiche gefunden. Der Ertrunkene ist "offensichtlich asiatischer Herkunft", so der BGS-Sprecher Müller.

FFM, März 96;

Kleine Anfrage der PDS-Fraktion in Brandenburg Nr. 996

 

9. Mai 95

 

Die Armenierin Nune G. soll zusammen mit ihrer Cousine abgeschoben werden. Sie müssen sich auf der Zirndorfer Polizeiwache vollkommen nackt ausziehen und so für zwei Stunden auf einem Plastikuntersatz stehen. Nune G. wird ohnmächtig, schlägt mit dem Kopf gegen den Drehknopf der Zentralheizung und verletzt sich am Auge schwer. Ein Arzt wird ihr von den Beamten verweigert.

    Stattdessen werden die beiden Frauen noch in der Nacht ins polnische Stettin gefahren und dort der polnischen Polizei übergeben.

    Die Schwester von Nune G., die den beiden hinterhergefahren ist, bringt sie zu einem Arzt, der diagnostiziert, daß sie auf dem geschädigten Auge nur noch 80% Sehkraft besitzt.

NN 28.10.97

 

11. Mai 95

 

Der kurdische Flüchtling Abdulselam Gündogdu wird aus Nordrhein-Westfalen in die Türkei abgeschoben.

    Dort gerät er gleich in Gefangenschaft und wird während der nächsten 5 Tage schwer gefoltert. Die Verletzungen sind so schwer, daß ihm von einem Arzt eine 5-tägige Bettruhe verordnet wird.

    Dann wird er ins Bayrampasa-Gefängnis gebracht und weiterhin gefangen gehalten.

Özgür Politika 24. 6. 98;

IHD-Istanbul in: AK Asyl Ba-Wü Oktober-Dezember 1998

 

14. Mai 95

 

Berlin. Ein 19-jähriger Mann aus Sierra Leone, der abgeschoben werden soll, versucht sich mit einem Handtuch an einem Gitterstab eines Absperrgitters zu strangulieren. Durch das Wachpersonal wird er an einer Fortsetzung seines Selbsttötungsversuches gehindert.

BT-Drucksache 13/3567

 

19. Mai 95

 

Der 33-jährige Inder Jaswant Singh aus dem Punjab erliegt seinen schweren Verletzungen im Bezirkskrankenhaus Regensburg. Am 10. Mai hatte er versucht, sich durch Erhängen das Leben zu nehmen.

    Jaswant Singh sollte abgeschoben werden, obwohl er seit neun Jahren mit fester Adresse im Landkreis Cham mit seiner deutschen Freundin und ihrem gemeinsamen Kind lebte. Nach seinem Asylantrag war auch die Durchführung eines Asylfolgeantrags und die im Januar 1995 dagegen eingereichte Klage abgelehnt worden. Nun wurde von der Ausländerbehörde eine Abschiebeverordnung vorgelegt.

    Als Jaswant Singh mit Suizid drohte, wurde er zunächst ins Bezirkskrankenhaus eingeliefert und sollte von dort in Abschiebehaft genommen werden. Trotzdem verlautbarte der zuständige Polizeisprecher nach der Verzweiflungstat, daß es weder einen "Zusammenhang zwischen dem Selbstmordversuch des 33 jährigen und dem Vorgehen der Polizei gebe noch einen Zusammenhang zwischen Suizidversuch und der drohenden Abschiebung".

Pro Asyl*; taz 27.7.95; SZ 9.9.95;

FRat NieSa Rundbrief 30, Okt. 95;

BT-Drucksache 13/3567; IMEDANA 26.10.00 ;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

22. Mai 95

 

Die 25-jährige Kurdin Havva Koc wird von Berlin-Schönefeld nach Istanbul abgeschoben. Ihre mitreisende Schwester berichtet, daß sie in Istanbul sofort festgenommen und verschleppt wurde.

Antirassistische Initiative Berlin; FFM

 

27. Mai 95

 

Bei Hohenwutzen in Brandenburg wird eine tote Person aus der Oder geborgen. Der Person war der Versuch mißlungen, die deutsch-polnische Grenze ohne gültige Papiere zu überqueren.

taz 3.8.95

 

30. Mai 95

 

Brandanschlag auf ein von Flüchtlingen bewohntes Haus in Weiterstadt im Kreis Darmstadt-Dieburg in Hessen.

Konkret 7/95, S. 27

 

30. Mai 95

 

Ein 26-jähriger Pole, dem die Abschiebung unmittelbar bevorsteht, verletzt sich im Abschiebegewahrsam mit dem abgebrochenen Stiel eines Plastiklöffels am linken Unterarm. Durch das Einschreiten des Wachpersonals wird weiteres verhindert.

BT-Drucksache 13/3567

 

30. Mai 95

 

Gegen 20.35 Uhr fahren ca. 10 Autos vor das Flüchtlingsheim im brandenburgischen Falkensee. Die Insassen steigen aus und schlagen mit Holzknüppeln auf einen Albaner ein. Als sich einige Heimbewohner ebenfalls bewaffnen, fliehen die Angreifer.

    Der Geschlagene kommt mit einem Kieferbruch ins Krankenhaus.

Was geht ab? Nr. 8 (RA 1.6.95; MAZ 1.6.95)

 

3. Juni 95

 

Eine Gruppe von 72 Flüchtlingen aus Afghanistan, darunter Männer, Frauen und Kinder im Alter von vier Monaten bis

60 Jahre, landet am Strand von Rügen, nachdem sie drei Tage zuvor in der Binzer Bucht in Schlauchboote ausgesetzt worden waren.

BeZ 3.6.95; ND 3.6.95

 

3. Juni 95

 

Bei Brieskow-Finkenheerd, nahe der deutsch-polnischen Grenze, wird eine Leiche aus der Oder gezogen. Sie kann nicht identifiziert werden.

FFM, März 96; taz 3.8.95

 

6. Juni 95

 

Flüchtlingsheim Raschwitzer Straße 16 in Leipzig. Die afghanischen Flüchtlinge Azad Khan Fegir Ahmad, Norool Hak Hakimi und Mohammed Nabi Schafie werden morgens um 4 Uhr in ihrem Wohnwagen Nr. 43 von mindestens zehn maskierten, schwarz-gekleideten und bewaffneten Männern überfallen. Sie werden mit Faust- und Stockschlägen und Fußtritten traktiert, sie werden zu Boden geworfen, als Terroristen beschimpft und schließlich mit Plastikriemen an Händen und Füßen gefesselt. Der gesamte Wohnwagen wird verwüstet. Sachen werden aus den Schränken gerissen und auf dem Boden verteilt – der Fernseher wird zertrümmert.

    Es stellt sich heraus, daß die Täter keine Neonazis sind, wie die Betroffenen vermutet hatten, sondern Polizeibeamte. Diese hatten sich allerdings in der Adresse geirrt.

    Mohammed Nabi Schafie und Norool Hak Hakimi müssen ihre Verletzungen stationär im Krankenhaus behandeln lassen. Mohammed Nabi Schafie hat massive Prellungen am ganzen Körper, und Norool Hak Hakimi muß mit einer Gehirnerschütterung, einer Prellung am Bauch und Hautabschürfungen elf Tage im Krankenhaus bleiben.

    Zehn Monate später weist die Leipziger Staatsanwaltschaft die Anzeige der Flüchtlinge ab. Dort heißt es unter anderem: "Im übrigen bestritten auch die Beschuldigten selbst (also die Polizisten, ARI), die Geschädigten geschlagen, getreten oder ein derartiges Verhalten bei ihren Kollegen bemerkt zu haben."

Gedächtnisprotokolle der Betroffenen;

FRat Leipzig Juni 95; LVZ 10.6.95;

Projekt "Felsenblume" 20.6.95;

taz 5.2.96; ai 3.7.97

 

6. Juni 95

 

Die alewitische kurdische Familie Cengiz, Erdogan und Zeliha Dogan wird von München aus nach Istanbul abgeschoben. Direkt am Flughafen in Istanbul werden sie alle verhaftet und als kurdische Hunde, Terroristen und Rotköpfe (Schimpfwort für Alewiten) beschimpft. Erdogan und Cengiz Dogan werden der "Falaka" (Schläge auf die Fußsohlen) ausgesetzt, ihrem Sohn werden brennende Zigaretten auf den Armen ausgedrückt. Erdogan Dogan verliert durch die Folter drei

 

Zähne. Durch Bestechung gelingt es der Familie Dogan, nach zweieinhalb Tagen entlassen zu werden.

    Die Familie flieht erneut in die BRD. Das Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm bestätigt "Spuren schwerer körperlicher und psychischer Mißhandlungen". Am 31.7.96 werden sie als asylberechtigt anerkannt.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98

 

7. Juni 95

 

Bei Lodenau – nahe der deutsch-polnischen Grenze – wird ein Ertrunkener aus der Neiße geborgen. Es soll sich um einen Polen handeln.

FFM, März 96; taz 3.8.95

 

10. Juni 95

 

Neureichenau im Bayerischen Wald. Fünf Motorradfahrer halten an einer Telefonzelle und überfallen einen 20 Jahre alten Flüchtling aus dem Sudan. Sie schlagen auf ihn ein, und als er am Boden liegt, traktieren sie ihn weiter mit Tritten.

    Die Täter verschwinden unerkannt. Ihr Opfer kommt schwer verletzt ins Krankenhaus.

taz 12.6.95; Konkret 10/95, S. 29

 

11. Juni 95

 

Der 30 Jahre alte Flüchtling Mapasi Jeancy (Kondeca Dealmeda) aus Zaire stirbt in der JVA Volkstedt bei Eisleben in Sachsen-Anhalt. Er hatte sich eine Schlinge aus zusammen geknoteten Strümpfen gemacht und sich in einer Toilette an einem Wasserrohr erhängt. Der Mann sollte am 13. Juni abgeschoben werden.

taz 12.6.95; KStAnz. 12.6.95; jW 12.6.95;

ND 13.6.95; jW 14.6.95; Pro Asyl*;

UNITED (FRat SaAnh; adn, dpa);SZ 9.9.95;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

12. Juni 95

 

Der 16 Jahre alte Flüchtling Ramazan Antli wird in die Türkei abgeschoben. Als die Maschine TK 890 um 16 Uhr auf dem Flughafen in Istanbul landet, geschieht die Festnahme des Jugendlichen umgehend.

    Nach einer 24-stündigen Polizeihaft wird er auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in Bakirköy freigelassen. Er berichtet dem Türkischen Menschenrechtsverein, daß er auf der Wache "schlecht behandelt worden sei".

IHD-Istanbul in: AK Asyl Ba-Wü Oktober-Dezember 1998

 

13. Juni 95

 

In der Justizvollzugsanstalt Halle erhängt sich der

22-jährige Sudanese Moses Ganaja.

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98;

Pro Asyl*

 

14. Juni 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Der staatenlose Flüchtling R. A. schluckt eine Rasierklinge und kommt daraufhin in das Universitätsklinikum Frankfurt.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

17. Juni 95

 

Berlin-Köpenick. Als der in Magdeburg gemeldete Vietnamese Vo Xuon Cuong einen Polizisten auf dem S-Bahnhof sieht, läuft er weg. Der Beamte verfolgt den Asylbewerber bis in ein nahegelegenes Waldstück. Dort wird der Fliehende von dem Sog eines heranfahrenden Zuges erfaßt und so schwer am Kopf verletzt, daß er an den Gleisen stirbt. Da weder der

Beamte noch der Zugführer den Unfall bemerkt haben, wird der Leichnam von Vo Xuon Cuong erst um 7.45 Uhr von einer Frau entdeckt und gemeldet.

    Vo Xuon Cuong wurde 37 Jahre alt.

ND 19.6.95; taz 19.6.94; ak 1.7.95;

UNITED (jW; BeZ; Was geht ab?); SZ 9.9.95

 

18. Juni 95

 

Bei einem erneuten Überfall auf ein Flüchtlingsheim im rheinland-pfälzischen Kusel werden zwei 25- und 26-jährige Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien an Armen, Händen und Rücken verletzt. Die Täter tragen Tarnanzüge und stechen mit Messern zu.

    Bereits im November 1994 war das Heim von drei deutschen Männern überfallen worden, die Sachschäden verursachten.

BeZ 19.6.95; Was geht ab? Nr. 8 (SZ 19.6.95);

Konkret 10/95, S. 29

 

19. Juni 95

 

Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Drei Skinheads greifen morgens noch in der Dunkelheit einen 18-jährigen Asylbewerber aus Südafrika mit Stöcken, Baseballschlägern und einem Luftgewehr an. Als dieser zu fliehen versucht, jagen ihn zwei der Angreifer zunächst zu Fuß und später mit dem Auto weiter durch die Strassen. Erst durch die herbeigerufene Polizei werden die Mißhandlungen gestoppt.

    Der Angegriffene ist an Schulter, Rücken und am Oberarm verletzt.

BeZ 21.6.95; taz 22.6.95

 

22. Juni 95

 

Es wird bekannt, daß die Münchener Firma Hermann & Schmidt im Auftrag der Regierung von Oberbayern alle

5 Monate die 23 Flüchtlingsunterkünfte mit Insektiziden verseucht. Ohne die BewohnerInnen vorher zu informieren, wird das Nervengift Lindan ("Insektenil N HS forte") versprüht, das nach der Aktion noch wochenlang aus Möbeln, Matratzen und Gardinen dünstet. Sogar die Herstellerfirma des Giftes warnt vor einer Verwendung in geschlossenen Räumen. Die Flüchtlinge dagegen, die nicht informiert waren, hielten nach der Aktion die Fenster extra geschlossen, um die vermeintlich unschädliche Wirkung zu erhöhen.

FR 22.6.95; ND 17.10.95

 

25. Juni 95

 

Auf ein Flüchtlingsheim in Geisa in Thüringen feuern Unbekannte um 1.30 Uhr aus einem PKW drei Schüsse ab. Ein Projektil durchschlägt das Fenster eines Zimmers im Obergeschoß, in dem eine türkische Familie wohnt. Es wird niemand verletzt.

taz 27.6.95; Konkret 10/95, S. 29

 

26. Juni 95

 

Weil die Behörden die Kostenübernahme einer Operation verweigern, stirbt der 36 Jahre alte kurdische Asylbewerber Celal Akan an Leberzirrhose. Über ein Jahr lang haben die Bremer Behörden die Entscheidung über die Kostenübernahme verschleppt und somit den Tod billigend in Kauf genommen. Sogar nach dem restriktiven Asylbewerberleistungsgesetz wären sie verpflichtet gewesen, lebenserhaltende Maßnahmen zu finanzieren.

    Celal Akan hatte der in der Türkei verfolgten Minderheit der Yeziden angehört. Wegen des Vorwurfs der Unterstüt-zung der PKK war er verhaftet und gefoltert worden, bevor ihm die Flucht in die BRD gelang. Seine Frau lebt mit den vier Kindern zur Zeit in Syrien.

ND 18.8.95; TS 18.8.95; taz 18.8.95; HAZ 19.8.95;

 UNITED (taz; ARD "panorama"; dpa; MNS);

 

30. Juni 95

 

Einen Tag vor seinem 27. Geburtstag steckt der kurdische Gefangene Maruf B. in der Abschiebehaft Ostertorwache in Bremen seine Zelle in Brand, denn er sollte am 1. Juli um

10 Uhr in die Türkei abgeschoben werden.. Er erleidet lebensgefährliche Verletzungen und kommt mit Verbrennungen, die 23% seiner Haut verletzt haben, ins Zentralkrankenhaus Links der Weser. Am 1. Juli erfolgt seine Verlegung per Hubschrauber in die Klinik für Verbrennungs- und plastische Wiederherstellungschirurgie nach Aachen.

    Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus in Aachen taucht er unter – wird jedoch sieben Monate später wieder festgenommen und befindet sich erneut in Abschiebehaft. Das Amtsgericht Bremen scheut sich nicht, den Suizidversuch ausdrücklich als Haft-Begründung anzuführen: "Angesichts seines Selbsttötungsversuchs durch Brandstiftung und im Hinblick darauf, daß er nach Krankenhausentlassung sich nicht freiwillig aus dem Land begab, sondern hier strafrechtlich in Erscheinung trat, wird der Verdacht bestärkt, daß er das Land freiwillig nicht verlassen wird."

taz 3.7.95; taz 4.7.95; taz 20.7.95; taz 21.7.95;

Hans-Eberhard Schultz – Rechtsanwalt

 

Juni 95

 

Es wird die Leiche der Rumänin Rostas aus der Neiße geborgen.

UNITED (Aktion Zuflucht)

 

Juni 95

 

Als eine Frau das deutsche Ufer der Oder erreicht, ist ihr Kind ertrunken. Sie hatte sich das Kleinkind an der Hüfte festgebunden, damit es während der Grenzüberschreitung von der Oderströmung nicht weggetrieben wird.

ZDF – Reportage "Schmerzgrenze", 2.5.96

 

Sommer 95

 

Da sein Asylantrag abgelehnt wurde und es ihm zu gefährlich ist, offiziell in die Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) abgeschoben zu werden, kehrt Mathias Zohere "freiwillig" zurück. Er hat seine Rückkehr seiner Familie vorher angekündigt, und als er nicht bei ihnen eintrifft, stellen sie Nachforschungen an, die allerdings ergebnislos bleiben.

    Fünf Monate nach seiner Rückkehr erhalten die Eltern eine schriftliche Nachricht, aus der hervorgeht, daß er sich im Gefängnis erhängt haben soll. Eine Obduktion wird verweigert.

Aktion Abschiebestop

 

3. Juli 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Als Frau A. A. aus Afghanistan mitgeteilt wird, daß sie nicht in die BRD einreisen darf, erleidet sie einen Nervenzusammenbruch, schneidet sich mit einer Rasierklinge in der Dusche beide Ellenbogeninnenseiten auf und schreibt einen Abschiedsbrief an den Flughafen-Sozialdienst. Frau A. A. kommt in die Psychiatrie und darf dann am 11. Juli in die BRD einreisen.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

5. Juli 95

 

Abschiebehaft Ostertorwache in Bremen. Der 21 Jahre alte Ahmed D. aus dem Tschad wickelt sich Bettlaken um die Füße und zündet sie an. Sein Mitgefangener schlägt Alarm, so daß die Flammen schnell gelöscht werden können.

    Ahmed D. sitzt bereits acht Monate in Haft, denn die Botschaft stellt ihm keine Papiere aus. Stattdessen gibt es eine "inoffizielle Botschaft der Nigerianischen Botschaft", ihm einen Paßersatz auszustellen. Ahmed D. sagt gegenüber seinem Rechtsanwalt, daß er bereit sei, in den Tschad zurückzukehren – aber niemals nach Nigeria abgeschoben werden will.

    Ein sozialpsychiatrisches Gutachten stellt fest, daß der Flüchtling nicht suizidgefährdet sei und daß die Abschiebung erfolgen könne. Nächste Woche soll Ahmed D. der nigerianischen Botschaft vorgeführt werden.

taz 6.7.95; taz 13.7.95;

taz 20.7.95; taz 21.7.95

 

7. Juli 95

 

Trotz entgegenstehender Zusage des Petitionsausschusses in Thüringen wird der abgelehnte Asylbewerber Idrissou Ouro-Koura mit seinem eigenen Paß nach Togo abgeschoben. Seitdem haben Verwandte und Freunde in Togo und Deutschland keine Nachricht von ihm erhalten. Er ist verschwunden.

Aktion Abschiebestop

 

8. Juli 95

 

Der Kurde Ayhan Bugrahan wird nach Istanbul abgeschoben. Er war 1989 als 16-jähriger Flüchtling in die BRD gekommen und hatte Asyl beantragt.

    Direkt auf dem Flughafen Istanbul wird er verhaftet und der Abteilung zur Bekämpfung des Terrorismus überstellt. Er wird während der nächsten vier Tage mit verbundenen Augen von zwei Beamten verhört, geschlagen, getreten und mit Elektroschocks gefoltert, während er weder Essen noch Trinken erhält. Ihm werden PKK-Mitgliedschaft und PKK-Aktivitäten in der BRD vorgeworfen. In einem Gerichtsverfahren am 24.10.95 wird er freigesprochen – allerdings gleich darauf zum Militärdienst erfaßt. Er taucht wieder unter und flieht im Januar 1996 erneut in die BRD.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98;

BeZ 22.4.97

 

15. Juli 95

 

In der west-ungarischen Stadt Györ öffnet die Polizei einen auf einem Parkplatz abgestellten LKW, nachdem AnwohnerInnen Verwesungsgeruch bemerkt hatten. Die Beamten finden 18 tote Flüchtlinge. Die 17 Männer und eine Frau sind wahrscheinlich einen Tag zuvor bei Außentemperaturen von +36 Grad in dem verschlossenen LKW erstickt.

    Die Toten sind: Chandima Endirisinghe, Chinteka Silva, Haridar Kuman, Jaya Kumar F. Pulle, Manoj Arizrathan, Ormandas, Pradeepan, Prince Fernando, Raja Dhama, Rames Sobramanium, Rilwan Abdul Salam, Sitrambalam V. Murthy, Siwa Loganathan, Sumanasena, Tennekoon, Tusara Fernando, Ukkuwa Malkanthi, Vasu.

    19 weitere Flüchtlinge hatte der Fahrer des LKW bereits am Vortag herausgelassen. Sie seien jetzt in Deutschland, hatte er ihnen noch gesagt, und verließ dann den Ort. Die Überlebenden werden nach medizinischer Versorgung in einem Krankenhaus in ein bewachtes Internierungslager auf dem Kasernengelände der ungarischen Grenzpolizei in Györ gebracht.

    Sie berichten, daß sie zwei Tage lang in dem LKW transportiert wurden und daß ihnen die Fluchthelfer nur zwei Gefäße mit Wasser und einen Eimer gegeben hatten. Diese waren aufgrund der hohen Außentemperaturen schnell verbraucht. Ihre Hilferufe und ihr Klopfen aus dem Inneren des Wagens heraus wurden offensichtlich nicht gehört.

    Die Flüchtlinge aus Sri Lanka, sie sind alle Tamilen, waren über Moskau, Kiev, Moldawien bis nach Bukarest gebracht worden. Ihr gemeinsames Ziel war Deutschland.

    Aber auch die Überlebenden werden dieses Ziel nicht erreichen. Da der ungarische UNHCR nicht bereit ist, sie unter sein Mandat zu stellen und sie als Flüchtlinge anzuerkennen, erfolgt ihre Abschiebung nach Colombo am 4. August.

SaN 17.7.95; taz 17.7.95;

ND 18.7.95; jW 18.7.95;

FR 18.7.95; ND 18.7.95;

jW 19.7.95; TS 19.7.95; FR 20.7.00;

Int. Herald Tribune 23.7.95;

PE von ARI, FFM und PATTHAI vom 10.8.95

 

17. Juli 95

 

Der afghanische Asylbewerber Abdullah A. wird im Flüchtlingsheim in der Trausnitzstraße in München erdrosselt aufgefunden. Die Kriminalpolizei geht von einem Selbstmord aus.

    Abdullah A. war vier Jahre bis 1994 im diplomatischen Dienst Afghanistans tätig. Seit der Ablösung des afghanischen Präsidenten Najibullah im April 1992 hatte das Land mehrere Übergangsregierungen erlebt. Die Kampfhandlungen zwischen rivalisierenden Koalitionen der Mudschaheddin-Gruppen weiteten sich in den Jahren 1992 – 1995 aus. Abdullah A. wurde entlassen und floh mit seiner Frau nach Deutschland; im Oktober 1994 stellte er in München einen Asylantrag, über den noch nicht entschieden war.

    Obwohl der etwa 30-Jährige gute Aussichten auf Anerkennung als politisch Verfolgter hatte, entwickelte Abdullah A. "nach Angaben von Zeugen bei der Kripo zunehmend schwere Depressionen wegen seines Schicksals als Flüchtling".

SZ 21.7.95;

KlaroFix; taz 20.11.97;

IMEDANA 26.10.00;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

 

18. Juli 95

 

Ein Flüchtling aus Togo versucht, sich in der Abschiebehaft Ostertorwache in Bremen zu erhängen. Mitgefangene finden ihn, so daß er überlebt.

    Zwei Tage später behauptet das Gesundheitsamt, daß bei dem Flüchtling keine Suizidgefahr bestehe und daß die Abschiebung, die am 19. Juli erfolgen sollte, nicht aufgehoben, sondern lediglich verschoben sei.

taz 20.7.95;

taz 21.7.95;

BT-Drucksache 13/3801

 

20. Juli 95

 

Zellenbrand im Abschiebegefängnis Ostertorwache in Bremen. Die Gefangenen treten von innen gegen die Tür und rufen "Feuer, Feuer!" Eine an mehreren Stellen brennenden Matrtze wird von Beamten mit einem Feuerlöscher schnell gelöscht.

taz 22.7.95

 

20. Juli 95

 

Abschiebegefängnis Ostertorwache in Bremen – 21 Uhr. Der 43-jährige Ägypter S. sitzt in einer völlig überbelegten Zelle, die mit einem winzigen Fenster ausgestattet ist. Wegen der schlechten Luftverhältnisse bekommt er zunehmend Migräne und klingelt ca. 40 Mal nach den Beamten. Als keiner reagiert, zündet er in seiner Verzweiflung eine Matratze an.

    Erst jetzt kommen Beamte, bringen ihn in eine Nebenzelle und binden seinen rechten Arm mit Handschellen an dem unter der Zellendecke befindlichen Fenstergitter fest. "So bleibst Du bis morgen!" ist der Kommentar eines Beamten. Der verzweifelte Gefangene schlägt die Scheibe ein und schneidet sich die Pulsadern auf.

    Daraufhin kommen vier oder fünf Beamte, fesseln ihm jetzt Hände und Füße, würgen ihn und ziehen ihn dann an den Handschellen in "brutaler Weise" über den Flur. Dabei verliert S. das Bewußtsein. Er kommt in das Zentralkrankenhaus Ost.

taz 22.7.95; taz 27.7.95;

taz 28.7.95

 

20. Juli 95

 

In der Nähe von Eisenhüttenstadt an der deutsch-polnischen Grenze wird eine Leiche aus der Oder geborgen. Die Person kann nicht identifiziert werden, da sie mindestens vier Wochen im Wasser gelegen hat.

FFM, März 96

 

22. Juli 95

 

Um Kosten zu sparen, werden in der Oder ertrunkene oder ans Ufer getriebene Flüchtlinge "mit Bohnenstangen" wieder zurück ins Wasser gestoßen. Für eine Beerdigung müßten die Gemeinden sonst ca. 1000 DM bezahlen. Wenn der oder die Tote identifiziert werden kann, kommen noch die Rückführungskosten dazu.

jW 22.7.95; taz 3.8.95;

jW 18.8.95

 

24. Juli 95

 

Duisburg – Gladbeck. Aus einem Schiffscontainer werden zwei sehr geschwächte marokkanische Flüchtlinge befreit. Vor zwei Wochen war das Schiff "Parsival" in Marokko ausgelaufen. Bei einem Halt in den Niederlanden hatten bereits mehrere Männer aus Ägypten, Marokko sowie ein Palästinenser um Hilfe gerufen und waren befreit worden.

BeZ 25.7.95; FR 25.7.95; ND 25.7.95

 

26. Juli 95

 

Berlin. Ein 36-jähriger bosnischer Flüchtling stürzt sich aus dem Fenster seiner im 6. Stock liegenden Unterkunft in der Lichtenberger Siegfriedstraße. Er ist sofort tot.

BeZ 28.7.96

 

27. Juli 95

 

Berlin. Die 41-jährige Kurdin Gülnaz Baghistani stirbt nach achttägigem Hungerstreik an Herzversagen. Brutale Polizeiübergriffe gegen 220 hungerstreikende KurdInnen am Breitscheidplatz mit anschließender Hatz durch die Stadt führten zu ihrem Tod.

BeZ 28.7.95;

taz 12.8.95; taz 18.12.95

 

1. August 95

 

71 Flüchtlinge aus Afghanistan treiben auf vier Rettungsinseln 17 Seemeilen nördlich von Rügen in der Ostsee und werden von einer norwegischen Fähre an Bord genommen.

taz 2.8.95; KlaroFix

 

4. August 95

 

In Rendsburg in Schleswig-Holstein übergießt ein 35-jähriger libanesischer Flüchtling seine sieben Kinder mit Benzin und droht, sie anzuzünden. Grund für diese Verzweiflungstat ist ein Streit mit dem Ordnungsamt um Lebensmittelmarken.

BeZ 5.8.95

 

15. August 95

 

Neun Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien werden am bayerischen Grenzübergang Kiefersfelden aus dem Laderaum eines italienischen Kühllasters geholt. In leichter Sommerbekleidung bei einer Temperatur von nur drei Grad versuchten die Menschen, darunter ein dreijähriges Kind und eine hochschwangere Frau, nach Frankfurt zu gelangen.

Aktion Abschebestop

 

16. August 95

 

Der Flüchtling Selliah Jeyakularajah aus Sri Lanka klettert in der Nähe seiner Unterkunft in Görisried im Landkreis Ostallgäu die Sprossen eines Strommastes hoch und umklammert die Leitung mit seiner rechten Hand. Der 35-jährige Tamile ist sofort tot.

    Im Oktober 1994 kam Selliah Jeyakularajah nach Deutschland, stellte in Neu-Ulm einen Asylantrag und wurde im Dezember 1994 in das Flüchtlingslager Ochsenhof bei Görisried umverteilt. Dort hielt er es nur wenige Tage aus und wohnte bis Februar 1995 die meiste Zeit bei einem Freund in Kempten. Am 15. März 95 wurde er zum ersten Mal ins Bezirkskrankenhaus eingewiesen; die Diagnose lautete "paranoide Psychose". Nachdem er bis zu seinem Tod insgesamt achtmal im Krankenhaus Kaufbeuren aufgenommen wurde, leitete dieses eine Unterbringung in einer Wohngruppe in die Wege, um so "eine Drehtürpsychiatrie zwischen Klinik und Heim zu vermeiden". Eine Suizidgefährdung hielten die Ärzte für ausgeschlossen, da er unter "Depot-Medikation" stehe.

    Selliah Jeyakularajahs Asylantrag wurde im Dezember 1994 ebenso abgelehnt wie ein Anspruch auf Abschiebungsschutz. Da er sich wegen seiner psychischen Probleme selten in Ochsenhof aufhielt, erreichte ihn die Postzustellungsurkunde nicht. Sein Anwalt reichte verspätet eine Klage gegen den Asylbescheid ein, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hatte.

    Die menschenunwürdigen Lebensumstände der Flüchtlinge in der Asylunterkunft Ochsenhof – möglicherweise auch Traumatisierung während der Bürgerkriegswirren – und die Ausweglosigkeit seiner Situation ließen Selliah Jeyakularajah zerbrechen.

DS 22/95;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

16. August 95

 

Louis L. aus Nigeria, 29 Jahre alt, erhängt sich in der JVA Wolfenbüttel. Er war auf Veranlassung des Ausländeramtes des Landkreises Göttingen wegen illegaler Einreise in die BRD und wegen illegalen Aufenthaltes in Abschiebehaft genommen worden.

taz 17.8.95; FR 17.8.95;

 BeZ 17.8.95; TS 17.8.95;

taz 18.8.95; jW 18.8.95; ND 18.8.95;

FRat NieSa, Rundbrief 30, Nov. 95;

 UNITED (ARD; morgengrauen; SZ); BT-Drucksache 13/3801

 

17. August 95

 

Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Mannheim. Drei Brandflaschen werden gegen die Rückseite der Unterkunft im Stadtteil Schönau geworfen. Ein Wachmann entdeckt das Feuer. Niemand wird verletzt.

BeZ 18.8.95; jW 18.8.95;

Bürgerrechte & Polizei/CILIP 52/1995

 

21. August 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Seit zwei Wochen demonstrieren sieben sudanesische Flüchtlinge – drei von ihnen haben deutliche Foltermerkmale – gegen ihre drohende Abschiebung mit einem Hungerstreik.

    Einer der sieben seit zwei Wochen hungerstreikenden Sudanesen bricht bewußtlos zusammen und zieht sich dabei eine Kopfverletzung zu.

    Am 12. September werden alle sieben Hungerstreikenden in den Sudan abgeschoben, nachdem die sudanesische Regie-rung der deutschen Regierung zugesichert hatte, daß die Flüchtlinge nach ihrer Rückkehr nicht verfolgt werden würden.

taz 22.8.95; Pro Asyl 11.9.96

 

22. August 95

 

Ein unbenannter 21 Jahre alter Mann aus Marokko erhängt sich während seiner Abschiebehaft in der JVA Frankfurt.

FR 26.8.95; UNITED (taz)

 

25. August 95

 

Frankfurt am Main. Ein 60 Jahre alter Pole tötet sich in der Abschiebehaft selbst, indem er sich erhängt.

taz 26.8.95; UNITED (taz)

 

29. August 95

 

Zwei afrikanische Asylbewerber aus Ghana und dem Tschad kommen in einem Ulmer Hochhaus um. Ursache des Feuers: Brandstiftung.

BeZ 30.8.95;

 UNITED (CARF; IRR; Searchlight)

 

29. August 95

 

In der Justizvollzugsanstalt Flensburg zieht sich ein Abschiebegefangener schwere Verletzungen durch einen Zellenbrand zu.

BT-Drucksache 13/3801

 

August 95

 

Der togoische Flüchtling Ahianvé wird nach abgelehntem Asylantrag ohne Vorwarnung aus seiner Unterkunft in Thüringen abgeholt und von Frankfurt am Main über Ouagadougou (Burkina Faso) nach Lomé abgeschoben. Auf dem Flughafen wird er von togoischen Beamten dermaßen mißhandelt, daß er ins Krankenhaus gebracht werden muß. Von hier aus gelingt es ihm, einen Brief an einen befreundeten Pfarrer in Thüringen zu schicken, in dem er um Geld bittet, weil er die medizinische Behandlung nicht bezahlen kann.

Aktion Abschiebestop

 

6. September 95

 

In einem aus Ungarn kommenden Wohnmobil werden 42 Flüchtlinge entdeckt. Die 31 Erwachsenen und 11 Kinder waren in Kästen versteckt. Sie stammen aus

Montenegro in Rest-Jugoslawien und wurden wieder nach Ungarn zurückgeschickt.

BeZ 7.9.95

 

6. September 95

 

Landkreis Oder-Spree. Ein Jäger schießt in einem Maisfeld bei Wellmitz auf der Jagd nach Wildschweinen auf eine armenische Flüchtlingsfamilie. Der Vater Ivan Schachkulian und sein 8-jähriger Sohn Armen werden von Schrotkugeln verletzt.

    Während Ivan S. am Oberschenkel getroffen wurde, ist die Verletzung Armens komplizierter, so daß er jährlich am Fußgelenk operiert werden muß, um eine Behinderung zu vermeiden.

    Noch vor Ablauf der medizinischen Behandlung im Sommer 98 droht der 5-köpfigen Familie nach abgelehnten Asylanträgen die Abschiebung. Die evangelische Matthäus-Gemeinde in Hildesheim gewährt ihnen Kirchenasyl.

BeZ 7.9.95; TS 7.9.95;

jW 29.8.98

 

13. September 95

 

Eine tote Person wird in der Nähe der brandenburgischen Ortschaft Brieskow-Finkenheerd aus dem Wasser der Oder geborgen. Sie kann nicht identifiziert werden.

FFM, März 96

 

13. September 95

 

Die sieben Sudanesen, die seit Juli im Transitbereich des Flughafens Frankfurt festgehalten wurden, sind im dritten Versuch abgeschoben worden. Die Sudanesen waren aus Protest gegen ihre anstehende Abschiebung seit drei Wochen im Hungerstreik. Der Transport erfolgt mit einer extra angemieteten rumänischen Chartermaschine, nachdem die Abschiebung mit einer Linienmaschine am Vortage am Widerstand der Sudanesen gescheitert war.

BeZ 14.9.95; FR 14.9.95

 

25. September 95

 

Friedrichshain bei Döbern im südostbandenburgischen Spree-Neiße-Kreis. Als die drei indischen Asylbewerber die Diskothek "San Franzisko" betreten, erleben sie eine derart bedrohliche Situation, daß sie gleich kehrt machen, um wieder hinauszugehen.

    Doch bevor ihnen das gelingt, werden sie von mehreren Nazis brutal zusammengeschlagen. Auch als ein Flüchtling schon am Boden liegt, "wird ihm das Gesicht mit Stiefeln bis zur Unkenntlichkeit zertreten". Er kommt mit lebensgefährlichen Verletzungen, seine beiden Begleiter mit geringeren Verletzungen ins Krankenhaus.

    Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt gegen vier der jugendlichen Täter wegen versuchten Mordes. Gegen drei wird ein Haftbefehl erwirkt.

taz 29.9.95

 

27. September 95

 

Beamte der Autobahnpolizei Paderborn haben bei einer Verkehrskontrolle auf der Autobahn A 44 Dortmund – Kassel bei Wünnenberg 54 Tamilen aus einem Kleintransporter geholt.

BeZ 27.9.95

 

September 95

 

Die Bundesregierung bestreitet die Tatsache, daß ein abgeschobener nepalesischer Staatsangehöriger auf dem Rückflug mit einer Lufthansa-Maschine von zwei nepalesischen Polizisten begleitet und bei der Ankunft in Katmandu von diesen abgeführt wurde.

wib 6.9.95 und 13.9.95

 

September 95

 

Drei Männer aus Cottbus überfallen und mißhandeln zwei indische Flüchtlinge "aus Ausländerhaß", wie sie angeben. Ihnen wird versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

BeZ 11.6.96

 

September 95

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Frau H. L., geflohen aus Äthiopien, schneidet sich in der Dusche die Pulsader auf. Sie erleidet einen hohen Blutverlust und kommt zur medizinischen Erstversorgung in die Psychiatrie. Von dort darf sie nach 187 Tagen Gefangenschaft im Transitbereich am 3. November in die BRD einreisen.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

Herbst 95

 

Ein Flüchtling aus Burkina Faso wird nach abgelehntem Asylantrag ohne Kenntnis seiner Anwältin von der Polizei abgeholt und abgeschoben.

    Dort erscheint er noch einmal bei der Menschenrechtsorganisation, der er bereits vor seiner Flucht angehört hat, und dann verliert sich seine Spur. Ermittlungen in Burkina Faso oder von Freunden und Bekannten in Deutschland bleiben erfolglos.

Aktion Abschiebestop

 

5. Oktober 95

 

Abschiebegefängnis Rottenburg in Baden-Württemberg. Der algerische Flüchtling Khaleb Hocine wird morgens um 4 Uhr aus seiner Haftzelle von vier Männern abgeholt. Durch einen besonderen Griff an die Kehle wird er kurzzeitig bewußtlos, wodurch sein Widerstand gebrochen ist – und er abgeschoben wird.

    Bereits am 16.5.95 und am 30.5.95 hatte Khaleb H. sich durch körperlichen Widerstand vorerst erfolgreich gegen seine Abschiebung wehren können.

    Der dritte Abschiebeversuch wurde nach 13 Monaten Abschiebehaft unternommen. Khaleb H. wurde von BGS-Beamten geschlagen und "wie ein Paket" verschnürt. Der Pilot der "Air Algérie" weigerte sich, den verzweifelten Mann mitzunehmen.

Dokumentation über Abschiebehaft in Rottenburg 1997

 

6. Oktober 95

 

Der äthiopische Flüchtling Solomon Mersha Mergia ertränkt sich im Rhein-Main-Donau-Kanal in Bamberg.

    Im April 1995 bekam Solomon Mersha Mergia vom Verwaltungsgericht Weimar Abschiebungshindernisse nach

§ 51 zugesprochen. Seine exilpolitische Betätigung und seine Mitgliedschaft in der EPRP, der Ethiopian People Revolutionary Party, hätten einer Abschiebung entgegengestanden. Dagegen legte der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten zwar Berufung ein, doch der Rechtsanwalt hielt die Chancen für ein vorläufig gesichertes Aufenthaltsrecht trotzdem für gut.

    Sein Anwalt bestätigt, daß der Flüchtling "ein depressives Erscheinungsbild bot", von Suizidabsichten jedoch nicht gesprochen habe. Solomon Mersha Mergia musste in einer Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen / Thüringen leben und litt sehr unter der dortigen Unterbringung, unter Einsamkeit und Isolierung.

IMEDANA 26.10.00 (AAPO) ;

Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben"

 

10. Oktober 95

 

Lahn-Dill-Kreis in Hessen. Vier deutsche Männer überfallen ein Flüchtlingsheim in Eschenburg-Simmersbach, schreien rassistische Parolen, zertrümmern Scheiben und feuern mehrere Schüsse ab. Die Täter sind zwischen 16 und 27 Jahre alt.

Konkret 12/95, S. 35

 

18. Oktober 95

 

Friedland – Landkreis Göttingen. Der 18-jährige Sergej Androussenko droht, sich vom Dach der Gaststätte "Michel" zu Tode zu stürzen, weil ihm die Abschiebung droht. Er war im Mai in die BRD geflüchtet, weil er nicht als Soldat in Tschetschenien kämpfen wollte.

    Verwaltungsgericht Göttingen: "Desertion und Fahnenflucht sind hierzulande kein Asylgrund."

jW 19.10.95;

FRat NieSa, Rundbrief 30, Okt. 95

20. Oktober 95

 

Durch ein Feuer in einem Flüchtlingsheim in Wallenhorst bei Osnabrück entsteht ein Sachschaden von

200 000 DM. Menschen kommen nicht zu Schaden. Brandstiftung ist nicht auszuschließen.

taz 21.10.95; jW 21.10.95

 

24. Oktober 95

 

Der vietnamesische Asylbewerber N. wird – zusammen mit vier weiteren Abgeschobenen – direkt auf dem Flughafen von Hanoi verhaftet und in einem Polizeigebäude im Stadtteil Tu Nghiem gefangen gehalten. Sie treffen dort auf eine Gruppe bereits vor einer Woche aus der BRD abgeschobener Flüchtlinge.

    Als Grund für die Inhaftierungen der Flüchtlinge werden offiziell "gesundheitliche Untersuchungen" angegeben.

FRat NieSa, Rundbrief 33, Febr. 96, S. 22

 

24. Oktober 95

 

Ein 16-jähriger Flüchtling aus Bangladesch wird auf der Autobahn A 3 bei Regensburg von einem Auto erfaßt und stirbt noch in der Nacht an seinen Verletzungen. Er war einer von 34 Flüchtlingen, die kurz vorher von ihren Fluchthelfern auf einer Raststätte ausgesetzt worden waren.

FR 26.10.95; UNITED (MNS)

 

26. Oktober 95

 

Ein Mann aus dem Tschad unternimmt in der Abschiebehaft in Bremen einen Selbstverbrennungsversuch. Erst jetzt wird er freigelassen. In den acht Monaten seiner Haft wurde er zu acht verschiedenen afrikanischen Botschaften gefahren, um für ihn, der keinen Paß besitzt, Ersatzpapiere zu erhandeln.

TS 27.10.95

 

2. November 95

 

Der 20-jährige Ashraf B. aus dem Sudan begeht auf dem Frankfurter Flughafen einen Selbsttötungsversuch, indem er sich die Pulsadern aufschneidet. Sein Asylantrag, den er zweieinhalb Wochen zuvor gestellt hatte, wurde abgelehnt.

FR 4.11.95

 

5. November 95

 

Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis in Hamburg. Der 35 Jahre alte Abschiebegefangene Esser F. erhängt sich am Fensterkreuz mit einem Ledergürtel.

    Über die Nationalität des Toten und die näheren Umstände der Selbsttötung wird nichts bekanntgegeben.

taz 7.11.95; taz 11.11.95;

Komitee f. Grundrechte u. Demokratie 4.12.98

 

6. November 95

 

In der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth in Bayern versucht ein tunesischer Abschiebegefangener, sich zu erhängen. Er wird durch Bedienstete der Anstalt daran gehindert.

BT-Drucksache 13/3801

 

8. November 95

 

Hannover in Niedersachsen. Der 27 Jahre alte kurdische Flüchtling Mehmet Nezir Baynal wird in einem türkischen Supermarkt von der Polizei festgenommen, weil er dort ohne die notwendige Arbeitserlaubnis ausgeholfen haben soll.

    Auf dem Polizeipräsidium verlangt Herr Baynal nach einem Dolmetscher und seinem Rechtsanwalt. Seine Hände sind mit Handschellen auf dem Rücken fixiert. Auf dem Weg zur Haftzelle wird er von den beiden begleitenden Beamten die Treppe herauf geschubst. Als Herr Baynal sich umdreht, bekommt er einen Schlag auf das linke Auge. Nach weiteren Schlägen verliert er das Bewußtsein.

    Die Polizei selbst transportiert ihn in die Klinik "Clementinenhaus", wo er jedoch eine medizinische Versorgung verweigert. Nach seiner augenblicklichen Entlassung aus der Haft begibt er sich in das Krankenhaus Siloh und wird hier stationär aufgenommen. Diagnose: schwere Prellungen des linken Auges und ein Jochbeinbruch. Die Fraktur des Gesichtsknochens muß operativ behandelt werden.

    Ende Februar 96 erklärt die Staatsanwaltschaft, daß Herr Baynal, Opfer und Hauptbelastungszeuge der polizeilichen

 

Mißhandlungen, für ein eventuelles Strafverfahren gegen die beiden Polizisten "nicht erforderlich ist." Die Abschiebung wird eingeleitet.

    Einige Tage später wird bekannt, daß Mehmet Nezir Baynals Abschiebung solange ausgesetzt werden soll, bis geklärt ist, ob es überhaupt zu einem Strafverfahren gegen die Polizisten kommt.

taz 29.2.96; taz 2.3.96

 

9. November 95

 

An einem Wehr in der Nähe des deutsch-polnischen Grenzüberganges Podrosche in Sachsen wird die Leiche des

24-jährigen Pakistani Massut Iqubal gefunden. Bei seinem Versuch, in die BRD zu gelangen, ist er – vor wahrscheinlich zwei Tagen – ertrunken.

FFM, März 96; BGS

 

12. November 95

 

Auf ein mit bosnischen Kriegsflüchtlingen bewohntes Haus in Jena wird ein Sprengstoffanschlag verübt. Ein selbstgebauter Sprengkörper fliegt durch ein offenes Fenster und explodiert in einem Duschraum.

BeZ 13.11.95

 

16. November 95

 

Ein 24-jähriger Abschiebegefangener algerischer Staatsangehörigkeit erhängt sich in seinem Haftraum in der JVA Dresden an einem Sprungseil, das er sich aus dem Sportraum mitgenommen hatte. Der Algerier sollte am 22. November – im dritten Anlauf – abgeschoben werden.

BT-Drucksache 13/3801

 

17. November 95

 

Kurz vor seiner Heirat mit einer Deutschen wird der 25-jährige Algerier Abdelouahab H. aus Bremen abgeschoben. Im Flugzeug, kurz vor Amsterdam, zerschneidet er sich mit einer Rasierklinge den Hals und die Handgelenke. Zu seinem Glück ist eine Ärztin an Bord und versorgt seine Verletzungen. Das kleine Flugzeug macht kehrt und bringt den Verletzten nach Bremen zurück. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt kommt er in die Krankenstation der JVA Oslebshausen.

    Schon am 22. November versuchen die Behörden, ihn erneut abzuschieben. Fünf Minuten vor dem Abflug nach Algerien – Abdelouahab H. ist bereits nach Frankfurt gebracht worden – kann er durch eine Eil-Verfügung des Bremer Verwaltungsgerichts das Flugzeug wieder verlassen.

FR 18.11.95; taz 18.11.95;

taz 20.11.95; taz 23.11.95; taz 25.11.95;

taz 22.12.95

 

17. November 95

 

Justizvollzugsanstalt Plauen in Sachsen. Ein 38-jähriger Mann aus Tunesien verletzt sich selbst durch Schnittverletzungen am Bauch. Er sollte an diesem Tage abgeschoben werden. Die Abschiebung erfolgt dann am 24. November 1995.

BT-Drucksache 13/3801

 

22. November 95

 

Der leitende Polizeidirektor beim Grenzschutzamt Frankfurt am Main, Udo Burkholder, zur Frage, auf welche Art und Weise Flüchtlinge ins Flugzeug gebracht und abgeschoben werden:

    "In Einzelfällen" würden ihnen nicht nur die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden – auch die Beine würden von den Fußknöcheln bis zu den Knien mit "Klettbändern" umwickelt. Zum Schutz der Haut werde Paketpapier untergelegt. Die so bewegungsunfähigen Menschen würden dann von den Beamten ins Flugzeug getragen. Das Anti-Rassismus-Büro in Bremen ergänzt, daß den Gefangenen stundenlang vor dem Flug weder Essen noch Trinken gegeben werden, damit sie nicht auf die Toilette müßten.

FR 22.11.95; BeZ 30.11.95

 

28. November 95

 

Die Kurdin Z. S. wird mit ihrer Tochter L. und ihrem Sohn M. in die Türkei abgeschoben, da aufgrund ihrer "Volkszugehörigkeit keine Verfolgung bestehe".

    Bereits bei der Paßkontrolle in Ankara werden die drei sechs Stunden lang festgehalten und verhört. Nach der Freilassung fahren sie zu Verwandten, werden jedoch immer wieder von Staatsangestellten aufgespürt und nach dem Aufenthalt des Ehemannes bzw. des Vaters befragt. Mutter und Tochter werden getrennt verhört und auch gefoltert.

    Am 26. Juli 96 gelingt es ihnen, erneut in die BRD zu fliehen. Die erlittenen Mißhandlungen werden den Frauen zwar geglaubt, doch habe es sich bei den sexuellen Mißhandlungen um einen "Amtswalterexzess" gehandelt, und es gebe keine Anzeichen dafür, daß der türkische Staat derartige Übergriffe einzelner Funktionsträger hinnehme, so das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in ihrer Ablehnung des Asylantrages.

    Allein wegen der psychischen Verfassung der Frauen stellt das Bundesamt am 7. Juli 97 Abschiebehindernisse nach § 53 Abs. 6 AuslG fest. Die Familie wird vorerst geduldet.

Büro A. Dietert-Scheuer, MdB, April 97 und Sept. 98

Dokumentation vom FRat NieSa und Pro Asyl, Mai 2000

 

29. November 95

 

Ein Mann wird vor seiner Abschiebung im Vorbereitungstrakt CJS im Frankfurter Flughafen geknebelt.

IPPNW 1.6.99

 

30. November 95

 

Ein 17-jähriger Libanese versucht, sich in einem Berliner Abschiebegewahrsam mit einem Handtuch an der offenen Tür des Innengitters seiner Zelle zu strangulieren. Durch das Eingreifen des Wachpersonals wird das verhindert.

BT-Drucksache 13/3567

 

10. Dezember 95

 

Bei dem Brand in einem zum Teil mit jugoslawischen Kriegsflüchtlingen bewohnten Mehrfamilienhaus im Ostseebad Haffkrug sterben fünf Menschen den Feuertod – drei albanische Flüchtlinge und zwei Deutsche. Nachdem das Feuer um 21.50 Uhr in der ersten Etage entdeckt worden war, steht das Haus in kurzer Zeit in Flammen.

    Zehn Personen können sich durch Abseilen und Sprünge aus den Fenstern retten, vier von ihnen sind allerdings schwer verletzt.

    Eine Bewohnerin bricht sich beim Sprung in die Tiefe beide Beine. Eine hochschwangere Albanerin erleidet so schwere Verbrennungen, daß sie – in Lebensgefahr schwe-bend – von ihrem Kind durch Kaiserschnitt entbunden werden muß. Ihr dreijähriger Sohn, ihr Mann und dessen Bruder sind bei dem Brand umgekommen.

taz 12.12.95; taz 13.12.95; jW 13.12.95;

taz 14.12.95; taz 15.12.95; taz 20.12.95;

taz 5.1.96; Race & Class 1997

 

13. Dezember 95

 

Der 17-jährige Kurde Necmettin T. übergießt sich am Hamburger Hauptbahnhof mit Benzin und zündet sich an. Im Krankenhaus stirbt er an seinen Verletzungen.

    Sein Asylantrag war im Mai abgelehnt worden. Er hätte die BRD bis zum 14. Dezember – also am nächsten Tag – verlassen müssen.

D'accord II Nachrichten; ap;

 Fritz Info-Kompakt, 14.12.95;

 jW 15.12.95; taz 15.12.95;

BT-Drucksache 13/3567

 

15. Dezember 95

 

Ein bulgarischer Flüchtling, der heute abgeschoben werden soll, stürzt sich in seiner Wohnung aus dem Fenster und versucht sich anschließend auf der Polizeiwache in Neuhof bei Fulda mit seinen Schnürsenkeln zu erhängen.

FR 16.12.95

 

17. Dezember 95

 

Die Leiche des 24-jährigen Pakistani Naeen Akram wird in der Nähe von Bahren-Zelz im Spree-Neiße-Kreis aus der Neiße geborgen. Der Tote soll bereits Ende Oktober mit einer Gruppe von insgesamt 17 Pakistani versucht haben, den Grenzfluß zu überqueren. Dabei, so die Cottbusser Staatsanwaltschaft, sollen vier weitere Flüchtlinge ertrunken sein.

LR19.12.97; UK 19.12.97; TS 19.12.95;

ND 19.12.95; MOZ 19.12.97; FFM, März 96;

Kleine Anfrage der PDS-Fraktion in Brandenburg Nr. 996

 

19. Dezember 95

 

Der 21 Jahre alte nepalesische Flüchtling K. C. Shiva macht mit zwei Männern eine Autofahrt nach Westfalen. Ab diesem Zeitpunkt ist er verschwunden. Ende Dezember wird er von der Heimleitung seiner Flüchtlingsunterkunft im nordrhein-westfälischen Beckum-Vellern als vermißt gemeldet.

    Sechs Jahre später, am 1. Oktober 2001, wird der Leichnam von K. C. Shiva aus einem Baggersee nahe einem kleinen Flugplatz im niedersächsischen Ganderkesee geborgen. Der Tote ist in Tüchern verschnürt und mit Kalksandsteinen beschwert. Er wurde schon vor Jahren erdrosselt.

    Im August 2003 müssen sich die mutmaßlichen Täter, die schon wegen eines anderen Mordes in Haft sitzen, vor dem Landgericht Bremen wegen der Morde an K. C. Shiva und an einem Bremer Kaufmann verantworten. Es handelt sich um den als gewalttätigen Neonazi bekannten 31-jährigen Till-Hauke H. als mutmaßlichen Haupttäter und um seinen ein Jahr älteren Komplizen Tim Erhard S. Laut Anklage und Urteil erwürgte Till-Hauke H. den Nepalesen aus Eifersucht und Fremdenhaß. Sein Freund habe nichts getan, um die Tat zu verhindern. Beide werden im März 2004 wegen der zwei Morde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe bei besonders schwerer Schuld verurteilt. Eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ist damit ausgeschlossen.

Polizei Bremen – Pressestelle 2.10.01;

Polizei Oldenburger-Land – Pressestelle 2.10.01;

SVZ 7.8.02; StA Bremen 10.1.03;

Yahoo!Nachrichten 4.8.03; ap 4.8.03;

NW 5.8.03; Die Welt 26.8.03;

Antifaschistisches Kreisplenum Gütersloh 22.12.03;

SVZ 8.3.04; taz 24.3.04; NWZ 24.3.04

 

24. Dezember 95

 

Bergkamen in Nordrhein-Westfalen. Bei einem Brand in der Flüchtlingsunterkunft sterben drei jugoslawische Kinder im Alter von drei, sechs und acht Jahren. 14 weitere Personen werden zum Teil schwer verletzt.

taz 27.12.95;

Nazi-Morde 1989-1999

 

24. Dezember 95

 

Bei einem Brand im Flüchtlingsheim im schleswig-holsteinischen Langeln wird niemand verletzt, weil die BewohnerInnen zum Zeitpunkt des Feuers nicht anwesend sind.

taz 27.12.95

 

Dezember 95

 

Nachdem sein Asylantrag und der Asylfolgeantrag abgelehnt wurden, geht ein Flüchtling "freiwillig" in die Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) zurück. Trotz Versprechen, sich bei seiner Ankunft bei seinen Freunden, Betreuern und Rechtsanwälten zu melden, geschieht dies nicht. Auch im Februar 98 hat niemand mehr von ihm gehört.

Aktion Abschiebestop

 

 

 

 

Im Jahre 1995

 

Im Zuge einer Kettenabschiebung wird eine Mutter mit ihren Kindern, die aus dem Kosovo geflohen sind, über Österreich und Ungarn nach Kosovo zurückgebracht und dort mißhandelt.

ND 14.7.98

 

 

Im Jahre 1995

 

Unmittelbar nach seiner Abschiebung aus der BRD wird der Libanese Akel Abbas wochenlang in Haft festgehalten. Erst durch Zahlung einer hohen Bestechungssumme kann er "freigekauft" werden.

EKD, S. 41 (Pax Christi, Berlin)

 

 

Im Jahre 1995

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Aus Protest gegen die ihm drohende Einreiseverweigerung in die BRD weigert sich der Iraker A. S. M., das für ihn als Diabetiker lebensnotwendige Insulin zu nehmen, und bringt sich damit in Lebensgefahr.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

 

Im Jahre 1995

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Nachdem der nigerianische Flüchtling I. M. die Ablehnung seines Asylantrags vom Verwaltungsgericht gelesen hat, öffnet er sich beide Unterarme. Er kommt in die Psychiatrie. Nachdem der dortige Arzt zwei BGS-Beamte des Hauses verwiesen hat, gilt I. M. als "in die BRD eingereist".

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

 BT-Drucksache 13/3565

 

 

Im Jahre 1995

 

Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main, Gebäude C 182. Als der pakistanische Flüchtling B. N. erkennt, daß sein Asylverfahren in eine Zurückweisung nach Karachi münden wird, versucht er im wahrsten Sinne des Wortes, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen. Nachdem er dies fünf- oder sechsmal versucht hat und schon benommen ist, hält er sich torkelnd an einem Stuhl fest. Es bedarf einigen Aufwandes, ihn soweit zu besänftigen, daß er sich von einem Arzt untersuchen läßt.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Okt.-Dez. 96;

BT-Drucksache 13/3565

 

 

Im Jahre 1995

 

Hamburger Hafen. Unter Deck eines Frachtschiffes, in Luke 2 wird die Leiche eines Afrikaners gefunden. Er hatte sich als "blinder Passagier" in einer Kakaoladung versteckt, die allerdings nach dem Auslaufen begast wurde. Der Flüchtling war erstickt.

ZDF-reportage "Zwischen Traum und Alptraum 8.5.98

 

 

Im Jahre 1995

 

Der abgelehnte Asylbewerber Alexandre X. wird in die Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) abgeschoben und festgenommen. Seine Gefangenschaft dauert auch im Februar 98 noch an.

Aktion Abschiebestop

 

 

Im Jahre 1995

 

Es wird aus dem Bundesland Thüringen bekannt, daß im Jahr 1995 eine Person versucht hat, sich in der Abschiebehaft zu töten.

BT-Drucksache 13/3801 und 13/3567

 

 

Im Jahre 1995 bis 1996

 

Im Zeitraum Juli 1995 bis Februar 1996 versucht eine Person, sich in einer saarländischen Abschiebehaftanstalt zu töten.

BT-Drucksache 13/3801

 

 

Im Jahre 1995 bis 1996

 

Im Zeitraum Juli 1995 bis Februar 1996 versuchen zwei Personen, sich in Hamburger Abschiebehaft das Leben zu nehmen.

BT-Drucksache 13/3801

 

 

Im Jahre 1993 bis 1995

 

Im Zeitraum von Januar 1993 bis Dezember 1995 haben im Bundesland Baden-Württemberg wegen drohender Abschiebung 18 Menschen versucht, sich umzubringen. "Nicht erfaßt sind hierbei diejenigen Fälle, in denen Ausländer eine Selbsttötung angekündigt haben oder sich bei Beginn der Abschiebung leichte Verletzungen zugefügt haben, um damit einen Abbruch der Abschiebung zu erzwingen".

BT-Drucksache 13/3567

 

 

Im Jahre 1993 bis 1995

 

Das Bundesministerium des Innern gibt bekannt, daß im Bundesland Bayern in der Zeit von 1993 bis 1995 vier weitere abgelehnte Asylbewerber versucht haben, sich das Leben zu nehmen.

BT-Drucksache 13/3567

 

 

Im Jahre 1993 bis 1995

 

Die Bundesregierung gibt bekannt, daß an den deutschen Ost-Grenzen von 1993 bis 1995   37 Flüchtlinge "tot aufgefunden wurden": 23 Personen auf deutscher Seite, 13 auf polnischem und eine Person auf tschechischem Territorium.

(33 Todesfälle sind hier dokumentiert)

BT-Drucksache 13/4296 und 13/4505

 

 

Im Jahre 1993 bis 1995

 

13 Personen wurden durch Beamte des BGS bzw. durch die von ihnen geführten Hunde körperlich verletzt.

BT-Drucksache 13/4017