zur Hauptseite                                                     Zusammenfassung  2003

Kürzel-Erklärung

Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und
ihre tödlichen Folgen 
2003

 
3. Januar 03

 

Kamenz in Sachsen. Der 25 Jahre alte Kurde Seyfettin Alslan aus der Türkei ist mit seinem irakischen Freund Ali H. im sächsischen Kamenz unterwegs, als morgens um 2.30 Uhr zwei Autos neben ihnen anhalten. Drei Deutsche steigen aus, die Fahrer bleiben in den Wagen sitzen. Die drei stellen sich den beiden Asylbewerbern in den Weg. Als diese bei einem Deutschen einen Baseballschläger erkennen, laufen sie weg. Die Deutschen verfolgen sie – die beiden trennen sich, wodurch dem Iraker die Flucht gelingt. Seyfettin Alslan allerdings wird mit mindestens zwei Hieben mit dem Baseballschläger gegen den Kopf und ins Gesicht niedergestreckt. Er ist kurz besinnungslos. Er spürt heftige Tritte gegen seinen Körper, als er zu sich kommt.

    Mit einem Rettungswagen kommt er ins Malteser-Krankenhaus St. Johannes in Kamenz. Als eine Hirnschwellung eintritt, gerät er für 48 Stunden in Lebensgefahr. Folgende Verletzungen werden diagnostiziert: Bruch des rechten Schläfenbeins, Bruch des rechten Augenhöhlendaches und der Augenhöhlenwand, eine offene Nasenbeinfraktur, ein Rippenbruch und eine Platzwunde an der Stirn.

    Auch viel später nach dem Überfall leidet Seyfettin Alslan unter Angstzuständen und zeigt die Symptome einer psychischen Traumatisierung. Zudem hat er jetzt deutliche Seh- und Hörverluste und heftige Kreislaufprobleme. Ein späteres Anfallsleiden aufgrund der erlittenen Gehirnverletzungen ist nicht auszuschließen.

    "Leib und Seele werden in Mitleidenschaft gezogen. Wir haben Angst," heißt es nach dem Überfall in einer von 109 AsylbewerberInnen unterschriebenen Petition.

    Der Haupttäter wird im Januar 2004 von der Jugendkammer des Landgerichtes Kamenz zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die beiden anderen bekommen Bewährungsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten und einem Jahr. Die beiden Autofahrer werden zu Bewährungsstrafen von 10 Monaten und sechs Monaten verurteilt.

(siehe auch: 19. Dezember 02)

AMAL Görlitz; Ostsachseninfos 13.1.03;

StA Bautzen und LKA Sachsen 29.1.03;

Ostsachseninfos 13.2.03; SäZ 15.1.04; JWB 21.1.04

 

7. Januar 03

 

Vier Bewohner einer Wohneinheit des niedersächsischen Flüchtlingsheimes Oldendorf werden morgens um 3 Uhr durch lautes Klopfen an der Tür geweckt. Sie fragen durch die geschlossene Tür, wer da sei, und bekommen die Antwort: "Mach auf, Mann, ich will rein, ich habe ein Geschäft". Die Flüchtlinge hören das Durchladen einer Waffe, und dann knallt es zweimal. Die Polizei findet später vor dem Gebäude eine abgeschossene Schrotpatrone.

HA 9.1.03

 

7. Januar 03

 

Bundesland Sachsen. Zwei algerische Flüchtlinge sind auf dem Weg zu ihrer Flüchtlingsunterkunft Porschendorf. Am Bahnhof Dürrröhrsdorf werden sie von vier Rechtsextremisten mit einer Schreckschußpistole bedroht. Ihnen gelingt die Flucht.

    Auf demselben Weg greifen dieselben Täter kurze Zeit später zwei vietnamesische Asylbewerber an. Dabei wird dem 23-jährigen Flüchtling mit einer Eisenstange gegen den Kopf geschlagen, und sein 20-jähriger Begleiter bekommt einen Schlag mit der Eisenstange gegen das Bein. Beide kommen ins Krankenhaus Pirna, wo dem Älteren die stark blutende Kopfverletzung genäht werden muß.

    Im Mai 2003 werden die vier Täter vom Amtsgericht Pirna zu Haftstrafen von einem Jahr und 10 Monaten ohne Bewährung bis zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Dazu kommen Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe, die sie an die Opferberatung AMAL zu überweisen haben.

AMAL Dresden; LR 9.1.03

 

10. Januar 03

 

In der Nähe der brandenburgischen Ortschaft Bahren-Zelz im Spree-Neiße-Kreis entdecken Beamte des Bundesgrenzschutzes einen Iraker, einen Iraner und einen Afghanen, die bei zweistelligen Minusgraden an einem Feuer versuchen, ihre bis zur Brusthöhe durchnäßte und gefrorene Kleidung zu trocknen. Die drei Flüchtlinge haben offensichtlich die polnisch-deutsche Grenze durch die Neiße überschritten. Der BGS geht davon aus, die Menschen vor dem Erfrieren gerettet zu haben.

LR 11.01.03

 

11. Januar 03

 

Mecklenburg-Vorpommern. Zwei Menschen aus Togo, ein Mann und eine Frau, die in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende in Boizenburg leben, werden von zwei polizeibekannten Neonazis beschimpft und geschlagen. Ein Täter schlägt mit seiner Krücke zu.

    Vor allem die angegriffene Frau trägt Prellungen und Blutergüsse davon.

    Der Haupttäter wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

LOBBI

 

12. Januar 03

 

Der 28 Jahre alte Flüchtling Abdullah Eylem Kirat wird in der Nähe des Dornheckensees in Bonn-Oberkassel erschlagen aufgefunden. Der abgelehnte Asylbewerber aus der Türkei war am Vortag – aus Rostock kommend – um 16 Uhr auf dem Hauptbahnhof Bonn angekommen. Am frühen Abend wird er noch in einem türkischen Club in der Altstadt gesehen – danach verliert sich seine Spur.

    Auch im Januar 2004 sind die Ermittlungen zur Klärung des Verbrechens nicht abgeschlossen.

Polizei Bonn 12.1.03; Polizei Bonn 14.1.03;

GA Bonn 14.1.03; KSTA 15.1.03; Polizei Bonn 24.1.03

 

12. Januar 03

 

Ein Gefangener im Berliner Abschiebegefängnis Köpenick fügt sich mit einem Plastiklöffel Verletzungen zu. Nach einem Krankenhausaufenthalt wird er aus der Haft entlassen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

16. Januar 03

 

Aus Angst vor seiner bevorstehenden Abschiebung erhängt sich der yezidische Flüchtling David Mamedov in seiner Wohnung in Schloß Holte in Nordrhein-Westfalen. Er hinterläßt eine Frau und zwei minderjährige Söhne.

    Die Familie war 1996 nach schweren Mißhandlungen aus Georgien geflohen. Am 10. Februar 1997 wurde sie als asylberechtigt anerkannt. Das Verwaltungsgericht Minden hatte dann diese Anerkennung nach einer Klage des Bundesbeauftragten für Asyl-Angelegenheiten aufgehoben. Die Ausländerbehörde Gütersloh hatte Herrn Mamedov daraufhin mitgeteilt, daß er und seine Familie in Kürze abgeschoben werden, und ihm die Duldung abgenommen.

    Am 30. Juni, kein halbes Jahr nach dem Tod des Ehemannes und Vaters, werden Frau Mamedov und die Kinder von der Ausländerbehörde Gütersloh aufgefordert, "das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen". Die Abschiebung wird unmißverständlich angedroht.

Yezidisches Forum 19.1.03; FR 22.1.03;

Friedensbüro Lemgo 22.9.03; JWB 24.9.03

 

16. Januar 03

 

Im sächsischen Kamenz wird ein 31 Jahre alter Asylbewerber aus Libyen von mehreren Rechtsextremisten angegriffen und verletzt.

    Die Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex) des LKA Sachsen ermittelt sechs Tatverdächtige, die auch noch an zwei weiteren rassistischen Übergriffen in wechselnder Besetzung beteiligt waren.

StA Bautzen und LKA Sachsen 29.1.03; AMAL Görlitz

 

17. Januar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Nach einem Arztbesuch wird ein Gefangener in einen Raum gebracht und zwei Stunden später von Beamten zusammengeschlagen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

20. Januar 03

 

Ein zehnjähriger palästinensischer Flüchtlingsjunge wird in einer Sporthalle im brandenburgischen Fürstenwalde von einem 18-jährigen Rassisten zunächst als "Scheiß-Ausländer" beschimpft, dann gewürgt und auf dem Boden liegend mit Stiefeln getreten. Der Täter wird zu einer Geldstrafe verurteilt.

Opferperspektive

 

22. Januar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein 43 Jahre alter Russe aus Tschetschenien schneidet sich um 19.55 Uhr mit einem Metallstück 15 cm quer über den Bauch. Er kommt für 12 Tage ins Haftkrankenhaus der JVA Moabit und dann zurück in die Abschiebehaft. Der Mann befindet sich seit dem 2. Januar aus Protest gegen seine Inhaftierung im Hungerstreik.

    Am 8. Februar erklärt der Gefangene erneut, daß er sich umbringen werde, wenn er nicht bis zum 10. Februar entlassen werde. Daraufhin kommt er für 24 Stunden in eine Isolierzelle. Hier schlägt er am 11. Februar solange seinen Kopf auf eine Tischplatte, bis die Haut platzt. Erst jetzt erfolgt seine Verlegung ins psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe, aus dem am 14. Februar die Entlassung erfolgt.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

24. Januar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Morgens um 0.20 Uhr versucht ein 16 Jahre alter Weißrusse, sich mit einem gedrehten Bettlaken im Toilettenraum aufzuhängen. Er wird zeitig gefunden und kommt in ein psychiatrisches Krankenhaus. Am 28. Januar wird er aus der Abschiebehaft entlassen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

26. Januar 03

 

Jena in Thüringen. Cornelius Yufanyi, Flüchtling und Menschenrechtsaktivist aus Kamerun, ist am frühen Sonntagmorgen um 0.30 Uhr mit einer Freundin auf dem Weg zum Afro Center, als aus einem schwarzen PKW drei Personen aussteigen und auf sie zugehen. Die zwei Männer und eine Frau geben vor, von der Polizei zu sein und verlangen die Personalien des Afrikaners. Cornelius Yufanyi, der viele Erfahrungen mit Nazis gemacht hat, verlangt andererseits deren Dienstausweise. Diese werden ihm aus ca. einem Meter Entfernung gezeigt, und er kann sie aufgrund der Dunkelheit nicht lesen. Er bittet sie, näher zu kommen, was sie verweigern. Als er über sein Handy versucht, die Polizei zu rufen, um sich bestätigen zu lassen, daß die Personen tatsächlich Polizisten sind, wird ihm das Handy aus der Hand geschlagen. Nach einem kurzen Wortwechsel schlagen die vorgeblichen Polizisten auf den Kameruner ein. Die Freundin, die sich verbal einmischt, wird weggeschubst.

    Cornelius Yufanyi wird so stark ins Gesicht geschlagen, daß seine Lippe platzt und stark blutet. Er wird auf den Boden gedrückt und mit Pfefferspray bedroht. Als sich ein Passant einmischt, wird auch er weggeschubst.

    Cornelius Yufanyi wird weiter geschlagen, ihm werden Handschellen auf dem Rücken angelegt, dann zerren die Beamten ihn hoch. Er wird ins Auto gestoßen, so daß er in Brustlage auf dem Sitz landet. Er wird gewürgt und unter rassistischen Beleidigungen durchsucht. Er wird als "Assi" beschimpft, und er sollte doch wieder dahin zurückgehen, wo er herkomme ist, wenn es ihm hier nicht gefalle. Eine Person kniet sich auf seinen Rücken, so daß Cornelius Yufanyi Luftnot bekommt.

    In der Wache angekommen werden dem schon in Handschellen gebundenen Cornelius Yufanyi Fußschellen angelegt, und er wird in eine Zelle gesperrt. Erst nach mehrmaligem Fragen wird ihm ein Telefonat mit seiner Frau und seiner Ärztin gestattet. Dann wird ihm eine Blutprobe entnommen, und es erfolgt seine Entlassung.

    Während die Ermittlungen aufgrund der Anzeige von Cornelius Yufanyi gegen die Polizisten eingestellt werden, findet der Prozeß gegen ihn selbst wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im November und Dezember im Amtsgericht Jena statt. Er endet mit einem Freispruch für den Kameruner.

Bericht des Betroffenen 27.1.03 ;

OtZ 31.1.03;

FR 5.2.03; taz 5.2.03; ND 5.2.03;

Bericht des Betroffenen 31.1.05

 

28. Januar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – zweiter Stock im Haus 2. Ein 28-jähriger hungerstreikender Mann aus Abchasien schneidet sich um 15.40 Uhr mit einem Dosenblech tiefe Wunden in den linken Arm. Er wird ins DRK-Krankenhaus Köpenick gebracht, wo seine Verletzungen genäht werden. Danach kommt er zurück in die Abschiebehaft und für die nächsten zwei Tage in eine Einzelzelle.

    Der Gefangene hatte bereits am 7. Januar bei einem Haftprüfungstermin gesagt, daß er sich selbst verletzen werde, wenn er nicht innerhalb einer Woche entlassen würde. Am

4. Januar wurde seine Haft bei einem neuerlichen Haftprüfungstermin um weitere sechs Wochen verlängert.

    Als der Gefangene seine Selbstverletzungsabsichten wiederholt, kommt er wieder für zwei Tage in eine Isolierzelle.

    Um 19.40 Uhr des 4. Februar fügt er sich mit einem Dosenblech Schnittverletzungen an beiden Armen zu. Trotz der offenen und stark blutenden Arme wird er mit auf dem Rücken gefesselten Händen ins Krankenhaus transportiert. Nach chirurgischer Versorgung kommt er ins psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe, wo seine Entlassung am

12. Februar erfolgt. Auch seine siebenmonatige Abschiebehaft ist damit beendet.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

29. Januar 03

 

Um 0.45 Uhr entdeckt ein Wachmann des Flüchtlingsheimes an der Kölner Ankerstraße, daß die Zimmer im Dachgeschoß lichterloh brennen. Kurze Zeit später findet er den leblosen Körper eines 29-jährigen Flüchtlings auf dem Gehweg vor dem Haus. Es handelt sich um den Bewohner des brennenden Zimmers, der wahrscheinlich versucht hatte, den Flammen über das Dach zu entkommen, und dabei abstürzte.

    Fünf Stunden nach dem Unglück erliegt er seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus.

KStA 30.1.03

 

29. Januar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein Gefangener versucht, sich mit einem Bettlaken zu strangulieren. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt wird er aus der Abschiebehaft entlassen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

29. Januar 03

 

Die Hamburger Staatsanwaltschaft untersucht die Abschiebung eines 20 Jahre alten taubstummen und geistig behinderten Mannes aus Jugoslawien. Um fünf Uhr morgens bewegen ihn Beamte dazu, seinem Anwalt das Mandat zu entziehen und den Asylantrag zurückzunehmen. Ein Arzt der Ausländerbehörde stellt zwar fest, daß dem Behinderten die "Verarbeitung von Informationen nicht gelingt", daß er ohne seine Familie nicht lebensfähig ist und ihm bei einer Trennung von Eltern und Geschwistern "Gefahr" drohe. Doch nachdem der Mann ein vorgefertigtes Schreiben mit Fingerabdruck unterzeichnet hat, setzt man ihn unvollständig bekleidet in ein Flugzeug nach Belgrad.

    Seither ist es weder Hilfsorganisationen noch der Familie gelungen, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Zuletzt wird der Hilfsorganisation "flucht punkt" eine Nachricht einer Notaufnahme in Belgrad übermittelt, wonach der Mann mehrmals im hilflosen Zustand von der Polizei des Flughafens Belgrad dort eingeliefert worden sei. Offenbar lebt er im Freien in der Nähe des Flughafens. Es wird bekannt, daß der 20-Jährige einmal in eine psychiatrische Klinik eingeliefert und einmal wegen Diebstahls einem Haftrichter vorgeführt wurde. Seit April 2003 gibt es keine Informationen mehr von ihm.

taz 20.5.03; Zeit 27.11.03;

Burkhard Werner 18.2.04

 

30. Januar 03

 

Greiz-Irchwitz in Thüringen. Mindestens zwei Neonazis werfen in der Nacht Molotow-Cocktails auf das Flüchtlingsheim im Mitschurinweg. Eine der Brandflaschen kann der Wachmann zurückwerfen – die zweite bleibt auf dem Rasen vor dem Gebäude liegen. Während der Wachmann verletzt wird, kommen die 69 BewohnerInnen mit dem Schrecken und unverletzt davon.

    Im September stehen die zwei jugendlichen Hauptangeklagten wegen versuchten Mordes in 70 Fällen, versuchter schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung vor dem Geraer Landgericht. Weiteren fünf Männern und zwei Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren wird Beihilfe und versuchte Brandstiftung vorgeworfen.

    Die beiden Haupttäter werden zu Jugendstrafen von fünf Jahren und drei Monaten sowie vier Jahren verurteilt. Die anderen sieben Angeklagten bekommen Freiheits- und Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zweieinhalb Jahren.

    Als zehn Jahre später in einem ehemaligen Internat des Berufsbildenden Zentrums Greiz-Zeulenroda syrische, afghanische und tschetschenische Flüchtlinge aus der Landeserstaufnahmestelle Eisenberg aufgenommen werden, beginnt eine sogenannte "Greizer Bürgerinitiative gegen das Asylheim in Zaschberg" mit anfangs wöchentlichen rassistischen Kundgebungen gegen die Flüchtlinge zu hetzen. Hinter der Initiative stehen regional bekannte Neonazis von der sogenannten Revolutionären Nationalen Jugend (RNJ) – auch einer der Haupttäter vom Brandanschlag im Jahre 2003 ist aktiv dabei. Mit Parolen wie "Armut ist kein Grund für Asyl" und "Asylflut stoppen" wird Stimmung von den "aufgebrachten Bürgern" in der Kleinstadt Greiz, der "Perle des Vogtlandes", gemacht.

    Als Reaktion auf die rassistische Hetze gegen Flüchtlinge gründet sich eine Initiative "Solidarität mit den Flüchtlingen in Greiz".

JWB 12.2.03; OtZ 4.9.03;

 taz 4.9.03; FR 4.9.03;

Antifaschistische Aktion Gera;

ABAD Thüringen;

antifaschismus2.de 16.4.10; JWB 7.11.13

 

30. Januar 03

 

Ausreiselager Fürth in Bayern. Der schwer traumatisierte, alkoholkranke und an Tuberkulose erkrankte Flüchtling Anthony M. aus Uganda wird unter Anwendung von Gewalt von der Polizei abgeholt und von 10 Uhr vormittags bis abends 21 Uhr in Gewahrsam gehalten. Der 26 Jahre alte Mann blutet aus dem Mund, seine Lippe schwillt an, und er hat Schmerzen im Brustbereich. Als er nach einem Arzt verlangt, wird ihm mitgeteilt, daß er die medizinische Versorgung selber bezahlen müßte.

    Grund der Festnahme: Die Ausländerbehörde hatte ihm wegen angeblicher Verweigerung der Mitarbeit bei Befragungen zur Identitätsfeststellung sein Taschengeld in Höhe von 40 Euro halbiert. Der Mann verlor daraufhin die Nerven und warf zwei Gläser zu Boden, bevor er zurück ins Lager ging.

Karawane 7.2.03;

NN 8.2.03; Bild-Nürnberg 12.2.03;

Bild-Nürnberg 18.2.03;

Bild-Nürnberg 24.2.03

 

31. Januar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein 17 Jahre alter Palästinenser aus dem Libanon fügt sich um 16.30 Uhr Verletzungen mit einer Rasierklinge zu, wodurch er einen großen Blutverlust erleidet. Er kommt zur medizinischen Behandlung ins Krankenhaus und wird dann aus der Haft entlassen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

Januar 03

 

Im Stadtzentrum der thüringischen Stadt Gera werden zwei irakische Flüchtlinge von 20 Personen verfolgt und mißhandelt.

FW 4.3.03

 

Januar 03

 

Gera in Thüringen. Es ist jetzt täglich so, daß im Stadtzentrum an den Arkaden – Heinrichstraße – Flüchtlinge von rechten deutschen Menschen angepöbelt, geschubst und angespuckt werden. Dieser Zustand ändert sich auch im ganzen laufenden Jahr nicht.

ABAD Thüringen

 

1. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Um 14.40 Uhr verletzt sich ein 27 Jahre alter Georgier dreimal am linken Arm und einmal im Gesicht. Da er den Transport ins Krankenhaus verweigert, kommt er in eine Isolierzelle. 14 Tage später erfolgt seine Abschiebung.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

1. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 in der zweiten Etage. Ein 31-jähriger Litauer versucht, sich zu erhängen. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt kommt er zurück in die Haft – diesmal in eine Isolierzelle. Dort versucht er, sich die Pulsadern aufzuschneiden.

    Am 18. März – er befindet sich im Haus 2 in der sechsten Etage – fügt er sich um 15.45 Uhr in der Toilette schwere Verletzungen zu. Er schneidet sich mit einer Rasierklinge dreimal in den Hals, dreimal in den linken Arm, sechsmal in den rechten Arm und in beide Waden. Er verliert so viel Blut, daß er vor Schwäche teilweise das Bewußtsein verliert. Mit einer Sauerstoffmaske wird er in einem Rollstuhl weggefahren, nachdem die Beamten ihn noch fotografiert haben. Im Haftkrankenhaus der JVA Moabit werden seine Wunden genäht, und drei Tage später befindet er sich wieder im Abschiebegefängnis – wieder im Isolationstrakt.

    Am 24. März um 16 Uhr verletzt er sich in der sechsten Etage des 2. Hauses mit einem Plastikmesser neunmal am linken Arm und zehnmal am rechten Arm. Die Wunden des psychisch sehr labilen Mannes versorgen die Sanitäter des Polizeiärztlichen Dienstes und bringen ihn zum dritten Mal in den Isoliertrakt.

    Am 31. März verschluckt der Mann ein Metallstück. Nach einer Röntgenkontrolle im DRK-Krankenhaus Köpenick und nach einer medikamentösen Versorgung seiner verletzten Speiseröhre kommt er zurück in das Abschiebegefängnis, von wo er aus dem Isoliertrakt heraus am 2. April abgeschoben wird.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

3. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 in der zweiten Etage. Ein 29 Jahre alter Mann aus Rußland, der sich im Hungerstreik befindet, versucht, sich morgens um 7 Uhr an einer Metallverstrebung im Korridor zu erhängen Er erwacht mit einer Sauerstoffmaske im Gesicht, kommt ins Neuköllner Krankenhaus und nachmittags zurück nach Köpenick in eine Isolierzelle.

    Von hier aus beobachtet er am nächsten Tag, wie seine sich lautstark wehrende Ehefrau von drei Beamten in einen Gefangenentransporter gezwungen und dann weggefahren wird. Sie wird in die Ukraine abgeschoben.

    Am 10. Februar befindet sich der Gefangene immer noch in der Isolierzelle. Er ist seit mittlerweile drei Wochen im Hungerstreik. Um 14 Uhr versucht er, sich in der Toilette aufzuhängen. Er kommt schwer verletzt und ohne Bewußtsein auf die Intensiv-Station des DRK-Krankenhauses Köpenick. Hier wird er künstlich beatmet, bis er am 16. Februar aus dem Koma erwacht. Schon am nächsten Tag erfolgt die Verlegung ins psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe, wo er aufgrund einer Lungenentzündung bis zum 3. März bleiben muß.

    Aus der Abschiebehaft war der Mann bereits am Tag seines Erhängungsversuches, dem 10. Februar, entlassen worden.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

6. Februar 03

 

Herbruck im nördlichen Bayern. Um 13 Uhr bricht in einem Kochraum des Flüchtlingsheimes in der Amberger Straße ein Feuer aus. Die 15 Männer, die sich zu dieser Zeit in der Baracke aufhalten, können sich ins Freie retten. Zwei pakistanische Asylbewerber verletzen sich leicht, als sie auf der Flucht ein Fenster einschlagen müssen. Die ehemalige Ver-messungsamts-Baracke, die als Flüchtlingsunterkunft diente, brennt völlig nieder.

NbZ 7.2.03; HbZ 9.2.03

 

7. Februar 03

 

In einer Straßenbahn der thüringischen Stadt Gera kommt es am Nachmittag zu einer Auseinandersetzung zwischen rechten Deutschen und Flüchtlingen, wobei ein Iraker angegriffen und verletzt wird.

    Am späten Abend verhaftet die Polizei im Stadtgebiet an den Arkaden, willkürlich und offensichtlich nach äußerem Erscheinungsbild ausgesucht 14 irakische Flüchtlinge. Der Vorwurf: sie sollen mit Stöcken und anderen Gegenständen auf deutsche Jugendliche eingeprügelt haben.

    Unter den Flüchtlingen befinden sich eindeutig einige Menschen, die dem oben genannten Vorfall überhaupt nicht anwesend waren. Die Festgenommenen werden dann einzeln den angeblich geschlagenen deutschen Jugendlichen zur Identifizierung vorgeführt.

ABAD Thüringen

 

7. Februar 03

 

Bundesland Sachsen. Ein indischer Flüchtling ist mit einem Freund auf dem Heimweg zu ihrer Unterkunft in Dresden. Zwei Skinheads werfen eine Flasche nach ihnen und schlagen dem Inder eine zweite Flasche auf den Kopf.

    Als sich deutsche Mädchen von der anderen Straßenseite her schreiend einmischen und die Angreifer auffordern aufzuhören, flüchten diese.

AMAL Dresden

 

8. Februar 03

 

Frau Dokpe Dikewu wird mit einer Maschine der Air France vom Münchener Flughafen nach Togo abgeschoben. Bei der Abschiebung wird sie massiv durch BGS-Beamte mißhandelt. Nach Aussage ihrer Schwester hat sie am ganzen Körper schwere Blutergüsse.

    Dokpe Dikewu lebte seit 12 Jahren in der BRD. Zurück bleiben ihre dreijährige Tochter, ihr Verlobter, den sie in zwei Tagen heiraten wollte, die drei Kinder einer verstorbenen Schwester und ihre Mutter. Als die Mutter von der Abschiebung erfährt, bekommt sie einen Herzinfarkt.

    Die Abschiebung von Dokpe Dikewu hätte nicht stattfinden dürfen, wenn die Angestellte des Kreisverwaltungsreferats am Freitag, den 7. Februar, um 13.45 Uhr nicht schon ins Wochenende gegangen wäre. Zu diesem Zeitpunkt erreichte das Fax der togoischen Botschaft mit der Bestätigung, wo die Trauung stattfinden sollte, die deutsche Behörde.

    Aus Angst vor Verfolgung hält sich Dokpe Dikewu nach der Abschiebung versteckt. Die gesundheitlich schwer angeschlagene Frau wird von ihrem Münchener Verlobten mit Medikamenten und Geld versorgt. Im September 2003 heiraten die beiden in Togo.

    Dokpe Dikewu leidet im Herbst 2004 unter schweren Depressionen, und auch ihr Mann kommt in einen psychisch sehr labilen Zustand.

    Eine Wiedereinreise von Dokpe Dikewu ist nur gegen die Zahlung der Abschiebekosten in Höhe von 12.117,59 Euro möglich. Durch zahlreiche Spenden, zusammen mit eigenen Mitteln, gelingt es dem Ehemann, die erste Summe einer vereinbarten Ratenzahlung zusammenzubringen. Auf seine Anfrage an die Regierung in Oberbayern im November 2004, wie er die ausstehenden Zahlungen ausgleichen solle, hat er auch im Januar 2005 noch keine Antwort erhalten.

caravan 11.2.03; Bürgerrechte & Polizei/CILIP 74/2003;

FRat Bayern 18.1.05

 

9. Februar 03

 

Um 7.40 Uhr wird der Feuerwehr ein Brand im Flüchtlingsheim des ostwestfälischen Ortes Hille gemeldet. Als die Löschfahrzeuge vor Ort eintreffen, brennt das eingeschossige Gebäude bereits lichterloh.

    Eine 20-jährige Frau aus Aserbaidschan stirbt in den Flammen. Ein Ehepaar, ebenfalls aus Aserbaidschan, deren zweijährige Tochter und der achtjährige Sohn müssen mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus. 15 weitere HeimbewohnerInnen, die aus Albanien, China, Georgien und Kosovo stammen – bleiben unverletzt.

    Am nächsten Tag wird als Brandursache ein Kleidungsstück benannt, das auf einer Heizung lag; ein rassistischer Angriff wird damit ausgeschlossen.

n-tv.de 9.2.03; wdr.de 10.2.03; TrV 10.2.03;

AaN 10.2.03; FR 10.2.03; taz 10.2.03

 

11. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein 48 Jahre alter Gefangener aus Weißrußland versucht, sich mit einem Betttuchstreifen an einem Gitter in der Zelle zu erhängen. Als er zu sich kommt, hat er eine Sauerstoffmaske im Gesicht und befindet sich auf dem Weg ins DRK-Krankenhaus Köpenick. Von dort erfolgt der baldige Transport ins psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe, wo er nach einigen Tagen entlassen wird. Damit ist auch die Abschiebehaft beendet, in der er sich seit dem 13. August 2002 befand.
(siehe auch: 28. November 02)

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

11. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein kurdischer Abschiebegefangener aus der Türkei verletzt sich selbst.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

12. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 3 in der zweiten Etage. Ein 22-jähriger polnischer Abschiebegefangener Polen versucht, sich mit einem Bettlaken zu erhängen. Bewachungsbeamte finden ihn, und Sanitäter beatmen ihn mit einer Sauerstoffmaske. Nachdem die anderen Gefangenen der Etage in ihre Zellen eingeschlossen sind, wird der Pole ins Krankenhaus transportiert.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

12. Februar 03

 

Frauenstation im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Eine Nigerianerin wird von den Beamtinnen aufgefordert, ihr Bett zu verlassen, damit die Zelle gereinigt werden kann. Die Frau, die sich im Hungerstreik befindet, war am Vortag auf der Toilette vor Schwäche umgefallen. Als sie nicht sofort der Aufforderung nachkommt, zerren die Beamtinnen sie auf den Boden und treten auf sie ein.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

12. Februar 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 32 Jahre alter Gefangener morgens um 3.25 für 20 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem "komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Gefangenen ist damit maximal eingeschränkt.

Antwort der Landesregierung auf eine

Kleine Anfrage der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237

 

14. Februar 03

 

In der Hamburger Untersuchungshaftanstalt begeht ein 20 Jahre alter Abschiebegefangener einen Suizidversuch.

Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469

 

15. Februar 03

 

Nordkirchen in Nordrhein-Westfalen. Als die Feuerwehr kurz nach 7 Uhr morgens bei der Flüchtlingsunterkunft in der Dorfstraße im Ortsteil Capelle eintrifft, brennt die erste Etage des zweigeschossigen Gebäudes schon lichterloh. Da der Ort des Brandherdes nicht sofort ausgemacht werden kann, versuchen die Feuerwehrmänner zunächst, die Menschen zu retten.

    Ein 24 Jahre alter Mann kann nur noch tot geborgen werden. Er hatte vermutlich versucht, eines der beiden schwer verletzten Kinder zu retten, und ist dann am Rauch erstickt. Ein neun Monate alter Säugling und ein sechsjähriges Mädchen können wiederbelebt werden. Die beiden kommen, zusammen mit einem schwerverletzten 45-jährigen Mann, in Krankenhäuser. Vier weitere BewohnerInnen können unverletzt gerettet werden. Alle im Haus gemeldeten 20 Personen und auch der 24-jährige Mann, der zu Besuch war, sind Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien.

    Als Brandursache wird eine im ersten Stock befindliche Nachtspeicherheizung vermutet.

wdr.de 16.2.03;

RN 17.2.03; MüZ 17.2.03;

WN 17.2.03

 

15. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 im zweiten Stock. Ein 32 Jahre alter russischer Gefangener wird um

6 Uhr morgens von Bewachungsbeamten in der Kochnische gefunden. Er hängt mit einem Stoffstreifen um den Hals an einem Gitter. Den Beamten gelingt es, ihn schnell abzuschneiden und die Sanitäter zu rufen. Der Russe erwacht aus seiner Bewußtlosigkeit mit einer Sauerstoffmaske im Gesicht und bemerkt die Blitzlichter, die entstehen, weil er von den Beamten fotografiert wird. Nun versucht er – immer noch am Boden liegend – die Luft anzuhalten, um wieder Bewußtlosigkeit zu erreichen. Dann wird er ins DRK-Krankenhaus Köpenick transportiert.

    Die anwesenden Gefangenen schließen aus der Leblosigkeit, daß der Mann tot ist, und beginnen, für ihn zu beten.

    Nach kurzer medizinischer Behandlung im Krankenhaus kommt er zurück in das Abschiebegefängnis und dort in eine Isolierzelle. Hier zerbricht er seine Telefonkarte und versucht, sich damit den linken Unterarm aufzuschneiden, verletzt sich jedoch nur leicht. Dann versucht er, sich liegend mit einer Stoffschlinge zu erwürgen. Auch dies wird von den Beamten bemerkt. Nun wird er rund um die Uhr bewacht. Jetzt beginnt er einen Durststreik.

    Er ist einer derjenigen, die seit dem 20. Januar gegen die Haft und die Haftbedingungen mit einem Hungerstreik protestieren. Schon vor einigen Tagen hatte er einen Antrag auf eine ärztliche Untersuchung durch einen unabhängigen Arzt / Ärztin gestellt, der noch nicht beantwortet wurde. Deshalb gab er einen Brief über seine seit langem bestehende Herzerkrankung einem Angehörigen des medizinischen Personals. Er hatte seit Tagen starke Herzschmerzen, Kreislaufschwäche, Atemnot und Druck im Brustkorb. Anstatt medizinische

Untersuchungen einzuleiten wurde er von Angehörigen des medizinischen Personals aufgefordert, seinen Hungerstreik zu beenden; dann würde ihm schon geholfen werden.

    Aufgrund seiner anhaltend starken Herzschmerzen kommt er schließlich wieder ins Köpenicker Krankenhaus, wo die erforderlichen Herz-Kreislauf-Untersuchungen stattfinden. Auch im Krankenhaus wird er von Polizeibeamten bewacht. Einem Psychologen sagt er, daß er weiter versuchen wird, sich umzubringen, wenn er zurück ins Abschiebegefängnis käme. Daraufhin erfolgt seine Verlegung in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe und seine umgehende Entlassung aus der Abschiebehaft.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

Mitte Februar 03

 

Transitzone des rumänischen Flughafens Otopeni. Nicolae Carja, aus Deutschland abgeschobener Flüchtling und seitdem Gefangener im Transitbereich, setzt der rumänischen Grenzpolizei ein Ultimatum. Mehrere Stunden hängt er sich immer wieder mit seinem Gürtel an den Gitterstäben auf. Die Wachen sehen zu und machen sogar Witze, als er blau anläuft. Mit der Aktion versucht er, sieben Flugtickets nach Deutschland zu erpressen. Fünf für die Familie Mogos
(siehe 7. März 02), eine für einen Mitgefangenen und eins für sich selbst.

    Mit einem mehrwöchigen Hungerstreik hatte er bereits im Jahre 2002 versucht, auf die unmenschliche Behandlung der Gefangenen durch die Polizei aufmerksam zu machen. Im Dezember hatte er einen Brief an das rumänische Innenministerium geschrieben – ohne Antwort. Dann hatte er seinen Kopf in die Fensterscheibe seines Zimmers geschlagen und medizinische Behandlung durch einen Arzt verweigert, weil der Kommandant der Grenzpolizei nicht gesprächsbereit war.

RMP 11.2.03

 

16. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 im ersten Stock. Ein 33 Jahre alte russischer Asylbewerber aus Tschetschenien befindet sich seit 32 Tagen im Hungerstreik. Um 2.30 Uhr schneidet er sich den linken Unterarm auf. Trotz großen Blutverlustes versucht er anschließend, sich mit Stofflappen in der Küche zu erhängen. Er erwacht auf dem Boden liegend und wird von Sanitätern ins DRK-Krankenhaus Köpenick transportiert. Nachdem die Armwunde genäht ist, erfolgt sein Rücktransport ins Abschiebegefängnis.

    Die Situation in der Isolierzelle setzt den ohnehin psychisch schwer angeschlagenen Mann noch weiter unter Druck. Er beginnt zu schreien und versucht, seine Bewacher anzugreifen, die ihm daraufhin Hand- und Fußschellen anlegen. Schließlich kommt er in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe und gilt nach vier Monaten Gefängnis als aus der Haft entlassen.

    Mitte Oktober letzten Jahres war er zu einer Berliner Polizeistation gegangen und hatte um Asyl gebeten. Die Reaktion der Beamten war seine Festnahme.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

17. Februar 03

 

Im Kellerraum einer Unterkunft für AsylbewerberInnen in der Dürerstraße 29 im nordrhein-westfälischen Kamen entsteht ein Feuer durch Brandstiftung. Die dort wohnenden Flüchtlinge aus Südostasien können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.

WR 18.2.03

 

17. Februar 03

 

Gera in Thüringen. In der Straßenbahn von Gera nach Biblach-Ost wird ein afrikanischer Flüchtling von acht Rechtsradikalen angepöbelt, beleidigt, bedroht und geschubst. Es gelingt ihm, die Bahn an einer Haltestelle zu verlassen und so unverletzt davonzukommen.

ABAD Thüringen

 

18. Februar 03

 

Bundesland Niedersachsen. Morgens um 6.45 Uhr entdeckt ein Bewohner im Flüchtlingsheim von Celle, dem ehemaligen "Hotel Stech" an der Harburger Heerstraße, daß es im Haus brennt. Er weckt die schlafenden Menschen und sie stellen fest, daß die Feuerlöscher leer sind. Trotz der starken Rauchentwicklung kommen zwölf Männer unverletzt ins Freie. Vier Bewohner müssen von der Feuerwehr aus den Flammen befreit werden. Auch sie bleiben unverletzt.

    Nach Abschluß der Löscharbeiten stellt sich heraus, daß das Gebäude nicht mehr bewohnbar sein wird.

    Zwei Monate später beschließt die Stadt Celle, die Flüchtlinge in einem ehemaligen Unteroffiziers-Wohnheim im Stadtteil Scheuen unterzubringen. Das in einem Waldstück gelegene Gebäude ist 1000 Meter vom Ortskern Scheuen entfernt und 300 Meter vom Kasernentor. Es ist nur über eine unbeleuchtete Stichstraße erreichbar. Es soll von sogenannten City-Streifen und Video-Kameras überwacht werden. Nachdem der Beschluß bekannt wird, sammelt eine sogenannte Bürgerinitiative 140 Unterschriften gegen die Belegung des Gebäudes mit Flüchtlingen.

    Die Stadt Celle war vor zweieinhalb Jahren bereits einmal in die Schlagzeilen geraten, als die Stadtverwaltung eine 1,80 Meter hohe Mauer um das Flüchtlingsheim herum errichten ließ, um den "Drogenhandel" zu unterbinden.

HAZ 19.2.03;

FRat NieSa Heft 95/96 Juli 2003; HAZ 23.4.03

 

19. Februar 03

 

Bei einem Brand morgens um 2.30 Uhr im Flüchtlingslager der bayerischen Ortschaft Kleinaitingen erleiden sieben Bewohner leichte Rauchvergiftungen. 26 Wohncontainer und vier Funktionscontainer brennen völlig nieder.

    Bereits in der vergangenen Nacht waren einige Mülltonnen, ein altes Auto und Möbelstücke in Brand gesetzt worden.

    Es ist in der Vergangenheit immer wieder zu Protesten der BewohnerInnen gekommen. Die Männer, die aus Afrika, Irak und Vietnam kommen, protestierten gegen die isolierte Lage der Containersiedlung und vor allem gegen die sogenannte Residenzpflicht. Obwohl Kleinaitingen vor den Toren der Stadt Augsburg liegt, ist es ihnen, aufgrund der Residenzpflicht, nicht gestattet, die Stadt ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde zu betreten. Eine Gruppe der Flüchtlinge hatte vergeblich versucht, eine Verlegung in Augsburger Unterkünfte zu erwirken. Als das Landratsamt ablehnte, waren ein altes Auto und eine Hütte in Flammen aufgegangen. Eine Woche vor dem großen Brand hatten nahezu alle 186 Bewohner aus dem Lager die Annahme ihrer Lebensmittelpakete verweigert und waren in einen Hungerstreik getreten.

    Die Männer bezeichnen ihr Lager als "Niemandsland". Im Westen rauschen Autos auf der Bundesstraße 17 vorbei; im Osten liegen Felder, die an ein Militärgelände grenzen. Der nächste Bahnhof in Graben ist nur in 20 Minuten zu Fuß zu erreichen. Größere Läden gibt es im etwa zehn Kilometer entfernten Schwabmünchen; ein Arztbesuch ist kaum möglich.

    Zwei Tage nach dem großen Brand verhaftet die Polizei elf Flüchtlinge wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung. Ein weiterer Flüchtling kommt wegen Nichtanzeigen einer geplanten Straftat in Haft.

    Tatsächlich wird im Oktober der Prozeß gegen zwei irakische ehemalige Bewohner der Containersiedlung eröffnet. Die Anklage wirft ihnen schwere Brandstiftung und versuchten Mord in 41 Fällen vor.

    Am ersten Verhandlungstag legt einer der beiden Angeklagten ein Geständnis ab und nimmt die alleinige Schuld auf sich. Als Motiv gibt er Frustration über die Lebensbedingungen im Containerlager an. Er wird zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt.

AA 20.2.03; AA 21.2.03; FrP 21.2.03; AA 22.2.03; FrP 22.10.03;

 ap 24.10.03; AA 25.10.03; taz 26.10.03; AA 8.11.03

 

20. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 im sechsten Stock. Ein 19-jähriger Ukrainer, der sich seit acht Monaten in Haft befindet, legt sich um 15.50 Uhr eine aus einem Bettlaken gedrehte Schlinge um den Hals und hängt sich im Toilettenraum an einem Türrahmen auf. Nach langer Bewußtlosigkeit erwacht er unter Krämpfen und kommt ins Neuköllner Krankenhaus. Am nächsten Tag erfolgt seine Verlegung in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe, womit er gleichzeitig als aus der Haft entlassen gilt.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

21. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 26 Jahre alter Moldawier fügt sich eine Schnittverletzung zu und versucht anschließend, sich mit Bettzeug in der Toilette zu erhängen. Vor einigen Tagen war seine Abschiebehaft bei einem Haftprüfungstermin um weitere zwei Monate verlängert worden.

    Er kommt in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe und gilt als entlasen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

22. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 im zweiten Stock. Ein 25 Jahre alter mongolischer Gefangener versucht, sich um 9 Uhr aufzuhängen. Nach kurzem Krankenhausaufenthalt wird er entlassen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

22. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 im zweiten Stock. Um 16.30 Uhr versucht ein 28-jähriger Mann aus der Ukraine, sich in der Küche zu erhängen. Mit einer Sauerstoffmaske kommt er ins DRK-Krankenhaus Köpenick. Auch hier wird er von der Polizei bewacht.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

22. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 in der sechsten Etage. Ein 36 Jahre alter Inder schneidet sich um 19.30 Uhr mit einer Rasierklinge die Hand auf und versucht anschließend, sich in der Küche mit einem Bettlaken zu erhängen. Er ist lange ohnmächtig, und die Sanitäter versorgen ihn mit einer Sauerstoffmaske. Obwohl die Mitgefangenen weggeschlossen werden, bemerken sie, daß der Inder fotografiert wird. Dann kommt er für ca. drei Stunden ins

DRK-Krankenhaus Köpenick und danach zurück ins Abschiebegefängnis. Nach einigen Tagen im Isoliertrakt kommt er zurück auf seine Etage.

    Hier versucht er am 26. Februar erneut, sich zu erhängen, und kommt unmittelbar wieder in die Isolierstation. Noch am gleichen Tag um 15 Uhr versucht er es zum dritten Mal, diesmal mit einem Handtuch. Die Bewacher finden ihn schnell, und er bleibt weiter im Isoliertrakt.

    Am 18.3. wird er als "Anstifter" der Selbstverletzungen bei den indischen Gefangenen bezeichnet und kommt daraufhin wieder in den Isoliertrakt. Hier sitzt er auch am 22. März noch.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

22. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 im sechsten Stock. Ein 28-jähriger Georgier, der sich seit fünf Monaten in Abschiebehaft befindet, versucht sich um 22.30 Uhr in der Toilette mit Bettzeug zu erhängen. Nachdem er abgeschnitten wurde, liegt er lange ohnmächtig am Boden und bekommt Infusionen, bevor er ins DRK-Krankenhaus Köpenick transportiert wird. Von dort erfolgt seine Verlegung in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe und somit seine Entlassung nach einigen Tagen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

23. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2. In der zweiten Etage unternimmt ein 20-jähriger türkischer Gefangener einen Erhängungsversuch. Nach kurzem Krankenhausaufenthalt kommt er zurück in den Isolationstrakt des Abschiebegefängnisses.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

23. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 im zweiten Stock. Um 16 Uhr versucht ein Algerier, sich zu erhängen. Er kommt unverzüglich in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

23. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 in der ersten Etage. Ein 23 Jahre alter Moldawier versucht, sich um 17 Uhr in der Zelle mit einem Bettlaken zu erhängen. Er kommt in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe und gilt ab 24. Februar als aus der Abschiebehaft entlassen.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

24. Februar 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2. In der Toilette der sechsten Etage unternimmt ein 26-jähriger Russe einen Erhängungsversuch. Nachdem er aus seiner Ohnmacht erwacht ist, kommt er in den Isoliertrakt des Gefängnisses. Drei Tage später erfolgt sein Transport in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe, von dem er nach circa einer Stunde wieder in das Abschiebegefängnis zurückkommt.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

25. Februar 03

 

Gegen Mittag brennt es in einem Essener Flüchtlingsheim. Einer Bewohnerin gelingt es, drei Kinder zwischen zwei und sieben Jahren aus dem brennenden Raum zu retten. Sie kommen zur Beobachtung ins Krankenhaus. Während die Löschversuche der BewohnerInnen erfolglos bleiben, bekommt die Feuerwehr den Brand schnell unter Kontrolle. Das Gebäude und auch das Nachbargebäude sind vorerst unbewohnbar – 70 BewohnerInnen werden evakuiert.

    Als Brandursache werden ein technischer Defekt oder Kinder vermutet, die eventuell mit Feuer spielten.

wdr.de 25.2.03

 

Februar 03

 

Auf die Kleine Anfrage der GAL-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wird ein Suizidversuch in der JVA Fuhlbüttel, in Hamburger Abschiebehaft, bekannt gegeben.

Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188

 

1. März 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 24 Jahre alter Gefangener zunächst für 10 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem "komplett" fixiert. Am nächsten Tag beginnt für ihn um 14.30 Uhr erneut die Tortur. Für die folgenden 24 Stunden und 20 Minuten befindet er sich in dem Gurtsystem – teils "komplett" fixiert, teils nur an den Füßen. Nach einer kurzen Pause von 35 Minuten ohne Fesselung folgt am 4. März um 15.25 Uhr eine Fußfesselung für 17 Stunden und 10 Minuten. Die Gesamtdauer der Fesselung des Gefangenen beträgt damit 41 Stunden und 40 Minuten.

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion

Drucksache 3/7237

 

3. März 03

 

Dessau in Sachsen-Anhalt. Mittags um 12 Uhr in der Langen Gasse wird ein 17-jähriger Asylbewerber aus Burkina Faso von drei Personen nach Zigaretten gefragt. Als er verneint, wird er als "Arschloch" beschimpft, von zweien festgehalten und von der dritten Person ins Gesicht geboxt.

    Er muß seine Verletzungen im Krankenhaus stationär behandeln lassen. Die Täter entkommen unerkannt.

Polizeidirektion Dessau – Pressemitteilung Nr. 038/03

 

3. März 03

 

Im sächsischen Borna wird ein 17 Jahre alter Flüchtling aus Afghanistan von drei Jugendlichen unter den Rufen "Ausländer raus!" angegriffen und mit Fäusten traktiert. Die Täter können unerkannt entkommen.

jW 5.3.03

 

5. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein 32 Jahre alter algerischer Gefangener versucht morgens um 4 Uhr, sich zu erhängen. Er kommt für fünf Stunden ins DRK-Krankenhaus Köpenick und dann zurück in den Isolationstrakt, wo er intensiv von Beamten bewacht wird. Daß sich allerdings in den folgenden Tagen das ihm angebotene Brot krümmt, weil der Gefangene aufgrund seiner Verletzungen nicht schlucken kann, das fällt den Bewachern nicht auf. Erst aufgrund der Intervention eines Gefängnisseelsorgers bekommt er sechs Lutschtabletten gegen Husten und Heiserkeit und flüssige Nahrung.

    Erst nach zweiwöchigem Aufenthalt im Isolationstrakt kommt er zurück auf seine Etage. Beim Haftprüfungstermin am 12. März wird sein Suizidversuch vom Richter als aktive Verhinderung der Abschiebung gewertet und eine Abschiebung in Begleitung von BGS-Beamten wegen "mangelnden sozial-adäquaten Verhaltens" angeordnet.

    Tatsächlich hatte der Algerier mit dem Suizidversuch erreichen wollen, daß er schneller (!) nach Algerien abgeschoben wird, denn er wollte seinen im Sterben liegenden Vater noch sehen. Bei einem weiteren Haftprüfungstermin äußert sich die Richterin abfällig über die Motivation des Algeriers "... weil er den im Himmel schneller sehen wollte".

    Die Abschiebung erfolgt im Mai 03.

Pfarrer D. Ziebarth;Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

5. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Isolationstrakt. Um 16.35 Uhr versucht ein 22 Jahre alter Mongole, sich zu erhängen. Er hatte Bettwäsche auseinander gerissen und den Stoffstreifen an einer Querstrebe der Toilettentür befestigt. Wegen zweier vorangegangener Selbstverletzungen stand er unter besonderer Beobachtung, so daß Beamte verhindern konnten, daß er sich mit der Schlinge um den Hals fallen ließ. Er bleibt weiter in der Isolation.

Polizei Pressedienst Berlin 6.3.03

 

6. März 03

 

Eine Holztreppe in der Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-Uhlenhorst brennt lichterloh. Während 31 BewohnerInnen unverletzt davon kommen, erleiden vier Personen Rauchvergiftungen.

taz 7.3.03

 

9. März 03

 

Im mecklenburg-vorpommerschen Güstrow wird ein Asylbewerber aus Togo von vier rechten Jugendlichen vom Fahrrad gestoßen und dann geschlagen und getreten. Er muß sich mit einer Knieverletzung, einer Gehirnerschütterung und Schmerzen in der Schulter in Behandlung begeben.

LOBBI

 

9. März 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 in der zweiten Etage. An einem Gitter in der Küche versucht sich um 16.10 Uhr ein 26-jähriger Jugoslawe mit einem Bettlaken zu erhängen. Der Bewußtlose bekommt eine Sauerstoffmaske, er wird mit Blitzlicht fotografiert und dann erfolgt sein Transport in das Haftkrankenhaus der JVA Moabit. Nach der Behandlung seiner Wirbelsäulenverletzung kommt er zurück in das Abschiebegefängnis Köpenick.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

10. März 03

 

Nach dreizehn Jahren Deutschland-Aufenthalt wird die vierköpfige staatenlose Familie Codreanu in Begleitung von fünf BGS-Beamten mit einer Lufthansa-Maschine von Frankfurt am Main nach Bukarest abgeschoben.

    Unter dem Vorwand, zum Verwaltungsgericht nach Koblenz gebracht zu werden, waren der 53 Jahre alte Constantin Codreanu, seine Frau Carmen, ihre 21-jährige Tochter Gabriela und ihr 13-jähriger Sohn Andrei aus der Wohnung gelockt worden. Ohne Geld, Kleider und Papiere wurde die Familie umgehend zum Flughafen gebracht.

    Auch im November 2004 befindet sich die Familie immer noch in der Wartehalle für ankommende Flüge auf dem Flug-hafen Bukarest-Otopeni. Zum Schlafen legen sie Decken auf den Fußboden. Deutsche FreundInnen, aber auch Menschen, die auf dem Flughafen arbeiten, sichern mit Geld- und Essensspenden den Lebensunterhalt. Die Familie, die vor elf Jahren aus der rumänischen Staatsangehörigkeit entlassen wurde, weigert sich, einen Antrag auf Wiedereinbürgerung zu unterschreiben, und fordert den Rücktransport nach Deutschland.

    Reiner Klug, der Leiter des Ordnungsamtes Koblenz in einem TV-Interview 19 Monate nach der Abschiebung der Familie: "Für mich ist das der Versuch, entgegen den Gesetzen des ehemaligen Gastlandes, seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ertrotzen. Und es wäre für mich das Zeichen einer Schwäche des Rechtsstaates, wenn man das zulassen würde."

    Die Familie Codreanu hingegen verweist auf das von Deutschland unterzeichnete Staatenlosenabkommen von 1954, das die Abschiebung Staatenloser untersagt, und auf den Artikel 2 Absatz 5 des deutsch-rumänischen Übereinkommens von 1992, der besagt: "Die deutschen Behörden werden Personen, bei denen die Nachprüfung durch die rumänischen Behörden ergibt, daß sie bei der Übernahme nicht mehr im Besitz der rumänischen Staatsangehörigkeit waren, zurücknehmen."

    Familie Codreanu setzt zur Zeit ihre ganze Hoffnung auf ihre Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

    Am 24. Januar 2005 wird die Familie mit polizeilicher Gewalt aus dem Flughafengebäude herausgedrängt. Auch am 7. Februar haben die Codreanus noch kein Obdach. Sie dürfen nicht zurück in den Transitbereich des Flughafens, hüten sich aber davor, dem Drängen der Behörden nachzugeben und Anträge auf Wiedereinbürgerung zu unterschreiben. Bei Minustemperaturen, Regen und Schneestürmen versuchen sie in fahrenden Bussen, parkenden Taxis, auf Tankstellen, in Telecafes oder sonstigen Provisorien ein wenig Schlaf zu finden.

    Nach einem Sommer ohne feste Bleibe steht den Codreanus im September erneut der Winter bevor. Essen bekommen sie zum Teil aus Deutschland geschickt oder sammeln Obst und Nüsse in Parks zusammen. Wenn sie Glück haben, finden sie Menschen, bei denen sie ihren Wasserkocher anschließen können. Ihre Hoffnung liegt darin, für den Winter ein altes Schrottauto zu finden, damit sie vor Regen und Kälte ein wenig geschützter sind.

    Tatsächlich gelingt es der Familie, hin und wieder eine vorübergehende Bleibe zu finden – sei es in Abrißhäusern oder bei Menschen, die der Familie für einige Tage oder einige Wochen ein Zimmer zur Verfügung stellen.

    Im Februar 2006 ist ihre Situation unverändert. In einem Interview im Dezember 2005 wird Gabriela Codreanu gefragt, was sie noch an Deutschland bindet. Ihre Antwort: "Sprache, Kultur, Mentalität, Zugehörigkeitsgefühl, meine Vergangenheit, Erinnerungen, Freundschaften, Liebe und jetzt Heimweh."

General-Anzeiger 17.6.03;

FR 18.6.03; taz 19.6.03; taz 7.7.03;

taz Berlin 3.2.04; stern tv 10.11.04; taz 18.2.05;

Berichte von Gabriela Codreanu

codreanu.de.tf

 

12. März 03

 

Im sächsischen Oppach wird in den Abendstunden ein 26 Jahre alter Asylbewerber aus Nigeria auf offener Straße von zwei Männern attackiert. Er bekommt einen Schlag in den Magen und fällt um. Als sich ein Auto nähert, lassen die Täter von ihm ab und fliehen.

    Der Nigerianer erstattet Anzeige wegen Körperverletzung. Die Ermittlungen werden jedoch eingestellt.

(siehe auch: 29. Juni 03)

AMAL Görlitz

 

15. März 03

 

S-Bahnhof Hammerbrook in Hamburg. Um seiner Festnahme nach einem Drogen-Deal zu entkommen, springt ein 20 Jahre alter Flüchtling aus Kamerun abends um 22.11 Uhr von einer Brücke in den Mittelkanal. Nach wenigen Schwimmbewegungen geht er – vor den Augen von 20 Polizisten – unter. Der gerufenen Feuerwehr gelingt es um 22.49 Uhr, seinen Körper aus dem Wasser zu ziehen und ihn zu reanimieren. Um Mitternacht stirbt er.

Polizei Hamburg 16.3.03;

FRat HH 16.3.03; taz 18.3.03

 

Mitte März 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein offensichtlich psychisch kranker Mann aus Kamerun befindet sich in Haft. Er tritt als verschiedene Personen auf und ißt seinen Kot mit Tomatensoße. Erst nach zweimonatigem Aufenthalt wird er entlassen.

Pfarrer D. Ziebarth

 

18. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 sechster Stock. Ein 25 Jahre alter Inder fügt sich mit einer Rasierklinge Schnittverletzungen am Arm zu. Anschließend versucht er, sich in der Toilette mit einem Bettlaken zu erhängen. Obwohl die Mitgefangenen in die Zellen eingeschlossen werden, können sie beobachten, daß dem Ohnmächtigen eine Sauerstoffmaske aufgesetzt wird und daß von ihm Fotos gemacht werden. Dann kommt er in den Sanitätstrakt und anschließend in eine Isolierzelle. Hier versucht er noch einmal, sich zu erhängen. Daraufhin wird er wegtransportiert.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

18. März 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 in der sechsten Etage. Ein 19 Jahre alter indischer Gefangener schneidet sich um 0.30 Uhr fünfmal in den Arm. Danach versucht er, sich in der Toilette mit einem Stück Stoff vom Bettlaken zu erhängen. Unter einer Sauerstoffmaske erwacht er aus seiner Bewußtlosigkeit. Die Beamten fotografieren den am Boden Liegenden, bevor sie ihn in den Sanitätstrakt schaffen. Von hier aus kommt er in den daneben liegenden Isolationstrakt des Gefängnisses.

    Obwohl bekannt ist, daß indische Gefangene nach spätestens sechs Monaten aus der Haft entlassen werden müssen, weil die Indische Botschaft keine Ersatzpapiere beschafft, war die Haftdauer des seit sechs Monaten Einsitzenden am Vortage wieder verlängert worden.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

19. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Haus 2 in der sechsten Etage. Um 12.30 Uhr fügt sich ein 24 Jahre alter indischer Gefangener Schnittverletzungen am Arm zu und versucht anschließend, sich mit einem Bettlaken in der Toilette zu erhängen. Er ist lange bewußtlos, bekommt eine Sauerstoffmaske, wird von den Beamten fotografiert und kommt in den Sanitätstrakt zur medizinischen Versorgung. Von dort

wird er im Rollstuhl in den Isolationstrakt gefahren. Auch für ihn war am 17. März eine Verlängerung der Haftzeit über die sechs Monate hinaus entschieden worden.

(siehe auch: 18. März 03)

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

24. März 03

 

Ein nigerianischer Flüchtling wird in der Innenstadt der sächsischen Ortschaft Aue in einem Bus angegriffen, aus dem Bus gezerrt und ins Gesicht geschlagen. Dies ist bereits der zweite rassistische Angriff, den er erleben muß.

(siehe auch: Dezember 02)

AMAL Sachsen

 

24. März 03

 

Rostock in Mecklenburg-Vorpommern. In der Innenstadt wird ein Asylbewerber aus Togo von einem 40-jährigen Rassisten beschimpft und geschlagen. Die Freundin des Angegriffenen geht dazwischen und kann Schlimmeres verhindern. Der Afrikaner kommt mit Prellungen davon.

LOBBI

 

24. März 03

 

Aus einer Gruppe von sechs Männern werden zwei Brandsätze gezielt gegen das Eingangstor und ein Wachhäuschen des Flüchtlingsheimes im sächsischen St. Egidien geworfen. Das Feuer erlischt von selbst, so daß niemand zu Schaden kommt.

    Die Täter im Alter zwischen 15 und 22 Jahren sind wegen Körperverletzung, Sachbeschädigungen und anderer Straftaten polizeilich bekannt und geben als Tatmotiv ihre fremdenfeindliche Einstellung an.

FP 28.3.03;

JWB 2.4.03;

StA Zwickau und LKA Sachsen 26.6.03

 

24. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Isolierstation. Ein 26-jähriger Weißrusse fügt sich mit einer Rasierklinge 30 Schnitte in den rechten Arm zu. Er verliert sehr viel Blut; auch von ihm machen die Beamten Fotografien. Er kommt dann über das DRK-Krankenhaus Köpenick und einem zweistündigen Aufenthalt im psychiatrischen Krankenhaus Hedwigshöhe zurück in die Isolierstation des Abschiebegefängnisses; dann für zwei Tage in das Haftkrankenhaus der JVA Moabit und anschließend wieder zurück in den Isoliertrakt in Köpenick.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

24. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick – Isolierstation. Auch der Mitgefangene des oben genannten Weißrussen, ein Ukrainer, fügt sich mit der Rasierklinge Verletzungen am Arm zu. Auch er verliert viel Blut und kommt ins DRK-Krankenhaus Köpenick und nach zwei Tagen zurück in die Isolierstation.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

25. März 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin – Haus 2 in der sechsten Etage. Ein 28 Jahre alter Moldawier, der sich seit dem 19. März im Hunger- und Durststreik befindet, wird um

21.20 Uhr ohnmächtig. Die gerufenen Sanitäter schauen ihn kurz an und gehen wieder weg. Am nächsten Tag wird er um ca. 15 Uhr mit einem Krankenwagen wegtransportiert.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

25. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein 31 Jahre alter, an Hepatitis erkrankter Flüchtling, Rom aus Serbien, verschluckt aus Angst vor der bevorstehenden Abschiebung eine Rasierklinge. Nach einem Aufenthalt im DRK-Krankenhaus Köpenick kommt er unter Polizeibewachung in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe. Nach sechs Tagen erfolgt seine Verlegung in das Haftkrankenhaus der JVA Moabit, am

31. März schließlich der Rücktransport in die Abschiebehaft. Dort im Isoliertrakt verschluckt Zoran P. am 5. April drei Teile eines Fenstergriffes.

    Am 8. April wird er mit Hand- und Fußschellen unter Bewachung jugoslawischer Beamter mit der JAT-Airline (Jugoslovenski Aerotransport) nach Serbien abgeschoben. Ein Metall-Teil befindet sich immer noch in der Speiseröhre des Mannes.

    Kurze Zeit später bekommt seine Ehefrau eine Rechnung in Höhe von 20.000 Euro über die Haftkosten.

Jesuiten-Flüchtlingsdienst;

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; taz 8.4.03

 

25. März 03

 

Ein 28 Jahre alter Flüchtling aus Nigeria wird im sächsischen Aue von zwei Rechtsextremisten in einem Bus angegriffen, dann aus dem Bus gezerrt und ins Gesicht geschlagen.

(siehe auch: 17. Dezember 02, 14. April 03, 9. November 03)

AMAL Dresden

 

25. März 03

 

In der Innenstadt der thüringischen Ortschaft Suhl wird gegen Mittag ein Asylbewerber von mehreren Nazis verfolgt. Er flieht in eine belebte Einkaufspassage, wo die Rassisten von ihm ablassen.

ABAD Thüringen

 

27. März 03

 

Der 24 Jahre alte Flüchtling M. aus Angola wird aus der Abschiebehaft in der JVA Leipzig nach Bremen gebracht und von dort mit einem tunesischen Flüchtling in einer kleinen Chartermaschine nach Angola abgeschoben (Kosten für zwei Personen und Bewachungspersonal: 58.300 Euro).

    Auf dem langen Weg von Leipzig nach Bremen sind dem Angolaner beide Arme weit auseinander nach oben gebunden. Auch die Füße sind dem auf einer Bank sitzenden Gefangenen gefesselt.

    Dieser vollzogenen Abschiebung gingen drei Abschiebungsversuche voraus. Am 24. Oktober 2002 hatte M. auf dem Flughafen Berlin-Tegel seine Paßersatzpapiere verschluckt, so daß die Abschiebung aufgrund fehlender Papiere nicht durchgeführt werden konnte. M. kam zurück in die Abschiebehaft nach Leipzig. Am 13. Januar 03 hatte sich M. auf dem Flughafen Berlin-Tegel so energisch gewehrt, daß der Pilot es abgelehnt hatte, ihn mitzunehmen.

    Am 20. Februar 03 sollte er über den Flughafen Frankfurt am Main abgeschoben werden. Hier hatten FlüchtlingsunterstützerInnen zu einer Protestaktion am Flughafen mobilisiert und den Piloten der Maschine TP5538 der TAP Air Portugal informiert. Dieser weigerte sich schließlich, den an Händen und Füßen gefesselten Flüchtling mitzunehmen, und berief sich dabei auf die geltenden Flugbestimmungen der Flugge-

sellschaft. M. kam zurück in die Abschiebehaft nach Leipzig.

    Während der gesamten Hin- und Rückfahrt nach und von Frankfurt war M. – auf einer Bank sitzend – mit nach oben auseinander gebundenen Armen und gefesselten Füßen fixiert. Auf der Hinfahrt hatten die Beamten ihm zusätzlich einen Helm aufgesetzt, den sie am Flughafen Frankfurt wieder abnahmen.

    Im weiteren Abschiebeverfahren werden dem Angolaner nicht nur sein früherer Widerstand gegen die Abschiebung

angelastet, sondern auch die Protestaktion am Frankfurter Flughafen und sogar die Flugbestimmungen, auf die sich der

Pilot berief. Drei Tage vor Ablauf der Gültigkeit der Paßersatzpapiere gelingt den Behörden in oben beschriebener Weise dann die Abschiebung.

    Herr M. hatte als Angehöriger der FLEC-FAC (Frente para Libertação do Exclave de Cabinda), die sich für die Unabhängigkeit der angolanischen Exklave Cabinda engagiert, Angola verlassen müssen. Im Juni 1997 hatte er einen Asylantrag gestellt, der drei Monate später abgelehnt worden war. Auch der Asylfolgeantrag wurde abgelehnt. Die Klage gegen diese Ablehnung ist im Januar 2004 noch nicht entschieden.

    Nach seiner Abschiebung berichtet M. in einer eMail, daß er noch auf dem Flughafen von Luanda festgenommen und verhört wurde. Es war ihm dann gelungen, sich mit dem von Leipziger UnterstützerInnen gesammelten Geld freizukaufen. Seither ist der Kontakt zu ihm abgebrochen.

Jørn-Erik Enderlein – Rechtsanwalt;

indymedia 20.2.03;

Abschiebehaft-Gruppe beim FRat Leipzig

 

27. März 03

 

Bundesland Rheinland-Pfalz. Der kurdische Flüchtling M. Y. hat einen Termin zur Verlängerung seiner Duldung in der Ausländerbehörde Ludwigshafen. In Begleitung eines Übersetzers und seines Beistandes betritt er den Raum 106. Der zuständige Sachbearbeiter fragt den Beistand, ob er der Rechtsanwalt sei, und als dieser verneint, verweist er ihn des Raumes. Ebenso unberechtigt fragt er den Übersetzer, ob er vereidigter Dolmetscher sei, ansonsten habe auch er den Raum zu verlassen. Als der Beistand Widerspruch erhebt, stürmt der körperlich deutlich überlegene Beamte auf ihn zu und packt ihn am Hemd. Nun versucht M. Y., sich zwischen die beiden zu drängen, um sie auseinander zu halten, verspürt aber im gleichen Moment zwei Faustschläge des Beamten, die ihn am Oberkörper und am Kopf treffen. Die drei verlassen den Raum.

    Nach Recherchen des "Bündnis gegen Abschiebungen Mannheim" stellt sich heraus, daß die Festnahme des Herrn Y. an diesem Tag geplant war, bei der die anwesenden zwei Begleiter offensichtlich gestört haben.

    Der Beistand, der in der Behörde durchaus als Flüchtlingsberater und –helfer bekannt ist, bekommt im Juli einen Strafbefehl wegen Körperverletzung in Höhe von 300 Euro. Danach folgt ein weiterer Strafbefehl in Höhe von 1800 Euro wegen Verleumdung, und im Dezember – also neun Monate nach dem Vorfall in der Behörde – wird ihm ein Hausverbot für ein Jahr "mit sofortiger Wirkung" von der Ausländerbehörde erteilt, das unter anderem auch mit dem oben genannten Vorfall begründet wird.

(siehe auch: Januar 97 und 19. Mai 05)

Bündnis gegen Abschiebungen Mannheim;

jW 3.5.03

 

28. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Eine 31 Jahre alte Gefangene aus der Ukraine wird völlig geschwächt in das DRK-Krankenhaus Köpenick gebracht. Die Ärzte hier erkennen die akute Suizidalität und überweisen sie in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe.

    Die Frau hatte vor elf Tagen gewagt, in den Räumen der Ausländerbehörde im wahrsten Sinne der Worte auf den Tisch zu schlagen, weil sie seit fünf Monaten inhaftiert ist und sich in ihrem Verfahren seit langer Zeit nichts bewegt. Zur Strafe war sie umgehend in eine Einzelzelle im Isolationstrakt des Gefängnisses gekommen. Hier hatte sie aus Protest gegen die Behandlung einen Hungerstreik und einen Durststreik begonen. Dieser Durststreik bringt sie an ihre körperlichen Grenzen – der Psychoterror der BewacherInnen treibt sie in Verzweiflung.

    Als sie jetzt in die Psychiatrie gebracht wird, beginnt sie sofort wieder mit der Flüssigkeitsaufnahme, weil sie davon ausgeht, daß ihr Protest erfolgreich war. Zwei Tage später, noch vor der anstehenden Visite im Krankenhaus, erscheinen Polizeibeamte und bringen die völlig überraschte Frau in das Haftkrankenhaus der Strafanstalt der JVA Moabit. Hier nimmt sie ihren Hunger- und Durststreik wieder auf, was dazu führt, daß sie in eine Einzelzelle gebracht wird, die durch eine Videoanlage 24-stündige Kontrolle erlaubt. Das medizinische Personal setzt die Frau mit Versprechungen und Drohungen unter Druck, den Streik zu beenden, und wartet auf das Eintreten der Bewußtlosigkeit, um dann die angekündigte Zwangsernährung einleiten zu können.

    Als die Ukrainerin schließlich wieder anfängt zu trinken, wird sie umgehend in das Abschiebegefängnis zurückgebracht. Sie ist körperlich am Ende und psychisch gebrochen. Erst im Herbst des Jahres sechs Monate später erfolgt ihre Entlassung aus der Haft.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

28. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein 15-jähriger russischer Gefangener schneidet sich mit einer Rasierklinge in den linken Unterarm und kommt daraufhin in eine Isolierzelle. Hier versucht er, sich am nächsten Nachmittag um 17 Uhr in der Toilette mit einem Schnürsenkel zu erhängen. Bewachungsbeamte können dies verhindern, und nachdem der Jugendliche von Sanitätern untersucht wurde, bleibt er in der Isolation.

    Trotz intensiver Bewachung gelingt es ihm am nächsten Tag um 16.45 Uhr, sich erneut mit einer Schlinge aus Schnürsenkeln an einer Querstrebe eines Doppelstockbettes aufzuhängen. Er wird ohnmächtig, bekommt eine Sauerstoffmaske angelegt und wird ins DRK-Krankenhaus Köpenick gebracht. Nach ca. 3 Stunden kommt er zurück in den Isoliertrakt. Er trägt jetzt eine Halskrause. Später erfolgt seine Umverlegung in das psychiatrische Krankenhaus Hedwigshöhe

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

29. März 03

 

Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Ein ukrainischer Abschiebegefangener fügt sich mit einer Rasierklinge mehrere Schnittverletzungen zu. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt, wo die Wunden versorgt werden, kommt er zurück in den Isolationstrakt des Abschiebegefängnisses.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

29. März 03

 

Zwei deutsche Männer greifen im Regionalzug aus Gotha in der Ortschaft Ohrdruf einen 20-jährigen Flüchtling aus Kamerun an. Sie gehen an ihm vorbei, schlagen ihm eine Bierfla-sche auf den Kopf und prügeln auf ihn ein. Ein Rentnerehepaar, das den Angriff bemerkt hat, greift ein und kann erreichen, daß die Täter von ihrem Opfer ablassen. Sie benachrichtigen den Zugführer, der die Polizei ruft. Doch ehe diese am Bahnhof Ohrdruf eintrifft, haben die Schläger den Zug bereits verlassen. Sie gehen in einen Einkaufsmarkt und greifen hier einen 27 Jahre alten Asylbewerber aus dem Kosovo und zwei Deutsche an.

    In Crawinkel werden die betrunkenen 20-jährigen Täter von der Polizei festgenommen. Sie kommen – auch aufgrund ihrer Vorstrafen – in Untersuchungshaft.

    Der Kameruner muß seine Verletzungen am Kopf und am Mund medizinisch behandeln lassen.

    Am 29. August werden die rechtsradikalen Täter wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Der Haupttäter erhält ein Jahr und zehn Monate auf Vorbewährung mit der Auflage, innerhalb von sechs Monaten eine Suchttherapie (Alkohol) zu beginnen, und anderen disziplinarischen Auflagen. Der Mittäter bekommt zehn Monate Jugendstrafe auf zwei Jahre Bewährung mit zusätzlichen Auflagen.

ABAD Thüringen; TA 30.3.03; TA 31.3.03

 

31. März 03

 

In der Hamburger Untersuchungshaftanstalt begeht ein 32 Jahre alter Abschiebegefangener aus der Türkei einen Suizidversuch.

Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469

 

März 03

 

In der Nähe der hessischen Stadt Hanau – im Landebereich des Frankfurter Flughafens – wird die Leiche eines russischen Mannes gefunden. Der Mann hatte sich offensichtlich als "blinder Passagier" im Fahrgestell eines Flugzeuges versteckt, um so in die BRD einzureisen. Als die Fahrgestelle beim Landeanflug ausgefahren wurden, ist der – wahrscheinlich inzwischen erfrorene – Mann ca. 1000 Meter in die Tiefe gefallen.

BeZ 26.3.03

 

März 03

 

Justizvollzugsanstalt Mannheim. Der 32 Jahre alte Rom Halid Alic, der sich in Abschiebehaft befindet, unternimmt einen Selbsttötungsversuch. Ende April wird er wegen eines Formfehlers aus der Haft entlassen.

    Halid Alic war 1993 – zusammen mit seinem Vater – in die BRD geflohen, und sie hatten Asyl beantragt. Sein 70-jähriger Vater mußte aufgrund des massiven Druckes der deutschen Behörden im Jahre 1999 "freiwillig" nach Bosnien zurückkehren. Dort wurde er im April 2002 aus purem rassistischen Haß gegen die Minderheit der Roma grausam ermordet. Die sechs Brüder des inhaftierten Täters haben gedroht, auch Halid Alic bei seiner Rückkehr umzubringen.

    Halid Alic droht seit langer Zeit die Abschiebung nach Bosnien. Seine Frau Elizabeta Musa dagegen kommt aus dem Kosovo, wodurch sie und ihre drei Kinder, Katharina (9), Albina (5) und Kevin (1), noch vor Abschiebung geschützt sind. Das Paar und seine älteste Tochter sind inzwischen wegen Traumatisierungen in psychotherapeutischer Behandlung. Mehreren Abschiebungsversuchen entzog sich Halid Alic durch Flucht und Untertauchen.

    Eine besondere "Betreuung" durch die Ausländerbehörde Waiblingen erfuhr der Flüchtling, als er eine feste Anstellung hatte. Er mußte dort täglich (!) vorstellig werden, wenn er im Rahmen seiner Tätigkeit bei einer Dachdeckerfirma außerhalb des Landkreises arbeiten sollte. Durch Gespräche der Sach-bearbeiterin mit Verantwortlichen im Regierungspräsidium Stuttgart wurde diese Regelung dahingehend geändert, daß der Arbeitgeber von Halid Alic nun einen Wochenplan der Arbeitsplätze bei der Ausländerbehörde vorlegen mußte. Auch derartiges "Entgegenkommen der Behörden" ist für eine Firma wenig praktikabel, und so hat Herr Alic bis zum August 2004 insgesamt 400 Euro Strafe wegen Verletzung der Residenzpflicht bezahlen müssen.

    Ab Herbst 2004 werden immer kurzfristigere Duldungen für Halid Alic ausgestellt. Elizabeta Musa äußert, daß sie sich und die Kinder im Falle einer Abschiebung ihres Mannes umbringen werde.

BKZ 7.8.04

 

März 03

 

Auf die Kleine Anfrage der GAL-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wird ein Suizidversuch in der JVA Fuhlbüttel, in Hamburger Abschiebehaft, bekannt gegeben.

Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188

 

Anfang April 03

 

Als der serbische Flüchtling Joran S. die Tür seiner Wohnung in Berlin-Tempelhof öffnet, stehen drei Polizisten vor ihm, um ihn abzuschieben. Sie fesseln seine Hände auf dem Rücken und boxen und schlagen ihn, als er sich zu wehren beginnt. Über einen Zwischenaufenthalt im Polizeipräsidium Berlin-Tempelhof wird Joran S. zum Flughafen Schönefeld gebracht.

    Schon auf dem Flughafengelände wird die Abschiebung aufgrund eines vorliegenden psychiatrischen Gutachtens abgebrochen, und der Gefangene kommt in das Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Nach dem Haftprüfungstermin wird der 46-Jährige aus der Haft entlassen.

    Dieses war der dritte Versuch, den schwer traumatisierten Mann abzuschieben. Auch bei den vorherigen Versuchen wurde er von den Beamten geschlagen. Sie waren nicht bereit ihre Dienstnummer auszuhändigen.

    Joran S. war als serbischer Soldat in Gefangenschaft durch kroatische Militärs schwer gefoltert worden. Im Dezember 1991 floh er in die BRD, konnte jedoch seinen traumatischen Erlebnissen nicht entkommen. Seit 1996 ist er psychisch krank. Viele Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken folgen, doch solange die Abschiebung immer wieder angekündigt und versucht wird, gerät er stets erneut in suizidale Krisen und wird retraumatisiert.

    Während eines Aufenthaltes im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick im Herbst 2002 hatte er versucht, sich mit einem Schnürsenkel zu erhängen und wurde daraufhin in die Psychiatrie entlassen. Im Mai 2003 bringt ihn ein Freund wieder in die Klinik, weil dieser ihn gerade noch davon abhalten konnte, sich vom Balkon zu stürzen.

Antirassistische Initiative Berlin

 

2. April 03

 

Darmstadt-Eberstadt in Hessen. Nahe der Hirtengrundhalle in der Modau-Promenade macht um 15.40 Uhr ein 43 Jahre alter Polizeikommissar bei einem kurdischen Flüchtling eine Personenkontrolle. Mit Unterstützung seines Schäferhundes "Folko" hält er den 22-Jährigen am Boden und drückt sein Gesicht mit Gewalt auf das Pflaster. Der Kurde erleidet durch den Polizeihund zahlreiche kräftige Bißverletzungen am rechten Ellenbogen, an der rechten Brustkorbseite und an den Beinen und Füßen. Seine Kleidung wird zerrissen. Eine ärztliche Untersuchung erfolgt nicht, obwohl ein Notarztteam vor Ort ist.

    Der Kurde, ein abgelehnter Asylbewerber, der seit Mitte 2000 keine gültigen Aufenthaltspapiere mehr hat, wird festgenommen. Er muß bis zum 25. Juni drei Vorstrafen wegen Verstößen gegen das Ausländergesetz verbüßen. Anschließend kommt er in Untersuchungshaft, weil der Polizeikommissar ihm versuchte Tötung vorwirft. Er soll bei der Kontrolle, am Boden liegend und mit dem Gesicht auf dem Pflaster, mit seiner rechten Hand ein Klappmesser aus dem Hosenbund gezogen und zu einem gezielten Stich in Richtung linke Halsseite des Polizisten ausgeholt haben. Ihm drohen mehrere Jahre Haft.

FR 8.4.04; DE 8.4.04

 

2. April 03

 

Berlin. Morgens um halb fünf Uhr wird die libanesische Familie Akkouch durch lautes Klopfen an der Wohnungstür aus dem Schlaf gerissen. Die Beamten fordern Frau Akkouch und ihre fünf Kinder auf, ihre Sachen zu packen, denn "jetzt geht es heim in den Libanon". In diesem Moment zwischen Schock und Chaos bricht Frau Akkouch bewußtlos zusammen. "Hören Sie auf zu schauspielern", sagen die Polizisten und tatschen ihr im Gesicht herum –  versuchen sie aufzurichten. "Kein deutsches Gesetz erlaubt es Ihnen, meine Mutter anzufassen", verbittet sich die 14-jährige Lial diese Grenzüberschreitung der Beamten.

    Als die Mutter wieder zu sich kommt, wird sie mit ihren Kindern, dem 4-jährigen Mohammed, dem 9-jährigen Maradona, der 11-jährigen Atura und dem 13-jährigen Hassan, über Tegel nach 12-jährigem Deutschland-Aufenthalt in den Libanon ausgeflogen.

    In Beirut werden die Familienmitglieder über sieben Stunden lang verhört, weil sie dort unter Verdacht stehen, daß sie mit Drogen zu tun haben. In einer Familienzelle wartend, werden sie dann von einem Onkel abgeholt.

    Da der Vater der Kinder im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung ist und deshalb nicht mit abgeschoben wurde, versucht er von Berlin aus, seine Familie zurückzuholen. Tatsächlich gelingt es ihm mit anwaltlicher Hilfe schon nach sieben Wochen.

    Die Kinder sind seit dieser traumatisierenden Erfahrung einer gewaltsamen Abschiebung völlig verändert. "Jeder von uns hat etwas anderes verloren in jener Zeit", schreibt Lial später, "Hassan seine Leichtigkeit, Maradona das Gefühl der Sicherheit, und ich hatte verlernt zu essen". Lial braucht über ein Jahr, bis sie mit ihren Eßstörungen leben und zu ihrem "normalen" Leben zurückkehren kann.

    Die Jugendlichen finden ihre Selbstbestätigung und ihre Stärke im Breakdance, perfektionieren diese Kunst über die Jahre immer mehr, haben professionelle Auftritte, und Maradona wird sogar Zweiter der Deutschen Meisterschaften in Hannover.

    Im Jahre 2010 sind Hassan, Atura und Lial im Besitz einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung, weil sie sich in Ausbildung befinden. Der Rest der Familie ist weiterhin von Abschiebung bedroht. Ihre Erfahrungen und ihr schwerer Kampf um ein Bleiberecht wird in dem Kinofilm "Neukölln Unlimited" dokumentiert.

BeZ 6.2.10;

www.film.de 7.4.10

 

3. April 03

 

Bundesland Baden-Württemberg. Der vierfache Familienvater Herr D. aus Bosnien wird nach Sarajevo abgeschoben. Da seine Frau 1992 aus dem Kosovo in die BRD gekommen war und das bosnische Generalkonsulat die vielfältigen Bemühun-gen der Eheleute um einen Identitätsnachweis der Ehefrau A. nicht akzeptierte, erfolgt durch die Abschiebung die Trennung der Familie. Beide sind Roma.

    Herr D. hatte nach seiner Flucht in die BRD vor zwölf Jahren seinen Hauptschulabschluß gemacht, dann die Berufsschule besucht und eine Lehre als Fassadenmaler begonnen, die er aufgrund einer Epilepsie-Erkrankung aufgeben mußte. Er hatte konsequent für eine Perspektive der Familie gearbeitet. Sobald er eine Arbeitserlaubnis erhalten hatte, fand er Arbeit, mietete eine Wohnung und konnte die Familie von seinem Einkommen unterhalten. Die vier Kinder sind alle in Deutschland geboren. Die Familie war bereit, nach Bosnien zu gehen – wollte aber auf keinen Fall getrennt werden.

    Herr D. gelingt schon drei Wochen später die erneute Einreise in die BRD. Als er sich bei der Ausländerbehörde meldet, werden ihm drei Tage Frist eingeräumt, das Land wieder zu verlassen. Die Familie beschließt, über Frankreich und Italien nach Albanien zu fahren, um von dort in den Kosovo, das Herkunftsland seiner Frau, zu gelangen. Dafür gewährt das Regierungspräsidium der Familie Transitpapiere.

    Am Fährhafen in Bari, Italien, wird ihnen die Einschiffung verweigert, weil der Familie gültige Einreisepapiere fehlen. Darüber hinaus werden sie eindringlich gewarnt, nach Albanien zu fahren, weil ein bosnischer Rom, verheiratet mit einer albanischen Romni aus dem Kosovo, weder in Albanien noch im Kosovo eine Überlebenschance hätte. Damit beginnt eine Odyssee der Familie durch Europa.

    Italien und Frankreich verweigern die Aufnahme. Als sie in Brüssel beim serbischen Konsulat um Papiere bitten, wird ihnen gesagt, daß Frau A. jetzt Identitätspapiere bekäme, nicht jedoch Herr D. und auch nicht die vier Kinder. Zudem wäre eine gemeinsame Niederlassung in Serbien-Montenegro für sie ohnehin nicht möglich.

    Die Familie reist im Juni 2003 nach Schweden, dem Aufenthaltsland der Eltern von Frau A., und bittet hier um Asyl. Als die deutschen Behörden dem Rückübernahmebegehren Schwedens zustimmen, entschließt sich die Familie im März 2005, freiwillig wieder auszureisen.

(siehe auch: 17. August 05)

Xclusiv nr.2

 

4. April 03

 

Magdeburg in Sachsen-Anhalt. An einer Straßenbahn-Haltestelle wird ein 30-jähriger Mann aus Côte d´Ivoire (Elfenbeinküste) von zwei polizeibekannten Männern rassistisch beleidigt, geschlagen und mit einer Gaspistole beschossen. Ein 18 Jahre alter Flüchtling aus Burkina Faso kommt ihm zu Hilfe, wird dann allerdings mit einem Flaschenwurf am Kopf verletzt.

    Die 17 und 23 Jahre alten Täter werden kurz nach dem Überfall festgenommen.

Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt

 

7. April 03

 

Wolfsburg in Niedersachsen. Ein 19-jähriger Asylbewerber legt sich um 9.45 Uhr in der Pestalozzistraße in Höhe eines Fußgängerüberweges mit dem Gesicht nach unten mitten auf die Straße. Nur mit Mühe gelingt es einigen AutofahrerInnen auszuweichen, bis eine junge Frau ihren Wagen stoppt und sich um den Jugendlichen kümmert. Ein Golffahrer hält ebenfalls und lenkt die nachfolgenden Autos um, damit nicht doch noch ein Wagen über den leblos daliegenden Jugendlichen fährt. Ein Notarzt bringt ihn ins Krankenhaus.

WoAZ 8.4.03

 

9. April 03

 

Erfurt in Thüringen. Eine 14 Jahre alte Schülerin aus dem Kongo wird in ihrer Schule von einer älteren Mitschülerin rassistisch beleidigt und bedroht. Sie traut sich aus Angst vor Angriffen nicht mehr auf den Schulhof und verbringt die Pausen in der Toilette.

ABAD Thüringen

 

10. April 03

 

Brandenburg. An den Zufahrtsstraßen zu einer Kindertagesstätte in Tröbitz postieren sich Polizeifahrzeuge. 14 Polizeibeamte riegeln das Gebäude ab, und dann werden die Flüchtlinge Helimie und Gazi Filiz herausgeholt und in Abschiebehaft nach Eisenhüttenstadt gebracht – Gazi Filiz in Handschellen. Seine Frau Helimie erleidet beim Haftprüfungstermin einen Kreislaufzusammenbruch.

    Ihre drei kleinen Kinder, die Töchter Bukra (3) und Zeynep (1) und der Sohn Süleyman (4) kommen in ein Kinderheim nach Fürstenwalde.

    Die türkisch-kurdische Familie befindet sich seit Mitte Februar hier im Kirchenasyl – in vier Tagen ist ihr Abschiebetermin in die Türkei.

    Aufgrund des öffentlichen Druckes erhalten die Eheleute nach einigen Tagen vorläufig eine Duldung und dürfen mit ihren Kindern zurück in das Flüchtlingsheim Hohenleipisch im Elbe-Elster-Kreis.

    Am Nachmittag des 19. Januar 2004 wird die Familie ohne jegliche Vorinformation abgeholt und getrennt. "Wir mußten nach den Äußerungen von Gazi Filiz befürchten, daß der Vater sich und (der) Familie etwas antut und haben um Amtshilfe bei der Polizei gebeten," so ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde Elbe-Elster. Demzufolge begleitete die Familie medizinisches Personal in der für ca. 55.000 Euro gecharterten Maschine. Die Abschiebung erfolgt am 20. Januar 2004 um 10.40 Uhr aus Bremen.

    Nach einem Verhör der Eltern bei der türkischen Staatsschutzpolizei und einer erkennungsdienstlichen Behandlung kann die Familie vorerst in ihren Heimatort fahren.

BM 12.4.03; MOZ 12.4.03; BeZ 12.4.03;

TS 15.4.03; SVZ 15.4.03;

TS 16.4.03; BeZ 16.4.03; taz 22.1.04; FRat Brbg

 

14. April 03

 

Die Kamerunerin Constance Etchu stellt auf der Ausländerbehörde Gera einen Antrag auf die Erlaubnis zum Verlassen des Landkreises. Sie möchte eine Freundin in München besuchen. Ihr Antrag wird abgelehnt. Als sie nach einer Begründung fragt, wird ihr gesagt, daß sie als Asylbewerberin im Heim bleiben müsse und nirgendwo hingehen dürfe. Als sie jetzt auf einer Erlaubnis besteht, heißt es von dem Beamten, sie sei verrückt, sie solle ins Krankenhaus gehen. Wenn sie die Gesetze dieses Landes nicht respektiere, dann solle sie zurück nach Kamerun gehen. Sie wird von dem Beamten als Negerin bezeichnet.

    Constance Etchu wird ärgerlich und wirft den Beamten respektlosen Umgang mit den Flüchtlingen vor. Als sie sich weiterhin weigert, das Büro zu verlassen, erscheinen Polizeibeamte und fragen nach ihren Personalien. Als sie ihre Papiere aushändigen will, greifen die Beamten von hinten nach ihren Händen und legen ihr Handschellen an. Mit Tritten eines der Polizisten wird sie dann ins Polizeiauto befördert.

    Nachdem eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch gegen sie geschrieben wurde, geht Constanze Etchu ins Kranken-haus, um ihre Schürfwunden am Handgelenk behandeln zu lassen, die durch die engen Handschellen entstanden sind. (siehe auch: 13. Februar 02 und 28. Juni 02)

The VOICE 27.11.03

 

14. April 03

 

Aue in Sachsen. In einem Bus schlägt eine deutsche Frau einem 28 Jahre alten nigerianischen Flüchtling ins Gesicht und tritt ihm gegen das Schienbein.

    Da dies bereits der dritte rassistische Überfall ist, den der schmächtige und ängstlich wirkende Mann in Aue erleiden mußte, gelingt es UnterstützerInnen, eine Umverteilung des Wohnsitzes nach Dresden zu erreichen.

(siehe auch: 17. Dezember 02, 25. März 03,
9. November 03)

AMAL Dresden

 

16. April 03

 

Ein 26-jähriger Flüchtling aus Sierra Leone wird gegen

17.30 Uhr am S-Bahnhof Potsdam-Babelsberg eine Treppe hinabgestoßen. Fahrgäste gehen an dem Verletzten vorbei, ohne ihm zu helfen. Mit ausgekugeltem Schultergelenk kommt er ins Krankenhaus.

    Dies ist bereits der zweite rassistische Überfall, den der Afrikaner erleben mußte. (siehe auch: 6. Januar 02)

Opferperspektive

 

18. April 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 24 Jahre alter Gefangener für insgesamt 17 Stunden und 30 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem zunächst an Händen und Füßen – und für die letzten 12 Stunden nur an den Füßen fixiert.

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion

Drucksache 3/7237

 

21. April 03

 

Gotha in Thüringen. An diesem Ostermontag ist ein 22 Jahre alter Flüchtling aus dem Sudan mit einem anderen Flüchtling aus seiner Unterkunft abends unterwegs, als sie von einem 39-jährigen Deutschen auf der Straße zunächst rassistisch beleidigt werden. Dann schlägt der Deutsche dem Sudanesen die Faust ins Gesicht.

TA 23.4.03; ABAD Thüringen

 

24. April 03

 

Der 23 Jahre alte Flüchtling Po L. aus Sierra Leone, der mit seiner Freundin und deren sechsjährigem Sohn unterwegs ist, wird im brandenburgischen Schwedt von jugendlichen Skinheads angegriffen. Zunächst wird er in aggressiver Weise beleidigt. Als Po L. beschwichtigend darauf reagiert, befiehlt einer der Rassisten seinem Hund, den Asylbewerber anzugreifen. Als Po L. sich umdreht um wegzulaufen, packt ihn einer der Angreifer an der Jacke und boxt ihm die Faust ins Gesicht. Po L. reißt sich los und rennt weg. Er wird von einem der Täter eingeholt, der ihm den Arm auf den Rücken dreht. Nach einer weiteren Auseinandersetzung gelingt Po L. dann endgültig die Flucht.

    Die Täter können zunächst entkommen, werden aber zwei Tage später von der Polizei festgenommen.

    Im August verurteilt das Schöffengericht des Amtsgerichtes Schwedt die 24 und 25 Jahre alten Täter zu einem Jahr und vier Monaten bzw. einem Jahr Gefängnis wegen gefährlicher schwerer Körperverletzung und Nötigung.

(siehe auch: Mai 03 und 31. August 03)

TS 27.4.03; BM 27.4.03; taz 28.4.03;

FR 29.4.03; MOZ 29.4.03;

BM 29.4.03; MAZ 29.4.03;

NK 29.4.03; TS 30.4.03; MOZ 30.4.03;

JWB 7.5.03; Opferperspektive 28.7.03;

taz 9.8.03; FR 9.8.03; LR 9.8.03; BeZ 9.8.03

 

24. April 03

 

Erstaufnahmeeinrichtung in Jena-Forst in Thüringen. Als ein Wachmann an die Zimmertür von Julia Kowaltschuk klopft, gerät sie in Panik und springt aus dem Fenster des in der ersten Etage liegenden Zimmers. Dabei bricht sie sich zwei Wirbel – auch die Ferse ihres Fußes zersplittert. Nach einer Operation erlernt sie in einer Rehabilitationseinrichtung langsam wieder das Laufen. Aber eine psychologische Betreuung erfolgt nicht. Ein Jahr später tötet sie sich mit einer Überdosis Tabletten. (siehe auch: 10. Mai 04)

    Julia Kowaltschuk war vor Bedrohung und Verfolgung durch organisierte kriminelle Strukturen in Weißrußland geflohen.

FRat Thüringen

 

26. April 03

 

Bundesland Brandenburg. In der Bahnhofshalle von Jüterbog nähern sich einem 31 Jahre alten Flüchtling aus dem Libanon drei Rechtsextremisten. Sie beschimpfen ihn und einer tritt ihm mit Springerstiefeln dermaßen in die Hüfte, daß er zu Boden geht. Dann schlagen und boxen sie ihm ins Gesicht. Es gelingt ihm, wieder auf die Beine zu kommen und wegzulaufen. Doch die Täter verfolgen ihn, bedrohen ihn mit einem Messer und einer zerbrochenen Bierflasche.

    Die polizeibekannten Täter werden noch am Bahnhof festgenommen. Nach der Vernehmung kommen sie auf freien Fuß.

Der Prignitzer – SVZ – 29.4.03;

BM 29.4.03; MAZ 29.4.03; MOZ 29.4.03;

JWB 7.5.03; inforiot.de (BM)

 

26. April 03

 

Schwedt im Bundesland Brandenburg. Ein 23 Jahre alter Asylbewerber aus Sierra Leone wird von zwei deutschen Männern durch mehrere Straßen bis zu einem Spielplatz gejagt und von dem Hund des einen Angreifers gebissen. Dann schlagen und treten sie auf den Mann ein, der dadurch verletzt wird. Die Täter sind vorbestraft und polizeibekannte Rechtsextremisten. (siehe auch: 30. Juli 04)

Pfeffer & Salz; Opferperspektive

 

26. April 03

 

In einem Linienbus im brandenburgischen Teltow beschimpfen kurz vor Mitternacht 15 deutsche Männer und Frauen den nigerianischen Flüchtling Gideon O. mit Sprüchen wie "Schwarzer Mann, es stinkt!" oder "Presskohle! Nigger!" und sie grölen "Neger raus, raus, raus!" Als Gideon O. erwidert, daß er Amerikaner sei, trifft ihn der erste Faustschlag im Gesicht. Dann wird er weiter getreten, geschlagen und geschubst. Trotz der Übermacht gelingt es Gideon O. nach einiger Zeit, sich zu befreien und zum Busfahrer zu laufen. Dieser ruft umgehend die Polizei. Als er jedoch den Bus stoppt, gelingt den TäterInnen die Flucht in ein angrenzendes Wohngebiet.

    Gideon O. erleidet Prellungen am Schädel, im Gesicht und am Thorax. Wegen eines auf diesen Überfall zurückzuführenden depressiven Syndroms muß er sich im Mai ambulant behandeln lassen.

    Ab 30. November sitzen zehn Männer (20 bis 29 Jahre alt) auf der Anklagebank der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Potsdam. Alle geben ihre damals rassistische Gesinnung und ihre Zugehörigkeit zu einer rechtsradikalen Gruppe zu – einige haben sich inzwischen davon distanziert, obwohl ihre kurz geschorenen Köpfe und Bomberjacken die Aussagen wenig glaubwürdig erscheinen lassen. Ein Angeklagter wird wegen Nicht-Tatbeteiligung freigesprochen, drei Verfahren werden gegen Zahlung einer Summe von 300 Euro eingestellt, und die meisten erhalten Geldstrafen zwischen 600 und 1200 Euro. Einer der beiden Haupttäter wird zu einer achtmonatigen Haftstrafe (Verlängerung einer bestehenden Haftstrafe) verurteilt – der andere bekommt drei Jahre Haft, die zur Bewährung ausgesetzt sind.

Opferperspektive (MAZ 28.4.04); BM 29.4.03;

Der Prignitzer – SVZ – 29.4.03; MOZ 30.4.03;

MAZ 1.12.05; PNN 1.12.05; TS 15.12.05

 

28. April 03

 

Ein 14 Jahre alter afghanischer Jugendlicher wird im sächsischen Mittweida in der Schmidt-Schule von rechten Schülern geschlagen. Die LehrerInnen greifen nicht ein, rufen auch nicht die Polizei. Der jugendliche Flüchtling wird auch nach diesem Überfall, bei dem er ein blaues Auge davontrug, weiterhin bedroht.

AMAL Wurzen

 

29. April 03

 

Hamburg. Eine psychisch schwerkranke Frau soll in den Räumen der Ausländerbehörde auf ihre Flugreisefähigkeit untersucht werden. Nach insgesamt sechs Stunden Wartezeit bricht sie zusammen und muß per Notarzt ins Klinikum Nord Ochsenzoll eingewiesen werden. Ein amtsärztliches Gutachten vom Dezember 2000 sowie aktuelle Atteste liegen der Ausländerbehörde vor, in denen beschrieben wird, daß die Frau an einer langandauernden psychischen Erkrankung leidet und sich der Gesundheitszustand der Frau "auf unabsehbare Zeit nicht bessern" werde.

    Erst nach sieben Wochen stationärer Behandlung hat sich ihr Zustand soweit stabilisiert, daß sie das Krankenhaus verlassen darf. Entgegen ärztlicher Warnungen besteht die Ausländerbehörde weiterhin auf eine Abschiebung.

Burkhard Werner 18.2.04

 

30. April 03

 

Mit einer Flugzeugentführung, die eine Stunde nach der Landung von einem Sondereinsatzkommando der Polizei unblutig beendet wurde, will ein abgelehnter Asylbewerber seine drohende Abschiebung verhindern.

N24 30.4.03

 

1. Mai 03

 

Im brandenburgischen Frankfurt an der Oder wird ein irakischer Flüchtling in einer Diskothek angegriffen. Mehrmals wird er mit einem schweren Aschenbecher geschlagen und erleidet dadurch erhebliche Verletzungen.

BORG FFO

 

5. Mai 03

 

Krefeld in Nordrhein-Westfalen. Das kurdische Ehepaar Rabia und Hamdin Bartu und neun weitere Angehörige sollen in die Türkei abgeschoben werden – Polizei erscheint in ihrer Wohnung in der Roßstraße 120.

    Der 63 Jahre alte Hamdin Bartu, der schon 2002 in der Klinik Krefeld-Königshof in stationärer psychiatrischer Behandlung war und auch weiterhin suizidal gefährdet ist,

wird morgens um 8 Uhr in seiner Wohnung von Polizeibeamten gefesselt und auf dem Boden liegend derart mißhandelt, daß er schwere Prellungen im Gesicht und am Rücken davonträgt. Danach erleidet er einen Nervenzusammenbruch. Er wird zur Polizeiinspektion Süd (Hansa-Wache) gebracht. Dort im Hof versuchen ihn mehrere Beamte mit äußerster Gewalt auf den Boden zu drücken und fixieren Hände und Füße. Ein Beamter kniet sogar auf seinem Kopf. Dann erfolgt der Transport zum Düsseldorfer Flughafen. Hamdin Bartu sieht kurz seine Frau und wird dann plötzlich – ohne Kommentar – wieder aus der Gruppe der Flüchtlinge herausgeholt und mit einem Taxi in eine Krefelder psychiatrische Klinik gefahren. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte einem Eilantrag seiner Rechtsanwältin in letzter Minute stattgegeben. In einem ärztlichen Gutachten werden seine durch die Beamten verursachten Verletzungen wie folgt beschrieben: ".... eine Thoraxprellung linksbasal, eine Jochbeinprellung mit lokaler Schürfwunde, eine Schädelprellung, einen Verlust des linken oberen Schneidezahns und eine Schulterprellung links....."

    Die Familie der Tochter Nurhan des Ehepaares Bartu, Familie Saygili, die in derselben Wohnung wohnt, soll in diesem Moment auch abgeschoben werden. Herrn Saygili gelingt es, sich durch einen Sprung aus dem Fenster der Abschiebung zu entziehen. Seine Frau Nurhan Saygili ist nicht bereit, sich von dem Kinderbett ihres vier Monate alten Babys zu entfernen. Hilfskräfte des Ordnungsamtes schleifen sie daraufhin an den Haaren durch die Wohnung. Dabei werden ihr ganze Büschel ausgerissen. Sie wird ohne ihre Kinder und ohne ihr Baby in Handschellen abgeführt. Sie bricht in Weinkrämpfe aus und erleidet einen Nervenzusammenbruch. Erst Stunden später, am Flughafen Düsseldorf sieht sie ihre weinenden und schreienden Kinder wieder. Um 12.20 Uhr wird sie mit ihren Kindern und ihrer Mutter Rabia Bartu nach Istanbul ausgeflogen. Unmittelbar nach der Ankunft in Istanbul erleidet sie eine Fehlgeburt.

    Zeitgleich zur Festnahme des Ehepaares Bartu und der Familie Saygili dringen Beamte auch in die darüber liegende Wohnung ein, in der der Sohn mit seiner Frau und zwei Kindern lebt. Der Sohn und seine Frau sind deutsche Staatsangehörige. Die Beamten reißen das Telefonkabel aus der Wand und fordern die Familie auf, sich zur Abschiebung fertig zu machen. Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl und sind auf Nachfrage auch nicht gewillt sich auszuweisen. Als es den Bartus endlich gelingt, ihre deutschen Pässe zu zeigen, verläßt einer der Beamten die Wohnung, um die Papiere zu überprüfen. Dieses dauert 20 Minuten, in denen sie in der Wohnung festgehalten werden und Geschrei und Chaos aus der Wohnung der Eltern bzw. Schwiegereltern hören, ohne ihnen zu Hilfe kommen zu dürfen und ohne sich von ihnen verabschieden zu können.

Ökumenisches Netzwerk "Asyl in der Kirche" in NRW;

WZ 6.5.03; WZ 8.5.03;

19. Sitzung des Ausschusses für Ordnung, Sicherheit und

Verkehr der Stadt Krefeld 8.5.03;

WZ 1.7.03; WZ 7.7.03;

FRat Krefeld 12.5.03;

FRat Krefeld 16.8.03; JWB 3.12.03

 

5. Mai 03

 

Krefeld in Nordrhein-Westfalen. Obwohl die Mitglieder der kurdischen Familie Alkan an diesem Tag einen Termin im Ausländeramt hätten wahrnehmen sollen, werden sie morgens um 6 Uhr in ihrem Wohnheim durch lautes Klopfen aus dem Schlaf geholt. Zehn Polizisten und eine Frau vom Ausländeramt stehen Herrn Israil Alkan gegenüber, als er die Tür öffnet. Ihm werden sofort Handschellen angelegt. Als er sich dagegen zu wehren beginnt, ziehen die Beamten ihm das Hemd über den Kopf und beginnen, auf ihn einzuschlagen. Dies geschieht vor den Augen seiner Kinder und vor den Augen anderer HeimbewohnerInnen. Dann wird er die Treppe hinuntergeschleift und in einen Gefangenentransporter geschlossen.

    Die 22-jährige Tochter fällt in Ohnmacht, die sechs und zehn Jahre alten Jungen weinen und zittern, die 18-jährige Tochter versucht, einige Sachen zu packen.

    Die Beamten fragen die Kinder immer wieder nach dem Verbleib der Mutter, die mit ihrem 20 Jahre alten Sohn bei Verwandten zu Besuch ist.

    Israil Alkan wird zur Hansawache gebracht, wo er die Mißhandlung von Herrn Bartu beobachten kann (siehe vorstehendes Ereignis). Dann wird er mit seinen Kindern von Düsseldorf nach Instanbul abgeschoben. Nur durch Bestechung eines Polizeibeamten durch einen Verwandten und nachdem Israil Alkan ein Papier unterzeichnet, das er nicht lesen darf, wird er hier vorläufig auf freien Fuß gesetzt. Israil Alkan, der lange Jahre als Vorsitzender des PKK-nahen kurdischen Elternvereins gearbeitet hatte, taucht aus Angst vor Verfolgung durch türkische Polizei und Militärs unter. Er meldet sich beim IHD und läßt sich von einem Arzt die bei der Abschiebung erlittenen Verletzungen attestieren.

    Seine in Deutschland zurückgebliebene Frau und der älteste Sohn sind ab jetzt gezwungen, in der Illegalität zu leben.

Ökumenisches Netzwer "Asyl in der Kirche" in NRW; WZ 6.5.03;

19. Sitzung des Ausschusses für Ordnung, Sicherheit und

Verkehr der Stadt Krefeld 8.5.03;

FRat Krefeld 12.5.03;

FRat Krefeld 16.8.03;

JWB 3.12.03;

Bericht der Betroffenen

 

5. Mai 03

 

Im Airbus 321 der LTU, mit dem die Familien Bartu, Saygili und Alkan (siehe oben) nach Istanbul abgeschoben werden, befinden sich noch weitere 160 "gesammelte" Kurdinnen und Kurden. Sie werden laut Zeugenaussagen von ca. 30 Zivil-Beamten (grüne Armbänder "Polizei") begleitet. Eine Frau, die Schnitte und Kratzer am Körper hat und der mehrere Infusionsschläuche angelegt sind, ist in ihrem Sitz während des Fluges gefesselt.

19. Sitzung des Ausschusses für Ordnung, Sicherheit und

Verkehr der Stadt Krefeld 8.5.03;

FRat NieSa Heft 95/96 Juli 2003;

FRat Krefeld 16.8.03;

JWB 3.12.03; Bericht der Betroffenen

 

5. Mai 03

 

Nach 12-jährigem Aufenthalt in bayerischen Behelfsunterkünften wird der heute 31-jährige Dimitri Olenin mit 20 Euro Bargeld nach Moskau abgeschoben. Dieses geschieht heimlich und ohne Benachrichtigung seines Anwaltes.

    Olenin Dimitri war als Deserteur der Sowjetarmee von seinem damaligen Stationierungsort in Polen durch die Neiße schwimmend in die BRD geflohen und hatte Asyl beantragt. Dieses war mit der Begründung abgelehnt worden, daß er nicht der sei, der er vorgab zu sein, weil er keine Personalpapiere nachweisen konnte. Diese hatte er wie alle Soldaten der Sowjetarmee bei der Militärverwaltung hinterlegen müssen.

    Da er ab 20. Mai keine gültigen russischen Papiere mehr hat, besteht die ständige Gefahr der Verhaftung. Desertion wird in Rußland als Landesverrat mit bis zu 25 Jahren Haft bestraft.

    Dimitri Olenin war einer der ersten Flüchtlinge, die in das neu eingerichtete Ausreiselager in Fürth eingewiesen wurden, und er ist der erste, der abgeschoben wird. Er hat sich als Aktivist der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen während seines Aufenthaltes im Lager vehement gegen diese Einrichtung gewehrt und in vielen Interviews und bei Protestaktionen die Mißstände angeprangert.

Karawane;

jW 11.5.03; taz 8.7.03

 

7. Mai 03

 

Berlin-Charlottenburg. Der 12-jährige Jasmin Ukic wird in der Reinfelder-Grundschule für Schwerhörige am Maikäferpfad während des Unterrichts aus seiner Klasse 6a herausgeholt und von Polizisten zur Abschiebung mitgenommen. Um 17.50 Uhr sitzt er zusammen mit seinem 19-jährigen Bruder und seinen Eltern im Flugzeug nach Belgrad. Seine Schwester Zuhra bleibt in Berlin zurück, weil sie zum Zeitpunkt der Abholung der Eltern nicht Zuhause ist.

    Dies geschieht, obwohl die Eltern einer freiwilligen Rückkehr am 4. Juli nach Novi Pazar per Bus zugestimmt hatten, um eine gewaltsame Abschiebung zu verhindern. Wenn die Ausländerbehörde nach den üblichen Regeln gehandelt hätte, dann hätte die Familie nicht abgeschoben werden dürfen und der gehörlose Jasmin hätte das Schuljahr noch beenden können.

TS 9.5.03; BM 9.5.03;

BeZ 9.5.03; BeZ 10.5.03

 

7. Mai 03

 

Bundesland Thüringen. Am späten Abend dringen zwei Polizeibeamtinnen und zwei Mitarbeiterinnen der Ausländerbehörde in ein Zimmer eines Flüchtlingsheimes ein. Ihre Absicht ist es, die 20-jährige A. X. und ihre Schwester D. festzunehmen und abzuschieben. D. ist nicht im Zimmer, sondern die 16-jährige Schwester E., die sieht, wie A. von einer Beamtin geweckt wird mit den Worten: "Aufstehen, es geht nach Jugoslawien." A. gerät in Panik, springt aus dem Fenster des im dritten Stock gelegenen Zimmers und schlägt auf einer Betonplatte auf. Sie erleidet lebensgefährliche Verletzungen. Weil der Rettungshubschrauber an der Unglücksstelle nicht landen kann, mußte sie zunächst mit einem Notarztwagen 30 Kilometer nach Sondershausen transportiert werden. Von dort wird sie in die Uniklinik nach Jena geflogen. Sie liegt lange im Koma.

    Erst nach vierwöchigem Aufenthalt auf der Intensiv-Station im Jenaer Krankenhaus kann sie ins Krankenhaus nach Nordhausen gebracht werden.

    Es ist offensichtlich, daß mit dieser versuchten Abschiebung der beiden volljährigen Töchter der Familie X. der Rest der seit 12 Jahren in der BRD lebenden Familie zur "freiwilligen" Ausreise nach Montenegro gezwungen werden sollte.

    Die Schwestern sind aufgrund ihrer Fluchterlebnisse vor 12 Jahren aus dem Kriegsgebiet des Kosovo akut suizidgefährdet. Das ist und war auch der Ausländerbehörde bekannt, gegen die die Anwälte der Familie jetzt Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt stellen wollen.

    Ende März diesen Jahres hatte die jüngste Tochter E. der insgesamt sechs Kinder der Frau X. eine Überdosis Schlaftabletten geschluckt. Im Krankenhaus gab die 16-Jährige an, daß sie sich aus Angst vor der Abschiebung töten wollte.

TA 9.5.03; taz 10.5.03; TA 13.5.03; taz 14.5.03;

 jW 19.5.03; jW 20.5.03; TA 27.5.03;

Sondershäuser Allgemeine 18.6.03;

 TA 18.6.03; TA 19.6.03; TA 19.6.03;

 TLZ 24.6.03; TA 27.6.03; TA 6.11.03

 

8. Mai 03

 

Ein 26 Jahre alter algerischer Asylsuchender wird am Flughafen Frankfurt am Main trotz Asylgesuchs von BGS-Beamten offensichtlich rechtswidrig nach Dubai zurückgewiesen, nachdem festgestellt wurde, daß der Mann über gültige Reisedokumente und ein Visum für Dubai verfügte.

    Als er auf dem Flughafen in Dubai ein Asylbegehren äußert, versuchen die Beamten, ihn nach Algerien abzuschieben. Er leistet Widerstand, wird mißhandelt und dann inhaftiert. Im Gefängnis fühlt er sich schikaniert, weil bei extrem hohen Außentemperaturen die Klimaanlage in der Zelle ständig abgestellt wird. Er unternimmt einen Selbsttötungsversuch durch Erhängen.

    Nach seiner Entlassung am 24. November gelingt ihm erneut die Flucht in die BRD, wo er wieder einen Antrag auf politisches Asyl stellt. Nachdem dieser Antrag vom Bundsamt als offensichtlich unbegründet abgelehnt ist, droht im erneut die Abschiebung. Er befindet sich im Januar 2004 in Abschiebehaft.

Pro Asyl

 

11. Mai 03

 

Hamburg. Die 43-jährige Bosnierin Emina G. erleidet im dritten Monat ihrer Schwangerschaft eine Fehlgeburt. Dies geschieht, nachdem zwei Tage zuvor ein Sachbearbeiter der Hamburger Ausländerbehörde sie – unter Androhung von Abschiebehaft – genötigt hatte, das "Einverständnis" zu unterschreiben, daß sie am 13. Mai um 7.45 Uhr zur Abschiebung erscheinen werde.

    Bereits am 25. April hatte die Ausländerbehörde die Frau aufgefordert, sich bis 13 Uhr desselben Tages eine Fahrkarte nach Bosnien zu beschaffen. Die Frau litt schon damals unter Blutungen und Ärzte hatten eine Risikoschwangerschaft und "absolutes Reiseverbot" bescheinigt.

HM 23.8.03;

Burkhard Werner 18.2.04

 

16. Mai 03

 

Gegen das Flüchtlingsheim in der Stadt Brandenburg schleudern zwei 14- und 15-jährige Jugendliche Steine. Niemand wird verletzt. (siehe auch: 24. Mai 03)

MAZ 4.6.03

 

16. Mai 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Der kranke und seit sieben Tagen hungernde Ebou Kha wird abgeholt und zum Flughafen gefahren. Nach Aussagen seiner deutschen Frau und einer Freundin, die ihn kurz vor dem Abflug sehen konnten, ist er so schwach, daß er von zwei BGS-Beamten gestützt werden muß. Er ist apathisch, schwer ansprechbar und hat glasige Augen.

    Seine Abschiebung erfolgt über Brüssel nach Gambia. Zwei Tage später, am 19. Mai um 12.30 Uhr, stirbt der

48-jährige Ebou Kha im Hause seiner Schwester in der Ortschaft Bandjul.

    Auch im Januar 2004 ist es noch nicht gelungen, nähere Informationen aus Gambia über seinen Tod zu erhalten.

Pfarrer D. Ziebarth;

Andreas Günzler – Rechtsanwalt

 

17. Mai 03

 

Im sächsischen Werdau wird ein 31 Jahre alter kurdischer Flüchtling in einer Gaststätte in der August-Bebel-Straße von drei Nazis angegriffen. Als ihm jemand eine Flasche auf den Kopf schlägt, greift er zum Dönermesser und verletzt einen der Angreifer an der Hand.

    Die gerufenen Polizisten verhaften zunächst den Kurden, fahren ihn dann allerdings ins Krankenhaus, weil auch er verletzt ist.

    Ein Ermittlungsverfahren gegen den deutschen Haupttäter wird eingestellt – das Ermittlungsverfahren gegen das Opfer des rassistischen Übergriffs ist im Januar 2004 noch nicht abgeschlossen.

AMAL Wurzen; FP 18.5.03

 

18. Mai 03

 

In der Gaststätte "Musikbrauerei" im brandenburgischen Rathenow wird ein algerischer Flüchtling von einem rassistischen Rocker angegriffen, verfolgt und mit einem Messer verletzt. Der Algerier muß sich zur medizinischen Versorgung ins Krankenhaus begeben.

Opferperspektive

 

21. Mai 03

 

In der Hamburger JVA Glasmoor begeht ein 21 Jahre alter Abschiebegefangener einen Suizidversuch.

Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188;

Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469

 

23. Mai 03

 

Die kurdische Familie Kürklü befindet sich seit sieben Monaten im Dominikanerinnen-Kloster im nordrhein-westfälischen Waldniel/Schweinthal unter dem Schutz der hier lebenden Nonnen. An diesem Morgen haben sich alle Nonnen und die Flüchtlinge in der Klosterkapelle versammelt und erwarten die Polizei.

    Das Anliegen der Nonnen, diesen sakralen Raum nicht zu betreten, wird mißachtet und nicht nur die Flüchtlinge, auch die Nonnen werden von bewaffneten Polizeibeamten hinausgetragen.

    Die schwer herzkranke Frau Kürklü erleidet vor Aufregung einen Zusammenbruch. Ihre beiden Töchter Nagan und Özlen, die in der Türkei schwerste körperliche Mißhandlungen erleben mußten, werden immer wieder bewußtlos. Ein Notarzt wird gerufen.

    Herr Kürklü und seine beiden Söhne werden in Handschellen abgeführt und in Abschiebehaft nach Moers gebracht.

    Frau Kürklü kommt wegen der akuten Selbsttötungsgefahr in die Psychiatrie – ihre beiden Töchter bleiben vorerst im Kloster.

WDR "Gott und die Welt" 20.6.03; jW 7.7.03

 

24. Mai 03

 

Das Flüchtlingsheim in der Stadt Brandenburg wird mit Steinen beworfen, wobei eine Fensterscheibe zu Bruch geht, jedoch niemand verletzt wird. Zwei 14- und 15-jährige Jugendliche werden als Täter ermittelt und gestehen die Tat. (siehe auch: 16. Mai 03)

MAZ 4.6.03

 

26. Mai 03

 

Justizvollzugsanstalt Leipzig in Sachsen. Der 38 Jahre alte Abschiebegefangene Z. H., der sich im Hunger- und Durststreik befindet, wird von Beamten unterschiedlicher Stationen in "Sondergewahrsam" genommen. Hier ziehen die Beamten ihm die Kleidung aus und schlagen auf ihn ein. Er trägt unter anderem ein blaues Auge davon.

Abschiebehaft-Gruppe beim FRat Leipzig

 

26. Mai 03

 

Ausländerbehörde Hamburg. Der 36 Jahre alte Herr B. aus Jugoslawien ist in der Behörde erschienen, um die Duldung verlängern zu lassen. Im Büro des Sachbearbeiters bricht der schwer kriegstraumatisierte Mann zusammen. Er rutscht vom Stuhl, kollabiert und fällt zu Boden. Ein Notarzt veranlaßt die Einweisung in ein Krankenhaus.

    Herr B. leidet unter einer Posttraumatischen Belastungsr störung, die durch Kriegserlebnisse und vor allem durch den Tod der Eltern, die bei einem Bombenangriff auf ihr Haus starben, bedingt ist. Vor elf Jahren floh er in die Bundesr republik. Herr B. hat mehrere stationäre Psychiatrieaufentr halte hinter sich, ist suizidal und nicht reisefähig.

    In den letzten Wochen war seine Duldung immer nur für kurze ein- oder zweiwöchige Zeitintervalle verlängert worden. Die meist mehrstündigen Wartezeiten und die Verhörsituationen bei den Sachbearbeitern waren jedesmal eine extreme Tortur für ihn.

    Im Morgengrauen des 9. Juli wird Herr B. von einem Sachbearbeiter und Polizeibeamten im Schlafanzug aus seiner Einzimmerwohnung geholt und über Düsseldorf nach Jugoslawien abgeschoben.

    Am Flughafen Belgrad bekommt er einmalig Medikamente, dann ist er sich selbst überlassen. Er kann aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung nicht arbeiten, hat kein Geld, keine Medikamente. Sein Dorf ist zerstört, er kennt niemanden, er ist hilflos.

Café exil; taz 26.9.03;

Eppendorfer Ausgabe 10/2003

 

26. Mai 03

 

Im Rahmen einer ersten europaweiten Sammelabschiebung wird Ndi Findley Nkwate zusammen mit Flüchtlingen aus Kamerun und Togo nach Kamerun abgeschoben. Auch ein halbes Jahr nach der Abschiebung hat er sich nicht bei Freunden, Verwandten oder UnterstützerInnen gemeldet. Sein Verbleib ist ungewiß.

    Ndi Findley Nkwate ist Mitglied der Mountain Mourners, einer politischen Gruppe im südlichen Kamerun, die zusammen mit dem Südkamerunischen Nationalkongreß (SCNS) den Kampf gegen die Diktatur von Biya organisieren. Auch in der BRD hatte Ndi Findley Nkwate sich für die existentiellen Interessen der Menschen eingesetzt (Residenzpflicht) und auch den exilpolitischen Widerstand organisiert und getragen.

    Bereits am 8. April war Ndi Findley Nkwate bei einem Besuch der Ausländerbehörde festgenommen und umgehend zum Flughafen Frankfurt gebracht worden. Da die Abschiebung über die Osterfeiertage nicht stattfinden konnte, war er nach Mannheim in die Abschiebehaft gebracht worden.

    Im Dezember war seine Mutter – eine Woche nach einem brutalen Verhör bei der Polizei – gestorben.

AK Asyl BaWü, Rundbrief Nr. 1/2004

 

28. Mai 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Eine 32-jährige Gefangene aus Kenia versucht sich zu töten, indem sie ein giftiges Haarpflegemittel trinkt. In höchster Lebensgefahr wird sie per Hubschrauber auf die Intensiv-Station eines Potsdamer Krankenhauses gebracht. Auch bei ihrer Entlassung nach drei Wochen ist ihre medizinische Behandlung noch nicht abgeschlossen. Sie kommt nicht zurück in die Abschiebehaft, sondern vorerst in einem Potsdamer Flüchtlingsheim unter.

    Am Tage ihrer Festnahme einige Wochen zuvor hatte die Frau laut weinend und schreiend dagegen protestiert. Daraufhin waren vier Beamte und zwei Beamtinnen gekommen und hatten sie in einer "speziellen Zelle" an Händen und Füßen fünf Stunden lang an einem bett-ähnlichen Gestell gefesselt. Am nächsten Tag bekam sie von einem Arzt eine Injektion und Tabletten, ohne daß ihr gesagt wurde, welche Medikamente das seien.

    Die Kenianerin, der als Mitglied der religiösen Mungiki-Sekte staatliche Verfolgung, Folter und Tod drohen, war erst im Januar in die BRD geflohen und hatte Asyl beantragt.

jW 20.8.03; Alliance of Struggle

 

29. Mai 03

 

Sogenannter Herrentag im sächsischen Schneeberg. Trotz einiger Bedenken und Angst vor alkoholisierten deutschen Männern entschließt sich ein 24-jähriger Flüchtling aus dem Irak, seinen erst seit einer Woche im Heim lebenden Landsleuten die Gegend etwas zu zeigen. 10 Minuten Spaziergang vom Flüchtlingsheim entfernt werden sie schon von einer ca. 20-köpfigen Gruppe Betrunkener rassistisch beleidigt und provoziert. Sie gehen weiter, werden aber verfolgt, angerempelt und geschubst. Der 24-jährige Iraker bekommt Faustschläge ins Gesicht und blutet aus der Augenbraue und aus dem Mundwinkel.

    Jetzt beginnen die Flüchtlinge sich zu wehren. Einem Deutschen nehmen sie einen ca. 50 cm (incl. Griff) säbelähnlichen Dolch ab, und dann schlagen sie die Angreifer mit aufgesammelten Stöcken in die Flucht.

    Polizeiliche Ermittlungen werden sowohl gegen die Deutschen als auch gegen die Iraker eingeleitet. Nachdem alle Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, legt der Rechtsanwalt des verletzten Irakers Beschwerde ein und erreicht eine Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Generalstaatsanwaltschaft Dresden.

AMAL Dresden

 

29. Mai 03

 

Dessau in Sachsen-Anhalt. Ein afrikanischer Asylbewerber wird von zwei Männern aufgefordert, Geld herauszugeben und Bier zu holen. Als er sich weigert, sticht einer der Männer mit einem Messer auf ihn ein und verletzt ihn lebensgefährlich.

Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt

 

29. Mai 03

 

In einem Internet-Café im brandenburgischen Altentreptow wird ein 36 Jahre alter Flüchtling aus Togo von einem Deutschen angegriffen. Der Täter schlägt auf den Afrikaner ein und tritt ihm mit seinem Stahlkappenschuh gegen das Schienbein.

    In die Ermittlungen gegen den Angreifer schaltet sich der Staatsschutz ein, weil der Tatverdächtige ein "verbotenes Zeichen" (Triskele) auf seinem Unterarm tätowiert hat.

NK 31.5.03;

LOBBI

 

30. Mai 03

 

Im brandenburgischen Teltow wird ein 44 Jahre alter iranischer Flüchtling, der auf einer Bank vor dem Supermarkt "Lidl" sitzt, abends um 20.30 Uhr von einem Hund in die rechte Seite gebissen. Der Hund war von einem Deutschen auf den Asylbewerber gehetzt worden.

Opferperspektive

 

30. Mai 03

 

Mecklenburg-Vorpommern. In der Rostocker Innenstadt wird ein in Güstrow lebender afrikanischer Asylbewerber von einem Deutschen beschimpft. Als der Deutsche versucht, ihn mit einem Messer anzugreifen, gelingt ihm die Flucht.

LOBBI

 

30. Mai 03

 

Der 18 Jahre alte Ilunga Pitchou, Abschiebegefangener in der JVA Leipzig, soll im zweiten Versuch in die Demokratische Republik Kongo abgeschoben werden. Wie auch der erste Versuch am 3. März muß dieser wegen Selbstverletzung des Jugendlichen abgebrochen werden. Er hat sich heute mit Messer und Glasscherben Verletzungen im Hals und Mund zugefügt. Seine Haft wird per Amtsgericht Leipzig um drei Monate verlängert.

    Am 16. Juli erfolgt ein weiterer Abschiebeversuch. Während der Fahrt von Leipzig nach Bremen ist Ilunga Pitchou über eine Dauer von fünf Stunden mit erhobenen Armen mit Handfesseln und Fußfesseln fixiert. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten wegen Körperverletzung im Amt wird am 18. September von der Staatsanwaltschaft Leipzig eingestellt.

    Am 27. Oktober wird Ilunga Pitchou mit anderer Identität nach Nigeria abgeschoben.

Abschiebehaft-Gruppe beim FRat Leipzig; StA Leipzig 18.9.03;

Innenausschuß des Sächsischen Landtages 25.9.03 – Nachbereitung

 

Mai 03

 

Der 23 Jahre alte Flüchtling Po L. aus Sierra Leone, der bereits am 24. April 2003 (siehe dort) bei einem rassistischen Überfall verletzt wurde, wird erneut angegriffen.

(siehe auch: 31. August 03)

Opferperspektive 28.7.03

 

7. Juni 03

 

Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Drei Flüchtlinge  befinden sich auf dem U-Bahnhof Spichernstraße, als zwei Angestellte der Berliner Verkehrs-Gesellschaft (BVG) auf sie zu kommen und sie auffordern, in den Dienstraum der BVG mitzukommen und dort ihre Personalpapiere vorzulegen. Der Anlaß für die Aufforderung ist die Tatsache, daß einer der Drei in das Bahngleis urinierte.

    Die Beamten bemerken, daß der Mann eine aufenthaltsrechtliche Duldung hat, aber in Brandenburg gemeldet ist. Umgehend fordern sie auch die beiden anderen auf, die Personalpapiere vorzuzeigen. Einer von ihnen, J. P., hat keine Papiere dabei, gibt die Daten mündlich weiter. Als die BVG-Angestellten ihm sagen, daß sie ihn zur Polizeidienststelle bringen und ihm Handschellen anlegen wollen, verschränkt J. P. seine Arme vor der Brust, um sich der Fesselung zu entziehen.

    Mit Gewalt werden ihm die Handschellen angelegt und so fest gestellt, daß sie J. P. heftige Schmerzen verursachen.

    Ein ärztliches Attest bescheinigt, daß die Handgelenke noch zwei Monate nach dem Vorfall extrem schmerzhaft sind.

    Wegen "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" wird Anzeige gegen J. P. erhoben, und das Amtsgericht Tiergarten verurteilt ihn am 13. Januar 2004 zu einer Geldstrafe. Die Berufung wird einen Monat später abgelehnt.

ReachOut Berlin

 

12. Juni 03

 

Auf dem Busbahnhof der sächsischen Ortschaft Löbau wird ein 33-jähriger Flüchtling aus Liberia von zwei Nazis beleidigt und von einem ins Gesicht geschlagen.

AMAL Görlitz

 

12. Juni 03

 

Soest in Nordrhein-Westfalen. In der Nacht dringen Polizeibeamte in die Wohnung der Familie Alzayn ein und befehlen Frau Zabida Alzayn, ihre sieben Kinder schnell anzuziehen,

sie würden jetzt abgeschoben. Um 5.30 Uhr erfolgt dann die Abschiebung vom Flughafen Düsseldorf.

    Der Ehemann Mahmoud Alzayn bleibt vorerst in Deutschland, weil es den Behörden nicht gelingt, rechtzeitig Paßersatzpapiere zu beschaffen. Mahmoud Alzayn ist im Libanon geboren. Obwohl in der Türkei gemeldet, ist er noch nie dort gewesen. Vor einiger Zeit erfolgte seine Ausbürgerung aus der Türkei, weil er den Wehrdienst dort nicht abgeleistet hatte.

    Zabida Alzayn war 1988 als Kind mit ihren Eltern und Geschwistern als staatenlose KurdInnen aus dem Libanon in die BRD geflohen. Jetzt wird sie unter dem Namen Gürci Baran in die Türkei abgeschoben. Ihr Großvater hatte noch in der Türkei gelebt, sie ist allerdings im Libanon geboren und aufgewachsen. Sie und ihre Kinder, die alle in Deutschland geboren sind, sprechen ausschließlich arabisch und deutsch. Türkisch verstehen sie nicht.

    In dem Ort Ückavak an der türkisch-syrischen Grenze lebt Zabida Alzayn mit ihren Kindern nach der Abschiebung in einer Wohnhöhle, einem aus Felsgestein gemauerten Raum. Der Sohn Yusuf hütet Kühe, zwei Töchter gehen betteln. Die Stimmung gegenüber der aus Deutschland ausgewiesenen Familie, die kein Türkisch versteht, ist feindselig. "Eine Frau allein kann hier nicht leben. Niemand wird ihr ein Haus vermieten, niemand ihr Arbeit geben", erklärt der Imam einer Journalistin der Frankfurter Rundschau. Ohne Ehemann kann sie ihre Kinder nicht anmelden, und ohne Anmeldung gibt es keine Pässe, so daß die Familie jetzt keine gültigen Papiere hat. Im November erkranken alle Kinder an Hepatitis A.

    Auch im Frühjahr 2005 lebt der Vater und Ehemann noch in Deutschland, weil eine Abschiebung nicht möglich ist. Seit der Abschiebung seiner Familie benötigt er starke Psychopharmaka und ist dem immensen Druck der Ausländerbehörde weiterhin ausgeliefert.

FR 28.10.03; Info-Dienst Nr. 1 2004;

Familientrennung durch Abschiebung – Dezember 2004;

Der Schlepper Nr. 31 Frühjahr 2005

 

12. Juni 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Die 23 Jahre alte

L. B. aus der Ukraine wird nach zweimonatiger Haft entlassen. Sie ist im fünften Monat schwanger, und als sie zwei Wochen später zu einer Frauenärztin geht, stellt diese eine bestehende Lues-Infektion (Syphilis) bei ihr fest.

    Daß die Schwangere davon nichts weiß, obwohl sie aus der Abschiebehaft heraus fünfmal (!) zu gynäkologischen Untersuchungen gebracht worden war, liegt daran, daß bei ihr nicht die nach den geltenden Mutterschafts-Richtlinien erforderlichen Vorsorge-Untersuchungen gemacht wurden. Wäre das geschehen, dann hätte die Infektion nach dem "Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten" beim Robert-Koch-Institut gemeldet werden müssen und die Schwangere hätte umgehend eine Therapie erhalten müssen – einerseits für ihre Genesung und andererseits, um eine Infektion des Kindes zu verhindern. Lues kann bei einem ungeborenen Kind zu schwersten Mißbildungen und auch zum Tod führen. Bei einem geborenen infizierten Kind können die schweren Krankheitserscheinungen im Säuglings- und auch noch im Kleinkindalter auftreten.

    Da eine Infektion des Kindes über die Gebärmutter erst ab dem fünften Schwangerschaftsmonat möglich ist, Frau L. B. im fünften Schwangerschaftsmonat entlassen wird, besteht der Verdacht, daß durch die Verantwortungslosigkeit des Polizeiärztlichen Dienstes jetzt auch das Kind infiziert ist.

    Am 12. Oktober entbindet die Ukrainerin einen kleinen Jungen, der aufgrund der Antikörper-Nachweise in seinem Blut sofort und stationär über zehn Tage gegen Lues behan-delt werden muß. Mutter und Kind müssen sich fortan weiteren Untersuchungen unterziehen, damit der Verlauf der Infektion beobachtet werden kann.

Antirassistische Initiative Berlin

 

12. Juni 03

 

Abschiebegefängnis JVA Büren in Nordrhein-Westfalen. Der kurdische Flüchtling und abgelehnte Asylbewerber Sabri Yildiz wird aus der Krankenabteilung abgeholt und über den Flughafen Düsseldorf in die Türkei abgeschoben. Unmittelbar nach der Landung der Maschine um 17 Uhr erfolgt seine Inhaftierung durch die Polizei.

    Sabri Yildiz hatte in Büren mit einem 34-tägigen Hungerstreik gegen seine drohende Abschiebung protestiert. Durch einen körperlichen Zusammenbruch war er auf die Krankenstation des Gefängnisses verlegt worden. Seine 'Reiseunfähigkeit' wurde durch ein ärztliches Attest belegt.

Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum

 

14. Juni 03

 

Hamburger Hafen. Am Schuppen 80 des Stahmerkais werden beim Löschen der Ladung des unter der Flagge der Bahamas fahrenden Frachters "Julie Delmas" um 10.50 Uhr zwei Flüchtlinge entdeckt. Die beiden 22 und 36 Jahre alten Männer, die aus dem Kongo und Angola stammen, waren am 6. Juni im senegalesischen Dakar an Bord gegangen. Seit acht Tagen hatten sie kein Wasser trinken können, und ihr Zustand ist nach Aussagen der Wasserschutzpolizei "erbärmlich". Sie werden umgehend ins Krankenhaus Groß Sand gebracht.

Polizei Hamburg 15.6.03;

Eckernförder Ztg 16.6.03; HA 16.6.03

 

15. Juni 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Der abgelehnte Asylbewerber Ali Ibrahim wird nach insgesamt 13-monatigem Aufenthalt in Abschiebehaft (in den Jahren 1998, 1999 und 2003) unerwartet und überraschend aus seiner Zelle geholt und mit einem PKW nach Frankfurt am Main transportiert. Auf dem Flughafen erwartet ihn eine Gruppe von zehn BGS-Beamten, denen er erklärt, daß er nicht nach Algerien zurückkehren kann, weil sein Leben dort in Gefahr sei. Er war 1997 aus der algerischen Armee desertiert, und bei einer Rückkehr ist mit langjährigen Gefängnisstrafen oder sogar mit dem Tod zu rechnen. Die BGS-Beamte ignorieren sein Hilfe-ersuchen und schieben ihn mit Gewalt die Gangway hinauf.

    Im Inneren des Flugzeuges stürzen sich fünf algerische Beamte in Zivil auf ihn, beschimpfen ihn, treten ihm vor die Beine und würgen ihn. Ali Ibrahim schreit in Panik um Hilfe. Mit einem Einmalrasierer fügt er sich drei tiefe Schnitte in den linken Unterarm zu. Zwei hinzukommende BGS-Beamte lösen ihn aus den Griffen der algerischen Beamten und bringen ihn nach draußen.

    Seine tiefen Schnittwunden werden genäht, und am

17. Juni kommt er zurück in das Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick. Hier stellt er umgehend einen Asylfolgeantrag, denn die Bedrohung von Seiten des algerischen Regimes kann jetzt sogar von BGS-Beamten bezeugt werden. Trotz dieses Antrags auf Asyl wird Ali Ibrahim am 20. September nach Algerien abgeschoben.

Pfarrer D. Ziebarth

 

Mitte Juni 03

 

Flüchtlingsheim "Hemminger Sägmühle" in Baden-Württemberg. Ein 19 Jahre alter irakischer Asylbewerber näht sich mit einem Nylonfaden den Mund zu. Die gerufene Notärztin und Polizisten versuchen, den Mann zu überreden, sich in das nächste Krankenhaus fahren zu lassen. Dann reißt sich der Mann los, zerschlägt einen Bierkrug und droht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. In diesem Moment solidarisieren sich MitbewohnerInnen der Flüchtlingsunterkunft und unterstützen die Forderungen des jungen Mannes.

    Der Iraker protestiert mit seiner Selbstverletzung gegen die Zustände in dem Heim. Es liegt an der Kreisstraße zwischen Hemmingen und Münchingen, weitab von Wohnhäusern neben einer lauten Sägemühle. Die Zimmer sind feucht, die sanitären Anlagen sind verschmutzt, und überall krabbeln Kakerlaken. Der Iraker fordert zudem einen Deutschkurs und die Verlegung in eine andere Unterkunft.

    Der zuständige Dezernent des Landratsamtes weist die Vorwürfe zurück mit den Worten: "Erst Anfang Juni hat die letzte Ungezieferbekämpfungsaktion stattgefunden." Und der Bürgermeister ergänzt: "Es gibt in der Sägmühle keine Mißstände, die uns bekannt sind."

    Bereits in seiner ersten Unterkunft in Reutlingen hatte sich der Iraker aus Protest Ober- und Unterlippe zusammengenäht.

StZ 27.6.03

 

16. Juni 03

 

Wilhelmshaven in Niedersachsen. Nach Androhung ihrer Abschiebung stürzt sich die 22-jährige schwangere Bajramsa Asani aus einem Fenster ihrer Wohnung im 2. Stock. Sie stürzt 7,5 Meter tief auf die Straße, erleidet lebensgefährliche Verletzungen und liegt drei Wochen im Koma.

    Obwohl sie schwere Kopf- und Beckenverletzungen davongetragen hat, erhält sie als zur Abschiebung vorgesehene Flüchtlingsfrau nur die nötigste Versorgung ihrer Verlet

zungen und wird ohne Rehabilitationsmaßnahmen sobald wie möglich aus dem Krankenhaus entlassen. Ihr Kind hat sie verloren.

    Frau Asani kam als 13-Jährige in die BRD und lebte mit ihrer Familie, Roma aus Serbien, zunächst im Landkreis Wittmund bei Wilhelmshaven. Ihr Mann Zenel Mustafa, Rom aus dem Kosovo und 25 Jahre alt, kam als 11-Jähriger nach Deutschland. Für den gemeinsamen Sohn Sali Mustafa hat er das alleinige Sorgerecht übertragen bekommen, weil sowohl die Eltern als auch das Jugendamt  und das Familiengericht davon ausgegangen sind, daß die Mutter wegen ihrer schweren Krankheit nicht in der Lage ist, für das Kind zu sorgen.

    Frau Asani hat durch eine seltene Kleinhirnerkrankung einen schwer gestörten Gleichgewichtssinn, kann kaum gehen und stürzt oft. Eine 70-%ige Behinderung und die Notwendigkeit ständiger Begleitung wurden bescheinigt. Zum Krankheitsbild gehört ferner eine behandlungsbedürftige “Depressive Anpassungsstörung” mit Suizidgefahr; sie muß ständig Medikamente nehmen. Trotzdem wurde die Abschiebung beabsichtigt. (siehe auch: 16. November 04)

Migrationsberatung Wilhelmshaven; IMRV Bremen

 

18. Juni 03

 

Abschiebegefängnis Rendsburg in Schleswig-Holstein. Aus Verzweiflung über seine bevorstehende Abschiebung schneidet sich ein 26 Jahre alter Flüchtling aus Georgien die Arme im Bereich der Pulsadern auf. Er kommt ins Krankenhaus, wo die Verletzungen medizinisch versorgt werden. Noch am gleichen Tag erfolgt die Rückverlegung in das Abschiebegefängnis.

KN 20.6.03;

Netzwerk Asyl Rendsburg 12.11.03

 

18. Juni 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 20 Jahre alter Gefangener für zwei Stunden und 20 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem "komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Gefangenen ist damit maximal eingeschränkt.

Antwort der Landesregierung auf eine

Kleine Anfrage der PDS-Fraktion

Drucksache 3/7237

 

18. Juni 03

 

Göttingen in Niedersachsen. Fünf Polizeibeamte holen den tunesischen Flüchtling Malek Limam um 5.00 Uhr aus dem Bett, um ihn abzuschieben. Am Flughafen erfährt Herr Limam eine akute Retraumatisierung mit großen Angstzuständen, Übelkeit, Herzschmerzen und Kreislaufproblemen. Die Hinzuziehung eines Arztes wird dem Kranken von den begleitenden Beamten verwehrt, statt dessen wird ein Sanitäter geholt, der ihn zusammen mit zwei BGS-Beamten auf dem Flug begleiten soll.

    Dann erscheint der Flugkapitän und fragt Malek Limam, ob er denn überhaupt nach Tunesien fliegen wolle. Als der Angesprochene erklärt, daß er als Gewerkschaftler und Mitglied der Kommunistischen Arbeiterpartei Tunesiens (Parti Communiste des Ouvriers Tunisiens – PCOT) verfolgt und mit Elektroschocks und Zigaretten gefoltert worden war und daß eine Abschiebung einem Todesurteil gleichkommen würde, sagt der Flugchef zu den Beamten: "Meine Herrschaften, der steigt nicht in meine Maschine." Herr Limam bedankt sich bei ihm und der Lufthansa, daß sie sein Leben gerettet haben.

    Die Abschiebung findet nicht statt, und für Malek Limam wird umgehend vom Göttinger Amtsgericht in einer 15-Minuten-Farce eine sechswöchige Abschiebehaft angeordnet. Hier steht er unter strenger Bewachung, weil er sagt: "Lieber sterbe ich hier. Nur tot werde ich wieder nach Tunesien kommen." Nach acht Tagen wird seinem Widerspruch gegen die verhängte Abschiebehaft stattgegeben und er kommt frei.

FRat NieSa Heft 100 März 2004

 

19. Juni 03

 

In der rheinland-pfälzischen Clearingstelle für Paßbeschaffung und Flugabschiebung in Trier, in der Dasbachstraße 10, werden sechs abgelehnte chinesische Asylbewerber zwangsvorgeführt, von "chinesischen Experten" (Innenminister Walter Zuber) in einem Kellerraum hinter verschlossenen Türen und in Abwesenheit deutscher Beamten verhört. Dies geschieht, nachdem sie vorher von deutschen Beamten durchsucht wurden, ihre Taschen leeren mußten und ihre offiziellen und privaten Papiere (Telefonnummern u.a.) kopiert worden waren. MitarbeiterInnen des Multikulturellen Zentrums, die die Flüchtlinge auf Wunsch begleitet haben, wird der Zutritt verwehrt mit dem Verweis, es sei "chinesisches Gebiet".

    Die Beamten des "Ministerium für äußere Sicherheit der VR China" verhören die Flüchtlinge, drohen ihnen mit Haft und fragen sie nach Aufenthaltsorten von chinesischen Oppositionellen. Einer der Flüchtlinge wird von einem Verhörer derart getreten, daß er mit einer Knieverletzung den Raum verläßt.

    Vier chinesische Flüchtlinge erstatten Anzeige wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung und Bedro-

hung. Am 6. August wird das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Trier mit einer 14-zeiligen Begründung eingestellt.

Pro Asyl 4.8.03; FR 5.8.03;

TrV 6.8.03; jW 6.8.03;

TS 7.8.03; taz 14.8.03¸

Pro Asyl 15.8.03; taz 16.8.03; TrV 17.10.03;

Graswurzelrevolution Nov. 03/283; jW 2.12.03

 

21. Juni 03

 

Ein 14-jähriger türkischer Jugendlicher und sein irakischer Freund werden von einer jungen Frau im sächsischen Grimma tätlich angegriffen. Beiden Flüchtlingen werden dadurch die Kleider zerrissen. (siehe auch: Juli 03)

AMAL Wurzen

 

24. Juni 03

 

Um 23.15 Uhr werden gezielt zwei Brandsätze gegen das Flüchtlingsheim im sächsischen Werdau geschleudert. Es wird niemand verletzt. Die Sonderkommission Rechtsextremismus des Landeskriminalamtes Sachsen ermittelt wegen schwerer Brandstiftung und kann zwei deutsche Männer am nächsten Tag als Täter benennen.

    Im Flüchtlingsheim befanden sich zum Zeitpunkt des Brandanschlages 120 Personen unterschiedlicher Nationalität.

    Am 9. Dezember werden die Täter, denen auch Kennzeichenmißbrauch und Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen wird, wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu zwei Jahren bzw. einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Gericht unterstellt den beiden Tätern keine vorsätzliche Gefährdung von Menschenleben.

Polizei Sachsen 25.6.03; FP 25.6.03;

StA Zwickau und LKA Sachsen 26.6.03; taz 26.6.03;

FP 27.6.03; JWB 10.7.03; AMAL Wurzen 25.11.03;

AMAL Wurzen 10.12.03

 

24. Juni 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 35 Jahre alter ukrainischer Gefangener schneidet sich in der Dusche mit einer Rasierklinge zweimal in den Hals.

    Nach einem zweistündigen Aufenthalt im Haftkrankenhaus der JVA Moabit wird er nach medizinischer Versorgung seiner Verletzungen zurück nach Köpenick gebracht. Dann erfolgt eine Verlegung in die JVA Tegel. Auf dem Wege dorthin verletzt er sich erneut.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

25. Juni 03

 

Am Abend um 22.13 Uhr geht ein Notruf in der Rettungsstelle im sächsischen Grimma ein. Als die Feuerwehr in der Lausicker Straße eintrifft, brennt das Flüchtlingsheim, ein Barackenbau, lichterloh. Die 50 BewohnerInnen können unverletzt gerettet werden. Die Baracke ist vollständig zerstört, als die Löscharbeiten morgens um 5 Uhr beendet werden. Die Brandursache kann vorerst nicht gefunden werden.

FP 26.6.03; taz 27.6.03; MKZ 27.6.03; KStA 30.6.03

 

26. Juni 03

 

Abschiebegefängnis Rendsburg in Schleswig-Holstein. Um 2.30 Uhr morgens werden die Gefangenen Ramiz Krasniqi aus Vushtrri, Agim Osmani aus Ferizaj, Shaban Emrullahu aus Lipjan und ein vierter Mann aus ihrer Zelle geholt und zur Abschiebung in einen Kleinbus gesetzt. Sie sind während der gesamten Fahrt zum Flughafen Düsseldorf mit Handschellen gefesselt. Auch als sie um 7.00 Uhr dort ankommen, müssen sie noch drei Stunden im Kleinbus warten.

    Der Flug ist einer von vielen, die zu dieser Zeit alle 14 Tage stattfinden. Von den 64 Menschen sind 57 Kosovo-AlbanerInnen und sieben Angehörige von Minderheiten (ausser SerbInnen und Roma). Es sind 15 bis 20 Frauen und Mädchen – auch einige Kinder unter ihnen. Mindestens eine Person ist krank.

    Die Männer aus dem Rendsburger Abschiebegefängnis beobachten eine Szene, die sie sehr empört. Während ein Polizist ein circa eineinhalb Jahre altes Kind an Bord trägt, wird die Mutter "die Gangway hinauf geschleift, dabei mißhandelt, geschlagen und getreten." Die Frau berichtet den Männern später, daß sie aus Drenica stamme und daß sie am heutigen Morgen aus ihrer Wohnung in der Nähe von Düsseldorf abgeholt wurde, ohne daß sie persönliche Sachen einpacken durfte.

    Die Maschine der Montenegro Airlines landet – statt in Prishtina –  in Podgorica in Serbien-Montenegro. Der Grund dafür ist nicht eine "Überfüllung" des Flughafens, wie es den Menschen im Flugzeug gesagt wird, sondern der Grund ist die fehlende Landeerlaubnis, denn die UNMIK hatte keiner Erlaubnis zur Aufnahme der Flüchtlinge erteilt. Diese Erlaubnis hat die UNMIK deshalb nicht ausgestellt, weil es gar keine Anfrage seitens des Bundesinnenministerium für diese Personengruppe gab. Ein "Büroversehen" (Fehler durch Urlaubsvertretung) zwischen der Bezirksregierung Düsseldorf als zentraler Flugabschiebungsstelle des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Bundesministerium des Inneren führte dazu, daß die Flüchtlinge Strapazen und großem Streß ausgesetzt wurden. Und trotz fehlender Landeerlaubnis entschied die Bezirksregierung Düsseldorf den Flug durchzuführen.

    Die Landung um 16 Uhr in Montenegro führt im Flugzeug zu einer Panik, denn viele Männer waren früher in der UCK, haben im Krieg gekämpft und werden in Serbien und Montenegro auch vier Jahre nach Beendigung der offen kriegerischen Auseinandersetzungen immer noch mit Haftbefehl gesucht.

    Alle Insassen werden am Flughafen in einen Raum geführt, in dem sie stundenlang bei großer Hitze ohne Essen und Trinken und ohne Sitzgelegenheiten ausharren müssen. Sie sehen, wie ihr Gepäck ausgeladen und kontrolliert wird. Viele stellen später fest, daß ihnen Wertgegenstände, Kleidung oder Geld fehlen.

Dann werden die Menschen aufgefordert, in Busse zu steigen, und der Transport erfolgt jetzt auf dem Landweg in Richtung Grenze. Als auch hier die Aufnahme der Flüchtlinge abgelehnt wird, geht die Fahrt zurück nach Podgorica.

    Um 21 Uhr werden alle Gefangenen wieder in ein Flugzeug gesetzt, so daß die Maschine um 23 Uhr wieder in Düsseldorf landet. "Dort werden sie verpflegt, ärztlich untersucht und so weit möglich von den für sie zuständigen Ausländerbehörden abgeholt." Andere Personen werden "zur Übernachtung in eine Gemeinschaftsunterkunft gebracht. Personen, die aus der Haft den Flug angetreten hatten" werden "in Polizeigewahrsam gebracht. Am folgenden Tag" haben "dann alle Personen ihre Ausgangsorte wieder erreicht." (Zitate von J. Diekmann, Finanzminister, auf eine dringliche Anfrage der Abgeordneten M. Düker (Grüne).

Der Schlepper Nr. 24 August 2003;

Dringliche Anfrage von M. Düker 115 im LT 3.7.03

 

28. Juni 03

 

Rottstock im brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark. Als der 26 Jahre alte Julius N., Flüchtling aus Kamerun, am Nachmittag an dem Dorfteich vorbeiradelt, wird er von vier Neonazis angehalten und mit Worten wie: "Bimbo, verpiß Dich!" beleidigt. Ein glatzköpfiger, tätowierter und hünenhaft großer Mann packt ihn und wirft ihn mitsamt seinem Fahrrad in den Teich. Als Julius versucht, an Land zu kommen, wird er wieder unter Wasser gedrückt. Dies geschieht mehrmals und minutenlang, bis er ein Stück weiter entfernt das Wasser verlassen und weglaufen kann. "Hier Bimbo, nimm Dein Fahrrad!" ruft ihm der Täter noch hinterher.

    Einige der ca. 20 Badegäste, die die Szene beobachten, schreiten ein und erreichen, daß die Täter von ihrem Opfer ablassen.       Julius N. muß seine Verletzungen im Krankenhaus behandeln lassen.

    Noch in der Nacht können der Hauptverdächtige, ein 32-jähriger stadtbekannter Neonazi, und drei weitere Personen festgenommen werden. Gegen den Haupttäter wird Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung erlassen. Wegen seiner Gewalttätigkeit wird der Mann "Al Capone vom Dorf" genannt. Er ist wegen Totschlag, gefährlicher Körperverletzung, Gefangenenmeuterei, Körperverletzung, Bedrohung, sexuellen Mißbrauch an Kindern bereits mehrfach vorbestraft.

    Am 9. März 2005 verurteilt das Amtsgericht Brandenburg an der Havel den Mann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten – auf Bewährung (!) Er muß zusätzlich 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

MAZ 30.6.03; MOZ 30.6.03; BM 30.6.03;

BK 30.6.03; TS 30.6.03; Die Welt 30.6.03;

BeZ 1.7.03¸ MAZ 1.7.03; FR 1.7.03; TS 1.7.03; JWB 9.7.03;

BM 9.3.05; BM 10.3.05; taz 10.3.05; LR 11.3.05; JWB 16.3.05

 

28. Juni 03

 

Grabow bei Ludwigslust im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Am Rande eines Stadtfestes werden morgens um 3.40 Uhr in der Kanalstraße/Ecke Breitscheidstraße drei Asylbewerber von fünf bis sechs Männern verfolgt und mit Flaschen beworfen. Einer der Verfolgten stürzt zu Boden und wird von mehreren Angreifern geschlagen und getreten. Dann verschwinden die Angreifer.

SVZ 7.7.03; LOBBI

 

29. Juni 03

 

Löbau in Sachsen. In der Diskothek "KULTI" wird ein 26 Jahre alter Flüchtling aus Nigeria rassistisch beleidigt. Der Sicherheitsdienst wirft ihn, das Opfer der Pöbelei, unter Anwendung körperlicher Gewalt aus dem Haus. Dabei erleidet der Afrikaner leichte Prellungen und Schürfwunden. Er erstattet Anzeige. (siehe auch: 12. März 03)

AMAL Görlitz

 

30. Juni 03

 

Dessau in Sachsen-Anhalt. Ein afrikanischer Flüchtling wird auf der Lohmannstraße im Bereich des Stadtparks von drei Männern verfolgt und dann am Hals gepackt. Als er sagt: "Was wollen Sie von mir?" bedeckt einer der Angreifer sein Gesicht mit einer Hand und drückt mit der anderen auf seinen Hals, so daß er nicht mehr sprechen kann. Dann wird er zu Boden gerissen, mit Handschellen gefesselt und mit Schlägen in den Bauchbereich und Tritten ins Gesäß traktiert. Einer der Angreifer sagt jetzt "Polizei" und beginnt, den Afrikaner zu durchsuchen. Danach bringen sie den Mann zum Zwecke der Identitätsfeststellung auf eine Polizeistation, obwohl dieser sich ausweisen kann. Auf der Wache erfolgt eine erneute Leibesvisitation, die – genauso wie die erste – ergebnislos verläuft. Nach zwei Stunden wird der Flüchtling entlassen. Er erstattet Anzeige gegen die Beamten wegen Körperverletzung im Amt.

extra-l Liste

 

Juni 03

 

Bundesland Nordrhein-Westfalen. Während einer urlaubsbedingten Unterbrechung seiner psychotherapeutischen Behandlung und unmittelbar vor einer Begutachtung durch einen von der Stadt Köln beauftragten Facharzt versucht ein junger afghanischer Flüchtling, sich zu töten.

    Im Auftrag der Stadt erstellt Dr. Turan Devrim vom Westfälischen Zentrum für forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn nach nur einer Sitzung dann ein Gutachten, formuliert – alle bisherigen ärztlichen Atteste und den Suizidversuch negierend - die Flugreisefähigkeit und ermöglicht damit die Abschiebung des schwerkranken Patienten.

    Nach Untersuchungen des Therapiezentrums für Folteropfer ist der Flüchtling ein Hochrisikopatient. Zum einen wurde eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert – zum anderen leidet er an einer chronischen Nieren-Insuffizienz und sollte demzufolge langfristig und engmaschig fachärztlich von einem Nephrologen begleitet werden. Ansonsten besteht Lebensgefahr durch Nierenversagen.

Objektive Gutachter Juni 04;

Gunter Christ - Rechtsanwalt

 

Juni 03

 

Der 30 Jahre alte Jozsef S. aus Rumänien versucht, sich mit einer Medikamenten-Überdosis zu töten. Er wird in die Notfall-Station des Krankenhauses Wangen eingeliefert.

(siehe auch: 4. Juni 04)

exilio – Hilfe für Flüchtlinge und Folterüberlebende Lindau

 

Sommer 03

 

Bundesland Niedersachsen. In der JVA Hannover-Langenhagen wird ein 30 Jahre alter kurdischer Abschiebegefangener von Beamten mißhandelt. Ein medizinisches Gutachten bestätigt Würgemale am Hals, die sich der Mann nicht selbst zugefügt haben kann. Eine Handverletzung stammt nach Justizangaben hingegen von einem Vorfall am Vortag, als der Kurde, der als "aggressiv und suizidgefährdet" gelte, eine Glasscheibe eingeschlagen hatte.

    Die Polizei ermittelt gegen die beschuldigten Beamten wegen Körperverletzung im Amt.

Polizeiübergriffe 2000-2003;

taz 18.8.03

 

Sommer 03

 

Markersdorf  bei Gera im Bundesland Thüringen. Einem 20-jährigen Flüchtling aus Bangladesh wird vom Verwaltungsgericht Gera eine Hüftgelenksoperation verweigert. Das Gericht begründet dies mit dem Asylbewerberleistungsgesetz, in dem eine Kostenübernahme nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen zugelassen ist.

    Der junge Mann ist aufgrund seiner Hüftgelenksnekrose bettlägerig und leidet an großen Schmerzen. Eine Operation würde die Schmerzen deutlich vermindern, und er könnte wieder laufen. Das Gericht dazu: Dem jungen Mann sei es zuzumuten, daß er seine Schmerzen wie bisher mit Tabletten unter Kontrolle bringe.

FRat Bayern infodienst 06 –Dezember 2003

 

Anfang Juli 03

 

Baden-Württemberg. Ein 26 Jahre alter Asylbewerber aus Georgien nimmt sich im Waldgebiet Fuchshau bei Backnang durch Erhängen das Leben. Der Mann war im Oktober 2001 in die BRD gekommen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er hatte bereits schon einmal versucht, sich zu töten.

    Dies sind die Ergebnisse der Ermittlungen der Polizei, die eingeleitet werden, als im März 2004 die skelettierte Leiche des Mannes gefunden wird.

Polizei Waiblingen 24.3.04;

Polizei Waiblingen 26.3.04;

BKZ 27.3.04;

 

2. Juli 03

 

Mecklenburg-Vorpommern. An einer Rostocker Schule bedroht eine Gruppe von Neonazis zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die in einem Flüchtlingsheim wohnen.

LOBBI

 

7. Juli 03

 

Das Flüchtlingsheim in Brandenburg an der Havel wird gegen 22.20 Uhr von sechs bis acht Deutschen belagert. Sie schreien rassistische Parolen, werfen Steine gegen das Haus und einen Knallkörper durch ein offenes Fenster. Niemand wird verletzt, und als die Polizei eintrifft, sind die Täter geflohen.

Opferperspektive (MAZ 8.7.03);

TS 9.7.03; BeZ 9.7.03; MAZ 9.7.03

 

7. Juli 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 23 Jahre alter Kurde und ein anderer Mitgefangener werden um 10.30 Uhr zunächst von drei Beamten rassistisch beleidigt. Als sie sich verbal wehren, kommen mehr Beamte hinzu, die zunächst alle unbeteiligten Gefangenen in die Zellen sperren. Es sind schließlich 14 oder 15 Beamten, die massiv auf die beiden Männer einwirken: sie schlagen, treten und würgen sie und ziehen sie an den Haaren. Die Drangsalierten landen als so bezeichnete Rädelsführer im Isolationstrakt des Gefängnisses. Der Kurde klagt noch am nächsten Tag über Schmerzen an den Rippen, Schultern, Armen und am Kopf. Seine Knie sind geschwollen. Er erstattet Anzeige.

Antirassistische Initiative Berlin;

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

7. Juli 03

 

Am Westeingang des Reichstagsgebäudes in Berlin übergießt eine 28 Jahre alte kurdische Frau zunächst ihre elfjährige Tochter, dann ihren sechsjährigen Sohn und schließlich sich selbst mit Benzin. Als sie mit einem Feuerzeug hantiert, wird sie von Sicherheitsbeamten des Reichstages überwältigt, noch bevor die Kleider Feuer fangen. Sie und ihre Kinder können unverletzt ins Gebäude gebracht werden. Sie gibt an, daß sie aus Verzweiflung und Angst vor der drohenden Abschiebung keinen anderen Weg für sich und ihre Kinder sah.

    Die abgelehnte Asylbewerberin war in Nürnberg wegen "illegaler Einreise" zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Da sie nicht zahlen konnte, wurde ein Haftbefehl gegen sie erlassen, der jetzt – nach einem kurzen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik – umgesetzt wird. Die Frau, die sich und ihre Kinder aus Angst vor der drohenden Abschiebung verbrennen wollte, kommt in die Strafvollzugsanstalt nach Pankow. Ihre Kinder werden vorerst in ein Kinderheim gebracht.

TS 8.7.03; BeZ 8.7.03; taz 8.7.03;

taz 9.7.03; BeZ 9.7.03

 

9. Juli 03

 

Hamburg. Herr Z., Flüchtling aus dem ehemaligen Jugoslawien und seit elf Jahren in der BRD, wird im Morgengrauen trotz noch gültiger Duldung und im Schlafanzug und ohne seine Medikamente mitnehmen zu können abgeschoben. Zwei Wochen nach der Abschiebung meldet Herr Z. sich bei seiner Therapeutin und berichtet, daß er sich – als die Polizei gekommen war – versteckt hatte und daß er so sehr geschlagen wurde, daß er das Bewußtsein verlor. Als er zu sich kam, war ein Arzt zugegen, er habe am Boden gelegen und am Knie geblutet.

    Herr Z. ist seit zwei Jahren wegen seiner schweren Traumatisierung in psychiatrischer Behandlung gewesen. Nach einem zweimonatigen Psychiatrie-Aufenthalt im Klinikum Nord war er mit einem Attest entlassen worden, das "akute Suizidalität" und "Reiseunfähigkeit" diagnostizierte. Und obwohl das Verwaltungsgericht daraufhin die drohende Abschiebung stoppte und die Verlängerung der Duldung anordnete, entschied die Ausländerbehörde: Wer "nicht bett lägrig" ist, ist "reisefähig".

    Während der darauffolgenden mehrmonatigen Auseinan dersetzung mit der Ausländerbehörde erlitt Herr Z. einen Nervenzusammenbruch und mußte abermals stationär ins Krankenhaus.

Café Exil; taz 26.9.03

 

10. Juli 03

 

Um 6.40 Uhr fährt ein aus Polen kommender Sattelschlepper auf der Autobahn A 12 kurz hinter der Ausfahrt Fürstenwalde von der Fahrbahn ab, prallt gegen die Leitplanke und stürzt um. Zwischen den Holzpaletten, die der LKW geladen hat, halten sich zu diesem Zeitpunkt auf einem Raum von ca. sieben Quadratmetern 25 Männer und Frauen aus der Ukraine versteckt. Die Ukrainer versuchen jetzt, aus dem Anhänger herauszukommen. Sie zerreißen die Plane, klettern heraus und laufen in Richtung Norden davon.

    Eine groß angelegte Verfolgungsjagd beginnt. 80 Beamte von Polizei und Bundesgrenzschutz durchkämmen das Waldgebiet – unterstützt von Hunden. Auf der Spree wartet die Wasserschutzpolizei, und von zwei Hubschraubern aus wird mit Wärmebildkameras nach versteckten Personen gesucht. 20 ukrainische Flüchtlinge werden so wieder festgenommen, darunter fünf, die bei dem Unfall leicht verletzt werden.

    Der alkoholisierte polnische Fahrer des LKWs kommt in Untersuchungshaft.

TS 11.7.03; BeZ 11.7.03;

MOZ 12.7.03; SD 27.10.03

 

15. Juli 03

 

Marbach-Rielingshausen in Baden-Württemberg – Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in der Backnanger Straße. Durch eine klirrende Scheibe in einem der Container wird ein 56 Jahre alter Pakistaner nachts aufgeschreckt und läuft in den Flur. Durch zwei Brandflaschen sind der Fußboden und die Tapete in Brand geraten. Er sieht zwei Männer, von denen einer sofort flüchtet. Den zweiten Mann kann er zunächst festhalten, bis der sich losreißt. Ein Stein, den er dem flüchtenden Täter hinterher wirft, verletzt diesen offensichtlich.

    Als der 56-Jährige versucht, die Flammen zu löschen, zieht er sich Verletzungen zu, so daß er ins Krankenhaus gebracht werden muß. Auch eine 33-jährige chinesische Asylbewerberin, die mit ihrem zweieinhalb Jahre alten Kind in dem Container wohnt, wird bei dem Anschlag verletzt.

    Einige Wochen vor dem heutigen Angriff auf das Heim hatten Unbekannte einen Stein durch ein Fenster geworfen.

    Erst im Oktober gestehen die drei 16, 17 und 23 Jahre alten Täter die Brandstiftung. Sie sind wegen anderer Delikte polizeibekannt.

    Die Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart verurteilt im April 2004 die drei Skinheads aus Backnang wegen Brandanschlägen, Körperverletzung, Bedrohung und rechtsextremistischer Schmierereien zu mehrjährigen Haftstrafen.

StZ 17.7.03; StN 17.7.03; Südwest aktiv 18.7.03;

StN 18.7.03; taz 1.11.03;

ap 7.4.04; StN 8.4.04; fufa.org;

ddp 27.4.04; Yahoo! Nachrichten 27.4.04; JWB 12.5.04

 

15. Juli 03

 

Der Flüchtling Eledjanawe L. wird zum dritten Mal zum Münchener Flughafen gebracht. Er steht offensichtlich unter dem Einfluß von Beruhigungsmitteln. Nach fünfjährigem Aufenthalt in der BRD wird er nach Togo abgeschoben.

Pro Asyl 28.8.03

 

16. Juli 03

 

Ahmsen in Nordrhein-Westfalen. Die armenischen Eheleute Frau und Herr Apresjan werden nach abgelehntem Asyl und jahrelangen Duldungsverlängerungen zusammen mit ihren vier und 17 Jahre alten Töchtern und ihrem 16-jährigen Sohn von Beamten der Ausländerbehörde zur Abschiebung aus ihrer Wohnung geholt. Am Flughafen Düsseldorf erleidet Frau Apresjan einen Zusammenbruch, so daß die Abschiebung abgebrochen wird.

    Im Jahr 2004, in einer Zeit, in der sich Frau Apresjan in stationärer Behandlung befindet, erscheint zum Abschiebungstermin ein großes Polizeiaufgebot, um die Familie abzuholen.

    Herr Apresjan bricht zusammen, so daß auch er in ein Krankenhaus gebracht werden muß. In großer Angst davor, alleine abgeschoben zu werden, flieht die inzwischen volljährige Tochter. Der 17-jährige Artak und die fünfjährige Kima bleiben alleine zurück.

    Familie Apresjan war 1998 in die Bundesrepublik geflohen. Nach der Ablehnung ihrer Asylanträge wurde der Abschiebedruck durch kurzfristige Duldungen systematisch immer mehr verstärkt.

FRat NieSa Heft 114 April 06

 

18. Juli 03

 

Freiberg in Sachsen. Morgens um 3.15 Uhr werden gezielt Molotow-Cocktails gegen ein Fenster des Flüchtlingsheimes geschleudert, hinter dem eine Frau mit ihren zwei Kleinkindern schläft. Die Brandsätze prallen ab und entzünden lediglich ein Fliegenschutznetz. Alle 140 Erwachsenen und Kinder des Heimes bleiben unverletzt.

    Die zwei Angreifer fliehen mit einem weißen VW-Transporter. Erst am 30. September wird der Anschlag aufgeklärt. Die beiden 17 und 23 Jahre alten Täter sind vorbestraft und kommen in Untersuchungshaft. Sie geben an, den Angriff aus rassistischen Motiven verübt zu haben.

AMAL Dresden; ap 18.7.03; FP 18.7.03;

FP 19.7.03; JWB 30.7.03;

StA Chemnitz und LKA Sachsen 30.9.03;

 ap 30.9.03; taz 1.10.03; BeZ 1.10.03

 

18. Juli 03

 

Schotten in Hessen. Die Nigerianerin Aroloyin Poba wird mit den Kindern Chris (15 Jahre) und Beatrice (7 Jahre) in die DR Kongo abgeschoben, dem Herkunftsland des Vaters der Kinder. Während Chris bei seiner leiblichen Mutter in Kinshasa bleibt, reisen Frau Poba und Beatrice im September nach Nigeria weiter.

    Der Vater der Kinder war bereits im März 2003 nach einem gescheiterten Abschiebeversuch mit den Kindern Michael (12 Jahre) und Marie-Claire (9 Jahre) untergetaucht. Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt.

    Aroloyin Poba war in der Bundesrepublik schon längere Zeit sehr krank. Anläßlich eines früheren Abschiebeversuchs im August 2001 hatte ein Flughafenarzt die Abschiebung von ihr aus gesundheitlichen Gründen untersagt.

    Am 30. März 2005 stirbt Aroloyin Poba in Nigeria an einer Infektion, vermutlich Malaria.

    Ihre Tochter Beatrice lebt seitdem bei einer Tante in der Nähe von Lagos. Nur die finanzielle Unterstützung von FreundInnen aus Deutschland macht es möglich, daß sie hier die Schule besuchen kann. Auch Beatrice ist an Malaria erkrankt.

FRat NieSa 98/03;

Flüchtlingsinitiative Schotten

 

23. Juli 03

 

Flughafen Frankfurt am Main. Aus dem Transitbereich heraus wird die Äthiopierin Senait K. in Abschiebehaft ins Frauengefängnis Preungesheim gebracht. Ihr vierjähriger Sohn bleibt im Transitbereich und muß eine Woche lang vom kirchlichen Sozialdienst betreut und versorgt werden.

(siehe auch: 7. August 03)

Evangelisches Frankfurt Nr. 6 Sept./Okt. 2003

 

26. Juli 03

 

Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Um 0.30 Uhr wird auf dem Parkplatz Lerchenbergstraße ein 21 Jahre alter Flüchtling aus dem Irak von sechs Deutschen angegriffen. Nach Beleidigungen und Bedrohungen werfen die Angreifer leere Flaschen auf den Iraker. Dann schlagen sie ihn nieder und treten noch auf ihn ein, als er schon am Boden liegt. Er kommt mit verschiedenen Kopfverletzungen sowie Blutergüssen an der Schulter und am Oberschenkel ins Krankenhaus und muß stationär behandelt werden.

    Die 16 bis 21 Jahre alten Täter werden schnell ermittelt, zumal einige von ihnen polizeibekannt sind. Gegen drei von ihnen wird ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, gegen die anderen wegen Bedrohung und Beleidigung eingeleitet.

Polizei Dessau 28.7.03;

ap 28.7.03;

BeZ 29.7.03; JWB 6.8.03

 

28. Juli 03

 

Potsdam in Brandenburg. An der Straßenbahn-Haltestelle Magnus-Zeller-Platz wird um 21 Uhr eine 38-jährige Asylbewerberin aus Kongo von einem 21 Jahre alten Rechtsradikalen rassistisch beschimpft und ins Gesicht geschlagen.

    Der Täter kann später in seiner Wohnung festgenommen werden.

Opferperspektive (MAZ 29.7.03);

BeZ 30.7.03; JWB 6.8.03

 

28. Juli 03

 

Leer in Niedersachsen. Die kurdischen Eheleute Semsettin und Fehime Calis werden mit ihren jüngeren vier Kindern nach dreizehnjährigem Aufenthalt in Deutschland zur "freiwilligen Ausreise" in die Türkei gezwungen. Damit ist die Familie getrennt.

    Sie gehören zur Gemeinschaft der aramäischen Christen in der Türkei und waren wegen der militärischen Auseinandersetzungen zwischen PKK und türkischem Militär geflüchtet. Ihre Asylanträge wurden alle abgelehnt – auch eine Petition war nicht erfolgreich. Nur die beiden ältesten Töchter, die verheiratet sind, haben eine Aufenthaltsgenehmigung.

    Viele Menschen aus dem Wohnort engagieren sich für ein Bleiberecht der Familie. Ein Unterstützernetzwerk, dem u.a.

die Schulen und die Kirchengemeinden der Stadt angehören, erreicht folgende Kompromißregelung: Zwei ältere minderjährige Kinder dürfen so lange bleiben, bis sie ihre Schulausbildung abgeschlossen haben und müssen dann ebenfalls ausreisen. Es dürfen keinerlei öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden und die Unterbringung soll bei Verwandten erfolgen.

Ostfriesen Ztg 21.1.03; Pro Asyl 28.8.03;

Diakonisches Werk Leer

 

28. Juli 03

 

Celle in Niedersachsen. Die Geschwister Hülya (19), Hakan (20) und Mesut (23) Ipek werden nach neunjährigem BRD-Aufenthalt in die Türkei abgeschoben. Obwohl Hülya Ipek bereits eine Einweisung ins Landeskrankenhaus hat, erklärt sie der Amtsarzt für "flugreisetauglich".

    Hülya ist psychisch schwer krank. Sie leidet unter Posttraumatischen Belastungsstörungen, die ihre Ursache in den Erlebnissen in der Türkei haben. Durch die über lange Zeit drohende Abschiebung verschlimmerte sich die Erkrankung immens. Hülja unternahm mindestens drei Selbsttötungsversuche, in deren Folge sie mehrere Male stationär in psychiatrischen Fachkliniken behandelt werden mußte.

    Durch die Abschiebung der volljährigen Kinder wird die Familie Ipek auseinander gerissen. Der durch Verfolgung und Gewalterfahrung in der Türkei schwer traumatisierten Mutter wird zwar ein Abschiebeschutz aus humanitären Gründen zugesprochen, jedoch ist sie mit ihren sechs kleineren Kindern ohne die Unterstützung durch ihre älteren Kinder jetzt völlig überfordert. Durch die Abschiebung ihrer drei Kinder steht sie unter Schock.

    Auch ihr Sohn Mesut hinterläßt eine Ehefrau mit einem kleinen Kind in Deutschland.

    Die drei Geschwister werden nach ihrer Ankunft in der Türkei sofort in eine 36-stündige Haft genommen. Die Verhöre geschehen unter Schlägen. Nach ihrer Freilassung werden Hakan und Mesut zum Militärdienst eingezogen. Hülja heiratet ihren langjährigen deutschen Freund in der Türkei und darf deshalb im April 2004 im Rahmen der Familienzusammenführung (!) in die BRD zurückkehren.

FRat NieSa 28.8.03;

Familientrennung durch Abschiebung

 

29. Juli 03

 

Vor einem Flüchtlingsheim in Hamburg-Alsterdorf brennt am frühen Morgen ein Müllcontainer aus. Sechs Familien der Unterkunft werden solange ausquartiert, bis klar ist, daß sie in die nur leicht angebrannte Unterkunft zurückkehren können.

HA 30.7.03

 

29. Juli 03

 

Ein 39-jähriger Flüchtling aus der Türkei wird auf der Uckerpromenade im brandenburgischen Prenzlau von Rechtsradikalen tätlich angegriffen.

Opferperspektive (OPP)

 

29. Juli 03

 

Spremberg in Brandenburg. Ein irakischer Flüchtling wird bei einem Spaziergang an der Spree von drei jungen Deutschen angehalten und beschimpft. Einer der Angreifer stößt ihn in den Fluß.

AfOrG

 

29. Juli 03

 

Steve Wantamba Ntamba, abgelehnter Asylbewerber aus Kongo, wird morgens um 9 Uhr ohne Vorankündigung aus der Abschiebehaft in Eisenhüttenstadt abgeholt. Die Beamten fahren mit ihm zum Bremer Flughafen. Während der gesamten Fahrt ist Herr Ntamba an Händen und Füßen gefesselt.

    Es ist der dritte Versuch, Herrn Ntamba abzuschieben, und auch diese Abschiebung gelingt nicht, weil sich die Fluggesellschaft KLM weigert, den 42-Jährigen gegen seinen Willen zu befördern.

    Nach dieser abermals gescheiterten Abschiebung, bekommt Steve Wantamba Ntamba eine Duldung und lebt in einem Flüchtlingsheim in Fürstenwalde.

    Steve Wantamba Ntamba mußte aus politischen Gründen in die BRD fliehen; auch im Exil arbeitet er weiter politisch. Im Jahre 2000 veröffentlichte er das regierungskritische Buch "Kabila und die Gründe für den Krieg".

FRat Brbg 4.8.03;

ND 8.8.03

 

31. Juli 03

 

Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen. Der 33 Jahre alte Türke Hüseyin Dikec aus Rietberg übergießt sich in der Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh mit Grillanzünder und setzt sich um 9.05 Uhr mit einem Feuerzeug in Flammen. Er läuft brennend über den Flur, bis er von zwei Polizeibeamten und Mitarbeitern der Behörde mit Pfefferspray überwältigt wird. Dann gelingt es, die Flammen mit Jacken, Dekken und Feuerlöschern zu löschen. Schwer verletzt an Kopf und Oberkörper kommt Hüseyin Dikec zunächst ins Krankenhaus Rheda-Wiedenbrück – später in die Spezialklinik Bergmannsheil nach Gelsenkirchen. Er schwebt in Lebensgefahr.

    Seiner Verzweiflungstat ist eine verbale Auseinandersetzung seiner Frau mit dem zuständigen Sachbearbeiter vorausgegangen, weil am Vortag das Oberverwaltungsgericht Münster die Beschwerde ihres Mannes gegen eine Abschiebungsverfügung abgelehnt hat. Zu diesem Streitgespräch ist Hüseyin Dikec hinzugekommen und hat sich in einer Ecke des Raumes – auch vor den Augen der fünf Kinder seiner Frau – in Flammen gesetzt. Dabei wird auch seine Frau leicht verletzt, so daß sie ins Städtische Krankenhaus Gütersloh eingeliefert werden muß.

    Hüseyin Dikec hatte seine Selbsttötungsabsicht seinem Anwalt mitgeteilt, der dieses an die Behörde weitergab. Aus diesem Grunde waren die Polizeibeamten in der Ausländerbehörde relativ schnell zur Stelle.

    Landrat Sven-Georg Adenauer zu dieser Verzweiflungstat: "Es ist unglaublich, mit welchen Mitteln die Ausreise verhindert werden sollte. ..... Wir lassen uns auch künftig nicht unter Druck setzen, erst recht nicht durch solche Aktionen." Am 24. August erliegt Hüseyin Dikec seinen Verletzungen.

NRW-Heute.de 31.7.03;

Kreisverwaltung Gütersloh 31.7.03; NW 1.8.03;

RP 1.8.03; Radio Lippe 4.8.03; NW 7.8.03;

Webwecker Bielefeld 11.8.03; Die Glocke 14.8.03;

Westfalen-Blatt 26.8.03;

Traueranzeige in der Gütersloher Ztg 30.8.03;

Kreisverwaltung Gütersloh 12.11.03;

NW 13.11.03; FRat NRW 19.12.03

 

31. Juli 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Ein 34 Jahre alter Gefangener aus Sri Lanka wird aus der Zelle geholt und zu den Räumen des Landeseinwohneramtes (LEA) gebracht, die sich auf dem Gelände des Gefängnisses befinden. Anwesend sind ein Mann vom Amt, ein Polizist und eine Frau. Als er sich weigert, sich fotografieren zu lassen, telefoniert der Beamte des LEA nach Verstärkung. Es erscheinen drei weitere Polizisten, die ihn zusammen mit dem Vierten festhalten und schlagen.

    Da er sich weiterhin wehrt, den Kopf wegdreht, Grimassen zieht oder sich nach vorne beugt, dauert die Prozedur eine Weile, während der er immer wieder geschlagen wird. Nachdem ca. 15 Fotos von ihm gemacht wurden, kommt er zurück in seinen Zellentrakt. Er hat Prellungen und Blutergüsse durch die Mißhandlung der Beamten.

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

Juli 03

 

Ein 14-jähriger türkischer Flüchtling wird im sächsischen Grimma von zwei Rechtsextremisten angegriffen und im Gesicht verletzt. Die Deutschen sind mit Messer und Schlagring bewaffnet. (siehe auch: 21. Juni 03)

AMAL Wurzen

 

2. August 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Eine staatenlose Gefangene, die sich bereits seit acht Monaten in Haft befindet, wird von einer Polizistin verdächtigt, Brotscheiben aus dem Fenster geworfen zu haben. Die Polizistin schließt – trotz oder wegen der brütenden Hitze an diesem Tag – das Fenster. Es entwickelt sich eine verbale Auseinandersetzung zwischen der Gefangenen und zwei Polizistinnen. Die Gefangene wird von ihnen rassistisch beschimpft und als "Nutte" bezeichnet. Dann wird sie aus ihrer Zelle geholt und in den Frauentrakt eines anderen Hauses gebracht. Aus Protest gegen diese Behandlung schneidet sie sich viermal in den linken Unterarm. Daraufhin kommt sie in eine Einzelzelle.

Pfarrer D. Ziebarth

 

3. August 03

 

Bei Ludwigsdorf in der Nähe des Gutshofes Hedicke entdeckt eine Fußstreife der BGS-Inspektion am Ufer der Neiße eine fünfköpfige Familie, einen Jugendlichen aus Afghanistan und einen polnischen Fluchthelfer in einem Schlauchboot.

    Während sich der Pole der Festnahme durch Flucht entziehen kann, erleidet ein afghanischer Flüchtling beim Sturz eine Gehirnerschütterung und kommt ins Klinikum Görlitz. Die Flüchtlinge geben an, daß sie seit zwei Jahren auf dem Weg nach Westeuropa sind. Am nächsten Tag werden sie nach Polen zurückgeschoben.

LR 3.8.03

 

5. August 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Die Aufforderung an die Häftlinge, wegen der Reinigung der Räume auf die gegenüberliegende Seite der Etage zu gehen, kann ein Gefangener aus Weißrußland nicht hören, denn er steht unter der Dusche. Als er jedoch merkt, daß die Tür zum Duschraum verschlossen ist, macht er sich durch lautes Klopfen bemerkbar.

    Dann wird die Tür aufgerissen und drei oder vier Beamte dringen in den Raum ein, zerren ihn an den Haaren, schlagen und treten auf ihn ein, reißen ihn zu Boden, treten auf die Wade seines linken Beines und legen ihm Handschellen an. Neben vielen Prellungen und Blutergüssen erleidet er eine Hautverletzung am linken Unterarm, weil die Handfessel in das Fleisch des Unterarmes eingedrungen ist.

    Anschließend kommt er für eine Stunde in den Isolationstrakt, bevor er zu seinem Haftprüfungstermin um 11 Uhr gebracht wird. Dort erzählt er dem Richter von den gerade erlebten Mißhandlungen, der allerdings nicht darauf reagiert.

Pfarrer D. Ziebarth

 

7. August 03

 

Nach mehreren Abschiebeversuchen, die an ihrem Widerstand scheiterten, wird die Angolanerin Eliza V. aus dem Transitbe-reich des Flughafens Frankfurt heraus in Abschiebehaft genommen. Ihr siebenjähriger Sohn bleibt allein in der Wache des Bundesgrenzschutzes zurück. Das Jugendamt der Stadt Frankfurt erklärt sich für "nicht zuständig" für das Kind. Erst durch Intervention einer Pfarrerin wird das Kind in die Flüchtlingsunterkunft im Transitbereich zurückgebracht. Am nächsten Morgen wird der Junge vom BGS abgeholt und mit seiner Mutter nach Johannesburg abgeschoben.

    Dies ist in Frankfurt der zweite Fall innerhalb der letzten 14 Tage, daß Mütter und Kinder getrennt und die Frauen in Abschiebehaft genommen wurden.

(siehe auch: 23. Juli 03)

epd 11.8.03;

FR 12.8.03;

Evangelisches Frankfurt Nr. 6 Sept./Okt. 2003

 

7. August 03

 

In der Nähe der sächsischen Stadt Görlitz am Grenzstein 118 wird eine ca. 40 Jahre alte Person tot aus der Neiße geborgen. Es wird vermutet, daß sie beim Überqueren der polnisch-deutschen Grenze ertrunken ist.

Polizei Görlitz

 

8. August 03

 

Nach einer telefonischen Bombendrohung am Abend gegen die Flüchtlingsunterkunft im brandenburgischen Rathenow müssen die BewohnerInnen das Haus verlassen, und die Räume werden durchsucht.

    Der zunächst anonyme Anrufer wird noch am selben Tag identifiziert, und da er alkoholisiert ist und die Drohung nicht ernst gemeint war, wird der 38-Jährige nach der Ausnüchterung auf freien Fuß gesetzt.

LR 12.8.03;

BM 12.8.03; BeZ 12.8.03;

Opferperspektive (BeZ 11.8.03)

 

11. August 03

 

Wendlingen am Neckar in Baden-Württemberg. Die 16 Jahre alte Alina K. springt aus einem Fenster zwischen dem vierten und fünften Stock eines Hauses in der Marktgasse. Lebensgefährlich verletzt durch einen Schädelbasisbruch, einen Bekkenbruch und starken Blutverlust kommt sie in eine Reutlinger Spezialklinik.

    Dies geschieht, nachdem die Familie K. vier Tage zuvor völlig unerwartet morgens früh von der Polizei abgeholt, dann zum türkischen Konsulat und danach zum Stuttgarter Flughafen gebracht worden war, um sie abzuschieben. Die Anwältin konnte dieses unrechtmäßige Vorgehen in letzter Minute durch ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren stoppen.

    Trotz dieser Tatsachen äußert der Pressesprecher des Regierungspräsidiums öffentlich, daß er einen "Zusammenhang zwischen der Abschiebung und dem Suizidversuch der Tochter" nicht sehe.

    Alina K. ist vor 16 Jahren (!) mit ihren Eltern und ihrem damals zweijährigen Bruder nach Deutschland gekommen. Seitdem lebt die kurdische Familie in Wendlingen. Drei Söhne sind hier geboren. Der Vater und der älteste Bruder haben Arbeit und ernähren die Familie.

    Bereits im Jahre 2000 war der Familie durch das Verwaltungsgericht in Stuttgart das Bleiberecht zugesprochen worden – das Land hatte dagegen Widerspruch eingelegt.

    Im November befindet sich Alina K. immer noch im Krankenhaus. Nach Aussage einer Psychologin wird sie nach

der Entlassung eine mehrjährige psychologische Unterstüt-

zung benötigen. Das Gericht entscheidet, die Familie solange nicht abzuschieben, bis es der Tochter gesundheitlich besser geht.

Antirassistische Initiative Berlin

 

13. August 03

 

Im Flüchtlingsheim der brandenburgischen Stadt Frankfurt an der Oder entsteht nachts ein Feuer und zerstört im Haus 3 ein Zimmer. Von den 250 im Heim lebenden Menschen wird niemand verletzt. Die Brandursache ist zunächst unklar.

BeZ 14.8.03; MAZ 14.8.03

 

14. August 03

 

Hennigsdorf in Brandenburg. Nach zehn Jahren Aufenthalt in der BRD wird die Kosovo-Albanerin Shukrije B. mit ihren fünf Kindern in den Kosovo abgeschoben. Ihr Mann Imer ist schwer krank. Er leidet an schwerem Bronchialasthma und chronischem Bluthochdruck, so daß er als fluguntauglich gilt. Aus diesem Grunde gilt für ihn noch vorläufiger Abschiebungsschutz.

    Nach der Abschiebung seiner Familie bricht er nervlich zusammen und muß in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Hennigsdorf eingeliefert werden.

    Obwohl laut Auskunft des deutschen Verbindungsbüros in Prishtina eine medizinische Behandlung seiner Erkrankungen im Kosovo zur Zeit nicht möglich ist, sucht die Ausländerbehörde jetzt nach Möglichkeiten, ihn auf dem Landwege abzuschieben.

FRat Brandenburg; FRat NieSa 28.8.03

 

16. August 03

 

Mecklenburg-Vorpommern – "Schwedenfest" in Wismar. In einem Bierzelt rufen zwei Deutsche einem armenischen Flüchtling "Sieg Heil" zu. Dann schlägt ein Angreifer den 24-jährigen Flüchtling mit einer Bierflasche zu Boden, und dessen Komplize tritt ihm ins Gesicht.

    Der Armenier kommt mit einem Kieferbruch, einem Schädel-Hirn-Trauma und Prellungen ins Krankenhaus.

    Die rassistischen Schläger werden inhaftiert; nach vorübergehender Freilassung sind beide seit Oktober erneut in Haft. Am 29. Januar 2004 erhebt das Amtsgericht Wismar Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen.

OZ 22.8.03; JWB 3.9.03; StA Schwerin;

LOBBI; dpa 29.1.04;

Wismarer Ztg 30.1.04; JWB 11.2.04

 

20. August 03

 

Bundesland Sachsen. Überfall um 1 Uhr morgens in dem Flüchtlingsheim in Dresden-Langebrück. Ein 24-jähriger und ein 32-jähriger Vietnamese springen aus dem Fenster des im zweiten Stock gelegenen Zimmers 12 Meter in die Tiefe, als mehrere unbekannte Täter eindringen. Sie ziehen sich schwere Verletzungen zu und werden – auf dem Boden liegend – von einem Sozialarbeiter des Heimes gefunden. Ein dritter Mann, der sich ebenfalls in dem Zimmer aufhält, wird mit Stichverletzungen aufgefunden. Alle drei Männer kommen ins Krankenhaus. Die Täter entkommen unerkannt.

Polizei Dresden 20.8.03; FP 21.8.03;

DNN 21.8.03; Dresdner MoPo 21.8.03

 

22. August 03

 

In der Hamburger Untersuchungshaftanstalt begeht ein 31 Jahre alter Abschiebegefangener aus der Türkei einen Suizidversuch.

Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469

 

23. August 03

 

Drei algerische Flüchtlinge werden in einer Diskothek im sächsischen Hilbersdorf zunächst von einem Deutschen und dessen Freundin rassistisch beleidigt und provoziert. Im Laufe der verbalen Auseinandersetzung stehen den Algeriern min-destens acht Provokateure gegenüber. Dann schlägt einer der Deutschen seinen Kopf mit Kraft gegen die Stirn eines

18-jährigen Algeriers. Sein Freund bekommt Angst und zieht ein Messer zur Verteidigung. Die um Hilfe gebetenen Türsteher weisen die Flüchtlinge zurück und meinen, sie sollten "die Sache" selber regeln. Im Handgemenge greift ein Deutscher in das Messer des Flüchtlings.

    Dieses ist dann auch der Grund, warum letztendlich gegen alle drei Flüchtlinge polizeiliche Ermittlungen eingeleitet werden. Aber auch der am Auge und an der Schulter verletzte Algerier erstattet Anzeige wegen Körperverletzung.

AMAL Dresden

 

26. August 03

 

Hamburg – Stadtteil Wilhelmsburg. Morgens um 3 Uhr dringen 10 Personen (unter ihnen auch ein Arzt) in die Wohnung der 44 Jahre alten Gülten Herrmann, um sie mit ihren drei Kindern Damla (16), Yagmur (13) und Ilker (11) in die Türkei abzuschieben. Alles geschieht ohne richterliche Anordnung.

    Frau Herrmann lebt seit 16 Jahren in Hamburg und ist aufgrund von neurologischen und internistischen Krankheiten – nach abgeschlossenem Asylverfahren – "geduldet". Nach einer zweistündigen Fahrt im polizeilichen Kleinbus wird der Frau übel, sie bekommt Schmerzen im Brustkorb, ihre Hände werden gefühllos, und ihr wird phasenweise sehr heiß. Im Gewahrsam am Flughafen Fuhlsbüttel erleidet sie dann eine Herzattacke und muß ins Allgemeine Krankenhaus Barmbek eingeliefert werden.

    Zwei Wochen später stellen die Anwälte der Familie einen Strafantrag wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung gegen den Leiter des Einwohnerzentralamtes, den verantwortlichen Arzt und andere an der Maßnahme beteiligte verantwortliche Mitarbeiter der Ausländerbehörde.

Burkhard Werner 18.2.04

 

26. August 03

 

Großfeuer im Flüchtlingsheim der hessischen Stadt Bad Wildungen. Als die Feuerwehr im ehemaligen "Golf-Hotel" um 4.20 Uhr eintrifft, steht das Gebäude vom Untergeschoß bis zum Dach in Flammen. Zwei Bewohner, die in Panik vom Balkon im ersten Stock gesprungen sind, erleiden Knochenbrüche. Ein bewußtloser Mann, der in einem Badezimmer gefunden wird, kann reanimiert werden und kommt auf die Intensivstation der Asklepios-Klinik. Zwei weitere Menschen können die Feuerwehrleute von einem Zwischendach über Leitern in Sicherheit bringen. Insgesamt werden 24 der insgesamt 48 BewohnerInnen verletzt.

    Nach ersten Einschätzungen soll der Brand in einem Aufenthaltsraum entstanden sein. Die Beamten gehen von fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung aus und vermuten die Brandstifter unter den BewohnerInnen oder deren Gästen.

Polizei Kassel 26.8.03;

Hessische/Niedersächsische Allgemeine 27.8.03;

 jW 27.8.03

 

27. August 03

 

Minden in Westfalen. Nach einem Haftprüfungstermin im Amtsgericht soll eine 61 Jahre alte Angehörige der Ashkali-Minderheit aus Montenegro in die zuständige Justizvollzugsanstalt gebracht werden. Auf dem Parkplatz entwickelt sich ein Gerangel, als die Polizei zu verhindern versucht, daß sich acht Familienangehörige von der Frau verabschieden. Polizeiliche Verstärkung wird geordert, so daß 14 weitere Polizisten eintreffen, um "die Situation zu entschärfen und die Flucht der 61-Jährigen zu verhindern". Die Beamten schlagen schließlich auf die Menschen ein und benutzen Pfefferspray. Zwei Familienangehörige werden verletzt, wobei eine Frau an ihrer Operationsnarbe kurzfristig im Klinikum behandelt werden muß. Ein Polizist erleidet durch das Reizgas Verletzungen.

    Alle Angehörigen werden festgenommen, für mehrere Stunden festgehalten und erkennungsdienstlich erfaßt. Gegen sie wird wegen Körperverletzung, Widerstandes, Gefangenenbefreiung und Landfriedensbruch ermittelt.

NW 28.8.03;  NW 29.8.03;

WebWecker Bielefeld 24.9.03

 

30. August 03

 

Malchin in Mecklenburg-Vorpommern. An einem Taxistand im Bahnhof kommt es zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Malchiner Jugendlichen und irakischen Asylbewerbern. Beide Gruppen erstatten Anzeige wegen Körperverletzung gegen die jeweils andere Gruppe.

NK 1.9.03

 

30. August 03

 

Der seit 11 Jahren in der BRD lebende 38 Jahre alte Kongolese Raphael Batoba wird nach abgelehntem Asylantrag von Brüssel in Begleitung von vier BGS-Beamten mit der afrikanischen Fluggesellschaft AIR GABUN nach Kinshasa abgeschoben. Die deutschen Beamten übergeben Raphael Batoba auf dem Flughafen direkt an die Einwanderungspolizei DGM (Direction Générale de Migration).

    Hier erfolgt seine Festnahme und die Gefangenschaft in einem DGM-Gefängnis, wo er körperlich mißhandelt wird. Diese Mißhandlungen nehmen erst ab, als es Raphael Batoba gelingt, einen Bekannten zu bitten, die Wärter zu bestechen.

    Als Begründung für die Verhaftung wird angegeben, daß Raphael Batoba in Deutschland als "Illegaler" gelebt hätte und daß er Aktivist der oppositionellen UDPS (Union pour la Démocratie et le Progrès Social) sei.

    Bereits am 16. Juli, 17. Juli und 18. August war versucht worden, den politischen Flüchtling aus Berlin-Tegel abzuschieben. Durch lautes Schreien hatte er jedesmal die Flugzeugbesatzung der KLM auf sich aufmerksam machen können, so daß die Piloten sich weigerten, ihn gegen seinen Willen zu fliegen.

    Aufgrund der seit Wochen laufenden Pressemeldungen über die drohende Abschiebung und der mehrmaligen Abschiebeversuche, wurden UnterstützerInnen und auch die Presse über die geplante und letzendlich durchgeführte Abschiebung offiziell belogen.

    Noch am Tag der Abschiebung dementierte ein Spre-

cher der Berliner Innenverwaltung die geplante Aktion dem Evangelischen Pressedienst (epd) gegenüber, und FreundInnen, die im Abschiebegefängnis Köpenick telefonisch nach dem Aufenthaltsort von Raphael Batoba fragten, wurde mitgeteilt, daß er sich unverändert in Köpenick aufhalte.

FR 19.8.03; BM 19.8.03; BeZ 19.8.03; BeZ 20.8.03;

TS 20.8.03; BeZ 21.8.03; BeZ. 26.8.03; BM 26.8.03;

 taz 26.8.03; FRat Berlin 1.9.03; jW 1.9.03; BM 1.9.03;

ND 2.9.03; taz 2.9.03; BeZ 2.9.03; TS 2.9.03;

TS 3.9.03; BM 3.9.03; TA 3.9.03;

FR 4.9.03; taz 4.9.03; TS 4.9.03; BeZ 4.9.03; BM 5.9.03

 

31. August 03

 

Schwedt im Bundesland Brandenburg. Gegen 19 Uhr wird der 23 Jahre alte Flüchtling Po L. aus Sierra Leone am Erich-Weinert-Ring aus einer Gruppe von fünf Rechtsradikalen heraus mit den Worten "Nigger-Kacker" beschimpft, anschließend von zwei Rassisten verfolgt und mit einer Flasche beworfen. Die Flasche trifft ihn nur leicht, so daß er unverletzt davonkommt.

    Dies ist bereits der dritte tätliche Angriff, den er erleiden muß. (siehe auch: Mai 03 und 24. April 03)

Opferperspektive

 

31. August 03

 

Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Drei Flüchtlinge aus Togo (25, 29, 30 Jahre alt) werden aus einer Gruppe Deutscher heraus rassistisch beschimpft und dann auch tätlich angegriffen.

    Am 16. Februar 2005 stehen die Angegriffenen als Angeklagte wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Sie werden freigesprochen, weil das Gericht die Notwehrsituation der Flüchtlinge anerkennt.

LOBBI

 

Ende August 03

 

Neumünster in Schleswig-Holstein. Der 28 Jahre alte irakische Flüchtling Mohammed S. befindet sich seit vier Wochen im Hungerstreik. Sein Protest richtet sich gegen die "respektlose Behandlung" durch die Behörden und gegen die Lebensbedingungen in der landeseigenen Zugeordneten Gemeinschaftsunterkunft (ZGU), die in der ehemaligen Scholtz-Kaserne liegt. Er fordert die Aufhebung der täglichen Kontrollen durch das Stempeln der Hausausweise, die Unterbringung in kleineren Wohneinheiten, die Möglichkeit der eigenen Essenszubereitung, eine verbesserte Beratung, eine baldige Umverteilung in Kreise und kreisfreie Städte, und er fordert die Einstellung der Durchsuchungen der Zimmer und Schränke gegen den Willen der BewohnerInnen.

    Um seinen Protest zu verstärken, näht er sich den Mund zu. Gegen seinen Willen erfolgt die Einlieferung in das Friedrich-Ebert-Krankenhaus, wo ihm die Nähte wieder entfernt werden.

LN 16.8.04; HC 21.8.03;

FRat SH 2.9.03;

HA 3.9.03; HC 4.9.03; HC 12.11.03

August 03

 

Auf die Kleine Anfrage der GAL-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wird ein Suizidversuch in der JVA Fuhlbüttel, in Hamburger Abschiebehaft, bekanntgegeben.

Hamburgische Bürgerschaft DS 18/188

 

Anfang September 03

 

Auf dem Bahnhof der sächsischen Ortschaft Senftenberg wird der 19-jährige Roger F., Flüchtling aus Kamerun, von einem 37 Jahre alten betrunkenen Deutschen verprügelt, weil er sich weigert, dem Deutschen eine Fahrkarte abzukaufen.

(siehe auch: 24. September 04)

LR 8.10.04

 

2. September 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 27 Jahre alter Gefangener für zwei Stunden und 55 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem "komplett" fixiert. Die Bewegungsfreiheit des Gefangenen ist damit maximal eingeschränkt.

Antwort der Landesregierung auf eine

Kleine Anfrage der PDS-Fraktion

Drucksache 3/7237

 

6. September 03

 

Auf dem Stadtfest im sächsischen Niesky werden zwei palästinensische und ein syrischer Asylbewerber aus dem Wohnheim Kollm von Deutschen angegriffen. Mit Biergläsern und Flaschen werden sie beworfen und mit brutalen Tritten, Faustschlägen und Ohrfeigen traktiert.

    Die wenigen Täter, die vor Gericht kommen, sind jung, rechtsradikal und mehrfach vorbestraft.

    Einer von ihnen war bereits vor zwei Jahren an einem brutalen Angriff auf einen Flüchtling aus Sri Lanka maßgeblich beteiligt. Er hatte sich später im Kreis seiner Kumpels auf dem Kollmer Zeltplatz damit gebrüstet, es sei schön gewesen, "den Ausländer aufzuklatschen".

SäZ 20.10.04

 

10. September 03

 

Fünf Skinheads dringen abends um 21 Uhr in das Flüchtlingsheim im baden-württembergischen Geradstetten ein. Sie geben sich als Kripobeamte aus, und als ein 21 Jahre alter afrikanischer Bewohner seine Personalpapiere zeigen will, ziehen die angeblichen Beamten Messer und bedrohen ihn. Als er flieht, werfen sie ihm eine Flasche hinterher, die an der Wand zerschellt.

    Dann zertrümmern die Eindringlinge ein Fernsehgerät und versuchen, die Tür der Flüchtlingsunterkunft einzutreten. BewohnerInnen werden auch geschlagen. Als die Polizei aufgrund eines Notrufes eintrifft, sind die Angreifer geflüchtet.

    Die 16 bis 32 Jahre alten Täter können noch am gleichen Tag vorübergehend in Gewahrsam genommen werden. Vier von ihnen sind der Polizei wegen "Rohheitsdelikten" bereits bekannt. Am Tatabend seien sie losgezogen, um "Ausländer zu verprügeln".

StZ 12.9.03; RNZ 12.9.03; StZ 13.9.03; StZ 15.9.03

 

10. September 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Ein 20 Jahre alter Flüchtling aus Sierra Leone zerbricht aus Protest ein Zellenfenster und kommt umgehend in die sogenannte Beruhigungszelle Nr. 2007. In diesem kalten Raum muß er von 12 Uhr bis 20 Uhr, also acht Stunden lang, an das bettartige Gestell gefesselt ausharren.    Unter der Drohung, daß er wieder hierherkäme, falls er weiter Probleme machen würde, darf er dann in seine Zelle zurückkehren.

Bericht des Betroffenen; Alliance of Struggle

 

19. September 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). In dem sogenannten Ruhigstellungsraum mit der Nr. 2007 wird ein 20 Jahre alter Gefangener für insgesamt acht Stunden und 10 Minuten mit einem besonderen Gurtsystem mit unterschiedlicher Intensität und ohne Unterbrechung fixiert: teils "komplett", teils mit Fußfesseln und Bauchgurt, teils nur mit Bauchgurt.

 

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion

Drucksache 3/7237

 

23. September 03

 

Hiddenhausen in Nordrhein-Westfalen. Der 51 Jahre alte Georgier David Kapadnadze geht zur Tankstelle Hempelmann an der Bündener Straße und kauft sich Benzin. Im Vorgarten seines Wohnhauses gießt er es sich über Kopf und Körper und zündet sich an. Er stirbt an seinen Verbrennungen am folgenden Tag.

    David Kapadnadze, studierter Betriebswirt, hatte 1992 aus politischen Gründen seine Arbeit in den Kommissionen für Wirtschaft und Soziales verloren und wurde fortan immer wieder von der Polizei abgeholt und aufs Schwerste mißhandelt und gefoltert. 1999 war er nach Deutschland geflohen und hatte politisches Asyl beantragt. Durch die erlebte Folter litt er an einer Posttraumatischen Belastungsstörung und war immer wieder suizidgefährdet.

    Das Bundesamt entschied seinen Asylantrag positiv. Der Bundesbeauftragte klagte allerdings umgehend gegen diese Entscheidung.

    David Kapadnadze mußte erneut alle drei Monate zur Ausländerbehörde – immer in der Angst, abgeschoben zu werden. Im Juni erfuhr er, daß zwei seiner Neffen in Georgien unter ungeklärten Umständen erstochen wurden. Im Juli erging vom Herforder Kreisausländeramt die Abschiebungsverfügung für seinen 18 Jahre alt gewordenen Sohn.

NW 10.10.03; FRat NRW 19.12.03

 

24. September 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Ein algerischer Gefangener trinkt in Selbstverletzungsabsicht eine halbe Flasche Haarreinigungsmittel. Er kommt ins Krankenhaus, wo er notärztliche Versorgung erhält.

    Drei Tage später, am 27. September, erfolgt seine Abschiebung nach Algerien. Hier droht ihm staatliche Verfolgung, weil er sich dem Militärdienst entzogen hat.

Rolf Stahmann – Rechtsanwalt

 

24. September 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Die Kenianerin Alice Mutoni Kamau hat eine Nacht in der sogenannten Beruhigungszelle hinter sich und wurde um 6 Uhr in ihre Zelle zurückgebracht. Sie friert fürchterlich und hat jetzt starke Kopfschmerzen. Als sie die Beamtin um eine Kopfschmerz-Tablette bittet, mißt diese ihre Körpertemperatur und sagt, daß sie einen Arzt holen würde, weil die Temperatur mit 35° zu niedrig sei.

    Als der Arzt abends um 17 Uhr immer noch nicht erschienen ist und Frau Kamau die Schmerzen nicht mehr aushalten kann, schluckt sie in völliger Verzweiflung Haarshampoo. Jetzt erst kümmert sich jemand um sie; sie kommt mit einem Krankenwagen in die Notaufnahme des Krankenhauses von Eisenhüttenstadt. Ihr Transport dorthin erfolgt mit gefesselten Händen, und im Krankenhaus werden ihr von einem offensichtlich sehr verärgerten, begleitenden Beamten auch noch die Füße gebunden.

    Nach medizinischer Versorgung wird sie unverzüglich wieder in das Abschiebegefängnis zurückgebracht. Erst hier werden ihr Hand- und Fußfessel entfernt. Sie kommt in eine Einzelzelle, wo die Beamten das Fenster verschließen, die Toilette ausschalten und die Heizung hochdrehen. Es wird dadurch extrem heiß und trocken, und für Frau Kamau, die durch das Erbrechen nach der Shampoo-Aufnahme sehr viel Flüssigkeit verloren hat und jetzt auch nichts zu trinken bekommt, wird die Situation sehr quälend. Sie hat Panik und Atemnot. Erst am nächsten Morgen wird ihr Tee angeboten und das Fenster geöffnet.

    Alice Mutoni Kamau, die sich seit dem 9. September nach abgelehntem Asylantrag in Abschiebehaft befindet und gegen die Mißstände und Mißhandlungen in der Abschiebehaft offen und laut protestiert, wird während ihrer Haftzeit mindestens achtmal in der sogenannten Beruhigungszelle Nr. 2007 fixiert.

    Das erste Mal war es am 12. September für eine Stunde und 10 Minuten ("komplette" Fixierung), dann kurz vor dem oben erwähnten Selbstverletzungsversuch am 23. September. Am 30. September erfolgt eine dreistündige "Komplett-Fixierung".

    Am 1. Oktober wird sie für 5 Stunden und 15 Minuten im Raum 2007 "komplett" gefesselt, dann in der Zelle Nr. 2008 isoliert und anschließend am 2. Oktober wieder für insgesamt 9 Stunden und 45 Minuten in der Zelle Nr. 2007 im Gurtsystem ausgebunden. Dies geschieht in unterschiedlicher Intensität – meistens allerdings durch maximale Unterbindung der Bewegungsfreiheit der Gefangenen ("komplett" fixiert). Am 11. Oktober, nachdem Frau Kamau aus Protest gegen die Inhaftierung ihr Zellenfenster mit Shampoo eingeschmiert hat, kommt sie erneut in den Raum Nummer 2007, in dem sie von 23.40 Uhr an für 11 Stunden und 5 Minuten festgebunden ausharren muß. Am Abend des 12. Oktober wird sie wieder in die Zelle geführt und erneut für insgesamt 7 Stunden und 40 Minuten in dem Gurtsystem ausgebunden.

    Ungefähr am 22. November ist sie ein letztes Mal in der sogenannten Ruhigstellungszelle und wird am 24. November nach Kenia abgeschoben.

    Eine Klage von Alice Mutoni Kamau (in Abwesenheit) zur "Feststellung der Rechtswidrigkeit von Fixierungen in der Abschiebungshaft" wird am 21. September 2007 vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) abgewiesen. Die eingesetzten "Maßnahmen" werden als "notwendig und angemessen" beurteilt, weil die Gefahr bestanden habe, daß Alice Kamau sich hätte "selbst verletzen" oder "Mobiliar beschädigen" können".

    "Dass die Durchführung der Fixierung einen erniedrigenden Charakter gehabt hätte, ist nicht ersichtlich. Insofern sei darauf hingewiesen, daß die vom Anti-Folter-Ausschuss im Jahr 2001 gerügte Praxis der Fixierung auf dem Boden mit Hilfe von Metallösen im Fall der Klägerin keine Anwendung mehr fand. Diese Praxis ist .... in der Abschiebungshafteinrichtung abgelöst worden durch das Segufix-Bandagensystem, bei dem die Fixierung auf einem Tisch erfolgt." (VG Urteil)

    Eine Suizidgefährdung und damit eine Haftunfähigkeit wird vom Leiter der Abschiebehafteinrichtung vor Gericht auch im nachhinein noch verneint.

    Am 10. März 2011 entscheidet das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Berufungsverfahren, daß die Praxis der Fesselung im Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt jeglicher Rechtsgrundlage entbehre. In Hinblick auf die Klage von Alice Mutoni Kamau stellt das Gericht fest, daß es für "einen so weitreichenden Eingriff" (stundenlanges Fixieren in Bauchlage) keinerlei Rechtsgrundlage gibt und "dieser im vorliegenden Fall außerdem unverhältnismäßig war".

Berichte der Betroffenen; Alliance of Struggle;

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage

der PDS-Fraktion Drucksache 3/7237;

VG Urteil 21.9.07;

TS 6.10.07;ND 6.10.07;

inforiot.de 15.10.07; ND 15.3.11;

Dr. Falko Drescher – Rechtsanwalt

 

25. September 03

 

Dorsten in Nordrhein-Westfalen. Im Morgengrauen tritt ein Polizist der Hundertschaft Recklinghausen die Tür der Wohnung von Frau Gülhan Mere ein. Schwarz gekleidete, schwer gepanzerte Männer stürmen herein, drücken ihren Ehemann und zwei Brüder zu Boden, greifen die schlafenden Kinder aus ihren Betten, führen Gülhan Mere ab und bringen sie und die Kinder in getrennten Fahrzeugen weg. Gülhan Mere wird mit ihren Kindern Bilal (6), Soraya (4), Jihen (3) und dem zwei Monate alten Junes in die Türkei abgeschoben.

    Da Gülhan Mere mit Walid Marie Eke seit 1996 nach islamischem Recht verheiratet ist, was von den deutschen Behörden nicht anerkannt wird, sind für beide unterschiedliche Ausländerbehörden zuständig, so daß jetzt die Familie brutal getrennt ist.

Der Schlepper Nr. 31 Frühjahr 2005

 

September 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Ein Abschiebegefangener aus Burkina Faso berichtet, daß er bereits seit elf Monaten in Abschiebehaft sitzt. Der 22-jährige abgelehnte Asylbewerber wurde – außer zu der Botschaft seines Landes – schon zu vier anderen Botschaften gebracht, weil ihm sein Herkunftsland nicht geglaubt wird.

    Einmal war er auf der gesamten Hin- und Rückfahrt nach Bonn und zurück nach Eisenhüttenstadt gefesselt.

    Er hat seit langem starke Schmerzen und ist auch psychisch am Ende. Er bekam eine Zeitlang Tabletten, die er allerdings inzwischen nicht mehr nimmt, weil sie ihn sehr müde machten. Seine Bitten, ihn wegen der starken Schmerzen in ein Krankenhaus zu bringen, wurden mit der Begründung abgelehnt, daß das zu teuer sei.

    Einmal ist auch er in der Zelle Nr. 2007 über längere Zeit an Händen und Füßen fixiert worden.

    Er berichtet auch von einem Mitgefangenen, der zunächst vom Bewachungspersonal geschlagen wurde und dann in der Zelle Nr. 2007 im Stehen mit auseinander gespreizten und gefesselten Armen und Beinen über eine Stunde ausharren mußte.

Bericht des Betroffenen;

Alliance of Struggle

 

Herbst 03

 

Bundesland Hessen. Die kurdische Familie Kilic, die vor 11 Jahren in die BRD geflohen war, bekommt einen Brief von der Ausländerbehörde, in dem ihre baldige Abschiebung angekündigt ist.

    Herr Kilic versucht sich daraufhin mit Tabletten zu vergiften – kurze Zeit später übergießt sich seine Frau mit Benzin. Sie kommt für mehrere Monate in eine psychiatrische Klinik.

GA 2.7.04; JWB 7.7.04

 

2. Oktober 03

 

Gera in Thüringen. Der junge kurdische Flüchtling A. wartet abends um 19 Uhr an der zentralen Haltestelle Heinrichplatz auf eine Straßenbahn, als ein Mann mit rechtem Outfit ihm im Vorbeigehen auf den Fuß tritt. Als er den Deutschen daraufhin anspricht, schlägt dieser ihm ins Gesicht und tritt nach ihm.A. K. muß sein verletztes Auge ambulant notärztlich im Krankenhaus behandeln lassen.

ABAD Thüringen

 

3. Oktober 03

 

Tag der Deutschen Einheit und der von den Kirchen und Pro Asyl ausgerufene Tag des Flüchtlings. Im hessischen Biedenkopf in der Kottenbachstraße übergießt sich der georgische Flüchtling Lewon A. um 14 Uhr im Garten seines Wohnhauses mit Benzin und zündet sich an. "Ich kann nicht mehr! Ich liebe Euch!" sagt er seinen drei Kindern, die versuchen, das Feuer mit Decken zu löschen. Fünf Tage später stirbt der 48-Jährige in einer Spezialklinik in Koblenz.

    Der Armenier aus Abchasien war vor zehn Jahren in die BRD geflohen, weil er als Elektromeister in Georgien für die Explosion eines Panzers und den Tod von vier georgischen Soldaten verantwortlich gemacht wurde. Armee- und Familienangehörige der toten Soldaten hatten ihn fortan verfolgt und bedroht. Ein Jahr später gelingt es auch seiner Frau Luisa Sch. und den drei Kindern zu fliehen. Bis zum Februar 2002 leben sie zusammen in Biedenkopf-Wallau. In dem Dorf haben sie Arbeit, Ausbildung, Freunde und Akzeptanz gefunden.

    Nach abgelehntem Asylantrag drohte seit langem die Abschiebung. Lewon A. mußte seine Arbeit wegen ausländerrechtlicher Bestimmungen aufgeben – auch sein Arbeitgeber konnte dieses nicht verhindern. Lewon A. erkrankte seelisch. Im September 1999 versuchte er, sich mit einer Gaspistole zu vergiften. Mehrere Klinikaufenthalte und mehrere weitere Selbsttötungsversuche belegen die Ausweglosigkeit, in der sich Lewon A. befand.

    Trotz der intensiven Unterstützung durch MitarbeiterInnen des Diakonischen Werkes Biedenkopf, der evangelischen Kirchengemeinde Wallau/Weifenbach, seines ehemaligen Arbeitgebers und anderer Freunde und Freundinnen erhält die Familie immer nur monatlich befristete Aussetzungen der Abschiebung.

    Allein aufgrund der schweren Erkrankung des Lewon A. wurde die Abschiebung behördlicherseits nicht durchgesetzt. Nach seiner Selbsttötung entfällt der Grund für eine weitere Duldung der Familie.

Evangelische Kirchengemeinde Wallau/Weifenbach 14.10.03;

Oberhessische Presse 14.10.03; FR 15.10.03;

Hinterländer Anzeiger 18.10.03

 

7. Oktober 03

 

Polnisch-brandenburgische Grenze zwischen den Ortschaften Forst und Sacro. In den Mittagsstunden entdecken Beamte des BGS auf einer Sandbank in der Neiße eine männliche beklei-dete Leiche. Es wird angenommen, daß der Mann ein oder zwei Tage im Wasser lag.

Polizei Cottbus

 

8. Oktober 03

 

Im brandenburgischen Wriezen in Märkisch-Oderland wird der 33 Jahre alte Aristide K., Flüchtling aus Kamerun, von drei deutschen Männern rassistisch beschimpft und geschlagen. Als der Angegriffene eine hinzukommende Passantin bittet, die Polizei zu informieren, spuckt diese ihm ins Gesicht und beleidigt ihn ebenfalls.

    Die Polizei nimmt im Zuge der Nahbereichsfahndung vier alkoholisierte Personen im Alter von 16 bis 21 Jahren vorübergehend fest. Gegen sie wird wegen des Verdachtes auf Volksverhetzung und gefährliche Körperverletzung ermittelt.

MAZ 9.10.03; MAZ 17.10.03

 

9. Oktober 03

 

In einem Regionalexpress in Berlin greift ein 46-jähriger Mann aus Ludwigsfelde einen zwei Monate alten Säugling an. Nachdem er die aus Jugoslawien und Sierra Leone stammenden Eltern belästigt hat, läßt er sich auf den Säugling fallen und drückt das Mädchen zu Boden, indem er sich auf dessen Brustkorb und Gesicht abstützt. Die Eltern können den Angriff abwehren und den Mann festhalten.

JWB 22.10.03

 

9. Oktober 03

 

Baden-Württemberg – Stuttgart. Um 1.40 Uhr erscheinen Polizeibeamte an der Wohnung der kosovo-albanischen Flüchtlingsfamilie Lokaj in der Heslacher Neugereutstraße. Die Beamten stürmen die Wohnung und wecken die Schlafenden. Die Männer werden umgehend in Handschellen gelegt, Frau Hateme Lokaj wird mit Stiefeln niedergehalten, einem Sohn gelingt die Flucht durch einen Sprung aus dem Fenster. Die Beamten erzwingen in weniger als 30 Minuten den Aufbruch zur Abschiebung.

    Ein Brief vom Stuttgarter Verwaltungsgericht, in dem steht, daß von einer Abschiebung vorläufig abgesehen werde, zerknüllen die Beamten und werfen ihn achtlos weg.

    Die 52 Jahre alte Hateme Lokaj ist schwer herzkrank und vom Krieg traumatisiert – sie bricht zusammen. Mit einem Rettungswagen kommt sie in die psychiatrische Notaufnahme des Karl-Olga-Hospitals. Syleimon Lokaj (54) und die beiden Kinder Ardiana (21) und Arjan (18) werden in Schlafanzügen, Hausschuhen und Handschellen abgeführt. Geld dürfen sie nicht einpacken – an warme Kleidung denken sie in der Panik nicht.

    Die Festgenommenen werden in einem vergitterten Polizeiwagen nach Ludwigsburg ins Industriegebiet gefahren, wo in einem Gebäude weitere 50 Menschen für die Abschiebung gesammelt wurden. Mit einem Bus kommen die Menschen dann zum Flughafen Söllingen bei Baden-Baden, wo um 10 Uhr die Maschine in Richtung Prishtina abhebt. Die traumatisierte, suizidgefährdete und herzkranke Hateme Lokaj bleibt allein in Deutschland zurück.

StZ 25.2.04;

Familientrennung durch Abschiebung – Dezember 2004

 

13. Oktober 03

 

Im Flüchtlingsheim in der Mainzer Albinistraße wird ein Brand gelegt. Kurz danach kann der Täter von der Polizei festgenommen werden. Er gesteht unter dem Eindruck der Beweislage bis zu 15 Brandstiftungen.

AZM 7.6.04

 

15. Oktober 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Nach mehr als zwei Monaten Abschiebehaft wird die in der 27. Woche schwangere Romni Frau N. nach Belgrad abgeschoben. Während ihrer Haftzeit mußte sie aufgrund von Schwangerschaftsproblemen mehrmals im Krankenhaus behandelt werden. Zudem leidet sie an einer Ohrerkrankung.

    Während dieser Zeit war sie von ihren sechs und elf Jahre alten Söhnen getrennt. Da der Vater ihres ungeborenen Kindes Deutscher ist und die Vaterschaftsanerkennung den Behörden vorliegt, ist es umso unverständlicher, Frau N. nach zwölfjährigem Deutschland-Aufenthalt abzuschieben. Es kann damit gerechnet werden, daß ihr die Einreise wieder gestattet wird.

FRat Berlin 17.10.03

 

16. Oktober 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Die schwangere Romni Frau S. wird aus der Abschiebehaft abgeholt und zusammen mit ihren vier Kindern nach Sarajewo abgeschoben. Auch sie mußte wegen Schwangerschaftsproblemen zeitweise stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. Sie war während der Haft von ihren Kindern getrennt.

    Frau S., die 1991 nach Deutschland gekommen war, lebte zuletzt mit ihrem deutschen Ehemann und ihrem fünfjährigen Sohn in Berlin. Die Ausländerbehörde warf ihr "Scheinehe" vor – über eine beim Berliner Petitionsausschuß eingereichte Petition ist noch nicht entschieden.

FRat Berlin 17.10.03

 

17. Oktober 03

 

Stuttgart in Baden-Württemberg. Abdulai Banguera aus Sierra Leone wird in der Straßenbahn auf dem Weg vom Hauptbahnhof zur Flüchtlingsunterkunft in Wangen an der U-Bahn-Haltestelle "Im Degen" von einigen Rechtsradikalen beleidigt, beschimpft, geschlagen und verletzt. Erst als eine Mitfahrerin über ihr Handy die Polizei informiert, halten die Schläger ein.

    Am 8. Januar 2004 werden zwei der drei Täter zu einem Jahr und drei bzw. vier Monaten ohne Bewährung verurteilt. Der dritte Täter, der jüngste von ihnen, kommt mit neun Monaten Bewährungsstrafe davon.

AK-INFO AK-Asyl BaWü Dez. 2003;

AK-INFO AK-Asyl BaWü Mai 2006

 

22. Oktober 03

 

Burgstetten bei Backnang in Baden-Württemberg. In den frühen Morgenstunden wird der 29 Jahre alte Rom Valjdet Krasnici von Polizeibeamten aus der Wohnung geholt und nach abgelehntem Asyl und elf Jahren Deutschland-Aufenthalt nach Belgrad abgeschoben. Damit ist er von seiner 26 Jahre alten Frau Bajramsha, seinem vier Wochen alten Baby Samir und dem dreijährigen Sohn Enis getrennt.

    Bei dem Versuch, Serbien über Ungarn zu verlassen, erfolgt seine Festnahme, und er kommt einen Monat lang in ein serbisches Gefängnis. Im Jahre 2004 reist er nach Frankreich und stellt hier einen Asylantrag. Seine Frau folgt ihm mit den Kindern nach Metz. Sie stellen Asylanträge, werden aber drei Monate später nach Waiblingen zurückgeschoben. Valjdet Krasnici folgt ihnen im August 2005 ohne Papiere. Eine Denunziation aus der Nachbarschaft bringt ihn in die Abschiebehaft der JVA Mannheim. Nach 38 Tagen erfolgt seine Rückschiebung nach Frankreich – von Frankreich wird er in den Kosovo abgeschoben – die UNMIK verweigert die Annahme des Abgeschobenen, und er fliegt wieder nach Frankreich zurück.

    Valjdet Krasnici geht nach Luxemburg, von wo er nach Ablehnung seines erneuten Asylantrags nach Frankreich zurückgeschoben wird. Hier lebt er den Winter über als Obdachloser auf der Straße. Im März 2007 reist er schließlich "freiwillig" über den Kosovo nach Montenegro aus und versucht von hier aus, in der Bundesrepublik eine Arbeitsstelle zu finden, um dann legal zurückkommen zu können.

    Obwohl er schließlich zwei Arbeitsplatz-Angebote hat, wird der Visumantrag auf Ehegattennachzug abgelehnt. Als Ende 2008 seine Sperrfrist zur Wiedereinreise abläuft, bezahlt sein in der Bundesrepublik lebender Bruder die Abschiebekosten in Höhe von 4769,54 Euro, wovon allein auf die Abschiebehaft 2655,06 Euro entfallen.

    Im Januar 2009 kann Valjdet Krasnici aus Montenegro "visumfrei" in die Bundesrepublik einreisen und meldet sich in der Ausländerbehörde Backnang. Er bekommt eine Duldung und Arbeitsverbot.

    Bei dem Arbeitskreis Asyl Backnang findet die Familie schließlich hilfreiche Unterstützung. Nachdem die Härtefallkommission es gänzlich ablehnt, sich überhaupt mit dem Fall zu befassen, gelingt es schließlich doch, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG (humanitäre Gründe) durch das Regierungspräsidium Karlsruhe zu erwirken. Valjdet  Krasnici findet – entsprechend der Auflage – innerhalb von sechs Monaten eine Arbeitsstelle und kann jetzt bei seiner Frau und den inzwischen drei Söhnen bleiben.

Regio TV online 28.7.10;

BKZ 21.8.10;

Schwäbische Ztg 23.8.10;

AK Asyl Backnang

 

22. Oktober 03

 

Eine 19 Jahre alte Ghanaerin, Abschiebegefangene im Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt, wird nach einem Krankenhaus-Aufenthalt zunächst in das Abschiebegefängnis dann aber – noch am selben Tag – zur Ghanaischen Botschaft nach Berlin gefahren. Die Frau, die gerade am Blinddarm operiert worden war, macht auf die Ghanaischen Botschaftsangehörigen einen dermaßen desolaten und hinfälligen Eindruck, daß diese eine Anhörung zur Identitätsfeststellung ablehnen.

    Zurück in der Haft ist die Gefangene nicht in der Lage, das Bett zu verlassen und sich ihre Verpflegung abzuholen. Einer Mitgefangenen, die für sie das Essen holen will, wird dieses nicht ausgehändigt.

    Als die Ghanaerin beginnt, laut zu protestieren, wird sie von zwei Bewacherinnen an den Armen gepackt und mit den Worten bedroht, wenn sie nicht aufhören würde, dann käme sie in die "Beruhigungszelle".

Berichte der Betroffenen;

Alliance of Struggle

 

23. Oktober 03

 

Abschiebegefängnis Rendsburg in Schleswig-Holstein. Kurz nach Mitternacht entdeckt das Bewachungspersonal ein Feuer in der Zelle eines 28-jährigen marokkanischen Gefangenen.

    Der Mann, dessen Abschiebung für heute vorgesehen ist, wird mit schweren Brandverletzungen aus der Zelle getragen und kommt dann per Hubschrauber in eine Lübecker Spezialklinik.

    Die Polizei geht davon aus, daß der Marokkaner selbst seine Matratze in Flammen gesetzt hat, und ermittelt gegen ihn wegen schwerer Brandstiftung.

    Der Marokkaner befindet sich auch im Dezember noch unter polizeilicher Bewachung in einem Krankenhaus, weil seine Abschiebung weiterhin geplant ist.

Polizei Rendsburg 23.10.03;

Netzwerk Asyl Rendsburg 24.10.03;

KN 24.10.03; FRat SH;

Erfahrungsbericht des Beirates für den Vollzug
der Abschiebehaft in Schleswig-Holstein 2003

 

24. Oktober 03

 

Eine Augenzeugin berichtet, daß sie vom Restaurant am Berliner Flughafen Tegel beobachtet, wie zwei uniformierte Beamte einen jungen schwarzen Mann, der eine KLM-Maschine nicht besteigen will, schlagen und mit Gewalt auf ihn einwirken. Es gelingt ihnen nicht, ihn in das Flugzeug zu bringen, und schließlich fahren sie mit ihm wieder vom Flugfeld.

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

26. Oktober 03

 

Alt-Inden in Nordrhein-Westfalen. In der zweiten Etage des Flüchtlingsheimes bricht ein Feuer aus. Zwei Erwachsene und vier Kinder, die sich in der Wohnung befinden, können sich unverletzt retten. Aufgrund des schnellen Einsatzes verschiedener Feuerwehren aus den umliegenden Gemeinden wird der Brand gelöscht, ohne daß Menschen zu Schaden kommen. Die Ursache des Feuers ist zunächst ungeklärt.

AaZ 27.10.03

 

29. Oktober 03

 

Nordrhein-Westfalen in der Ortschaft Plettenberg. In der Nacht brennen zwei unbewohnte Zimmer im Erdgeschoß des Flüchtlingsheimes in der Ohler Straße 100 komplett aus. Alle BewohnerInnen können aus dem brennenden Gebäude gerettet werden.

    Die Polizei geht von fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung aus, denn in dem Heim hat es in den vergangenen Jahren schon mehrfach gebrannt. Erst am 25. Mai diesen Jahres war größerer Sachschaden entstanden, nachdem Unbekannte ein auf einem Flur stehendes Sofa in Brand gesetzt hatten. Durch den Brand erlitten drei BewohnerInnen Rauchvergiftungen.

    Aus einem Schreiben der BewohnerInnen der Flüchtlingsunterkunft geht hervor, daß die Lebensbedingungen unzureichend und auch gefährlich sind. Wenn z.B. die Heizung einige Tage ausfällt, dann kommt es vor, daß die Menschen versuchen, die Räume mit Herdplatten zu heizen. Für 50 Frauen stehen insgesamt nur drei Duschen zur Verfügung; von zwei Toiletten einer Etage ist meistens eine defekt. Die Enge in den Räumen hat sich in den letzten Monaten noch verschärft, weil die BewohnerInnen aus einem kleineren Trakt des Heimes aus Kostengründen in den großen Wohntrakt ziehen mußten. Es leben viel zu viele Erwachsene und Kinder auf zu engem Raum.

    Ein kleiner Spielplatz und ein Gemeinschaftszimmer für die Schularbeiten steht für die ca. 40 Kinder zur Verfügung. Am 9. November 2000 stürzte die achtjährige Ayischa Alieva beim Spielen in dem offenen Treppenhaus von einer weiträumigen Wendeltreppe in die Tiefe. Den Sturz von der dritten Etage in das Erdgeschoß überlebte sie nicht. Danach wurden die Geländer etwas erhöht.

Kreispolizei Märkischer Kreis 25.5.03;

Kreispolizei Märkischer Kreis 29.10.03 WR 30.10.03;

Flugblatt der BewohnerInnen 10.12.03;

WR 10.12.03; WR 11.12.03;

Matthias Wagner – FRat Märkischer Kreis; taz 14.1.04

 

31. Oktober 03

 

Berlin. Flughafen Tegel – Flug Nr. KL 1824 mit der geplanten Abflugzeit 1.25 Uhr. Eine Frau soll nach Ghana abgeschoben werden. Sie weigert sich, die KLM-Maschine zu betreten, und wird deshalb von BGS-Beamten in den Magen und gegen den Oberkörper geschlagen. Dann wird sie in das Abschiebegefängnis Köpenick zurückgebracht, in dem sie schon seit Juni inhaftiert ist. Sie leidet nach den Mißhandlungen unter starken Schmerzen im Becken, in der Brust und im Rückenbereich. Sie kann nicht lange sitzen und sich nur langsam bewegen. Sie verliert stark an Gewicht. Als sie der Gefängnisärztin von ihrem Gewichtsverlust auf inzwischen 48 Kilogramm erzählt, antwortet diese sinngemäß, daß den deutschen Männern schlanke Frauen gefallen würden.

    Auch im Gefängnis wird sie einmal gezerrt und geschlagen, als sie der Aufforderung, die Zelle zu verlassen, nicht nachkommen will.

    Bei einem zweiten Abschiebeversuch ist ihre Handfesselung mit der Fußfesselung verbunden, so daß sie ihre Hände nicht benutzen kann. Also schlägt sie ihren Kopf im Flugzeug solange gegen die Handgepäckablage, bis einige Teile herunterfallen. Sie kommt zurück nach Köpenick, wo sie sich auch im Januar 2004 noch befindet.

Initiative gegen Abschiebehaft Berlin

 

Oktober 03

 

Der Kölner "Rom e.V.", Verein zur Verständigung zwischen Roma und Nicht-Roma, veröffentlicht den skandalösen Umgang der Kölner Polizei mit Roma-Flüchtlingskindern, die des Taschendiebstahls verdächtigt werden. Angehörige der polizeilichen Ermittlungskommission "Tasna" (serbo-kroatisch "Tasche") zwingen die Kinder, sich auf der Wache nackt auszuziehen, und machen Fotos unter anderem von ihren zum Teil verschmutzten Unterhosen. Mit diesen "Beweisen" sollen die Eltern wegen "Verletzung der Erziehungspflichten" (§ 171 Strafgesetzbuch) angeklagt werden, weil ihnen sonst keine Straftaten nachgewiesen werden können.

jW 30.10.03

 

Oktober 03

 

Bundesland Baden-Württemberg. Eine 30 Jahre alte Kurdin versucht sich umzubringen, als sie – nach abgelehntem Asylantrag – eine Abschiebeandrohung erhält. Die Mutter dreier Kinder (5, 8 und 9 Jahre alt) befindet sich in einer akuten psychischen Belastungssituation.

(siehe auch: Oktober 04 und 10. November 05)

Refugio Villingen-Schwenningen;

Ernst-Ludwig Iskenius – Arzt

 

3. November 03

 

Stadtteil Gröpelingen in Bremen – Flüchtlingsunterkunft im Schwarzen Weg. Der Flüchtling Abdoulaye Ly springt aus einem im dritten Stock gelegenen Fenster des Heimes. Sieben Tage später erliegt er seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus St.-Jürgen-Straße. Der Flüchtling aus Guinea wurde 25 Jahre alt.

    Am 10. Oktober hatte Abdoulaye Ly erstmals seine Selbsttötungsabsichten geäußert. Er war verwirrt, sprach von sich selbst in der dritten Person und sah, wenn er aus Alpträumen erwachte, Menschen um sich herum, die real nicht da waren. Er hatte große Angst vor anderen Menschen, ging nicht mehr zur Schule und wurde immer verschlossener. Er wurde mehrmals sozialpsychiatrisch beraten – aber niemals behandelt.

taz Bremen 20.11.03;

Flüchtlingsinitiative Bremen

 

5. November 03

 

Sonneberg in Thüringen. Im Flüchtlingsheim in der Gustav-König-Straße haben Unbekannte Wäsche im Keller angezündet. Das Feuer greift auf die Holztür über und setzt die Isolierung der Wasserleitung in Brand. Durch die Hitze platzen die Wasserleitungen – es entsteht starke Rauchentwicklung.

    Um 18.35 Uhr geht der Alarm bei der örtlichen Feuerwehr ein. 50 BewohnerInnen werden vorübergehend evakuiert – ein Bewohner muß mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus.

NetZtg 6.11.03;

CT 7.11.03; taz 7.11.03;

 

6. November 03

 

Jülich in Nordrhein-Westfalen. In einem dreistöckigen Mehrfamilienhaus in der Grünstraße 2 wird morgens um 3 Uhr vorsätzlich eine Matratze in Brand gesetzt.

    Eine 82 Jahre alte deutsche Mieterin und ein 31 Jahre altes Flüchtlingsehepaar aus dem Kosovo und deren drei und fünf Jahre alte Kinder ersticken auf ihrer Flucht aus dem Inferno im Treppenhaus an dem giftigen Rauch. Ihr zweijähriger Sohn, der zunächst reanimiert werden kann, stirbt am nächsten Morgen in einem Kölner Krankenhaus.

    Als Brandstifter wird am 21. November ein Feuerwehrmann überführt. Er gesteht noch drei weitere Taten. Im Juli 2004 steht er wegen insgesamt sieben Brandstiftungen und wegen Mordes vor Gericht.

panorama – wdr.de 6.11.03;

n-tv.de 6.11.03; SD 7.11.03; Yahoo!Nachrichten 7.11.03;

AaN 7.11.03; HA 8.11.03; StA Aachen;

ZDF "heute" 10.11.03; taz 22.11.03;

FNP 7.7.04

 

6. November 03

 

Landkreis Göttingen im Bundesland Niedersachsen. Um 22 Uhr bricht im Treppenhaus des Flüchtlingsheimes Sichelnstein ein Feuer aus. Von den 28 BewohnerInnen aus Aserbaidschan, Weißrußland und Jugoslawien müssen sechs Kinder vorsorglich in Kasseler Krankenhäusern versorgt werden. Eine fünfköpfige Familie kann nur mit einer Feuerwehrleiter aus dem dritten Stock gerettet werden.

    Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger und vorsätzlicher Brandstiftung.

ap 6.11.03; Polizei Göttingen 6.11.03;

MüA 8.11.03

 

9. November 03

 

Bundesland Sachsen. Einem 28 Jahre alten Flüchtling aus Nigeria wird in Dresden von hinten eine Flasche auf den Kopf geschlagen. Er geht zu Boden und ruft um Hilfe. Als Passanten näher kommen, flüchten die Angreifer. Der Nigerianer muß eine Platzwunde am Hinterkopf in der Notaufnahme des Krankenhauses Friedrichstadt nähen lassen.

    Die Täter sind auch im Januar 2004 noch nicht ermittelt. Dies ist bereits der vierte tätliche Angriff, den der Flüchtling erleiden muß.

(siehe auch: 17. Dezember 02, 25. März 03 und
14. April 03)

AMAL Dresden

 

10. November 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. In der ersten Etage des Hauses 3 erscheint eine Gruppe von sechs PolizistInnen und fordert die Gefangenen auf, ihre Zellen zu verlassen und sich im Korridor aufzustellen. Nach den Leibesvisitationen der Gefangenen werden die Zellen durchsucht. Zwei Gefangene werden in einen Duschraum befohlen und von drei Beamten aufgefordert, sich vollständig zu entkleiden. Als sich ein Libanese aus religiösen Gründen (Fastenmonat Ramadan) weigert, seine Unterhose auszuziehen, wird ihm diese heruntergerissen.

    Die Gefangenen dürfen nach zwei Stunden Wartens in ihre Zellen zurückgehen und finden diese völlig verwüstet vor. Alles ist durcheinender geworfen. Matratzen und Bezüge sind aus den Betten gerissen und liegen am Boden – dazwischen die persönlichen Habseligkeiten der Gefangenen. Lebensmittel stehen geöffnet auf dem Tisch, persönliche Briefe liegen offen herum, das mit einem kleinen Schloß versehene Tagebuch eines Gefangenen ist aufgerissen. Ein Libanese stellt Strafantrag wegen Sachbeschädigung.

Pfarrer D. Ziebarth

 

12. November 03

 

Abschiebegefängnis Köpenick in Berlin. Der 39 Jahre alte Ghanaer Peter Kwasi Gyamah leidet unter schwerer Diabetes, schwer einstellbarem Bluthochdruck und Magenproblemen. Aus diesem Grunde soll er in ein Krankenhaus gebracht werden. Nach anfänglichem Widerstand willigt er ein und geht in den Toilettenraum, um sich für den Transport fertig zu machen. Plötzlich erscheinen sechs bis acht Beamte, einer von ihnen entreißt ihm die Zahnbürste, ein anderer schlägt ihm mit der Faust ins Gesicht. Schließlich drücken ihn mehrere Beamte zu Boden und fesseln ihn brutal. Dann schleifen sie ihn über den Boden zum Aufzug. Der zeitweise Bewußtlose kommt dann in das Haftkrankenhaus der JVA Moabit.

    Die Beamten erstatten gegen Peter Kwasi Gyamah Anzeige wegen Widerstandes. Die von ihnen benannten Kollegen, die den Vorfall bezeugen sollen, bestätigen allerdings die Aussage des Peter Kwasi Gyamah dahingehend, daß grundlos auf ihn eingeschlagen wurde.

    Nun wird auch gegen die Beamten ermittelt. Im Januar 2006 wird der anberaumte Prozeßtermin wegen Körperverletzung im Amt vorerst vertagt. Am 27. März 2006 spricht ein Richter des Amtsgerichts Tiergarten den beschuldigten Polizisten frei, weil dieser von Peter Kwasi Gyamah nicht als Haupttäter identifiziert wird. Herr Gyamah zeigt auf einen als Zeugen geladenen Beamten. Die Staatsanwaltschaft kündigt die strafrechtliche Verfolgung des eigentlichen Schlägers an, von der auch der Rechtsanwältin im Januar 2007 nichts bekannt ist. (siehe auch: Januar 04)

    Am 1. Februar 2008 beginnt der Prozeß gegen den Polizisten, der Peter Kwasi Gyamah den Faustschlag ins Gesicht versetzt hatte. Nach der Anhörung des Beamten wird Herr Gyamah, der Nebenkläger, vom Richter angehört. Das Verhör gestaltet sich dermaßen, daß der Richter den Sachverhalt der Körperverletzung eher außer Acht läßt und vor allem ausländerrechtliche Fragen an den Ghanaer stellt. Als er dann auch noch Herrn Gyamah, den Nebenkläger, als "Angeklagter"

bezeichnet, stellt die Anwältin einen Befangenheitsantrag. Dieser Antrag gegen Richter Pfaff wird von ihm selbst entschieden werden. Das Verfahren wird unterbrochen.

Beate Böhler – Rechtsanwältin;

Jesuiten-Flüchtlingsdienst;

taz 28.3.06; BeZ 28.3.06;

jW 2.2.08; indymedia 2.2.08

 

Mitte November 03

 

In der Abschiebehaft in der JVA Mannheim erleidet ein Abschiebehäftling während des Besuches seiner Rechtsanwältin einen epileptischen Anfall. Die Ursache dafür liegt nach seinen Angaben auch in den Umständen, die zu seiner Flucht aus seinem Heimatland geführt haben, nämlich durch Folter erlittene Kopfverletzungen.

    Nach seinen Angaben erfolgten in der Abschiebehaft weder eine ausführliche Untersuchung noch eine ausreichende medikamentöse Behandlung. Am Tag nach dem Anfall erfolgt seine Abschiebung.

AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim

 

16. November 03

 

Aachen in Nordrhein-Westfalen. Im Flüchtlingsheim in der Wirichsbongardstraße bricht an diesem Sonntag gegen

14.25 Uhr Feuer aus. Die Berufsfeuerwehr kann zwei sechs- und siebenjährige Kinder und deren Mutter aus dem verqualmten Haus retten. Sie kommen mit einer leichten Rauchvergiftung ins Aachener Klinikum. Drei weitere Personen, die auf das Dach geflüchtet waren, konnten sich über das Nachbarhaus in Sicherheit bringen. Auch die restlichen 19 BewohnerInnen kommen unverletzt davon. Nach den Löscharbeiten wird festgestellt, daß das Feuer im Erdgeschoß in einem Lagerraum ausgebrochen war. Das Haus ist nicht mehr bewohnbar.

AaN 17.11.03; NRZ 17.11.03

 

24. November 03

 

Nahe der tschechisch-deutschen Grenze hinter dem sächsischen Ort Bad Elster holen BGS-Beamte das Ehepaar Tokuew aus einem LKW. Swetlana Tokuewa ist hochschwanger und wird umgehend in das Chemnitzer Klinikum gebracht, wo ihr Sohn Milan kurz danach geboren wird. Ihr Mann Eldar kommt nach Chemnitz ins Gefängnis. In fünf Tagen droht den drei Flüchtlingen die Abschiebung.

    Das Paar war aus Tschetschenien geflohen, um ihr Kind zu retten. Muslimische Extremisten hatten gedroht, ihr Kind zu töten, sobald es geboren werde, wenn sie kein Schutzgeld zahlten.

CMP 26.11.03

 

24. November 03

 

In der hessischen Erstaufnahmestelle (HEAE) kommt es zu einem brutalen Polizeieinsatz. Beamte der Einsatzgruppe Eschborn werden von der Ausländerbehörde des Main-Taunus-Kreises in das Lager gerufen, um eine Festnahme zu vollstrecken. Dabei werden einem Mann aus der Türkei Handschellen angelegt, nachdem er zwischen Tür und Wand gepreßt und fixiert worden war. Dann werden ihm die Arme brutal verdreht. Seine 18-jährige Tochter wird von einem anderen Beamten mehrfach ins Gesicht geschlagen – der ihr dann noch seine Hand an die Kehle legt.

    Mitarbeiter der HEAE erstatten Anzeige gegen die beiden Polizeibeamten – was mit einer Gegenanzeige beantwortet wird.

Asyl-Nachrichten Nr. 125 Dezember 2003

 

25. November 03

 

Cottbus in Brandenburg – Stadtteil Sachsendorf. Ein 27 Jahre alter Flüchtling aus Vietnam wird abends gegen 22.30 Uhr in einem Stadtbus von ca. 10 deutschen Jugendlichen angepöbelt. Als er den Bus an der Haltestelle Lauchhammer Straße verläßt, steigt die Gruppe ebenfalls aus. Drei Jugendliche verfolgen den wegrennenden Vietnamesen, holen ihn ein und schlagen auf ihn ein.

    Der Mann kommt mit Prellungen, einer Platzwunde und dem Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma in das Cottbusser Krankenhaus. Anfang Dezember hat die Polizei zwei polizeibekannte Täter ermittelt: einen 17-Jährigen, der unter Auflagen auf freien Fuß kommt, und einen 16-Jährigen nach dem noch gefahndet wird.

Polizei Frankfurt (Oder) 26.11.03;

FR 27.11.03; jW 27.11.03; taz 27.11.03;

Polizei Frankfurt (Oder) 4.12.03; taz 5.12.03

 

28. November 03

 

Suhl in Thüringen. Am späten Abend werden an der Bushaltestelle am Congress Centrum vier irakische Flüchtlinge von zunächst sechs bis sieben Jugendlichen angepöbelt und beschimpft. Als dann mit Autos mehr Angreifer eintreffen, einige den "Hitlergruß" zeigen und den Flüchtlingen zu verstehen geben, daß sie in Deutschland "nichts zu suchen hätten", wird die Situation für die Flüchtlinge gefährlich. Sie werden mit Baseballschlägern traktiert und getreten.

    Der 21-jährige Ahmad Abnan Al-Kenany, einer der Angegriffenen, kommt mit einem Nasenbeinbruch und Prellungen am ganzen Körper ins Krankenhaus. Die anderen drei Iraker müssen ihre Prellungen, Blutergüsse und eine Kopfplatzwunde ambulant behandeln lassen.

    Die Iraker monieren später einerseits, daß erst 45 Minuten nach Beginn der Attacken Polizisten eintreffen, andererseits nur zwei Polizisten erscheinen,. obwohl die Zahl der Angreifer auf ca. 20 Personen angestiegen war.

    Ein 17-jähriger Suhler wird als Hauptverdächtiger ermittelt – ein Haftbefehl wird nicht erlassen.

FW 2.12.03; taz 2.12.03; FR 2.12.03; jW 2.12.03;

jW 3.12.03, JWB 10.12.03; ABAD Thüringen

 

28. November 03

 

Mecklenburg-Vorpommern. Auf einem Weihnachtsmarkt in Neubrandenburg greifen zwei Nazis einen algerischen Flüchtling und einen Flüchtling von der Elfenbeinküste (Côte d´Ivoire) an. Sie werden angepöbelt und bespuckt. Als die Täter einem Flüchtling die Brille aus dem Gesicht schlagen, beginnen sich die Angegriffenen zu wehren. Daraufhin flüchten die Angreifer.

    Die Polizei nimmt die Täter vorübergehend fest.

LOBBI

 

Anfang Dezember 03

 

Im westfälischen Finnentrop ist der Zustand des dortigen Flüchtlingsheimes derart desolat, daß der Fußboden eines Badezimmers im Obergeschoß infolge seiner Durchweichung mitsamt der Badewanne in das darunter liegende Geschoß stürzt.

    Nur dem Zufall ist es zu danken, daß kein Mensch zu Schaden kommt.

WP 17.12.03

 

1. Dezember 03

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Eine 34 Jahre alte Abschiebegefangene

aus Vietnam wird ins Krankenhaus gebracht, wo ihr mitgeteilt wird, daß ihr Baby "weg" sei. Die Frau war – im zweiten Monat schwanger – inhaftiert worden und hatte drei Wochen lang über starke Schmerzen und Blutungen geklagt. Sie bekam zwar in der Haft Tabletten, die auf die schweren Krankheitssymptome allerdings keinen Einfluß hatten. Eine Mitgefangene hatte dann auf einen Transport ins Krankenhaus gedrängt.

    Die Schwangerschaft, die ihr ein Arzt vor Wochen bestätigt hatte, konnte jetzt nicht mehr nachgewiesen werden. Am 8. Dezember wird sie nach Vietnam abgeschoben.

Berichte der Betroffenen;

Alliance of Struggle

 

5. Dezember 03

 

Bundesland Brandenburg. In einem Linienbus der Stadt Frankfurt (Oder) wird der 27 Jahre alte Jacques Biladjeta aus Togo morgens um 5.00 Uhr von sechs Deutschen angepöbelt und unmittelbar danach geschlagen. Durch den Schlag mit einem gläsernen Bierkrug entsteht eine stark blutende Schnittverletzung auf seiner Stirn. Der Busfahrer informiert seine Leitstelle, die unmittelbar die Polizei ruft, so daß die TäterInnen festgenommen werden können, nachdem sie den Bus verlassen haben.

    Zwei Frauen und ein Mann kommen nach der Vernehmung auf freien Fuß, die anderen drei Männer bleiben vorerst in Haft.

    Der Togoer muß im Klinikum Markendorf seine Verletzungen behandeln lassen.

    Einer von den jetzt inhaftierten Schlägern hatte bereits vor einem Jahr einen Jordanier, der ihn nach dem Weg fragte, über die Eisenbahngleise gehetzt und zusammengeschlagen. Obwohl bereits zwei Wochen nach der Tat Anklage erhoben worden war, hat bisher noch kein Prozeß und somit auch keine Verurteilung stattgefunden.

Polizei Frankfurt (Oder) 5.12.03; taz 6.12.03;

BeZ 6.12.03; MOZ 6.12.03; TS 6.12.03; BM 14.12.03

 

19. Dezember 03

 

Flughafen Berlin-Schönefeld. Der 17 Jahre alte Holsat A., Flüchtling aus Kirgisien, wird am Vormittag in gefesseltem Zustand in Begleitung von zwei Zivilbeamten und etwa vier uniformierten BGS-Beamten in eine Maschine der AEROFLOT gebracht. Er wird hingesetzt, zwei Beamten setzen sich vor ihn – zwei Beamte setzen sich hinter ihn. Holsat A. weigert sich laut, ohne seinen Bruder abgeschoben zu werden. Daraufhin halten die Beamten ihm Mund und Nase zu und schlagen und treten auf ihn ein. Er bekommt mindestens fünf – möglicherweise zehn – Faustschläge auf den gesenkten Kopf, auf Hals, Ohren, Nase und in die Nierengegend. Zwei Finger der rechten Hand werden nach hinten gebogen, was er als besonders schmerzhaft erlebt. Durch das Zuhalten von Mund und Nase gerät er in Atemnot und Erstikkungsangst.

    Erst der Protest der anwesenden Fluggäste veranlaßt den Piloten der Aeroflot-Maschine, die BGS-Beamten aufzufordern, das Flugzeug mit Holsat A. wieder zu verlassen.

    Nach diesem zweiten Abschiebeversuch kommt der Jugendliche ins Gefängnis zurück. Er hat Schwellungen und Verfärbungen im Gesicht, Schlagstriemen auf dem Rücken, Schwellungen und Hautabschürfungen an Handgelenken und Fußknöcheln. Wegen seiner starken Kopfschmerzen und mehrfachen Erbrechens kommt er abends um 19 Uhr zur Untersuchung ins DRK-Krankenhaus Köpenick. Hier wird eine schwere Gehirnerschütterung diagnostiziert. Die folgende Nacht verbringt er in einer im Erdgeschoß liegenden Einzelzelle des Gefängnisses. Er leidet unter den Schmerzen und unter der Kälte, die durch die geöffneten Zellenfenster eindringt. Holsat A. erstattet am nächsten Tag wegen der erlittenen Mißhandlungen Strafanzeige gegen die an der Abschiebung beteiligten Beamten.

    Sein Protest im Flugzeug hatte sich vor allem dagegen gewendet, daß er als Vollwaise von seinem ein Jahr älteren Bruder Suchlan getrennt abgeschoben werden sollte. Nun sind beide, die ihr Leben lang nicht getrennt waren, in der Abschiebehaft wieder zusammen. Die psychische Verfassung der beiden wird als schlecht eingeschätzt.

    Am 20. Januar 2004 erfolgt die Abschiebung der beiden Brüder in BGS-Begleitung vom Flughafen Schönefeld über Moskau in Richtung Bischkek, der kirgisischen Hauptstadt. Allein der Initiative des Gefängnisseelsorgers ist es zu verdanken, daß die beiden warme Jacken und Schuhe mitbekommen haben, denn sie waren im Sommer – in Sommerkleidung – verhaftet worden und in Kirgisien herrscht jetzt tiefster Winter.

    Die Staatsanwaltschaft Potsdam nimmt wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt Ermittlungen gegen fünf BGS-Beamte auf.

Pfarrer D. Ziebarth; jW 20.12.03;

FRat Berlin 22.12.03; jW 23.12.03;

BeZ 24.12.03; taz 27.12.03;

BM 8.1.04; TS 8.1.04; taz 8.1.04;

taz 20.1.04; taz 21.1.04; JWB 25.2.04

 

19. Dezember 03

 

In Hamburg-Bramfeld brennt ein Flüchtlingsheim nieder. Die Feuerwehr rettet 13 Bewohner rechtzeitig aus dem brennenden zweistöckigen Gebäude, so daß niemand verletzt wird. Als Ursache wird eine defekte Stromleitung im Versorgungsschacht festgestellt.

HA 20.12.03; StA Hamburg 30.1.04

 

20. Dezember 03

 

Nordrhein-Westfalen. Gegen 17 Uhr pöbelt ein 30-jähriger Deutscher im Stadtteil Laerheide eine Gruppe AusländerInnen an. Schließlich hetzt er einen Kampfhund , den er mit sich führt, auf die Menschen. Zwei 11-Jährige können sich in Sicherheit bringen – ein 6 Jahre alter somalischer Junge wird von dem Tier zu Boden geworfen. Der Junge erleidet Verletzungen an einer Hand und am Bein. Er kommt zur ambulanten Behandlung ins Krankenhaus.

    Dem betrunkenen Deutschen wird eine Blutprobe abgenommen, anschließend kommt er vorübergehend in Gewahrsam. Ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung wird eingeleitet.

Polizei Bochum 20.12.03;

taz 22.12.03; WAZ 22.12.03

 

24. Dezember 03

 

Auf den Anbau des Flüchtlingsheimes An der Lobbendorfer Mühle in Bremen-Vegesack wird um 23 Uhr ein Brandanschlag verübt. Es entsteht ein Sachschaden von 100.000 Euro – Menschen werden nicht verletzt.

Kassiber Nr. 55 April/Mai 04

 

26. Dezember 03

 

Am zweiten Weihnachtstag wird die 29 Jahre alte Romni Dracica L., alleinerziehende Mutter von vier Kindern, aus dem Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick abgeholt und mit ihren Kindern nach Belgrad abgeschoben.

    Als "verurteilte Straftäterin" erfüllte die Frau nicht die Kriterien für den bis zum 31. März geltenden sogenannten Winterabschiebestop. Ihre 'Straftat' ist das wiederholte Benutzen der öffentlichen Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein. Sie hatte ihre Kinder oft zur Schule begleitet, dafür aber vom Sozialamt keine Sozialkarte erhalten – also war sie ohne Ticket gefahren. Auch entgegen der Berliner Weisung, daß Mütter von kleinen Kindern nicht in Abschiebehaft genommen werden sollten, saß die Frau ab Anfang Dezember in Köpenick. Ihre Kinder (2, 7, 10 und 12 Jahre alt) waren von den Behörden ohne Einschaltung des Jugendamtes an eine Verwandte zur Betreuung gegeben worden.

    Dracica L. war mit 17 Jahren in die BRD geflohen. Durch ihre Abschiebung in die Obdachlosigkeit wird ihr zweijähriger Sohn in Lebensgefahr geraten, denn durch die zu frühe Geburt und einen mehrmonatigen Aufenthalt im Brutkasten leidet er an einem chronischen Lungenschaden. Er braucht lebenserhaltende Medikamente, Inhalatoren und medizinische Betreuung.

FRat Berlin 22.12.03; BeZ 24.12.03; taz 27.12.03

 

31. Dezember 03

 

Kurz vor dem Jahreswechsel versucht ein 41 Jahre alter Türke die Flucht aus dem Abschiebegefängnis im Polizeipräsidium in der Vahr in Bremen. Zwar gelingt es ihm, während des Hofgangs mit Hilfe eines anderen Gefangenen über eine "Räuberleiter" die vier Meter hohe Mauer zu erklimmen. Doch verfängt er sich dort im NATO-Stacheldraht und stürzt auf der Außenseite der Mauer zu Boden. Ein 20-jähriger Mitgefangener hört die Schmerzensschreie und ruft Hilfe. Rettungssanitäter finden den Verletzten und bringen ihn ins Krankenhaus. Er hat sich Beinbrüche und eine Rückenverletzung zugezogen.

    Der Mann war am 16. Dezember festgenommen worden und sollte in die Türkei abgeschoben werden.

taz Bremen 3.1.04;

Kassiber Nr. 55 April/Mai 04

 

Dezember 03

 

Bundesland Niedersachsen. Als zwei Mitarbeiter der Ausländerbehörde, fünf Polizisten und ein Arzt morgens um sechs Uhr die Familie X. / Y. zur Abschiebung abholen wollen, verletzt sich der 35 Jahre alte Familienvater mit einer abgebrochenen Flasche an Bauch und Armen. Er kommt ins Krankenhaus und muß hier stationär behandelt werden. Auch seine Frau, die sich seit langem in psychiatrischer Behandlung befindet, und die drei Kinder werden an diesem Tag nicht abgeschoben.

    Vor zehn Jahren waren die kurdischen Yeziden aus Armenien in die BRD geflohen. Herrn Y.droht bei einer Rückkehr ein Strafprozeß und eine Strafe, weil er aus der armenischen Armee desertiert war.

Antirassistische Initiative Berlin

 

Dezember 03

 

Seit Anfang Dezember befindet sich ein tunesischer Staatsangehöriger in Abschiebehaft in der JVA Mannheim. Er hat eine schwere Augenverletzung – das Auge läuft regelrecht aus.

    Nach seiner Mitteilung und den vorhandenen Unterlagen hat er ein Aufenthaltsrecht in Italien und befand sich auf dem Weg zu einer Untersuchung in Frankreich, als er verhaftet wurde. Da in Frankreich auch Menschen ohne Aufenthaltspapiere (Sans Papiers) medizinisch behandelt werden, wurde er dort auf eine Warteliste für die dringend notwendige Operation gesetzt.

AG für Menschen in Abschiebehaft Mannheim

 

 

 

 

Im Jahre 2003

 

Bundesland Nordrhein-Westfalen. In Thekhaus in Hochdahl brennt ein Container aus, der zur Flüchtlingsunterkunft gehört. Ein Heizlüfter, der neben einer Matratze gestanden hatte, soll das Feuer verursacht haben. Eine Bewohnerin wird leicht verletzt.

WZ 4.1.05;

Polizei Erkrath – Kreis Mettmann

 

 

Im Jahre 2003

 

Im Landkreis Pinneberg in Schleswig-Holstein kam es in diesem Jahr zu vier Suizidversuchen von Flüchtlingen. Sie befinden sich alle in psychotherapeutischer Behandlung wegen Posttraumatischer Belastungsstörungen.

PiT 26.8.04

 

 

In den Jahren von 1999 bis 2003

 

Abschiebegefängnis auf dem Gelände der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt (ZABH). Nach Angaben der Landesregierung Brandenburg haben im oben genannten Zeitraum drei Abschiebegefangene versucht sich zu töten (Strangulation, Einnahme von Haarpflegemittel), und drei weitere haben sich durch den Gebrauch von Einweg-Rasierern bzw. durch das Trinken von Haarshampoo selbst verletzt.

(vier Selbstverletzungen sind hier dokumentiert)

Kleine Anfrage der PDS-Fraktion 1.10.03

 

 

Im Jahre 2003

 

Der sächsische Staatsminister des Inneren gibt auf die Kleine Anfrage der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag nach der Anzahl der Ausländerinnen und Ausländer, die bei dem Versuch, entlang der sächsischen Grenze in die BRD zu gelangen, verletzt wurden (z.B. durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Bisse durch Diensthunde), die Zahl zwölf an.

(eine verletzte Person ist hier dokumentiert)

Sächsisches Staatsministerium des Inneren 4/0106

 

 

Im Jahre 2003

 

Nach Auskunft der Bundesregierung wurden im Jahre 2003 an der deutsch-polnischen und an der deutsch-tschechischen Grenze fünf Personen tot aufgefunden.

(eine tote Person ist hier dokumentiert)

BT Drucksache 15/2789,15/2812