Schrei lieber »Feuer!«
Vor dem Polizeirevier Dessau sah ich einen Wahlsticker der Grünen an einer Laterne. Darauf ein brennendes Gebäude. Der Spruch war irgendwas wie »wählt uns, sonst gewinnen die Brandstifter«. Das ist auch sachlich falsch, denn die Grünen sind immerhin verantwortlich für den größten Polizeieinsatz überhaupt gegen die Asylrechtsbewegung um die Gerhart-Hauptmann-Schule. Irgendwer von der Antifa hatte das Ding dann zerkratzt und seinen eigenen Sticker darunter geklebt. Frisst der Antirassismus sich jetzt endlich selbst?
Die Schlagzeilen spiegeln schon szeneinterne Verhältnisse wieder: In Mannheim wurde eine Bundessprecherin der Linksjugend solid von »Migranten« vergewaltigt, und meldete es erst verspätet der Polizei - aus Angst vor »Hetzern«. Danach postete sie eine öffentliche Entschuldigung an alle männlichen Geflüchteten. Sowas gibt's echt nicht mal im Iran.
Ähnliche Debatten wie solid führen gerade mehrere linke »Safe Spaces«. Die Plena werden vielleicht vegan, aber sicherlich nicht schmerzlos. Das alles passt vielleicht besser in eine der kommenden Ausgaben - Hilfe die Helfer kommen - wenn es bis dahin noch welche gibt. Kann auch sein, dass wir aus lauter Angst davor, nicht mehr zu den »Guten« gezählt zu werden von öffentlichen Äußerungen absehen. (Also die Wagenknecht gehört ja nicht mehr dazu, oder?)
Vielleicht sollten wir uns das »gut sein« endlich abschminken?
a) Sind Deutsche eh von Natur aus böse und
b) besiegt man Nazis nicht mit Rosinenbombern.
Darüber kann man diskutieren, ist aber so.
Mitglieder einer Bewegung müssen sich aufeinander verlassen können. Was die Brandstifter machen kann ich nicht beeinflussen, und schon gar nicht, wenn um mich herum Hippies und Christen um den Konsens wettheulen. Kein Wunder, dass manche die Antira-Bewegung als »bewaffneten Arm der Grünen« verspotten!Diese Fragen gehen die gesamte Szene an. Wenn in Sachsen ein Flüchtlingsheim brennt, dann kommt wenigstens die Feuerwehr - selbst wenn der Täter dort Mitarbeiter ist. Wenn eine linke Szenekneipe brennt, weil irgendein Gast durchgeknallt ist, setzen sich alle erst mal hin und machen Plenum. Die einzige wiederkehrende Sofortmaßnahme in solchen Situationen ist die Soligruppe für den Täter.
Mal ehrlich: Von dieser Tabu-Atmosphäre profitieren am Ende sowohl linke Männer, als auch die »Enthüller« von rechts. Es sind deutsche Genossen, die »ihren« Antirassismus den Frauen aufzwingen (der Tortenwerfer gegen Sahra Wagenknecht ist nur einer von vielen).
Derweil machen Frauen die komplette Supportarbeit und wir Typen bequemen uns höchstens dazu, die Diskurshoheit zu steuern. Unsere Redaktion ist übrigens keine Ausnahme.
Daher freuen wir uns über mehr Mitarbeiter*innen. Es erwarten euch kurzlebige wöchentliche Sitzungen in alternativem Ambiente mit sofortiger Führungsverantwortung. Schreibt uns einfach an: redaktion@zag-berlin.de
Lange Rede, kurzer Sinn: Mann und Frau muss nicht immer nett sein. Vielleicht, irgendwann, wenn wir unseren »Freunden« vertrauen können, könnten wir uns vielleicht endlich um unsere Feinde kümmern.
Eure zentrale Anlaufstelle Geschlechterkampf
Eure ZAG
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Die ZAG ist eine linke, antirassistische Zeitschrift, die von der
Antirassistischen Initiative Berlin herausgegeben wird und seit 1991
erscheint. Die Redaktion begreift Rassismus nicht als individuelles
Problem von ein paar fehlgeleiteten Jugendlichen, sondern als
Unterdrückungsinstrument, das aus der Mitte der Gesellschaft kommt.
Entsprechend weit gefächert sind die Schwerpunktsetzungen zu
Antirassismus in den jeweiligen Ausgaben der ZAG. Als antirassistische
Zeitschrift thematisiert die ZAG Rassismus und Antisemitismus in allen
gesellschaftlichen Bereichen.
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