Am 21. Dezember 1985 wurde Ramazan Avcı zusammen mit seinem Bruder und einem
Freund am Bahnhof Landwehr aus einer bekannten Skinheadkneipe heraus
angegriffen. Sein Bruder und der Freund konnten in letzter Sekunde in
einen Linienbus fliehen, der ebenfalls von den Nazis angegriffen wurde.
Ramazan Avcı rannte auf die Fahrbahn und wurde von einem Auto erfasst
und meterweit durch die Luft geschleudert. Nach dem er auf der Straße
aufschlug, liefen mindestens drei Skins auf ihn zu. Ramazan Avcı wurde
auf dem Boden liegend mit Baseballschlägern, Axtknüppeln und Fußtritten
brutal malträtiert und verstarb am 24. Dezember 1985 an den Folgen dieser
Schläge im Krankenhaus. Wenige Tage später wurde sein Sohn geboren, der
nach ihm benannt wurde.
Die rassistischen Brandanschläge und Morde fangen nicht Anfang der
1990er mit Rostock-Lichtenhagen, Mölln oder Solingen an.
In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 verübten Mitglieder einer
terroristischen Neonazigruppe in der Hamburger Halskestraße einen
Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim. Nguyen Ngoc Chau und Do Anh Lan hatten
keine Chance und starben an den Brandverletzungen.
Bereits wenige Monate vor Ramazan Avcıs Ermordung, wurde am 24. Juli 1985
in Hamburg Mehmet Kaymakçı von Rechtsradikalen angegriffen und ermordet.
Sie zertrümmerten mit einer Betonplatte seinen Schädel. Dieser Mord
wurde kaum publik. Nichts erinnert an diese Verbrechen in dieser Stadt.
Obwohl die Mörder von Ramazan Avcı aus dem Umfeld der neonazistischen
FAP stammten, wurde auch hier offiziell kein politisches Motiv gesehen.
Die Verharmlosung solcher Verbrechen durch Politik, Medien und die
Justiz hat diesen Gruppen den Rücken gestärkt und diese zu neuen
Verbrechen ermuntert. Die damaligen Reaktionen und Erklärungen waren
dieselben, die bis heute nach rassistischen Übergriffen und
Brandanschlägen verbreitet werden. Die Täter sind verirrte und
orientierungslose Jugendliche, unpolitisch, alkoholisiert, Einzeltäter,
haben Angst um Arbeitsplätze oder vor Flüchtlingen, wurden von den
Opfern provoziert etc.
Ohne diese Verharmlosung und Verstrickung staatlicher Institutionen
wären die Verbrechen des NSU kaum denkbar. Vier Jahre nach der
Selbstenttarnung der NSU werden beharrlich rechtsterroristische
Netzwerke negiert und der Verfassungsschutz weiter ausgebaut.
Rassisten zünden Flüchtlingsunterkünfte an, und werden als besorgte
Bürger verharmlost.
Die Aufklärungsquote dieser Verbrechen tendiert gegen Null, obwohl die
meisten Täter in der unmittelbaren Nachbarschaft der Tatorte leben. Und
wie 1992 nach dem mörderischen Brandanschlag von Mölln sind die Reflexe
dieselben. Abwehr und Abschreckung, damals wie heute.
Das Asylgrundrecht weiter aushöhlen und soziale Menschenrechte weiter
abbauen.
Wer uns nutzt ist willkommen. Und viele von uns beschwören das Narrativ
von dem nützlichen Einwanderer, der die Sozialkassen füllt. Unter dem
Deckmantel einer Willkommenskultur, ersetzen Teile der Zivilgesellschaft
staatliches Handeln zum Nulltarif. Perfiderweise vereinnahmt die
Willkommenskanzlerin diese helfende Zivilgesellschaft, die unter der
Last der Hilfe zu brechen drohe, um die massivsten
Gesetzesverschärfungen seit 1993 national und auf europäischer Ebene
voranzubringen.
Wir wollen Ramazan Avcı gedenken und uns mit seiner Familie solidarisieren.
Wir wollen an diesem Tag auch der anderen Opfer von rassistischen
Übergriffen gedenken und die Erinnerung an sie wach halten. Die Familie
Avcı hat sich gewünscht, dass bei der Kundgebung neben der Ramazan Avcı
Initiative ausschließlich Familienangehörige von Opfern rassistischer
Gewalt zu Wort kommen sollen.
Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı