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Abschiebehaft 

Wenn Menschen im Abschiebeknast landen, dann sind ihre Chancen auf ein Leben in diesem Lande rapide gesunken. Abschiebehaft hat die Funktion, die Menschen bis zur Abschiebung zu internieren. Das heißt: die Gefangenen kommen in der Regel erst aus dieser Haft erst heraus, wenn sie in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Da die Gründe für die Einreise nach Deutschland für Flüchtlinge unterschiedlich sind, hat auch die Abschiebung für die Menschen unterschiedliche Bedeutungen. Ob es pure Angst und Panik vor der Auslieferung in die Hände des Verfolgerlandes ist, oder ob es die Rückkehr in Kriegsverhältnisse, Hunger und Armut und Perspektivlosigkeit ist - in den meisten Fällen hat die Abschiebung katastrophale Folgen für die Betroffenen. Dementsprechend schrecklich ist die Stimmung in einem Knast, in dem Menschen allein zum Zwecke der Abschiebung gefangen gehalten werden.

Es gibt zwei Abschiebeknäste in Berlin. Der Abschiebeknast Kruppstraße in Berlin-Moabit ist vorwiegend mit Frauen belegt (140 Plätze). Ein altes Kasernengebäude, das vor fünf Jahren als alleiniger Berliner Abschiebeknast aus den Nähten platzte, geschlossen wurde und seit Januar 98 wieder belegt wird.

Der Abschniebeknast Berlin-Köpenick - Grünauer Straße bietet knapp 400 Plätze. Ein Hochsicherheitstrakt, der nach modernen Maßstäben der Menschenverachtung konstruiert und in Planung der anstehenden Abschottungspolitik 1995 eröffnet wurde.

Die Abschiebehaft dient den Behörden und Gerichten in Berlin nicht nur zur Durchführung der Abschiebung, sondern zunehmend als Beugemaßnahme gegen Menschen, um sie zu zwingen, bei der Paßbeschaffung oder bei ihrer Identitätsklärung aktiv mitzuwirken. Demzufolge sitzen viele Gefangene über Monate - einige über ein Jahr in Haft. Alle Gefangenen sind hier Sans Papiers, fast alle haben keine RechtsanwältInnen, die meisten hätten auch kein Geld dafür.

Zu dem Bewußtsein des Eingesperrtseins kommt die Tatsache, dem täglichen Terror des Anstaltspersonals ausgeliefert zu sein. Das meist ignorante und rassistische Verhalten der Knastbullen oder der Sozialarbeiter oder des medizinischen Personals - alle Angestellte der Polizei - verschärft das Gefühl der Hilflosigkeit. Es kommt zu Selbstverletzungen und Selbstmordversuchen der Gefangenen (seit Anfang dieses Jahres in fünf Fällen). Es kommt häufig zu Mißhandlungen von seiten der Knastbullen einerseits, andererseits zu unterlassener Hilfeleistung durch das medizinische Personal. Straftatbestände, die im Abschiebeknast immer ungesühnt bleiben.

In dieser Null-Chance-Situation ergreifen immer häufiger und immer mehr Gefangene die Initiative und wehren sich mit den Möglichkeiten, die ihnen noch geblieben sind. Sie hören auf zu essen und riskieren ihre Gesundheit, um gegen ihre Inhaftierung und die drohende Abschiebung zu demonstrieren. Der Kampf ist riskant und die Gefahr der Langzeit- und Folgeschäden wächst mit zunehmender Länge des Hungerstreiks.

In Berlin gibt es vor allem die Initiative gegen Abschiebehaft, deren Mitglieder die Gefangenen besuchen und betreuen und aktuelle Hungerstreiks dann auch öffentlich machen. Die Unterstützung von Gefangenen in Abschiebehaft erfordert Zeit und starke Nerven. Denn die psychische Belastung ist groß im Umgang mit Menschen, die Schrecklichstes erlebt haben und die auch jetzt absolut mit dem Rücken an der Wand stehen. So werden immer Menschen gesucht, die sich an dieser Arbeit beteiligen wollen (Meldet Euch bei der Ini 030-417 00 915).

Die Antirassistische Initiative Berlin (ARI) beteiligt sich vor allem an der Öffentlichkeits- und Solidaritätsarbeit für die hungerstreikenden Gefangenen.

Weg damit !

Für beide Organisationen - Ini und ARI - sind Hungerstreiks auch immer Anlaß, auf die Existenz und den Skandal der Abschiebeknäste überhaupt aufmerksam zu machen.

Der Abschiebeknast ist das krasseste Sinnbild bundesdeutscher Abschottungspolitik. Abschiebeknast steht für hundertfache Freiheitsberaubung von Menschen. Freiheitsentzug, der durch RichterInnen und Richter in schlampigen fünf-Minuten-Verhandlungen gesetzlich "legitimiert" wurde, oft ohne Anhörung der Betroffenen und oft ohne Rechtsbeistände. Ein Beispiel: Zur Zeit befinden sich zwölf minderjährige Flüchtlinge im Abschiebeknast Köpenick.

Einzige Forderungen sind demzufolge:

Abschaffung aller Abschiebeknäste !
Bleiberecht für alle !
 

Es folgen Beispiele von Hungerstreiks in Berliner Abschiebehaft:
 

Hungerstreik im Abschiebeknast Kruppstraße
vom 19. Februar bis 19. April 2000
Fünf Frauen gegen den Repressionsapparat
 

Abschiebung von Nidjo Lucubami am 16. Hungerstreiktag nach Angola
6. März 2000

Nidjo Lucubami in Angola niedergeschossen
20. September 2000
 

Hunger- und Durststreik im Abschiebeknast Köpenick

14. September bis 21. September 1999

Hungerstreik im Abschiebeknast in Eisenhüttenstadt
August bis September 2000