+ + + + + + +
An den Oberbürgermeister der Stadt Burg im Jerichower Land
Herr Bernhard Sterz
E-Mail: Bernhard.Sterz@stadt-burg.de
Kopie an:
Gleichstellungsbeauftragte Stadt Burg,
Frau Christine Uzunow
E-Mail: christine.uzunow@stadt-burg.de
Koordinierungsstelle für das Förderprogramm "Vielfalt tut gut", LAP
Burg
Frau Annekatrin B. Blum
Diakonisches Werk im Landkreis Jerichower Land e.V.
Email: annekatrin.blum@diakonie-jerichowerland.de
Sehr geehrter Herr Bernhard Sterz,
mit diesem Brief wollen wir unsere Solidarität mit all den Menschen
bekunden, die am 2. April nach Burg kommen werden, um gemeinsam mit
Nico P. für seine Rechte einzustehen.
Wir von der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen aus Wuppertal werden am Donnerstag nicht in Burg sein. Von Wuppertal aus aber solidarisieren wir uns mit Nico und unterstützen all seinen Forderungen und wollen Sie bitten, die Vorgänge in Ihrer Stadt genauer zu prüfen.
Wir lernten Nico, einem Flüchtling aus Benin bei unterschiedlichen antirassistischen Aktivitäten kennen. Bei dem letzten bundesweiten Treffen der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen Ende Januar in Hamburg erzählte er uns über seine Erfahrungen in Ihrer Stadt. Nico ist ein Flüchtling aus Benin. Er ist seit 2003 in Deutschland. Seit langem will Nico mit seiner jetzigen Lebenspartnerin Daniela, mit der er seit 2007 eine Lebenspartnerschaft eingegangen ist, in Berlin leben. Er will dort arbeiten und sein Leben selbst bestimmen. Er will, dass die Wohnortsauflage und somit die Residenzpflicht aufgehoben wird. Doch all das verweigert Ihre Ausländerbehörde und wollte Nico gar abschieben. Der Abschiebetermin zum 15. Dezember musste erst vom Verwaltungsgericht Magdeburg am 22. Dezember per einstweilige Anordnung verhindert werden.
Wir haben registriert, dass die Stadt Burg im Förderprogramm "Vielfalt tut gut - Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie" aufgenommen wurde und dass Sie den Vorsitz des Begleitausschusses haben, welches darüber entscheidet, welche "Einzelprojekte zielorientiert und somit förderfähig sind". Die Ziele des Projektes sind unter anderem soziale Integration, Interkulturelles Lernen, antirassistische Bildung, Bekämpfung rechtsextremer Bestrebungen und Stärkung der demokratischen Bürgergesellschaft. Nico P hat seit seiner Anwesenheit in der BRD, vor allem aber nach dem Tod von Oury Jalloh, der am 5. Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte, gerade diese Ziele tagtäglich mit den Menschen aus dieser Gesellschaft und allen Kontinenten dieser Erde praktiziert. Er war aktiver Mitglied der Flüchtlingsorganisation "Flüchtlingsinitiative Brandenburg" und beteiligt sich an unterschiedlichen sowohl politischen als auch kulturellen antirassistischen Aktivitäten. Nico praktiziert in seinem Leben all das, womit sich die Stadt Burg schmückt und was Sie in ihrer im Internet veröffentlichten Broschüre von den Menschen verlangen: "Ich empfehle Ihnen sich nicht zurückzuziehen, weil alles neu und anders ist, sondern sich einzubringen."
Wenn Sie Ihr eigenes Wort ernst nehmen, dann müssen Sie sich informieren, warum Nico P. von der Ausländerbehörde in ihrer Stadt systematisch an seine Integration gehindert wird. Sie müssen weiterhin überlegen, ob nicht im Rahmen des oben genannten Förderprogramms die Toleranz und Demokratie in Ihren Behörden gestärkt werden soll, damit nicht wieder ein Verwaltungsgericht wie im vergangenen Dezember Ihr Amt rügt. Letztendlich sollten Sie sich als Bürger, als Mitglied der hiesigen Gesellschaft und in Ihrer politischen Verantwortung dafür einsetzen, dass auch ausgrenzende und obsolete Gesetze wie die Residenzpflicht der Vergangenheit angehören. Sie müssen uns die Frage erlauben, ob nicht gerade diese Gesetze und der Ausschluss von Flüchtlingen mit ein Grund für die zunehmenden rassistischen Tendenzen in der Gesellschaft sind, die in Ihrer Stadt bereits zu rechten Übergriffen geführt haben.
Wir nehmen unsere Pflichten als hier lebende Menschen sehr ernst. Wir, Flüchtlinge, MigrantInnen und hier lebende Menschen, ob mit oder ohne Lohnarbeit und ungeachtet der Hautfarbe, des Geschlechts oder der Konfession sind täglich und bereits heute solidarisch miteinander, um eine Gesellschaft zu fördern, die keine Förderprogramme für Toleranz und Demokratie braucht, weil wir auf dem Wege dorthin uns von Wettbewerb um Reichtum, Besitz und Macht befreien werden. Die Förderprogramme der Bundesregierung "für die Galerie" (Zitat des ehemaligen Vizechefs der Dessauer Polizei Hans-Christoph Glombitza zu den Programmen der Regierung gegen Rassismus) können nur ernst genommen werden, wenn Sie und andere Menschen in Ihrer politischen Praxis glaubwürdig bleiben. Wir, die aus unseren Herkunftsländern fliehen mussten, kennen aus unserer Erfahrung wie in der Öffentlichkeit Menschenrechte als Vorwand benutzt werden, um wirtschaftliche Machtinteressen durchzusetzen. Ein Beispiel sei das Abkommen zwischen der syrischen und deutschen Regierung, gegen dem syrische Flüchtlinge im Februar Protestaktionen veranstalteten. Auf der einen Seite kritisiert der bundesdeutsche Außenminister Herr Steinmeier die Menschenrechtsverletzungen des syrischen Staates und auf der anderen Seite kollaboriert sie gerade mit diesem, in dem sie Oppositionelle und ausgeschlossene Minderheiten dorthin abschiebt.
Wir werden gemeinsamen mit THE VOICE Refugee Forum, der Flüchtlingsinitiative Brandenburg und anderen Organisationen und Gruppen, die alle Delegierte nach Burg entsenden werden, die weiteren Schritte der Ausländerbehörde in Burg verfolgen und der Öffentlichkeit die Widersprüche zwischen dem Anspruch und der Praxis näherbringen. Weitere Informationen und Details über Nico P. sind im Anschluss aufgelistet.
Mit freundlichen Grüßen
Araz Ardehali im Namen des Wuppertaler Büros
der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Kontakt:
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
c/o AZ Wuppertal, Markomannenstr. 3, 42105 Wuppertal
Telefon: 0160 27 4244 4
E-Mail: wuppkarawane {ät] yahoo.de
Internet: http://thecaravan.org