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Sommer   2000

 

Ende der rassistischen Gesellschaft ?

Seit dem Bombenanschlag in Düsseldorf sind Politiker und Medien einhellig empört: Der Rechtsextremismus müsse eingedämmt werden, Deutschlands Bild im Ausland soll nicht länger leiden und Investoren, Touristen und internationale Wissenschaftler abschrecken. Die, die jahrelang die Rede von der "durchrassten Gesellschaft", den "Sozialschmarotzer" und "Scheinasylanten" im Munde führten, haben plötzlich kein Verständnis mehr mit ihren "überfremdeten und ausgebeuteten" Deutschen, nein, sie verlangen Zivilcourage von ihrem Wählervolk zur Ehrenrettung der Republik.

Woher kommt die plötzliche Empörung, fragt man sich angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der Rassismus heute zur Grundeinstellung breiter Bevölkerungsteile gehört. Rostock, Solingen, Hoyerswerda, Mölln usw.usw...damals war man auch schockiert, aber doch immer sehr verständnisvoll: "die Deutschen" seien überfordert mit so vielen "Fremden" und mit der großen Arbeitslosigkeit. 

Das Problem waren bisher "die Ausländer" und nicht der Rassismus in Deutschland. Diese moralischen Verdrehungen gingen so weit, daß beim Anschlag auf das Flüchtlingsheim in Lübeck jahrelang mit absurdesten Konstruktionen ein Flüchtling angeklagt wurde, anstatt die naheliegende Spur von verdächtigten Rechten zu verfolgen. Die Opfer wurden zu Tätern erklärt.

Und nun wird Zivilcourage von einer Bevölkerung gefordert, deren Bereitschaft zur rassistischen Ausgrenzung jahrelang gehegt, gepflegt, ermuntert und bestätigt wurde.

Es geht nicht um Ausländerfeindlichkeit, sondern um Rassismus. Rassismus ist alltägliche Gegenwart - Rassismus ist Normalität. Rassismus heißt zwischen Menschen verschiedener Hautfarben, Haarfarben und oft auch verschiedenen Glaubens zu unterscheiden und stufenweise zu differenzieren - zu hierarchisieren. Rassismus passiert durch Gesetze und durch den Alltag. Alltäglicher und gesetzlicher Rassismus unterstützen einander und sind oft kaum zu unterscheiden.

Zum Beispiel:

  1. Sichtbar ist der Rassismus auf sogenannten gefährlichen Plätzen, auf denen die Polizei gezielt "Schwarze" kontrolliert und jagt und jeder Passant und jede Passantin in ihrem Bild "schwarz ist gleich kriminell und gehört festgenommen" bestätigt wird. 
  2. Die Unterscheidung und Herabsetzung von Menschen wird deutlich, wenn Flüchtlinge hinter Stacheldrahtzäunen zu Hunderten kaserniert werden - mit dem Verbot, die Ortschaft zu verlassen (Residenzpflicht).


Wer mit dem "braunen" Sumpf Schluß machen will, der muß ihn in der Mitte der Gesellschaft und nicht an ihren rechten Rändern suchen !

Zur Bekämpfung von Rassismus fordern wir:

Gleiche Rechte und gleiche Behandlung für alle hier lebenden Menschen !

die tageszeitung