Berlin, 14.10.1999
Pressemitteilung
Am 14. Tag des Hungerstreikes der Flüchtlinge
aus dem DRK-Heim Buchholzer Straße:
Gespräch bei Sozialsenatorin Hübner
Während einer von ca. 150 Flüchtlingen
und UnterstützerInnen besuchten Kundgebung vor der Senatsverwaltung
für Gesundheit und Soziales fand gestern im Hause ein Gespräch
mit der Sozialsenatorin Beate Hübner statt.
Zugegen waren neben Flüchtlingen
aus den DRK-Heimen Buchholzer Straße, Streitstraße und aus
dem AWO-Heim Wupperstraße, VertreterInnen des Flüchtlingsrates
Berlin und des "Berliner Bündnis gegen das Asylbewerberleistungsgesetz".
Die große Hoffnung der Flüchtlinge,
Gehör zu finden und in ihrer Notsituation verstanden zu werden, wurde
nicht erfüllt.
Sie stießen auf taube Ohren, Unverständnis
und Ungläubigkeit. Frau Hübner teilte die Meinung der meisten
Sozialämter, daß die Menschen ausschließlich hierher gekommen
seien, um Sozialhilfe zu bekommen (§ 1a AsylbLG). Den Widerspruch,
einerseits Beteiligung der BRD an dem NATO-Bombardement "um die Menschenrechte
zu retten" und andererseits Unterstellung der durch diese Menschenrechtsverletzungen
und durch den Krieg geflohenen Menschen, sie seien aus "wirtschaftlichen"
Gründen in der BRD gekommen, konnte Frau Hübner nicht erkennen.
Nach gleichem Prinzip werden Flüchtlinge, die z.B. aus Bosnien jahrelang
als Kriegsflüchtlinge anerkannt waren, jetzt per Textbaustein von
bestimmten Sozialämter zu Wirtschaftsflüchtlingen erklärt.
Die tägliche Praxis, daß es
von bestimmten Sozialämtern abhängt, ob viele Kriegsflüchtlinge
generell zu Wirtschaftsflüchtlingen erklärt werden und somit
keine Ansprüche mehr auf Unterkunft, Bargeld, Selbstver-pflegung oder
volle medizinische Versorgung haben, tat Frau Hübner mit dem Allgemeinplatz
ab, daß die Ämter ausschließlich Einzelfallentscheidungen
träfen. (Die Flüchtlinge werden nach Geburtsdaten den Sozialämtern
/ Bezirken zugeordnet).
Den Skandal, daß die Menschen, zum
Fahren ohne Fahrschein gezwungen seien und damit schrittweise ohne Verschulden
kriminalisiert werden, konnte Frau Hübner nicht glauben und stellte
eine Nachfrage bei den Sozialämtern in Aussicht. Zu der Tatsache,
daß Sozialamtsangestellte - also medizinische Laien - durch Ausstellung
oder Nicht-Ausstellung von Krankenscheinen über eine medizinische
Behandlung oder Nicht-Behandlung von Menschen entscheiden würden und
daß viele Menschen - obwohl schwer krank - oft keine Krankenscheine
erhielten, verwies die Sozialsenatorin auf das Gesetz, das medizinische
Versorgung bei akuten Krankheitszuständen und Schmerzen zugestehe.
Abgesehen vom behördlich produzierten
menschlichen Elend war auch das Kostenargument für die Senatsverwaltung
kein Thema. Die im Vergleich zur Bargeldauszahlung der Sozialhilfe mehrfach
höheren Kosten, die aufgewendet werden, um die Flüchtlinge durch
die derzeitige Schikanen zur "freiwilligen Ausreise" zu nötigen, spielen
für Frau Hübner keine Rolle.
Als die Flüchtlinge Frau Hübner
gegenüber äußerten, daß sie den Hungerstreik fortsetzen
würden, meinte diese, "Wenn Sie meinen, daß Sie als Fremde uns
erpressen zu müssen ...."
Die Flüchtlinge fordern:
- Abschaffung der Fremdverpflegung
!
- Sofortige Auszahlung der Sozialhilfe
in bar !
- Uneingeschränkter Zugang zu
medizinischer Versorgung !
Wir sind Menschen
und wir wollen wie Menschen
behandelt werden !
Wir wollen unsere Kinder als
Kinder behandeln können !
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