Berlin, 29.3.00
Pressemitteilung
40. Tag Hungerstreik im Abschiebegefängnis Berlin-Moabit
Die Verantwortlichen riskieren bewußt das Leben der hungerstreikenden Ukrainerinnen
Seit nunmehr 40 Tagen hungert Soja Schatz im Abschiebegefängnis Moabit. Lyudmyla Orlova und Dana Wlasenko schlossen sich vor 36 Tagen dem Hungerstreik an. Die Frauen protestieren gegen ihre Haft, die ausschließlich gegen sie verhängt wurde, weil sie keine gültigen Aufenthaltspapiere mehr haben.
Die 37-jährige Soja Schatz ist seit fünf Monaten inhaftiert, die anderen Frauen seit drei bis vier Monaten. Eigentlich hätten sie längst aus der Haft entlassen werden müssen, denn aus formalrechtlichen Gründen können sie nicht in die Ukraine abgeschoben werden.
Vor zwei Wochen wurden die hungerstreikenden Frauen in eine Zelle im Erdgeschoß zusammengelegt und damit von den übrigen Inhaftierten isoliert. Den Frauen geht es gesundheitlich sehr schlecht. Sie haben Krämpfe in Armen und Beinen, Sehstörungen und sie leiden unter Kreislaufstörungen bis zur Ohnmacht. Sie haben Magenkrämpfe und Nierenschmerzen. Sie können nur noch langsam und gestützt gehen. Sie haben bis zu 15 kg Körpergewicht verloren, sind körperlich sehr schwach und schlafen meist.
Skandalöses Verhalten des Polizeiärztlichen Dienstes
Nach wochenlangem Nicht-Verhalten des medizinischen Personals, werden die Frauen jetzt häufig ins Krankenhaus Moabit zur Überprüfung ihres Gesundheitszustandes gebracht (siehe hierzu Presseerklärungen der 8.3., 15.3. und 23.3.). Im Abschiebegefängnis selbst erfolgen jetzt tägliche Blutentnahmen und medizinische Kontroll-Untersuchungen.
Einerseits wurden die Frauen im Krankenhaus Moabit von
den dortigen Ärzten wiederholt über Risiken ihres Mineralstoffmangels
aufgeklärt. Andererseits behauptet der verantwortliche Arzt im Abschiebegefängnis,
Gruppenleiter Dr. Thalemann, einer Rechtsanwältin gegenüber,
daß ihre Mandantin "völlig gesund" sei und es ihr gut gehe.
Gegenüber Personen, die von den hungerstreikenden
Frauen beauftragt und bevollmächtigt sind, ihre medizinischen Daten
zu erfragen, verweigert Dr. Thalemann jegliche Auskünfte. Damit verstößt
er gegen das Grundrecht der Patientinnen auf Information zur eigenen Person.
Seit Montag wurde die Überwachung der Frauen deutlich intensiviert. Auch nachts kommen jetzt ca. zweistündlich Beamte in die Zelle zu den schlafenden Frauen, heben die Decke etwas an und berühren die Frauen leicht, wohl um zu sehen, "ob wir noch leben", so die Frauen.
Obwohl die Frauen aufgrund der klinischen Symptomatik längst haftunfähig sind, sind die verantwortlichen Mediziner immer noch nicht bereit, sie haftunfähig zu schreiben. Im Gegenteil, die Frauen werden als "völlig gesund" bezeichnet und ihr körperlicher Verfall wird dabei genau beobachtet.
Wir fordern die sofortige Entlassung aller Abschiebegefangenen
und die Abschaffung der Abschiebegefängnisse.