Berlin, 23.3.00
Pressemitteilung
Ukrainerin nach 29 Tagen Hungerstreik aus der Abschiebehaft entlassen.
Weiterhin drei Frauen im Hungerstreik
Ein Haftprüfungstermin endete gestern für die 19-jährige Anastasia Poljakova mit der Entlassung aus dem Abschiebegewahrsam Berlin-Moabit. In der Begründung hieß es unter anderem: "Angesichts der Dauer ihres Hungerstreiks und der Möglichkeit, nunmehr bei ihrem Bekannten zu wohnen, ist die Anordnung der weiteren Haft unverhältnismäßig".
Anastasia Poljakova hatte am 24. Februar zusammen mit anderen Frauen einen Hungerstreik aus Protest gegen ihre Inhaftierungen begonnen. Da sie anfangs auch die Flüssigkeitsaufnahme verweigerte, ging es ihr gesundheitlich am Schlechtesten (siehe Presseerklärungen der 8.3. und 15.3.). Eine unabgängige Ärztin hatte schon vor einer Woche ihre Haftunfähigkeit attestiert. Resultat war nicht die Entlassung der Gefangenen, sondern eine intensivere medizinische Überprüfung ihres Gesundheitszustandes -veranlaßt durch den Polizeiärztlichen Dienst im Abschebegewahrsam.
Unterdessen befinden sich noch drei Frauen im Abschiebegewahrsam unvermindert im Hungerstreik. Für Soja Schatz ist heute den 35. Tag - für Dana Wlasenko und Lyudmyla Orlova jeweils der 31. Tag.
Den Frauen geht es gesundheitlich schlecht, sie haben Krämpfe in Armen und Beinen und sie leiden unter Kreislaufstörungen bis zur Ohnmacht. Sie können nur noch langsam und gestützt gehen.
Nach wochenlangem Nicht-Verhalten des medizinischen Personals in dem Abschiebegewahrsam, und daraus resultierender Kritik von UnterstützerInnen, werden die Frauen jetzt häufig ins Krankenhaus Moabit zur Überprüfung ihres Gesundheitszustandes gefahren.
Trotzdem versucht die Gefängnisleitung die Frauen
zu vereinzeln und zum Abbruch des Hungerstreiks zu bringen. So wurden die
Frauen letzte Woche in ein Zimmer im Erdgeschoß zusammengelegt und
damit von den übrigen Inhaftierten isoliert. Wollten sie Kontakt zu
den nicht-streikenden Frauen aufnehmen, dann hieß es von den Beamten:
"Wenn Ihr rauf wollt, könnt Ihr ja essen!"
Seit zwei Tagen wurde dann wieder Dana Wlasenko zu den
nicht-streikenden Frauen verlegt. Das geschah gegen ihren Willen und sie
sagte gestern noch einmal, daß sie nicht daran denke, ihren Hungerstreik
abzubrechen - bis sie frei sei.
Kritik am Verhalten des Polizeiärztlichen Dienstes
Skandalös ist das Verhalten des verantwortlichen Arztes Dr. Thalemann gegenüber Unterstützerinnen, die im Auftrag der Hungerstreikenden Frauen (Schweigepflichtsentbindungserklärungen liegen vor) die medizininischen Daten bei dem Arzt erfahren wollen. Dieses wird von dem zur Zeit diensthabenden Dr. Thalemann schlichtweg abgelehnt. Damit verstößt er eindeutig gegen das Recht eines Patienten, seine eigenen Befunde und Daten einsehen zu dürfen.
Wir protestieren energisch gegen diese menschenverachtende Praxis
des medizinischen Personals.
Wir fordern die sofortige Entlassung aller Abschiebegefangenen
und die Abschaffung der Abschiebegefängnisse.